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Schwangerschaft
Gravidität (fachsprachlich)

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Schwan|ger|schaft ['ʃvaŋɐʃaft], die; -, -en:
das Schwangersein; Zustand einer Frau von der Empfängnis bis zur Geburt des Kindes:
eine ungewollte, eingebildete Schwangerschaft; die Ärztin hat bei ihr eine Schwangerschaft im dritten Monat festgestellt.
Zus.: Eileiterschwangerschaft, Spätschwangerschaft.

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Schwạn|ger|schaft 〈f. 20〉 Sy Gravidität
1. Zeitabschnitt von der Befruchtung der Frau bis zur Geburt des Kindes
2. Zustand der Frau während dieser Zeit, das Schwangersein

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Schwạn|ger|schaft, die; -, -en:
das Schwangersein; Zustand einer Frau von der Empfängnis bis zur Geburt des Kindes:
eine ungewollte S.;
der Arzt hat bei ihr eine S. im dritten Monat festgestellt;
eine S. unterbrechen, abbrechen;
in, während der S.

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Schwangerschaft
 
[zu althochdeutsch swangar, eigentlich »schwer(fällig)«], Gravidität, Gestation, in der Humanmedizin Bezeichnung für die Zeitspanne zwischen der Einnistung (Nidation) einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter der Frau und der Geburt. Vom biologischen Standpunkt aus gesehen beginnt die Entwicklung der Leibesfrucht mit der Besamung der Eizelle und der nachfolgenden Befruchtung. Vom mütterlichen Organismus aus betrachtet setzt die eigentliche Schwangerschaft (Gestationsphase) jedoch erst nach erfolgter Nidation ein. - Bei Zugrundelegung eines durchschnittlichen Menstruationszyklus von 28 Tagen erreicht das befruchtete Ei die Gebärmutterhöhle gewöhnlich am 18. Tag. Die Nidation des zur Blastozyste herangewachsenen und in Embryoblast und Trophoblast differenzierten Eies in die vorbereitete Gebärmutterschleimhaut beginnt wahrscheinlich am 22. Tag und ist etwa am 27. Tag beendet. Vier Tage später wird der Keimling an die mütterlichen Blutgefäße angeschlossen; es beginnt die Ausbildung einer Plazenta (Mutterkuchen). Die etwa am 28. Tag erwartete Menstruation bleibt normalerweise aus, gelegentlich kann jedoch noch eine abgeschwächte Blutung auftreten. Der Ort der Implantation der Leibesfrucht ist gewöhnlich die Hinterwand des oberen Gebärmutterabschnitts.
 
Zur Erhaltung der Schwangerschaft und v. a. zur Entwicklung der Leibesfrucht sondert der Trophoblast Steroidhormone (Progesteron, Östrogene) und bestimmte Proteine ab. Unter dem Einfluss des (plazentaren) Choriongonadotropins (HCG) bleibt der schwangerschaftserhaltende Gelbkörper im mütterlichen Eierstock erhalten, bis die Plazenta von der 9. Schwangerschaftswoche an selbst ausreichende Progesteron- und Östrogenmengen produzieren kann. Die Stimulierung dieser Steroidhormonsynthese in der fetoplazentaren Einheit (Leibesfrucht mit Embryo- und Trophoblast) ist möglicherweise die wichtigste Wirkung von Choriongonadotropin überhaupt. Ein zweites plazentares Peptidhormon ist Plazentalaktogen (HPL), das prolaktinähnliche Wirkungen hat. Die Produktion beginnt in der 5. Schwangerschaftswoche und steigt bis zur 35. Schwangerschaftswoche kontinuierlich an. Im Unterschied zu HCG, das v. a. während der ersten Schwangerschaftsmonate im mütterlichen Harn auftritt, steigt die Ausscheidung der plazentaren Steroidhormone bis gegen Ende der Schwangerschaft an. Progesteron wird schon sehr frühzeitig vom Trophoblasten gebildet und erhält vom dritten Schwangerschaftsmonat an allein die Schwangerschaft, darüber hinaus ist es zusammen mit den Östrogenen an den Schwangerschaftsveränderungen des mütterlichen Körpers wesentlich beteiligt (Größenzunahme der Gebärmutter, Auflockerung der übrigen Genitalorgane, Brustwachstum).
 
