Bre|men:
Stadt u. deutsches Bundesland.
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I Bremen,
Name mehrerer Passagierdampfer des Norddeutschen Lloyd. Die erste Bremen (2 675 BRT, bis 570 Passagiere) wurde 1858 in Dienst gestellt. Die vierte Bremen mit 51 731 BRT bot Platz für 2 236 Passagiere und gewann 1929 auf der Jungfernfahrt mit 27,85 Knoten und erneut 1933 das Blaue Band; 1941 fiel sie einem Brand zum Opfer. Die 1957 als fünfte Bremen angekaufte ehemals französisch »Pasteur« (32 360 BRT, 23 Knoten) wurde 1959 in Dienst gestellt, 1971 wieder verkauft.
Bremen,
Stadt zu beiden Seiten der unteren Weser, bildet den Hauptteil des Landes Bremen, (1999) 540 300 Einwohner (1947: 393 600 Einwohner, 1971: 594 600 Einwohner). Die Neustadt liegt auf dem linken Ufer, die Altstadt, der Stadtkern, sowie eine Reihe alter, heute eingemeindeter Orte (Hemelingen, Vegesack, Lesum, Blumenthal, Farge) auf dem rechten Ufer des Stromes. Dieser bildet, ab Bremen Unterweser genannt, die Lebensader der Stadt und sichert ihr, obwohl die offene See 113 km entfernt ist, ihre Stellung als Seehafenstadt.
Bremen ist Regierungssitz des Landes Bremen sowie Sitz der höchsten Gerichte dieses Landes, ferner von Landesbehörden wie Oberpostdirektion, Oberfinanzdirektion; Wertpapierbörse. Bremen hat Hochschulen, wissenschaftliche Forschungsinstitute und -gesellschaften (u. a. Institute für Seeverkehrswirtschaft, Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation mit Fallturm), Bibliotheken, Staatsarchiv, Überseemuseum mit einzigartigen Sammlungen, Wissenschaftsmuseum (»Universum Science Center Bremen«), Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte (Focke-Museum), Gerhard-Marcks-Haus, Kunstsammlungen Böttcherstraße (bestehend aus dem Roseliushaus und Paula-Becker-Modersohn-Haus), Kunsthalle, Museum Neue Weserburg, Bremer Rundfunkmuseum, Radio Bremen (Hörfunk- und Fernsehanstalt), mehrere Theater, Stadthalle, botanischer Garten und Aquarium.
Zur Wirtschaft: Bremen, Freie Hansestadt Bremen.
Die Ursprünge des Doms reichen bis ins 8. Jahrhundert, der jetzige Bau wurde 1042 begonnen (flach gedeckte doppelchörige Pfeilerbasilika mit 2 Krypten), im 13. Jahrhundert erfolgten Umbauten (Westfassade) und Einwölbung; das spätgotische nördliche Seitenschiff wurde 1502 begonnen. Gotische Kirchenbauten sind Liebfrauen (nach 1230 begonnen, frühgotische westfälische Halle mit Giebelreihung auf der Südseite) und Sankt Martin (13./14. Jahrhundert, Halle mit quer gestellten Satteldächern und reich geschnitztem barockem Orgelprospekt). Neben dem Dom das Rathaus (1405-12) mit prachtvoller Renaissancefassade (1608-12), im Ratskeller Fresken von M. Slevogt (1927); der Anbau des Neuen Rathauses erfolgte 1909-13 durch G. von Seidl. Die Rolandsäule (1404) auf dem Markt ist ein Sinnbild der Reichsfreiheit der Stadt. Bremen ist im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden, u. a. fielen über die Hälfte der Wohnungen (und damit der einst bedeutende Bestand an Bürgerhäusern) dem Krieg zum Opfer. Zahlreiche historische Bauten sind wieder aufgebaut worden, so der Schütting, ein Gildehaus in flandrischem Renaissancestil (1537/38), die ehemalige Stadtwaage (ursprünglich 1587/88) und das Gewerbehaus (ursprünglich 1618-21). Unter den modernen Bauten sind zu nennen das Haus des Reichs (1928-30), die Stadthalle (1962-64) und das Kongresszentrum (1993 eröffnet) an der Bürgerweide, die Sankt-Lukas-Kirche (1963/64) im Stadtteil Grolland