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Tierschutz
Tier|schutz 〈m.; -es; unz.〉 gesetzlicher Schutz der Tiere vor Misshandlung u. Quälerei u. Ausrottung seltener Arten

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Tier|schutz, der <o. Pl.>:
Gesamtheit der gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz von Tieren vor Quälerei, Aussetzung, Tötung ohne einsichtigen Grund o. Ä.

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Tierschutz,
 
alle Aktivitäten, die darauf ausgerichtet sind, Leben und Wohlbefinden von Tieren zu schützen, sie vor der Zufügung von Schmerzen, Leiden und Angst oder vor Schäden zu bewahren und ihnen, wenn sie sich in der Obhut des Menschen befinden, ein artgerechtes Leben zu ermöglichen sowie einen schmerzlosen Tod zu bereiten.
 
 Die Mensch-Tier-Beziehung in Religion und Philosophie
 
In frühen und vielen außereuropäischen Kulturen haben Götter, Geister, Menschen und Tiere numinose Qualität. Mensch und Tier sind Teile einer gemeinsamen Lebenswelt. Das Tier ist weder Eigentum des Menschen noch für ihn frei verfügbar. Sofern es menschlicher Nahrung dient, werden v. a. im Zusammenhang mit der Jagd bestimmte Riten vollzogen, um die Schuld der Tötung zu sühnen und die Götter versöhnlich zu stimmen. Das Tier oder wertvolle Teile des Tieres werden Göttern geopfert. Einige Tiere gelten als heilig; auch eine reiche Symbolik kann mit dem Tier verbunden sein. In den indischen Religionen Jainismus, Hinduismus und Buddhismus spielt in der Beziehung zwischen Mensch und Tier die Vorstellung von der Möglichkeit einer Wiederverkörperung der menschlichen Seele in einem Tier eine prägende Rolle. Es besteht das Gebot, alles Leben zu schonen. Die Ägypter waren sich zu allen Zeiten der gemeinsamen Herkunft aus der Hand des Schöpfergottes bewusst. Sie hatten ein partnerschaftliches Verhältnis zum Tier. Christliche Tierschutzethik hat ihre Wurzeln im Alten Testament: Der Mensch hat eine herausgehobene Stellung durch den Auftrag Gottes, über die Tiere zu herrschen (1. Mose 1, 26), dies jedoch in Verbindung mit Verantwortung für das Tier. Auch in der gefallenen Schöpfung haben Tiere einen besonderen Stellenwert. Nutztiere sind der Großfamilie zugeordnet und in die Sabbatruhe mit einbezogen (2. Mose 20, 10). In der Position des Überlegenen soll sich der Mensch die göttliche Eigenschaft der Barmherzigkeit zu Eigen machen: Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs, aber der Gottlose ist unbarmherzig (Sprüche Salomos 12, 10). Wenngleich im biblischen Weltbild vor dem Hintergrund der Hirten- und Bauernkultur des alten Israel die Nutzung und Tötung von Tieren nicht infrage gestellt wird, ist nach den Weissagungen der Propheten die Wiederherstellung des paradiesischen Zustandes des allumfassenden Schöpfungsfriedens, auch zwischen Mensch und Tieren (sowie innerhalb des Tierreichs), ein Ziel des Heilsplanes Gottes. Auch nach dem Neuen Testament ist der Erlösungsgedanke für alle Geschöpfe gültig. Verheißen wird die allumfassende Versöhnung Gottes mit Menschen und Tieren. Das Streben danach und nach Frieden ist die Grundlage für Franz von Assisis Gedanken der »Brüderlichkeit« im Sinne einer die Artgrenzen überschreitenden Zusammengehörigkeit aller Lebewesen. Die Benutzung von Tieren für Interessen des Menschen ist unzulässig. A. Schweitzers Ethik der »Ehrfurcht vor dem Leben« verlangt Barmherzigkeit gegenüber Tieren ebenso wie Brüderlichkeit. Die Ethik der »Mitgeschöpflichkeit«, die der Züricher Theologe Fritz Blanke 1959 geprägt hat, fordert, alle Geschöpfe zu achten und sich teilnehmend um sie zu kümmern. Dabei wird die Verschiedenartigkeit der Lebewesen nicht aufgehoben, ihre Nutzung und Tötung wird für unverzichtbare Bedürfnisse des Menschen zugelassen, darf aber nicht mit Schmerzen oder Leiden für die Tiere verbunden sein. Eine Diskussion des Tierschutzes in den christlichen Kirchen fand lange nicht statt, sie ist auch heute noch vom anthropozentrischen Weltbild geprägt, wonach Tiere vom Menschen genutzt und getötet werden dürfen. Beide Kirchen betonen aber auch den Eigenwert von Lebewesen und fordern, dass sie nicht ohne ernste Gründe gequält oder getötet werden. Infrage gestellt werden z. B. Tierversuche in der Kosmetik, das Quälen von Tieren für Luxusprodukte und zum Vergnügen. Auch die tierquälerischen Massentierhaltung wird kritisiert.
 