Während der Schwangerschaft unterliegt der mütterliche Körper einer Reihe von Veränderungen, die v. a. durch die hormonalen Umstellungen, insbesondere durch die Funktion der Plazenta als Hormondrüse, zu erklären sind. Zu den unsicheren Schwangerschaftszeichen gehören u. a. Zunahme des Leibesumfangs, Schwangerschaftspigmentierung, Schwangerschaftsstreifen, morgendliches Erbrechen, Kollapsneigung, nervöse Störungen. Wahrscheinliche Schwangerschaftszeichen bestehen im Ausbleiben der Menstruation, bläuliche Verfärbung und Aufrauung der Scheidenoberfläche, Auflockerung der Gebärmuttermuskulatur, zunehmender Vergrößerung der Gebärmutter, Schwellung der Brüste und Bildung von Kolostrum. Sichere Schwangerschaftszeichen sind u. a. der Nachweis von HCG im Schwangerenharn (Schwangerschaftstests) sowie der sonographische Nachweis eines Fruchtsackes ab der 5./6. Schwangerschaftswoche und der embryonalen Herzaktion ab der 6./7. Schwangerschaftswoche. Später sind das Fühlen von Kindsteilen, die Wahrnehmung von Kindsbewegungen (ab der 16. bis 20. Woche) und das Hören der kindlichen Herztöne möglich. - Bis zum Ende der Schwangerschaft nimmt die Muskelmasse der Gebärmutter durch Vergrößerung der glatten Muskelzellen von etwa 50 g auf über 1 000 g zu; entsprechend wird auch ihre Durchblutung verstärkt. Am Ende der 12. Schwangerschaftswoche ist sie etwa faustgroß. In der 16. Woche steht der Gebärmuttergrund in der Mitte zwischen Nabel und Schambeinfuge, in der 24. Woche in Nabelhöhe, in der 32. Woche zwischen Nabel und Schwertfortsatz, um in der 36. Woche den höchsten Stand am Rippenbogen zu erreichen. Während der letzten Schwangerschaftswochen senkt sich der Leib wieder um eine bis zwei Fingerbreiten, da der kindliche Kopf nun tiefer tritt. Mithilfe der Leopold-Handgriffe können um diese Zeit Lage und Größe der Gebärmutter sowie die Kindslage festgestellt werden. Exakter ist die Bestimmung der Lage und der Maße sowie die Gewichtsschätzung des Fetus durch Ultraschalluntersuchung. Bei der sonographischen Fetometrie werden Kopfdurchmesser, Brustkorb- und Bauchquerdurchmesser ermittelt. Moderne Ultraschallgeräte können aus den Messdaten Gewicht und Geburtstermin errechnen. Über Länge und Gewicht der Frucht und die näherungsweise Berechnung der Kindsgröße je nach Schwangerschaftsdauer orientiert die folgende Tabelle (ein Lunarmonat entspricht 28 Tagen):
 
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| Lunarmonat   | tatsächliche Länge   | Gewicht der Frucht in g     | berechnete Länge    |
| (Ende)           | der Frucht in cm       |                                        | der Frucht in cm      |
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| 2                  | 3,0                          | 1,1                                  | 2x2 = 4                   |
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| 3                  | 9,8                          | 14,2                                | 3x3 = 9                   |
|-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|
| 4                  | 18,0                        | 108,0                               | 4x4 = 16                 |
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| 5                  | 25,0                        | 316,0                               | 5x5 = 25                 |
|-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|
| 6                  | 31,5                        | 630,0                               | 6x5 = 30                 |
|-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|
| 7                  | 37,1                        | 1 045,0                            | 7x5 = 35                 |
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| 8                  | 42,5                        | 1 680,0                            | 8x5 = 40                 |
|-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|
| 9                  | 47,0                        | 2 375,0                            | 9x5 = 45                 |
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| 10                 | 50,0                        | 3 405,0                            | 10x5 = 50               |
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Während der Schwangerschaft kommt es am Herz-Kreislauf-System der Mutter zu einer Verlagerung und Vergrößerung des Herzens, zur Zunahme des Blut- und Herzzeitvolumens, der Pulsfrequenz und (geringfügig) auch des Blutdrucks. Die wachsende Leibesfrucht verursacht schließlich eine Zunahme des Venendrucks in den unteren Körperpartien, die die Entstehung von Krampfadern in den Beinen fördert. Auch die Atemtätigkeit ist (entsprechend einer Erhöhung des Sauerstoffverbrauchs und des Grundumsatzes) um etwa 20 % gesteigert. - Die Körpertemperatur bleibt infolge vermehrter Progesteronsekretion über die Zeit der ohne Eintritt einer Schwangerschaft erwarteten Gelbkörperphase hinaus erhöht, jedoch nur für die Dauer von etwa vier bis sechs Monaten.
 
