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Rauchen
Paffen (umgangssprachlich); Schmauchen (umgangssprachlich); Quarzen (umgangssprachlich); Tabakrauchen

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rau|chen ['rau̮xn̩]:
1. <tr.; hat: Tabakrauch (aus einer brennenden Zigarette o. Ä.) in sich hineinziehend einatmen und wieder ausstoßen:
eine Zigarette, Zigarre rauchen; Haschisch rauchen; jeden Abend seine Pfeife rauchen; <auch itr.> ich darf nicht mehr rauchen.
Syn.: kiffen (Jargon), paffen (ugs.), qualmen (ugs., meist abwertend), schmauchen.
2. <itr.; hat Rauch bilden, von sich geben:
der Schornstein, der Ofen raucht.
Syn.: qualmen.

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rau|chen 〈V.; hat
I 〈V. intr.〉
1. Rauch aufsteigen lassen (Feuer, Ofen, Schornstein)
2. beim Verbrennen od. Explodieren Rauch entwickeln (Pulver)
3. unter Entwicklung von sichtbaren Dämpfen verdunsten (Säure)
● hier raucht's 〈fig.; umg.〉 hier hat es Krach, Ärger gegeben; pass auf, sonst raucht's! 〈fig.; umg.〉 sonst gibt's Ärger!; mir raucht der Kopf vom vielen Arbeiten, Lernen 〈fig.; umg.; scherzh.〉; von dem Haus waren nur noch \rauchende Trümmer zu sehen; →a. Schlot
II 〈V. tr. u. V. intr.〉 den Rauch von glühendem Tabak genießen ● danke, ich rauche nicht (ablehnende Antwort, wenn man Zigarren od. Zigaretten angeboten bekommt); Pfeife \rauchen; eine Zigarre, Zigarette \rauchen; er raucht täglich 20 Zigaretten; sich das Rauchen angewöhnen, abgewöhnen; Rauchen verboten! (Aufschrift auf Schildern); der Arzt hat mir das Rauchen verboten; er raucht viel, wenig, stark
[<ahd. rouhhan „(be)räuchern“ <germ. *raukjan;Rauch]

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rau|chen <sw. V.; hat [mhd. rouchen, ahd. rouhhen, entweder zu 2Rauch od. Kausativ zu riechen]:
1.
a) Rauch austreten lassen, ausstoßen:
der Ofen, Schornstein, Vulkan raucht;
Ü unser Lehrer rauchte vor Zorn;
b) <unpers.> (von Rauch) sich an einer bestimmten Stelle entwickeln:
es rauchte in der Küche, aus dem Ofenrohr;
es raucht (ugs.: 1. es vollzieht sich etw. mit größter Intensität, Schnelligkeit o. Ä.: sie stritten sich, dass es [nur so] rauchte. 2. es gibt heftige Vorwürfe, Ärger).
2.
a) Tabak[produkte], Rauschmittel konsumieren, indem man den Rauch durch den Mund einzieht u. wieder ausstößt:
Zigaretten, eine Zigarre, [einen bestimmten] Tabak, Opium, Haschisch r.;
jeden Abend seine Pfeife r.;
mit jmdm. eine [Zigarette] r.;
<ohne Akk.-Obj.:> im Sessel sitzen und r.;
heftig, hastig, nervös, auf Lunge, in langsamen Zügen, unentwegt, stark, viel r.;
wie ein Schlot r.;
b) Raucher (1) sein:
er raucht [nicht mehr];
<subst.:> das Rauchen wurde ihm vom Arzt untersagt;
das Rauchen aufgeben.
3. (Fachspr.) räuchern:
Katenwurst schwarz geraucht.

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Rauchen,
 
das Einsaugen des Rauchs glimmender Pflanzenteile in die Mundhöhle und durch zusätzliches Einatmen über die Atemwege in die Lunge (Inhalation). Am verbreitetsten ist das Rauchen von Tabak in Form von Zigaretten und Zigarillos, in geringerem Umfang als Zigarren oder in Pfeifen; auch manche Rauschmittel (z. B. Haschisch) werden in Form des Rauchens aufgenommen.
 