Auch in der Philosophie gibt es verschiedene Ansätze, das Verhältnis des Menschen zum Tier zu bestimmen. Der Naturalismus geht davon aus, dass der Mensch als der Stärkere das Recht hat, im Kampf um beste Lebensmöglichkeiten seine Interessen gegen Tiere durchzusetzen. Damit wird - nicht ganz korrekt interpretiert - auch versucht, intensive Massentierhaltung und Tierversuche, aber auch z. B. genetische Veränderung von Tieren zur menschlichen Nutzung zu rechtfertigen, da die Ausbeutung oder Beeinflussung einer Art durch eine andere natürlich und damit ethisch neutral sei. Anthropozentrische Ethiken, die im abendländischen Denken verbreitetsten Konzepte des Verhältnisses von Mensch und Tier, leiten von der Sonderstellung des Menschen die Verfügungsgewalt über die Tiere ab. Dabei wird der Tierschutz zunächst als Pflicht des Menschen gegen sich selbst aufgefasst. Der Mensch schützt Tiere vor Tierquälerei, weil gegenüber dem Tier geübte Grausamkeit leicht auch in den zwischenmenschlichen Bereich überspringen könnte. Vertreten wird diese Position z. B. von Thomas von Aquino, ebenfalls von I. Kant (»Grundlegung zur Metaphysik der Sitten«, 1785). Kritisch wird hiergegen eingewendet, dass ein gegenüber dem Menschen grausames Verhalten an und für sich grausam sei und daher Kants kategorisches Imperativ auch als Prinzip der Tierethik gelten müsse. Anthropozentrische Ethiken rechtfertigen die Züchtung, Nutzung und Haltung von Tieren unter den von Menschen vorgegebenen Bedingungen, die Durchführung von Tierversuchen und das Töten von Tieren, solange ein »vernünftiger Grund« vorliegt. Zwar fordern sie auch die Übernahme von Verantwortung im Sinne einer die Umwelt einbeziehenden Verantwortungsethik, aber an erster Stelle steht der Mensch mit seinen Interessen. Eine humanitäre Ethik leitet von der Sonderstellung und der spezifischen Würde des Menschen die Verpflichtung zum Tierschutz, zur Fürsorge gegenüber den auf Schutz angewiesenen schwächeren Mitgeschöpfen ab. Diese ist zugleich Ausdruck des menschlichen Selbstverständnisses, das sich der Humanität verpflichtet weiß. Diese Position ist die Grundlage für Tierschutz, wie er heute in unserer Gesellschaft zunehmend verstanden wird.
 