sowie das Haus der Bürgerschaft (1966). Die ab 1956 entstandene Großsiedlung Neue Vahr war seinerzeit das größte Projekt des sozialen Wohnungsbaus in der Bundesrepublik Deutschland (u. a. Wohnhochhaus von A. Aalto, 1957-61). Die Böttcherstraße, 1924-31 als Museums- und Ladenstraße von verschiedenen Architekten gestaltet (u. a. von B. Hoetger das Paula-Becker-Modersohn-Haus und das Haus Atlantis), wurde 1945-54 rekonstruiert (neue Fassade des Hauses Atlantis von E. Mataré); hier auch das Roselius-Haus (u. a. mit Wohnausstattung Altbremer Patrizier). Das Schnoorviertel mit seinen kleinbürgerlichen Häusern des 16.-18. Jahrhunderts, im Krieg kaum zerstört, wurde unter Denkmalschutz gestellt (1958), renoviert und zur Fußgängerzone ausgebaut. In Bremen-Schönebeck das Schloss Schönebeck (17.-18. Jahrhundert; heute Vegesacker Heimatmuseum).
Erstmals 782 genannt, entwickelte sich Bremen auf einem hochwassersicheren Dünenzug rechts der Weser als Fähr- und Umschlagsort. Seit 787 Sitz des Bistums, seit 845 des Erzbistums Bremen, 888 und 965 mit Marktrechten ausgestattet, erlebte es unter Erzbischof Adalbert (1043-72) seine erste Blüte. Die 1186 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa als eigenständig anerkannte Stadtgemeinde erkämpfte unter dem 1225 erstmals erwähnten Rat ihre Unabhängigkeit vom erzbischöflichen Stadtherrn. Die erste erhaltene Aufzeichnung des Stadtrechts stammt von 1303-08. Die Ummauerung der heutigen Altstadt wurde um 1300 vollendet. Als Mitglied der Hanse (seit 1358) erlebte Bremen um 1400 eine wirtschaftliche Blütezeit. Seine Verfassung wurde durch die »Eintracht« von 1433 und die »Neue Eintracht« von 1534 geregelt, sodass die Stadt bis ins 20. Jahrhundert von einem Rats- oder Senatspatriziat regiert wurde. Der Sicherung des Seeverkehrs diente der Erwerb des größten Teils des Unterwesergebiets im 15. Jahrhundert 1522 führte der niederländische Mönch Heinrich von Zütphen die Reformation ein; nach erbitterten Glaubenskämpfen wandte sich die Stadt einem gemäßigt kalvinistischen Bekenntnis zu, das ihre Kultur für Jahrhunderte prägte. Um 1600 erlebte die Stadt bei starker Anlehnung an die Niederlande eine wirtschaftliche Blütezeit, die auch ihren architektonischen Niederschlag fand. Aus militärischen Gründen entstand 1623-27 links der Weser die Neustadt. Die 1541 errungene und 1646 bestätigte Reichsfreiheit konnte nur unter großen Opfern gegen Schweden und dann gegen Hannover verteidigt werden. Die seit der Unabhängigkeit der USA »Goldene Periode der bremischen Handlung« (ab 1776/83) wurde durch die napoleonischen Kriege (1803-09) unterbrochen. 1810-13 Hauptstadt des zum französischen Kaiserreich gehörenden Départements Wesermündungen, wurde die Freie Hansestadt Bremen (Name seit 18. 8. 1806) 1815 Mitglied des Deutschen Bundes. Bürgermeister Johann Smidt (* 1773, ✝ 1857) sicherte 1827 in Zusammenarbeit mit dem Wasserbaudirektor Johannes Jacobus van Ronzelen (* 1800, ✝ 1865) die Seehafenstellung durch die Gründung von Bremerhaven. Die demokratische Verfassung von 1849 wurde 1854 durch eine konservative ersetzt. 1866 wurde Bremen Mitglied des Norddeutschen Bundes, 1871 Bundesstaat (1919 Land) des Deutschen Reiches. Dem Anschluss an das Reichszollgebiet (1888), der Weserkorrektion und der Anlage neuer Häfen unterhalb der Altstadt (ab 1888) folgte ein wirtschaftlicher Aufschwung (u. a. Welttabakmarkt); 1901 und 1921 führten bedeutende Eingemeindungen zur Vergrößerung der Vorstadt.