 Ursachen und Verbreitung
 
Eine wesentliche Rolle bei der Entstehung des Gewohnheitsrauchens bei Heranwachsenden wird der Nachahmung des elterlichen Verhaltens, der mittelbaren sozialen Umwelt sowie dem Einfluss der Medien und der Werbung beigemessen. Erste, meist vorübergehende Kontakte mit dem Zigarettenrauchen, bei denen Neugier und Mutproben in der Gruppe eine Rolle spielen, treten meist im Alter zwischen 10 und 12 Jahren auf; die Herausbildung der Einstellung zum Rauchen findet häufig in der Pubertät statt, wo es als Hilfsmittel zur Überwindung von Selbstunsicherheit und bei der Absicht, dem anderen Geschlecht zu imponieren, später auch zur Bewältigung von Prüfungs- und Stresssituationen dienen soll. Eine verstärkte Disposition zum Rauchen besteht auch bei Suchtgefährdeten, die hierin ebenfalls häufig ein Mittel zur Konfliktbewältigung suchen. Die für die Motive des Tabakrauchers entscheidenden psychotropen Wirkungen des Nikotins bestehen darin, dass es zunächst einen anregenden, in höheren Dosen einen beruhigenden und muskelentspannenden Einfluss hat und Hunger- und Angstgefühle sowie Aggressionen mindert. Während zu Beginn psychische Motive für das Rauchen entscheidend sind, werden diese zunehmend von einer pharmakologischen Abhängigkeit vom Nikotin abgelöst, wobei typische Auslösesituationen (z. B. Fahrt zur Arbeit, Telefonieren) eine wichtige Rolle spielen.
 
Der Verbrauch stieg in Deutschland seit dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart um etwa das Zehnfache an. Diese Zunahme fand ungeachtet der Tatsache statt, dass die ursächliche Verknüpfung zwischen Lungenkrebs und Rauchen bereits 1935 in der medizinischen Forschung entdeckt und ebenso wie die gefäßschädigende Wirkung des Rauchens zunehmend öffentlich bekannt wurde. Die Gründe hierfür werden außer in den gesellschaftlichen Konventionen und der Schwierigkeit der Raucherentwöhnung auch im Einfluss der direkten Werbung der Tabakindustrie gesehen, die das Rauchen mit positiven Assoziationen wie Freiheit, Abenteuer, Prestige, Selbstsicherheit, Erfolg, Geselligkeit und allgemeinem Lustgewinn verknüpft. Dabei haben sich die Werbeausgaben seit 1990 reduziert. Direkte Werbung für Zigaretten ist bereits in einigen der 15 EU-Länder verboten. Im Fernsehen darf z. B. in keinem EU-Land mehr für Tabakprodukte geworben werden. Die Einnahmen des Bundes aus der Tabaksteuer lagen 1996 bei 20,7 Mrd. DM.
 
Erst seit Ende der 80er-Jahre zeichnet sich eine gewisse Stagnation im Zigarettenverbrauch ab. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch lag 2000 in Deutschland bei etwa 1 800 Zigaretten jährlich. Den höchsten Raucheranteil hat die Altersgruppe der 35- bis 45-Jährigen mit 45,5 % bei Männern und 34,6 % bei Frauen. Etwa 35 % der Raucherinnen und Raucher gelten als behandlungsbedürftig.
 
 Inhaltsstoffe und chemische Prozesse
 
Tabakrauch ist ein Gemisch aus Gasen und feinstverteilten Partikeln (Aerosol), in dem mehrere Tausend Substanzen aufgefunden und mehrere Hundert identifiziert wurden. Neben dem Hauptwirkstoff Nikotin finden sich im Tabakrauch als Reizbestandteile Phenole, Säuren, Aldehyde und Ketone und als Krebs erregend bekannte oder verdächtigte polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, v. a. Benzopyren, des Weiteren Spuren von Nitrosaminen, Hydrazin, Vinylchlorid, Formaldehyd und Schwermetallen wie Arsen, Cadmium, Chromaten, Vanadium, auch von radioaktivem Polonium 210 sowie Kohlenoxid, Stickoxide, Methanol, Blausäure und Rückstände aus Insektiziden.
 