In der aktuellen tierschutzethischen Diskussion geht es um die schon von A. Schopenhauer erhobene Forderung nach Gerechtigkeit auch für Tiere. Schopenhauer, der Barmherzigkeit als arrogante Herablassung verstand, verlangte grenzenloses Mitleid mit allen lebenden Wesen und von Gerechtigkeit und Menschenliebe geprägte Handlungen gegenüber Tieren. Der von J. Bentham begründete Utilitarismus verweist auf das Menschen und (höheren) Tieren gemeinsame Merkmal der Leidensfähigkeit und leitet daraus das moralische Recht des Tieres auf Achtung, Schutz und Schonung und die Pflicht zur artübergreifenden Gerechtigkeit ab. Die von Bentham aufgestellte Forderung nach der Befreiung der Tiere aus ungerechter Ausbeutung hat P. Singer aufgegriffen. Er wendet sich analog zum Rassismus gegen die Unterdrückung anderer sensitiver Lebewesen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen, als minderwertig angesehenen Art. Der Gleichheitsgrundsatz als essenzielles Prinzip der Gerechtigkeit muss für alle Lebewesen gelten. Danach müssen Tiere immer dann nach gleichen Maßstäben wie der Mensch behandelt werden, wenn gleiche Ansprüche oder Empfindungen vorausgesetzt werden können. Andersbehandlung ist da geboten, wo Ansprüche verschieden sind. Ausgehend von der Annahme, dass Tiere ein Bewusstsein dafür haben, was ihnen fehlt oder gut tut, spricht Singer ihnen Interessen zu. Tiere, die Schmerzen empfinden können, haben somit ein Interesse an deren Vermeidung. Ein Lebensinteresse setzt für Singer dagegen Selbstbewusstsein und damit die Fähigkeit, Erinnerungen und Erwartungen zu bilden (Verhältnis zu Vergangenheit und Zukunft) sowie eine Vorstellung vom eigenen Leben voraus. Diese Fähigkeiten schreibt Singer z. B. Schimpansen, Gorillas, Delphinen und Walen zu. Der Utilitarismus fordert die Abwägung menschlicher Interessen gegen solche von Tieren, wobei gleiche Interessen mit gleichem Gewicht zu versehen sind und größere Interessen nicht kleineren geopfert werden dürfen.
 
Dass Tiere ein vitales Interesse haben, sich wohl zu fühlen, Schmerzen, Leiden und Schäden zu vermeiden, ist inzwischen allgemein akzeptiert und wissenschaftlich untermauert. Umstritten ist jedoch die Forderung, den eigenen Wert und die eigene geschöpfliche Würde der Tiere und der gesamten Natur anzuerkennen und das durch das Zuerkennen von Rechten zum Ausdruck zu bringen. Im Forum Europarat wurde 1978 eine »Universelle Erklärung der Tierrechte« veröffentlicht. Sie enthält den Grundsatz, dass alle Tiere ein Recht auf Leben und Achtung haben. Mit der Forderung nach Unteilbarkeit der Ethik soll verdeutlicht werden, dass das Sittengesetz als eine in sich zusammenhängende Einheit zu sehen ist. Danach ist es unzulässig, Tieren mit Verweis auf die noch nicht gelösten Probleme der Menschheit einen verbesserten Schutz zu verwehren. Tierschutz und Menschenschutz werden als gemeinsame Aufgabe der Humanität angesehen.
 
 Entwicklung der Tierschutzbewegung
 
Schon relativ früh haben sich Bürger zusammengeschlossen, um sich für den Schutz der Tiere einzusetzen. 1822 wurde in Großbritannien der erste Naturschutzverein der Erde gegründet. 1837 wurde in Stuttgart der erste deutsche Tierschutzverein ins Leben gerufen, dem weitere folgten. 1881 schlossen sich die Tierschutzvereine im Deutschen Tierschutzbund zusammen, der (1998) rd. 700 Tierschutzvereine und etwa 700 000 Mitglieder umfasst und in jedem Land durch einen Landesverband repräsentiert ist. Seit 1986 unterhält der Deutsche Tierschutzbund in Neubiberg eine eigene Akademie, die u. a. über eine Datenbank und ein Zellkulturlabor für Alternativmethoden zu Tierversuchen verfügt.
 
Neben dem Deutschen Tierschutzbund sind auch neue Verbände und Gruppen mit zum Teil speziellen Zielen entstanden wie der Bundesverband Tierschutz, der Bund gegen den Missbrauch der Tiere, der Bundesverband der Tierversuchsgegner und der Verein gegen die tierquälerische Massentierhaltung. Vertreter des tierärztlichen Berufsstandes haben sich in der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz zusammengeschlossen, um aus ihrer Position und Erfahrung heraus einen besonderen Beitrag zur Weiterentwicklung des Tierschutzes zu leisten. Alle Tierschutzorganisationen finanzieren ihre Arbeit aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Die Tierschutzorganisationen der Europäischen Gemeinschaft sind auf europäischer Ebene in der Eurogroup for Animal Welfare zusammengeschlossen. Seit 1981 arbeiten Tierschutzorganisationen weltweit in der Welttierschutzgesellschaft (World Society for the Protection of Animals, Abkürzung WSPA) zusammen.
 