Im Verlauf der Novemberrevolution von 1918 in Deutschland bildeten aufständische Soldaten in Bremen einen Arbeiter-und-Soldaten-Rat. Nach Absetzung des Senats (Januar 1919) errichteten die revolutionären Kräfte eine Räterepublik unter dem Namen »Sozialistische Republik Bremen«, die jedoch mit der Besetzung durch Truppen der deutschen Reichsregierung im Februar 1919 zusammenbrach. Nach den wirtschaftlichen Verlusten im Ersten Weltkrieg gewann Bremen nach Herstellung parlamentarisch-demokratischer Verhältnisse (Verfassung vom 18. 5. 1920) wieder eine bedeutende Stellung v. a. in Handel und Schifffahrt; 1928 wurden über Bremen 12,5 % der deutschen Ein- und Ausfuhren abgewickelt.
Nach der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur (1933) setzte die Reichsregierung die Verfassung von 1920 außer Kraft und vereinigte die Stadt mit dem Land Oldenburg unter einem Reichsstatthalter. Im Hinblick auf die Rüstung wurde der Bau von Schiffen und Flugzeugen gefördert. Die Einfuhr wurde entsprechend der nationalsozialistischen Autarkiepolitik gedrosselt. Mit der Eingemeindung bisher preußischer Gemeinden (1939) wuchsen Einwohnerzahl und Siedlungsraum der Stadt. - Nach dem Zweiten Weltkrieg besetzten 1945 zunächst britische, dann amerikanische Truppen die Stadt. Aus der »Enklave Bremen«, bestehend aus Bremen und Bremerhaven, die 1945-49 zur amerikanischen Besatzungszone gehörte, ging 1947 das Land Bremen hervor.
R. Stein: Das Bürgerhaus in B. (1970);
H. Schwarzwälder: Gesch. der Freien Hansestadt B., 4 Bde. (1-21975-85);
W. Voigt: Das Bremer Haus (1992).
Bremen,
Freie Hạnsestadt Bremen, kleinstes Land in Deutschland, 404 km2, (1999) 663 100 Einwohner. Das Land besteht aus den beiden Städten Bremen (Sitz der Landesregierung) und Bremerhaven, die durch niedersächsisches Gebiet voneinander getrennt sind.
Staat und Recht:
Nach der Verfassung vom 21. 10. 1947 (mehrfach, zuletzt 1994, modifiziert) ist die Bürgerschaft gesetzgebendes Organ (100 auf 4 Jahre gewählte Abgeordnete, und zwar 80 aus der Stadt Bremen und 20 aus Bremerhaven). Die Regierung wird von dem von der Bürgerschaft gewählten Senat ausgeübt, der aus 12 Mitgliedern besteht. Der Senat wählt aus seiner Mitte zwei Bürgermeister, einen davon zum Präsidenten des Senats und damit zum Regierungschef (entsprechend dem Ministerpräsidenten in den Flächenstaaten, jedoch ohne Richtlinienkompetenz), den anderen zu seinem Stellvertreter. Aufgrund der Sondersituation als ein aus zwei Städten bestehender Stadtstaat sind Landes- und Gemeindeorgane für die Stadt Bremen, nicht aber für die Stadt Bremerhaven, identisch. Die Verfassung enthält plebiszitäre Elemente (Volksbegehren, Volksentscheid).