Beim Abbrennen des Tabaks in der Zigarette (entsprechend auch bei anderen Rauchformen) entstehen in der Glutzone durch den am Mundstück hervorgerufenen Sog Temperaturen um 900 ºC. Hierbei wird unter reduktiven Bedingungen (Sauerstoffmangel) organisches und anorganisches Material zersetzt und gerät gasförmig in die dahinter liegende Destillationszone, wo es sich mit den aus dem frei werdenden Wasserdampf abdestillierten Stoffen vermischt. Hinter diesem Bereich bildet sich durch Abkühlung das Aerosol, in dem auch der Hauptwirkstoff, das wasserlösliche Nikotin, enthalten ist. Ein Teil des Aerosols schlägt sich mit abnehmender Temperatur im Restteil der Zigarette nieder (Kondensationszone). Mit fortschreitendem Abbrand wird das Destillat zum Teil verbrannt, überwiegend jedoch erneut freigesetzt und mit dem Hauptstromrauch eingeatmet, der sich teilweise als Teer in den Atemwegen niederschlägt. Zum Mundstück hin vollzieht sich eine zunehmende Destillatanreicherung (im letzten Drittel sammeln sich etwa 80 % der Gesamtnikotinmenge), die toxikologisch von Bedeutung ist. In den Zugpausen geht von der glimmenden Zigarettenspitze Rauch in die Umgebung ab (Nebenstromrauch); bei den wesentlich geringeren Temperaturen wird hierbei weniger Material verbrannt und mehr abdestilliert. Die Konzentration von Krebs erregenden Substanzen ist im Nebenstromrauch bis zu 130fach höher als im Hauptstromrauch, auch der Nikotingehalt ist größer. Da der Hauptstromrauch nur rd. ein Viertel des Zigarettenrauchs ausmacht und ein Teil der darin enthaltenen Stoffe wieder ausgeatmet wird, ergibt sich, zumal unter Berücksichtigung der Zusammensetzung des Nebenstromrauchs, für die in der Umgebung des Rauchers befindliche Personen das Problem des unfreiwilligen Passivrauchens, dessen Schädlichkeit ebenfalls zunehmend erkannt wurde.
 
Beim Rauchen von Zigaretten über die Mundhöhle wird nur ein Teil der Stoffe über die Mund- und Nasenschleimhäute resorbiert, beim Inhalieren nahezu die gesamte Nikotinmenge über die Alveolarwände. Hierbei werden unter Umgehung der Leber Herz und Gehirn direkt erreicht; die Wirkung des Nikotins setzt deshalb unmittelbar ein. Aufgrund der kurzen biologischen Halbwertszeit von 90 Minuten im venösen Blut und von 15 Minuten im Gehirn hält sie jedoch nur kurz an. Dies erklärt das Phänomen des Kettenrauchens bei Abhängigen. Aufgrund der hohen Resorptionsquote des (alkalischen) Pfeifenrauchs wird bei diesem über die Mundhöhle der gleiche Nikotinspiegel wie beim Inhalieren von Zigaretten erreicht.
 
 Gesundheitliche Auswirkungen
 
Das Rauchen stellt v. a. in den westlichen Industrieländern die wichtigste vermeidbare Einzelursache für das Eintreten von Krankheiten, Invalidität und vorzeitigem Tod dar und übertrifft dabei den Alkoholmissbrauch; nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben jährlich weltweit 2,7 Mio. Menschen an den Folgen des Rauchens (etwa alle 13 Sekunden ein Todesfall), in den EU-Ländern mehr als 500 000. Schätzungen für Deutschland beziffern die Anzahl der Sterbefälle auf 70 000 bis 140 000 je Jahr. Die Häufigkeit der Erkrankungen ist direkt abhängig von der Menge der täglich gerauchten Zigaretten, dem Zeitraum, über den hinweg geraucht wird, vom Lebensalter, in dem mit dem Rauchen begonnen wird, von der Inhalationstiefe und vom Nikotin- und Teergehalt im Rauch.
 
Von den gesundheitsschädigenden Wirkungen einzelner Inhaltsstoffe sind am besten die des Nikotins, des Kohlenoxids und der Teerbestandteile bekannt; sie sind für einen großen Teil der Herzinfarkte und anderer Gefäßkrankheiten sowie für etwa 30 % aller Krebserkrankungen in den westlichen Industrieländern verantwortlich. Insgesamt vermindert jahrelanges Rauchen von mehr als 20 Zigaretten je Tag die Lebenserwartung um bis zu 12 Jahre.
 
