Strukturveränderung
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Struk|tur|wan|del 〈m. 5; unz.〉 Wandel, allmähliche Veränderung einer Struktur (bes. einer Staats- od. Gesellschaftsform)
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Struk|tur|wan|del, der:
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Strukturwandel,
die mit der marktwirtschaftlichen Dynamik verbundenen mehr oder weniger stetigen Veränderungen in der Zusammensetzung (Struktur) der Produktion eines Landes (Produktionsstruktur) nach Wirtschaftszweigen (sektorale Struktur) beziehungsweise nach Regionen oder Wirtschaftsräumen (regionale Struktur), weiterhin die entsprechenden Änderungen der Aufteilung der Beschäftigten (Erwerbsstruktur, Beschäftigungsstruktur) nach Sektoren, Regionen, aber auch nach Qualifikation, Alter und Geschlecht sowie der Aufteilung des Sachkapitals nach Sektoren, Regionen und Alter. Der wirtschaftliche Strukturwandel wird auch als Teil des sozialen Wandels angesehen.
Der Strukturwandel wird v. a. hervorgerufen durch Änderung der Nachfragestruktur, Produkt- und Verfahrensinnovationen sowie die Zunahme der internationalen Arbeitsteilung. Modifizierte Nachfragestrukturen ergeben sich daraus, dass sich die Präferenzen der Wirtschaftssubjekte im Zeitablauf ändern und die Güter unterschiedliche Einkommenselastizitäten aufweisen: Mit steigendem Einkommen werden manche Güter überproportional mehr nachgefragt; bei manchen geht die Nachfrage aber auch zurück. Produkt- und Verfahrensinnovationen entstehen in den einzelnen Teilbereichen der Wirtschaft mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Während Produktinnovationen in der Regel zusätzliche Nachfrage bedeuten und in den entsprechenden Bereichen tendenziell zu einer Ausdehnung des Faktoreinsatzes führen, sind Verfahrensinnovationen häufig mit Freisetzung von Produktionsfaktoren (v. a. Arbeit) verbunden. Die Zunahme der internationalen Arbeitsteilung impliziert eine Verlagerung von Wertschöpfung vom Inland ins Ausland und umgekehrt, wobei die einzelnen Sektoren und Regionen von diesem Verlagerungsprozess oft sehr unterschiedlich betroffen werden. Eine Grundtendenz beim sektoralen Strukturwandel besteht in der Abnahme der relativen Bedeutung der Landwirtschaft zugunsten des Waren produzierenden Gewerbes, woran sich eine Verschiebung vom industriellen zum Dienstleistungssektor anschließt (Dreisektorenhypothese). Von einer nicht stetigen, sondern abrupten Änderung der Strukturen sind seit Anfang der 1990er-Jahre die neuen Bundesländer sowie die Transformationsstaaten Mittel- und Osteuropas betroffen. Ursache dieses Strukturwandels, den man treffender als Strukturbruch bezeichnen kann, war der politisch und ökonomisch bedingte Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft sowie die damit verbundene Öffnung der ehemaligen RGW-Staaten. Die Volkswirtschaften dieser Länder sahen sich unvermittelt dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt, wobei rasch deutlich wurde, dass die alten Wirtschaftsstrukturen unter diesen Bedingungen nicht wettbewerbsfähig waren. Der Prozess der Strukturanpassung verläuft in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich und ist zum Teil mit einem drastischen Rückgang der Industrieproduktion und hoher Arbeitslosigkeit verbunden. Sowohl für den allmählich verlaufenden Strukturwandel als auch für abrupte Strukturbrüche gilt, dass für die in schrumpfenden Sektoren und Regionen Beschäftigten Anpassungszwänge entstehen. Sie müssen ihre Arbeitsplätze aufgeben (strukturelle Arbeitslosigkeit) und in anderen Sektoren oder Regionen neue Arbeitsplätze suchen. Wenn sich die Struktur der nachgefragten Qualifikationen verschiebt, müssen sich die durch den Strukturwandel »freigesetzten« Arbeitskräfte häufig umschulen oder weiterbilden lassen und anschließend einen anderen Beruf ausüben. Aufgabe der Strukturpolitik und der Regionalpolitik ist es, diese Anpassungsvorgänge für die vom Strukturwandel negativ Betroffenen zu erleichtern und finanziell zu unterstützen. Am Beispiel der neuen Länder wird jedoch deutlich, dass die Möglichkeiten von Regional- und Strukturpolitik begrenzt sind, selbst wenn umfangreiche Finanzmittel eingesetzt werden. Aufgrund der Beschleunigung des technischen Wandels sowie der Globalisierung der Märkte und der damit verbundenen Verschärfung des internationalen Wettbewerbs wird der Strukturwandel in Zukunft noch schneller verlaufen als heute.
K. M. Ritter-Thiele: Zum Zusammenhang zw. Innovation u. S. in einer wachsenden Wirtschaft (1992);
A. Fischer: Der industrielle S. in den neuen Bundesländern (1994);
P. Thuy: S., Qualifikation u. Beschäftigung (Bern 1994);
Wechselwirkungen zw. Infrastrukturausstattung, strukturellem Wandel u. Wirtschaftswachstum, bearb. v. S. Bach u. a. (1994);
Grenzüberschreitende Produktion u. S. Globalisierung der dt. Wirtschaft, Beitrr. v. H.-H. Härtel u. a. (1996);
H. Klodt u. a.: Tertiarisierung in der dt. Wirtschaft (1997).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Strukturpolitik: Struktur- und Regionalpolitik
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Universal-Lexikon. 2012.