Das Wappen ist abgeleitet vom Wappen des Erzbistums Bremen (zwei gekreuzte Schlüssel), dessen Patron Sankt Peter war. Form und Aussehen des bremischen Wappens sind in der Wappenverordnung von 1891 festgelegt. Das große Wappen zeigt einen schräg aufgerichteten silbernen Schlüssel auf einem roten, auf einer Konsole stehenden und von einer goldenen, edelsteingeschmückten Krone überwölbten Schild. Schildhalter sind zwei rückwärts blickende Löwen. Das mittlere Wappen wird ohne Schildhalter und Konsole, das kleine Wappen nur durch den Schlüssel ohne Schild dargestellt.
Oberste Gerichte für Bremen sind der Staatsgerichtshof (Verfassungsgericht) der Freien Hansestadt Bremen, das Hanseatische Oberlandesgericht, das Oberverwaltungsgericht, das Landesarbeitsgericht, das Landessozialgericht. Ferner bestehen ein LG, ein Verwaltungsgericht, ein Finanzgericht, zwei Arbeitsgerichte, ein Sozialgericht und drei Amtsgerichte.
Landesnatur und Bevölkerung:
Das Land liegt im Gebiet der durch Deiche geschützten Marsch der Unterweser, hat aber auch Anteil an der Geest und am Moorgebiet. Die Stadt Bremen dehnt sich längs der beiden Flussufer aus, Bremerhaven nur auf der rechten Seite am Übergang von der Unter- zur Außenweser. Der Weser kommt als Bindeglied der beiden 60 km voneinander entfernten Gebietsteile große Bedeutung zu. Das Klima steht unter dem Einfluss des Meeres. Die Temperaturschwankungen im Lauf des Jahres sind geringer als im Binnenland; kühleren Sommern stehen mildere Winter gegenüber.
1961 waren 13,9 % der damals 706 400 Einwohner Vertriebene. Die Bevölkerungsdichte beträgt heute (1999) 1 641 Einwohner je km2.
44,3 % der Bevölkerung gehören der evangelischen Landeskirche an, 13 % der katholischen Kirche. Die jüdische Gemeinde Bremen hat rd. 970 Mitglieder.
Auf der Grundschule (Schulzeit vier Jahre) baut die Orientierungsstufe (zwei Jahre) auf. Sie ist nicht schulartbezogen und organisatorisch in der Regel den Schulzentren Sekundarbereich I zugeordnet, in denen außerdem die drei herkömmlichen Schularten (Hauptschule, Klassen 7-9; Realschule; Unterstufe des Gymnasiums, Klassen 7-10) kooperativ zusammengefasst sind. Daneben bestehen vier integrierte Gesamtschulen (Klassen 5-13). Neben den Grundschulen gibt es als selbstständige Schulen auch einige Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. In Schulzentren Sekundarbereich II sind gymnasiale Oberstufe und berufliche Schulen zusammengefasst. Zur Wahl stehen in den verschiedenen Zentren: Maschinentechnik, Bautechnik und -gestaltung, Metall- und Elektrotechnik, Wirtschaft und Verwaltung, Hauswirtschaft (kombiniert mit Gesundheit oder Nahrungsgewerbe beziehungsweise Sozialpädagogik). Außerdem gibt es selbstständige berufliche Schulen.