 Entwicklung des gesetzlichen Tierschutzes
 
Bereits im Codex des babylonischen Königs Hammurapi (1728-1686 v. Chr.) finden sich Regelungen in Bezug auf Nutztiere, allerdings weniger im Interesse dieser Tiere als dem ihrer Besitzer oder Käufer. Das erste Tierschutzgesetz wurde 1822 in Großbritannien zum Schutz der Pferde und landwirtschaftlicher Nutztiere erlassen. Im deutschen Reichsstrafgesetzbuch von 1871 wurde mit einer Strafe bedroht, wer öffentlich oder in Ärgernis erregender Weise Tiere boshaft quält oder roh misshandelt. Diese Regelung war darauf ausgerichtet, Tiere um des Menschen willen zu schützen (anthropozentrischer Tierschutz). Mit dem Reichstierschutzgesetz vom 24. 11. 1933 wurden zum ersten Mal in Deutschland Schutzbestimmungen um der Tiere willen erlassen. Dieses Gesetz wurde 1972 vom Tierschutzgesetz abgelöst, das wiederum 1986 überarbeitet wurde. In der Fassung von 1986 ist zum ersten Mal ausdrücklich festgehalten, dass aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen ist. Diesem hohen Anspruch wird das Tierschutzgesetz allerdings in seinen konkreten Bestimmungen noch nicht gerecht. Es enthält Rahmenbestimmungen, die durch Rechtsverordnungen konkretisiert werden müssen. Dies ist jedoch erst teilweise geschehen. Konkret verboten ist u. a. Tiere auszusetzen, ihnen unverhältnismäßige Leistungen abzuverlangen, sie auf andere Tiere zu hetzen, sie zwangszuernähren oder Wirbeltiere ohne vorherige Betäubung zu töten (Ausnahme: Schächten). Abgesehen von den konkreten Bestimmungen lässt das Tierschutzgesetz zu, dass Tieren Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, sofern ein vernünftiger Grund dafür vorliegt. Die entscheidende Frage, was als vernünftiger Grund anzusehen ist, bleibt der Prüfung im Einzelfall vorbehalten. Die Fassung des Gesammelten vom 17. 2. 1993 ist u. a. erweitert durch restriktivere Vorschriften bei Eingriffen und Behandlungen an Tieren, die Verschärfung von Anforderungen bei der Einfuhr von Tieren aus Drittländern und ein EG-konformes grundsätzliches Verbot von Tierversuchen bei der Entwicklung dekorativer Kosmetika. Das deutsche Tierschutzgesetz beschränkt die Wirkung wichtiger Bestimmungen auf Wirbeltiere (§§ 4, 5, 8, 12).
 
Die EU-Regierungskonferenz beschloss 1997 mit Unterstützung der Bundesregierung in einem Protokoll zum EG-Vertrag, dass die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere voll Rechnung tragen. 1998 tritt in der EG ein grundsätzlicher Tierversuchsverbot für die Entwicklung kosmetischer Produkte in Kraft. Dieses Verbot wurde zusammen mit weiteren Bestimmungen zum Schutz von Tieren beim Transport, bei der Schlachtung oder Tötung sowie bei Tierversuchen durch Änderung des Tierschutzgesetzes (25. 5. 1998) in deutschem Recht umgesetzt.
 
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder ihm aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt. Wer gegen andere konkrete Bestimmungen des Tierschutzgesetzes verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit einem Bußgeld rechnen. Vollzugs- und Kontrollorgane sind die staatlichen Veterinärbehörden.
 
Im BGB war das Tier bis 1990 leblosen Sachen gleichgestellt. Jetzt ist dort durch den neuen § 90 a ausdrücklich festgeschrieben, dass Tiere keine Sachen, sondern Lebewesen sind. Gleichzeitig wird damit klargestellt, dass nach einem Unfall, bei dem ein Tier verletzt wurde, dem Tierhalter auch die Heilbehandlungskosten ersetzt werden müssen, die den »Sachwert« des Tieres überschreiten. In der Diskussion steht die Forderung, den Tierschutz wie bereits den Umweltschutz als Staatsziel ins GG aufzunehmen.
 
In Österreich fällt die Regelung des Tierschutzes in die Zuständigkeit der Länder. Tierquälerei ist nach § 222 StGB strafbar. - Das Tierschutzgesetz der Schweiz entspricht in seinen Grundzügen dem deutschen Tierschutzrecht. Es gibt jedoch über ausgefüllte Verbotsermächtigungen und durch die Möglichkeit, eine Bewilligungspflicht für den Umgang mit speziellen Tieren vorzuschalten, einen konkreteren Rahmen für den Tierschutz vor. Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich ist in der Schweiz der Sachbegriff für Tiere noch verankert.
 