Herz- und Gefäßschädigungen:
 
Das zu etwa 3-4 % im Tabakrauch enthaltene Kohlenoxid führt zu Sauerstoffmangel mit Leistungsabfall und Gefährdung von bereits durchblutungsgestörten Organen; aufgrund von Tierversuchen wird es auch für die frühzeitige Arteriosklerose der Herzkranzgefäße verantwortlich gemacht. Nikotin hat initial eine gefäßverengende Wirkung, die über eine Erregung sympathischer Ganglien sowie teilweise auch über eine Vasopressinausschüttung der Hypophyse ausgelöst wird, und führt zu einer Steigerung der Herzfrequenz, Blutdruckerhöhung und u. U. Herzrhythmusstörungen. Daraus resultiert eine unwirtschaftliche Mehrarbeit des Herzens mit erhöhtem Sauerstoffbedarf bei gleichzeitiger Verminderung des Sauerstoffangebots als Folge der Kohlenoxidwirkung. Nikotin erhöht ferner über die Ausschüttung von Adrenalin aus den Nebennieren den Gehalt an freien Fettsäuren und Cholesterin im Blut. Diese beiden Mechanismen in Verbindung mit einer gesteigerten Thrombozytenaggregation bedingen ein stark erhöhtes Risiko zur Ausbildung einer Arteriosklerose, v. a. in Form der Koronarsklerose (Angina pectoris, Herzinfarkt) und von Gefäßverengungen oder -verschlüssen der unteren Gliedmaßen (Winiwarter-Buerger-Krankheit, »Raucherbein«), die im Endstadium zum Gewebetod (Gangrän) führt und dann die Amputation der betroffenen Gliedmaßen erfordert. Das Risiko eines Schlaganfalls wird durch das Rauchen beträchtlich erhöht. Bei nahezu allen Herzinfarktfällen, die vor dem 40. Lebensjahr auftreten, ist das Rauchen mitbeteiligt. Eine besonders große Gefährdung besteht, wenn andere Risikofaktoren hinzukommen (Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht, Stress); geht man bei einem Konsum von mehr als 20 Zigaretten je Tag von einer sechsfach erhöhten Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts aus, steigt die Gefährdung bei Mehrfachrisiken (Bluthochdruck, erhöhter Cholesterolspiegel) auf das Zehnfache. Unter den Herzinfarktpatienten in der Altersgruppe bis zum 50. Lebensjahr finden sich kaum Nichtraucher; Raucher erleiden im Durchschnitt mit 53 Jahren, Nichtraucher mit 63 Jahren ihren ersten Herzinfarkt; dieser stellt die häufigste Todesursache bei Rauchern dar.
 
Atemwegsschädigungen:
 
Beim Rauchen von täglich 10 Zigaretten gelangen in 10 Jahren etwa 500 g Teerstoffe in die Lunge. Sie sind Ursache des zweiten Komplexes von Gesundheitsschäden: Er besteht zum einen in Schleimhautentzündungen, die durch die reizenden Bestandteile hervorgerufen werden und zu einer Einbuße des Geruchs- und Geschmacksvermögens, chronische Entzündung der Mund- und Rachenschleimhaut, des Kehlkopfs und v. a. der Bronchien (Raucherbronchitis) führen. Durch Zerstörung des Flimmerepithels vermindert sich die Wirksamkeit der Selbstreinigung der Atemwege und führt bei gleichzeitig erhöhter Schleimbildung zu Sekretstau mit Begünstigung von örtlichen Infektionen, chronisches Reizhusten (Raucherhusten) und Auswurf. Durch ständige Überdehnung der Lungenbläschen in Verbindung mit einer Zerstörung der elastischen Elemente der Lunge infolge einer Aktivierung körpereigener Enzyme und gegengerichteter Schutzenzyme kann sich ein Lungenemphysem mit Einschränkung des Atemgasaustauschs, reduzierter Atemleistung (Kurzatmigkeit bei Belastungen) und Rückwirkungen auf Herz und Kreislauf (Rechtsherzinsuffizienz) entwickeln.
 