An der 1971 eröffneten Bremer Universität sind in 12 Fachbereichen die wichtigsten geistes-, ingenieur- und naturwissenschaftlichen Fächer - außer Medizin - vertreten. Neben Sonderforschungsbereichen und Graduiertenkollegs bestehen in der Universität zahlreiche zum Teil interdisziplinär arbeitende Einrichtungen und Forschungsinstitute. Ein Schwerpunkt liegt in der Meeres- und Polarforschung. Daneben gibt es je eine Fachhochschule in den Städten Bremen und Bremerhaven sowie die Hochschule für Künste mit den Fachbereichen Kunst und Musik.
Wirtschaft und Verkehr:
Neben der wichtigen Rolle, die Bremen mit den Hafenanlagen in den Städten Bremen und Bremerhaven, zusammen Bremische Häfen genannt, im Handel spielt, hat das Bundesland auch als Industriezentrum zunehmend an Bedeutung gewonnen. Das Wirtschaftswachstum der Nachkriegszeit (1950-65) drückt sich in der Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze in der Industrie (von 59 000 auf rd. 100 000) und der Verdreifachung des seewärtigen Güterumschlags der Bremischen Häfen aus (von 6 Mio. t auf 17,5 Mio. t). Im Zuge einer tief greifenden Strukturkrise, die vornehmlich die in Bremen stark vertretenen Bereiche Schiffbau, Schifffahrt sowie Ernährungsindustrie betraf, musste die bremische Wirtschaft von Mitte der 70er-Jahre bis Mitte der 80er-Jahre schwerwiegende Wachstumsverluste hinnehmen - verbunden mit einem starken Arbeitsplatzabbau und einem beträchtlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Mit fortschreitendem Strukturwandel hin zu wachstumsträchtigen Sektoren gelang es Bremen jedoch, den vollen Anschluss an die allgemeine Wirtschaftsentwicklung zurückzugewinnen (reales Wachstum des Bruttoinlandproduktes 1986-1994 Bremen und alte Bundesländer jeweils 24 %). Mit (1994) 38,6 Mrd. DM hat Bremen einen Anteil von 1,2 % am BIP. Die weiterhin vorhandene bremische Wirtschaftsstärke dokumentiert das BIP je Erwerbstätigen, das (1994) rund 108 000 DM beträgt und damit etwa 5 % über dem Durchschnitt der alten Bundesländer liegt. Das BIP je Einwohner liegt (1994) bei 56 586 DM (alte Bundesländer: 45 295 DM). Die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung führte in Bremen seit 1986 zu circa 12 000 zusätzlichen Arbeitsplätzen (1994: rund 359 000). Gleichwohl hat die bremische Arbeitslosigkeit immer noch einen ausgeprägt überdurchschnittlichen Umfang (Arbeitslosenquote 1994: 13,7 %, alte Bundesländer 9,2 %).
Die Städte Bremen und Bremerhaven sind nach wie vor als Hafen- und Handelsstandorte zu bezeichnen; so ist die Wirtschaftsstruktur auch weiterhin durch den Bereich Handel und Verkehr gekennzeichnet, auf den (1994) rd. 27 % der bremischen Gesamtbeschäftigung entfallen und in dem 27,3 % der Bruttowertschöpfung erwirtschaftet werden. Im industriellen Sektor arbeiten (1994) 24 % der Erwerbstätigen (Anteil an der Bruttowertschöpfung 31,4 %). Das exportorientierte Investitionsgütergewerbe dominiert. Dies ist vornehmlich durch den in den letzten Jahren stark expandierenden Straßen-, Luft- und Raumfahrzeugbau bedingt. Mit größerem Abstand folgen die traditionell starke Nahrungs- und Genussmittelindustrie mit ihrem hochwertigen Produktsortiment (Kaffee, Süßwaren, Fisch, Bier u. a.), die Elektrotechnik, der Maschinenbau, der ehemalige dominante Schiffbau sowie die Stahlindustrie. Zudem entwickelt sich Bremen immer mehr zu einem Dienstleistungszentrum; 1994 arbeitete bereits rund jeder fünfte bremische Beschäftigte im privaten Dienstleistungssektor (außerhalb von Handel und Verkehr). Im gesamten Dienstleistungssektor werden 68,3 % der Bruttowertschöpfung erwirtschaftet. Neben der Sicherung der industriellen Kerne ist die bremische Wirtschaftsstrukturpolitik darauf ausgerichtet, die Voraussetzungen für den Ausbau moderner privater Dienstleistungsbereiche mit überregional ausstrahlendem Charakter zu verbessern.