 Problembereiche des Tierschutzes
 
Moderner Tierschutz beschäftigt sich mit allen Bereichen, in denen Tiere den Interessen des Menschen dienen. Dazu zählen die Nutztierhaltung, die Tierversuche, die Haltung von Tieren im Privathaushalt, im Zoo oder Zirkus, die Jagd, die Verwendung von Tieren beim Sport, für die Kürschnerei und mit zunehmender Bedeutung gentechnischer Manipulationen an Tieren. Primäres Ziel des Tierschutzes ist nicht der Schutz von Arten und Populationen, welche durch Nachstellung vom Menschen oder durch Vernichtung ihrer Lebensgrundlage in ihrem Gesamtbestand gefährdet sind. Dieses gehört zu den Aufgabenbereichen des Natur- und Artenschutzes, aus dem Motiv, die biologische Vielfalt zu bewahren. Im Vordergrund des Tierschutzes steht hingegen das Wohlergehen sowohl wild als auch in Gefangenschaft lebender Individuen. Gelegentlich verfolgen Tierschutz und Artenschutz gemeinsame Ziele, wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen. Zu derartigen Übereinstimmungen kommt es in erster Linie bei populären Tierarten, welche gesetzlich besonders geschützt oder gefährdet sind, z. B. Robben Wale und Tiger. Tierschutzrelevant ist v. a., wenn Tiere absichtlich aus Rohheit gequält werden, ihre Bedürfnisse z. B. in Bezug auf Lebensraum, Pflege, Ernährung und Sozialkontakt vernachlässigt oder ihnen Leiden und Schmerzen im Interesse einer von der Gesellschaft heute noch mehrheitlich akzeptierten Zielsetzung zugefügt werden. Wenn Haustiere gequält werden, geschieht das oft aus Unwissenheit (nicht nur bei Kindern) oder Gedankenlosigkeit, aber auch weil sie »vermenschlicht« werden. Ihre Bedürfnisse werden falsch eingeschätzt oder nicht ausreichend beachtet. Beim Sport, z. B. Reiten, werden Tieren noch immer ausnahmsweise übermäßige und damit gesundheitsgefährdende Leistungen abverlangt. Auch die beliebte Hobbyzucht von Hunden, Katzen, Kaninchen, Tauben u. a. Tieren kann zur Tierquälerei geraten, wenn extreme Zuchtziele angestrebt werden. Nicht unumstritten ist heute der Einsatz von Tieren zu Schauzwecken im Zirkus, in Tierschauen oder ähnlichen Veranstaltungen. In diesem Bereich werden Diskussionen auch unsachlich und emotional geführt, und es wird vom Tierschutz gelegentlich übersehen, dass gerade der enge Kontakt zu Tieren erst Verständnis und Tierliebe fördert.
 
Immer mehr Bürger lehnen die Zucht oder den Fang von Pelztieren, die allein für die Herstellung von Pelzartikeln sterben müssen, ab. Für sie sind Pelze verzichtbare Luxusprodukte, für die Tiere weder gequält noch getötet werden dürfen. Ein besonders schwerwiegendes Problem sind nicht immer notwendige Tierversuche.
 
Das weitaus größte Tierschutzproblem ist heute jedoch die Art und Weise, wie mit den (allein in Deutschland rd. 150 Mio.) Nutztieren umgegangen wird. Die Haltungsbedingungen und die Betreuung der Tiere in der zur Industrie geratenen Massentierhaltung werden den Bedürfnissen der Tiere häufig nicht gerecht. Schlachttiere werden ungeachtet der Bestimmungen des EG-Rechts (Richtlinie vom 29. 6. 1995) und weiterführender EG-Verordnungen, tagelang ohne Ruhepause und ohne ausreichende Versorgung durch Europa transportiert. Die Schlachtung erfolgt nicht immer mit ausreichender Betäubung. Zuchtziele in der modernen Nutztierhaltung sind z. B. immer höhere Milch- und Fleischleistung, eine Tendenz, die durch die Möglichkeiten der Gentechnologie noch verstärkt wird und den Produktionscharakter der Tierhaltung zeigt, somit häufig im Widerspruch zum Tierschutz steht.
 