Eine eindeutige, statistisch und toxikologisch gesicherte Beziehung besteht zwischen langfristiger Inhalation von Zigarettenrauch und Lungenkrebs; mit den Krebs erzeugenden Tabakinhaltsstoffen lassen sich im Tierexperiment dosisabhängig und wiederholbar bösartige Tumoren erzeugen. Etwa 90 % der Lungenkrebspatienten sind Raucher. Auf der Grundlage einer ständigen Gewebereizung kommt es unter Einwirkung der kanzerogenen Inhaltsstoffe des Tabakteers nach einer Latenzzeit von etwa 20 Jahren zur Ausbildung von Karzinomen der Bronchialschleimhaut (in 45 % der Fälle Plattenepithelkarzinome), die bei starken Rauchern mit einer gegenüber Nichtrauchern um das 15- bis 25fache erhöhten Wahrscheinlichkeit auftreten. Auch andere Krebserkrankungen im Bereich der Atemwege wie Lippen- und Mundhöhlenkrebs (v. a. bei Pfeifenrauchern), Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs und, durch Ausscheidung noch aktiver Kanzerogene über die Harnwege, auch Nieren- und Harnblasenkrebs treten überdurchschnittlich oft auf. Besonders der Mundhöhlenkrebs hat eine starke Zunahme erfahren (seit 1970 Vervierfachung der Sterbefälle in der Altersklasse der Fünfzigjährigen), was auf ein Zusammenwirken von Rauchen und Alkoholgenuss zurückgeführt wird. Nach Einstellen des Rauchens vermindert sich das Krebsrisiko in Abhängigkeit von der Dauer und nähert sich nach 10 Jahren wieder dem Durchschnitt bei Nichtrauchern.
 
Weitere Organ- und Stoffwechselschädigungen:
 
Neben der gefäßbezogenen Wirkung steigert Nikotin die Magensaftsekretion und die Magen-Darm-Motorik (»Verdauungszigarette«). Durch Hemmung des Verschlusses des Magenausgangs kommt es zum Rückfluss von Verdauungssäften aus dem Zwölffingerdarm und zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Magenschleimhautentzündungen, Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren mit häufiger Rückfallneigung bei fortgesetztem Rauchen; chronischer Tabakgenuss (auch in unverbrannter Form) kann außerdem zu einer Degeneration der Netzhaut und im Endstadium zu Erblindung (Tabakamblyopie) führen, wobei neben der Nikotinwirkung Methanol und Blausäure als ursächliche Komponenten vermutet werden. Als weitere Beeinträchtigungen von Organsystemen sind folgende bekannt: Unfruchtbarkeit des Mannes (unzureichende Bildung befruchtungsfähiger Samenzellen) und der Frau, erhöhter Zahnverlust durch verstärkte Parodontose, verminderte immunologische Abwehrbereitschaft gegenüber Infekten, Beeinträchtigung mentaler Leistungen (Erkennen optischer und akustischer Signale, Kurzzeitgedächtnis, Reaktionszeit), kürzere Wirkungsdauer von Arzneimitteln (beschleunigter Abbau), erniedrigter Vitamin-C-Spiegel im Blut. Eine zusätzliche Gefährdung ergibt sich durch Unfälle und Verbrennungen, die durch das Rauchen hervorgerufen werden.
 
Die Stoffwechselwirkungen des Nikotins bestehen in einem durch die Stimulation des sympathoadrenalen Systems mit ständiger Mobilisation von Kohlenhydraten und Fetten hervorgerufenen erhöhten Grundumsatz; dies bewirkt bei Exzessivrauchern in Verbindung mit einer gleichzeitigen Appetitdämpfung eine Abmagerung (»Raucherkachexie«) und bei Absetzen des Rauchens (ohne zusätzliche Kalorienzufuhr) eine Gewichtszunahme.
 
Mit dem Anwachsen des Anteils der Frauen an den Rauchern treten alle diese Gesundheitsschädigungen entsprechend häufiger auch bei dieser Bevölkerungsgruppe auf. Zusätzliche Gesundheitsgefahren bestehen bei der Frau durch ein erhöhtes Thromboserisiko bei Einnahme hormonaler Schwangerschaftsverhütungsmittel sowie in einem fördernden Einfluss auf die Entstehung des Gebärmutterhalskrebses und der Osteoporose. Außer der erhöhten Unfruchtbarkeitsrate kommt es durch vorzeitiges Erlöschen der Eierstocktätigkeit zu einem früheren Eintritt der Wechseljahre, was einem vorgezogenen biologischen Alternsprozess entspricht; durch Beeinträchtigung der Hautdurchblutung wird eine verstärkte Faltenbildung der Gesichtshaut (»Krähenfüße«) hervorgerufen. Rauchen in der Schwangerschaft bewirkt durch Übertritt von Kohlenoxid und Nikotin in den kindlichen Kreislauf Sauerstoffmangel mit der Folge einer mangelhaften Entwicklung, sodass Kinder von Raucherinnen ein durchschnittlich um 300 Gramm verringertes Geburtsgewicht aufweisen; zugleich ist das Risiko von Fehl- und Frühgeburten und angeborenen Fehlbildungen erhöht.
 