Verkehr:
Der Verkehrssektor trägt - stark geprägt durch die Bremischen Häfen - direkt mit rd. einem Sechstel zum Bruttosozialprodukt bei; direkt und indirekt ist knapp jeder vierte Arbeitsplatz von den Bremischen Häfen abhängig. Die Häfen vereinigen mit einem Güterumschlag von (1994) 30,9 Mio. t rd. 16 % des Güterumschlags aller Seehäfen Deutschlands auf sich; davon fielen auf Bremen (Stadt) 14,7 Mio. t und auf Bremerhaven 16,2 Mio. t. Der Anteil Bremerhavens ist langfristig im Ansteigen. Beim Güterumschlag dominiert der Güterempfang gegenüber dem Güterversand (Verhältnis etwa 3 : 2) und der Stückgutverkehr gegenüber dem Massengutverkehr (Verhältnis etwa 2 : 1 mit steigender Tendenz). Zur Ausweitung des Stückgutanteils trägt im Wesentlichen der Containerumschlag bei, der im Containerterminal Wilhelm Kaisen in Bremerhaven seinen Schwerpunkt hat. In den Bremischen Häfen wurden 1994 rd. 31 % des deutschen Containerverkehrs abgewickelt. Im Rahmen des Bremischen Hafenstrukturkonzepts aus dem Jahre 1994 ist mit dem weiteren Ausbau des Containerterminals und der Stromkaje nach Norden begonnen worden, wodurch »diese längste Stromkaje der Welt« bis 1998 auf rd. 3 km Länge ausgebaut wird.
Für den Aufstieg des heute zweitwichtigsten Seehafens Deutschlands (nach Hamburg) zum Welthandelsplatz im 19. Jahrhundert war der Verkehr mit den USA ausschlaggebend; hierdurch wurde Bremen zum größten europäischen Auswandererhafen und zu einem wichtigen Importhafen, z. B. für Baumwolle, Kaffee und Tabak. Wesentliche Impulse für den wirtschaftlichen Aufschwung brachte die Gründung Bremerhavens (1827). Die Korrektion der Unterweser (seit 1886) schuf eine Hauptfahrrinne, die auch großen Seeschiffen die Fahrt nach Bremen ermöglichte. Gleichzeitig begann man am rechten Weserufer mit dem Bau neuer Hafenbecken (u. a. Europahafen). 1965 wurde am linken Weserufer der Neustädter Hafen gebaut, v. a. für den Container- und Stückgutverkehr. Weserabwärts schließt sich der Industriehafen an, der v. a. dem Umschlag von tropischen Hölzern und Massengütern (Kohle, Koks, Eisen und Stahl, chemische Erzeugnisse) dient. Der Hafen Bremen (Stadt) ist überwiegend als Tidehafen, der Hafen von Bremerhaven überwiegend als Dockhafen gebaut.
Die Bedeutung Bremerhavens wuchs besonders durch die 1964 fertig gestellte Erzumschlaganlage Weserport und durch den Ausbau (1968) zu einem führenden europäischen Containerhafen (»Wilhelm-Kaisen-Container-Terminal«) mit einer 2,2 km langen Stromkaje. Weitere Modernisierungen betrafen Anlagen für den Roll-on-roll-off-Verkehr (v. a. für den Kraftfahrzeugimport) und Lash-Dienste. Bremerhaven besitzt weiterhin den größten Fischereihafen Deutschlands und ist ein wichtiger Standort der Hochseefischereiflotte. V. a. auch historisch bedeutsam ist die Passagierschifffahrt an der Columbuskaje (»Bahnhof am Meer«), vormals wichtig für den Passagierverkehr zwischen Deutschland und den USA, heute überwiegend als Seebäderverkehr, Kreuzfahrtverkehr und Fährverkehr (nach Harwich, Großbritannien).