Tierschutz, als immer auch sehr emotionsbehaftetes Thema, ist in der Gegenwart nicht frei von radikalen Tendenzen. Dabei wird übersehen, dass diese dem berechtigten Anliegen des Tierschutzes mehr schaden als nützen. Von Teilen des Tierschutzes geäußerte Forderungen nach einem Verbot von Heimtierhaltung oder Jagd sind nicht nur unbegründet und unrealistisch sondern auch gefährlich. So würde ein vollständiges Jagdverbot in unserer Kulturlandschaft zu erheblichen landwirtschaftlichen Schäden führen und jede Naturverjüngung von Wäldern verhindern. Unbestritten bleibt dabei die gerechtfertigte Kritik an bestimmten Jagdformen, z. B. Trophäenjagd.
 
Der organisierte Tierschutz sieht seine Aufgabe heute nach wie vor in der Direkthilfe für in Not geratene Tiere. In über 400 Tierheimen, die den Tierschutzvereinen zugeordnet sind, werden jährlich Hunderttausende ausgesetzter oder abgegebener Tiere aufgenommen, betreut und weitervermittelt. Darüber hinaus spielen übergeordnete Tierschutzprobleme eine wesentliche Rolle. Dabei geht es darum, sich mit Politikern und Parteien auseinander zu setzen, um so wichtige Entscheidungsträger für den Tierschutz zu gewinnen. Damit wird auch ein Gegengewicht zur Lobby der an der Nutzung von Tieren interessierten Gruppierungen geschaffen. Zu den ständigen Aufgaben der Tierschutzorganisationen gehören die Beteiligung an Anhörungen und Stellungnahmen zu tierschutzrelevanten Rechtsetzungsverfahren. Fortschritte im Tierschutz sind nur zu erreichen, wenn die Öffentlichkeit über Probleme informiert wird. Die Aufklärungsarbeit der Verbände reicht von praktischen Hinweisen zum Umgang mit Haustieren über Informationen zu den Problembereichen Nutztierhaltung, Tierversuche bis hin zu Ratschlägen für tierfreundliches Verbraucherverhalten. Bestrebungen von dem Tierschutz verpflichteten Landwirten, tier-, umwelt- und verbraucherfreundlich zu produzieren, werden durch verbandsübergreifende Zusammenschlüsse gefördert.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Artenschutz · Ethik · Gentechnologie · Massentierhaltung · Naturschutz · Tierversuche
 
Literatur:
 
T.-Praxis, hg. v. K. Drawer u. a. (1979);
 
T. in Dtl., bearb. v. K. Drawer:(1980);
 P. Singer: Befreiung der Tiere. Eine neue Ethik zur Behandlung der Tiere (a. d. Engl., 1982);
 D. E. Zimmer: Hühner. Tiere oder Eiweißmaschinen? (1983);
 
T. Testfall unserer Menschlichkeit, hg. v. U. M. Händel (1984);
 K. Sojka: Auch Tiere haben Rechte. T., Artenschutz, Naturschutz für jeden (1987);
 H. Steffahn: Menschlichkeit beginnt beim Tier. Gefährten u. Opfer (1987);
 G. M. Teutsch: Mensch u. Tier. Lex. der T.-Ethik (1987);
 
Verteidigt die Tiere. Überlegungen für eine neue Menschlichkeit, hg. v. P. Singer (a. d. Engl., Neuausg. 1988);
 A. Schweitzer: Die Ehrfurcht vor dem Leben. Grundtexte aus fünf Jahrzehnten, hg. v. H. W. Bähr (61991);
 A. Lorz: T.-Ges. (41992);
 
Die Natur ins Recht setzen. Ansätze für eine neue Gemeinschaft allen Lebens, hg. v. M. Schneider u. A. Karrer (1992);
 
Das Tier als Mitgeschöpf, bearb. v. K. Nagorni u. R. Stieber (1992);
 
Tiere als Ware. Gequält - getötet - vermarktet, Beitrr. v. M. Karremann u. K. Schnelting (17.-19. Tsd. 1994);
 H.-P. Breßler: Eth. Probleme der Mensch-Tier-Beziehung (1997);
 G. Gerweck: Das Recht der Tiere. Persönl. Plädoyer für den T. (1997).

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Tier|schutz, der: Gesamtheit der gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz von Tieren vor Quälerei, Aussetzung, Tötung ohne einsichtigen Grund o. Ä.

Universal-Lexikon. 2012.