Passivrauchen:
 
Das unfreiwillige Einatmen des mit kanzerogenen Substanzen stark angereicherten Nebenstromrauchs und des vom Raucher ausgeatmeten Hauptstromrauchs erhöht die Gefahr von koronaren Herzschädigungen und von Lungenkrebs. Nach epidemiologischen Studien ergibt sich für Partner von starken Rauchern ein um etwa 30 % erhöhtes Risiko; besonderer Gefährdung sind Herz- und Kreislaufgeschädigte, Asthmakranke und Allergiker ausgesetzt. Dies trifft auch auf Säuglinge und Kleinkinder zu, bei denen der Nikotinabbau aufgrund der noch nicht voll entwickelten Leberfunktion stark verzögert ist. Sie weisen eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Entzündungen und Infektionen der Atemwege auf; die Wirkung der durch die Muttermilch von Raucherinnen in hoher Konzentration aufgenommenen Nikotinabbauprodukte auf das Kind ist noch nicht geklärt.
 
Eine Minderung der gesundheitlichen Risiken des Rauchens wurde durch die Entwicklung der Filterzigarette, in neuerer Zeit durch »leichte Zigaretten« mit vermindertem Nikotin-, Teer- und Kohlenoxidgehalt im Rauch angestrebt. Eine Ausfilterung aller Schadstoffe ist allerdings nicht möglich; für Gase wie Kohlenoxid ist der Filter unwirksam. Durch den erhöhten Zugwiderstand und die verminderte Sauerstoffzufuhr ist der Kohlenoxidgehalt sogar höher als bei filterlosen Zigaretten. Ein geringerer Nikotingehalt führt bei abhängigen Rauchern zu einer Kompensation oder Überkompensation durch vertieftes Inhalieren, erhöhte Zugzahl und/oder vermehrtes Rauchen, sodass epidemiologische Untersuchungen zu dem Ergebnis einer unverändert hohen oder sogar höheren Schädlichkeit gelangen.
 
Die wachsende Erkenntnis der Gesundheitsgefährdung durch das Rauchen hat auch zu öffentlichen Maßnahmen zur gesundheitlichen Aufklärung geführt; nach der Tabak-VO muss auf Werbeanzeigen und Verpackungen ein Hinweis auf die gesundheitliche Gefährdung und auf den Nikotin- und Kondensatgehalt angebracht werden. Hierüber kam es 1989 auch zu einer Vereinbarung für die EG-Länder. Eine wesentliche Neuerung besteht darin, dass der höchstzulässige Kondensatgehalt von Zigaretten in zwei Stufen herabgesetzt wurde. Die Festlegung der Höchstgehalte erfolgte auf 15 mg ab 31. 12. 1992 und auf 12 mg ab 31. 12. 1997. Eingeräumte Übergangsfristen liefen spätestens am 31. 12. 1999 aus.
 
In den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts entstand insbesondere in den Industrieländern eine zunehmende Anti-Tabak-Bewegung, die einerseits auf gesetzliche Rauchverbote am Arbeitsplatz beziehungsweise einen Trend zum rauchfreien Arbeitsplatz (ohne dass ein gesetzliches Rauchverbot besteht) und andererseits auf Einschränkungen der Werbung für Zigaretten und Tabak zurückgeht. In den USA haben mit Stand vom 1. 3. 1995 48 Bundesstaaten (z. B. Kalifornien, Texas, New York) und mehr als 700 Gemeinden Gesetze zur Einschränkung des Rauchens in öffentlichen Gebäuden erlassen. Immer mehr Privatunternehmen erklären Büros, Restaurants, Sportstadien, selbst Verkehrszüge zu »rauchfreien Zonen«. In Deutschland plante im August 1994 Bremen als erstes Bundesland ein eigenes Gesetz zum Schutz von Nichtrauchern. Der Bundestag lehnte jedoch im Februar 1998 einen Entwurf für ein Nichtraucherschutzgesetz ab.
 
