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Herzrhythmusstörungen
Herzrhythmusstörungen,
 
Abweichungen von der normalen Herzfrequenz (60-100 Schläge/min in Ruhe) oder Unregelmäßigkeiten der Herzaktion.
 
Die Herzrhythmusstörungen können elektrophysiologisch und klinisch in Erregungsbildungsstörungen (meist schnelle beziehungsweise tachykarde Formen) und Erregungsleitungsstörungen (meist langsame beziehungsweise bradykarde Ersatzrhythmen) eingeteilt werden. Einzelne, unregelmäßig, gelegentlich auch regelmäßig einfallende Extraschläge werden als Extrasystolen bezeichnet. Weiterhin werden Herzrhythmusstörungen nach ihrem Ursprung eingeteilt. So werden aus dem Vorhof entspringende Herzrhythmusstörungen von solchen, die in den Kammern ihren Ursprung haben, unterschieden. Im schnellen = tachykarden Bereich kennt man Vorhoftachykardien, bei denen lediglich die Vorhöfe schnelle Aktionen zeigen (100-210 Schläge/min), die Kammern aber normal weiterschlagen. Bei einer weiteren Steigerung der Vorhoffrequenz spricht man von Vorhofflattern (210-320 Schläge/min) und schließlich Vorhofflimmern (320-500 Schläge/min). Hierbei schlagen die Kammern nicht mehr regelmäßig, da eine geregelte Überleitung nicht mehr möglich ist. Man spricht dann von einer absoluten Arrhythmie. Folgen schnellen Vorhofaktionen auch gleichschnelle Kammeraktionen, wird diese Herzrhythmusstörung supraventrikuläre Tachykardie genannt.
 
Bei einer Kammeraktion von über 100 Schlägen/min kommt es zu einer Kammertachykardie, die ihre den Vorhöfen entsprechende Steigerung im Kammerflattern und Kammerflimmern hat. Die beiden letzteren Formen sind nur für wenige Minuten (3 min) mit dem Leben vereinbar. Entsprechend unterscheidet man Vorhof- von Kammerextrasystolen. Die Erregungsleitungsstörungen reichen von Leitungsverzögerungen bis zur Blockierung (Herzblock). Man unterscheidet Blockformen verschiedenster Art je nach Lokalisation. Vom Sinusknoten (als dem natürlichen Herzschrittmacher) an kann die Erregungsleitung in ihm, zwischen ihm und der Vorhofebene, dem Vorhof, zwischen Vorhof und Kammer und schließlich auch in der Kammer gestört oder ganz blockiert sein.
 
Die eindeutige Bestimmung der verschiedenen Herzrhythmusstörungen ist nur mithilfe eines Elektrokardiogramms (eventuell Langzeit-EKG) oder, da viele Störungen nur zeitweilig (paroxysmal) auftreten, durch Stimulationsmethoden (elektrophysiologische Untersuchungsmethoden) möglich.
 
Herzrhythmusstörungen können leichte, harmlose vorübergehende Erscheinungen ohne Krankheitswert darstellen. Je nach Schweregrad können sie aber auch lebensbedrohlich sein. Spürbare Beeinträchtigungen aufgrund einer Herzinsuffizienz durch Minderdurchblutung und Sauerstoffmangel treten bei Herzkammerfrequenzen von über 160 und unter 40 Schlägen/min auf. Am empfindlichsten hierauf reagieren das Zentralnervensystem und dann der Herzmuskel. Symptome sind Schwindel, Leeregefühl im Kopf, Absencen, Sehstörungen, plötzlich starkes Herzklopfen (»Herzanfall«). Gefährlichste bradykarde Störung ist der Sinusstillstand oder der totale AV-Block, gefährlichste tachykarde Herzrhythmusstörung das Kammerflimmern mit Gefahr des Sekundenherztodes. Letzteres tritt v. a. bei koronaren Herzkrankheiten und in Verbindung mit einem Herzinfarkt auf, auch bei Starkstromunfällen oder chirurgischen Herzeingriffen. Seltenere Ursachen von Herzrhythmusstörungen sind primäre Muskelerkrankungen (z. B. Entzündungen), Herzverletzungen, angeborene Herzfehler (v. a. Herzklappenfehler), Kalium- oder Magnesiummangel (Elektrolytstörungen), Arzneimittelnebenwirkungen (z. B. von Digitalispräparaten) und Stoffwechselstörungen (Hyperthyreose).
 
Zur Behandlung dienen bei tachykarden Herzrhythmusstörungen Antiarrhythmika oder ein implantierbarer Herzdefibrillator (Defibrillation) mit herzfrequenzsenkender Funktion, bei bradykarden Herzrhythmusstörungen ist die Implantation eines Herzschrittmachers erforderlich.
 
Literatur:
 
H. Gutheil u. H. Singer: H. im Kindesalter (1982);
 H. u. H. Klepzig: Das kranke Herz (21993);
 B. Lüderitz: Therapie der H. (41993, Nachdr. 1994);
 K-P. Kunze u. J. Schofer: H. Ein Leitf. für Diagnostik u. Therapie (1995).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Herzrhythmusstörungen: Veränderungen des Herzschlages
 
Defibrillator: Ein Gerät der Notfallmedizin
 
Herzschrittmacher: Taktgeber bei Herzrhythmusstörungen
 

Universal-Lexikon. 2012.