Durch den Anschluss an das europäische Binnenwasserstraßennetz (Weser, Mittellandkanal) ist Bremen auch ein wichtiger Binnenhafen mit einem Güterumschlag von (1994) insgesamt 5,7 Mio. t (9. Stelle). Als peripherer Standort ist Bremen außerdem durch Flughafen, Bundesautobahnen und v. a. durch die Eisenbahn gut mit anderen Wirtschaftsräumen Deutschlands verbunden.
Seit 1186 eigenständig anerkannte Stadtgemeinde, ab 1541 beziehungsweise 1646 Reichsfreiheit, wurde die Freie Hansestadt Bremen (Name seit 18. 8. 1806) 1815 Mitglied des Deutschen Bundes und 1866 Mitglied des Norddeutschen Bundes sowie 1871 Bundesstaat (1919 Land) des Deutschen Reiches. Januar/Februar 1919 bestand eine Räterepublik unter dem Namen »Sozialistische Republik Bremen«. Nach deren Zusammenbruch arbeitete eine gesetzgebende Versammlung eine neue Verfassung aus, die am 18. 5. 1920 in Kraft trat. An der Spitze der Stadtregierung stand als Erster Bürgermeister 1920-33 Martin Donandt (* 1852, ✝ 1937; bis 1929 Mitglied der Deutschnationalen Volkspartei, DNVP; danach parteilos). Als im Zuge der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur (1933) auch die Länder des Deutschen Reiches gleichgeschaltet wurden, setzte die nationalsozialistische Reichsregierung auch die Verfassung von 1920 außer Kraft und vereinigte die Stadt mit dem Land Oldenburg unter einem Reichsstatthalter. Zusammen mit Bremerhaven gehörte die Stadt Bremen ab 1945 als »Enklave Bremen« 1945-49 zur amerikanischen Besatzungszone. Am 23. 1. 1947 errichtete die amerikanische Militärregierung aus dieser das »Land Bremen«, das 1949 Land der Bundesrepublik Deutschland wurde. Am 21. 10. 1947 trat eine neue Verfassung in Kraft, die sich stark an jene von 1920 anlehnt. Die stärkste Partei in Bremen wurde die SPD (1946-47, 1955-67 und 1971-91 im Besitz der absoluten Mehrheit der Mandate in der Bürgerschaft); sie stellt den Senatspräsidenten und Bürgermeister: 1945-65 W. Kaisen, 1965-67 W. Dehnkamp, 1967-85 H. Koschnick, 1985-95 K. Wedemeier, seit 1995 H. Scherf. Bis 1959 bildete die SPD mit CDU und FDP, bis 1971 mit der FDP eine Koalitionsregierung; 1991-95 bestand eine so genannte Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, Ende Juni 1995 wurde erstmals eine große Koalition aus SPD und CDU gebildet (erneuert nach der Bürgerschaftswahl vom 6. 6. 1999).
M. Abendroth u. a.: Hafenarbeit. Eine industriesoziolog. Unters. der Arbeits- u. Industrieverhältnisse in den brem. Häfen (1979);
V. Plagemann: B. u. Bremerhaven (31979);
Hb. der histor. Stätten Dtl.s, Bd. 2: Niedersachsen u. B., hg. v. K. Brüning u. Heinrich Schmidt (51986);
H. Schwarzwälder: Bremer Gesch. (1993).
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Bre|men: Stadt u. Bundesland der Bundesrepublik Deutschland.
Universal-Lexikon. 2012.