Die Raucherentwöhnung ist mit ähnlichen Schwierigkeiten verbunden, wie sie auch bei anderen Abhängigkeiten auftreten, und führt in der Übergangszeit zu Entzugserscheinungen wie Nervosität, Reizbarkeit, Unlust oder Müdigkeit. Zur Unterstützung der Entwöhnung gibt es Arzneimittel (Geschmacksvergällungs- und Nikotinsubstitutionsmittel), einen wesentlichen Beitrag leisten auch Selbsthilfegruppen, die von Volkshochschulen und Krankenkassen durchgeführten Trainingsprogramme, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Köln, die Landesarbeitsgemeinschaften, -zentralen oder -vereinigungen für Gesundheitserziehung, die örtlichen Gesundheitsämter sowie spezielle Vereinigungen wie der Ärztliche Arbeitskreis Rauchen und Gesundheit e. V., Bad Wimpfen.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Gesundheit · Herzinfarkt · Herz-Kreislauf-Erkrankungen · Jugendschutz · Lungenkrebs · Nichtraucherschutz · Nikotin · Sucht · Tabak
 
Literatur:
 
J. Rahmede: Passivrauchen. Gesundheitl. Wirkungen u. rechtl. Konsequenzen (21986);
 H. Hess: R. Gesch., Geschäfte, Gefahren (1987);
 J. M. Niederberger: R. als sozial erlerntes Verhalten (1987);
 
Raucherentwöhnung, hg. v. G. Buchkremer (1989);
 
Zigarettenrauchen. Epidemiologie, Psychologie, Pharmakologie u. Therapie, bearb. v. R. Tölle u. G. Buchkremer (21989);
 K. Zapka: Passivrauchen u. Recht (1993);
 
Tabakfragen. R. aus kulturwiss. Sicht, hg. v. T. Hengartner u. a. (Zürich 1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Bronchialkrebs und Lungenembolie
 

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rau|chen <sw. V.; hat [mhd. rouchen, ahd. rouhhen, entweder zu 2Rauch od. Kausativ zu ↑riechen]: 1. a) 2Rauch (a) austreten lassen, ausstoßen: der Ofen, Schornstein, Vulkan, Meiler, Schutthaufen raucht; Ü er ... ließ ... telefonieren, bis die Drähte rauchten (Kirst, 08/15, 547); unser Lehrer rauchte vor Zorn; Die Nachrichtenabteilung ... raucht vor Arbeit (hat sehr viel zu tun; A. Zweig, Grischa 255); b) <unpers.> (von Rauch) sich an einer bestimmten Stelle entwickeln: es rauchte in der Küche, aus dem Ofenrohr; *es raucht (ugs.; 1. es vollzieht sich etw. mit größter Intensität, Schnelligkeit o. Ä.: sie stritten sich, dass es [nur so] rauchte. 2. es gibt heftige Vorwürfe, Ärger: in Ordnung muss die Sache sein, sonst raucht es [Kirst, 08/15, 195]); ∙ c) dampfen (1), ↑dunsten (1 a): Oft lockte sie ein heller Wintertag, wenn fern die See von strenger Kälte rauchte (Wieland, Oberon 8, 50); Breite Flächen zogen sich in die Täler herab ... und weiter hinaus in die weite, rauchende Ebne (Büchner, Lenz 92); Was willst du, rauchend von der Tochter Blut, von ihm erflehen? (Schiller, Iphigenie 1476 f.). 2. a) Tabak[produkte], Rauschmittel konsumieren, indem man den 2Rauch (a) durch den Mund einzieht u. wieder ausstößt: Zigaretten, eine Zigarre, [einen bestimmten] Tabak, Opium, Haschisch r.; jeden Abend seine Pfeife r.; mit jmdm. eine [Zigarette] r.; Zigaretten nur halb r.; Sich tagelang im Bett lümmeln, schmökern ..., Joints r. (Richartz, Büroroman 233); <o. Akk.-Obj.:> im Sessel sitzen und r.; im Bett r.; heftig, hastig, nervös, auf Lunge, in langsamen Zügen, unentwegt, stark, viel r.; wie ein Schlot r.; b) Raucher (1) sein: er raucht [nicht mehr]; <subst.:> das Rauchen wurde ihm vom Arzt untersagt; das Rauchen aufgeben; ein Schild mit der Aufschrift „Rauchen verboten!“; sich das Rauchen angewöhnen. 3. (Fachspr.) räuchern: Katenwurst schwarz geraucht.

Universal-Lexikon. 2012.