Die Gewichtszunahme der Schwangeren beträgt normalerweise etwa 10-12 kg. Davon entfallen auf das ausgetragene Kind 3-3,5 kg, auf das Fruchtwasser in der Fruchtblase und den Mutterkuchen 1,5-2 kg, auf die vergrößerte Gebärmutter 1 kg, auf die Brüste rund 0,5-1 kg, auf Flüssigkeitsansammlungen etwa 0,4 kg. Der Embryo beziehungsweise der Fetus wird während der Schwangerschaft über die Plazenta ernährt. Diese ist allerdings zugleich auch durchgängig für Immunstoffe, manche Arzneimittel, Alkohol, Nikotin und die Erreger bestimmter Krankheiten (z. B. Röteln, Syphilis, Toxoplasmose), was einige Gefahren für die Leibesfrucht birgt.
 
Die Schwangerschaft endet mit der Geburt des Kindes und der folgenden Nachgeburt etwa um den 280. Tag nach dem ersten Tag der letzten Menstruation (zur Errechnung des Geburtstermins Geburt).
 
Die Ernährung der Schwangeren sollte in einer abwechslungsreichen Normalkost bestehen, die den erhöhten Mineralstoff- und Eiweißbedarf berücksichtigt. Der Calciumbedarf ist durch den Knochenaufbau des Fetus auf 1,5 g täglich gesteigert; dieser Mehrbedarf kann v. a. durch Milch und Milchprodukte gedeckt werden. Auch der Eisenbedarf ist im letzten Drittel der Schwangerschaft erhöht; empfohlen wird die Zufuhr von 25 mg/Tag. Insgesamt sind die reichliche Aufnahme von Obst und Gemüse und eine Steigerung der Eiweißzufuhr bis zu 100 g täglich zu empfehlen. Da der Jodbedarf in der Schwangerschaft ansteigt, wird die regelmäßige Verwendung von jodiertem Speisesalz oder die tägliche Gabe von 150 μg Jod empfohlen. Zusatzpräparate sollten nur nach ärztlicher Empfehlung eingenommen werden. Der Energie- und damit der Nahrungsbedarf erhöht sich in der zweiten Schwangerschaftshälfte um etwa 20 % (entspricht etwa 1 250 kJ beziehungsweise 300 kcal/Tag). Trotz der Seltenheit einer Infektion z. B. durch Toxoplasmose sollte auf den Genuss von rohem Fleisch verzichtet werden.
 
Rechtliches:
 
Über Beschäftigungsverbote, Kündigungsschutz und Lohnzahlung während der Schwangerschaft Mutterschutz.
 
Der nicht mit der Mutter eines Kindes verheiratete Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung und der weiteren Aufwendungen, die durch die Schwangerschaft oder die Entbindung erforderlich werden, zu erstatten (§ 1 615 k BGB). Außerdem hat ihr der Vater Unterhalt für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt zu gewähren (§ 1 615 l). Übt die Mutter des Kindes infolge schwangerschaftsbedingter Krankheit oder erziehungsbedingter Unzumutbarkeit keine Erwerbstätigkeit aus, hat der Vater ab frühestens vier Monate vor der Entbindung bis drei Jahre danach Unterhalt zu zahlen, ausnahmsweise noch länger, wenn es unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf der Frist zu versagen. Betreut der Vater das Kind, steht ihm ein Unterhaltsanspruch gegen die Mutter zu. Durch einstweilige Verfügung kann in Eilfällen bereits vor der Geburt angeordnet werden, dass der Vater die Entbindungskosten und den Unterhalt der Mutter sowie des Kindes für die ersten drei Monate nach der Entbindung zu zahlen hat (§ 1 615 o). - Vergleichbare Bestimmungen kennen auch Österreich (§ 168 ABGB), wo sich der Anspruch auf Unterhalt auf die ersten sechs Wochen nach der Entbindung beschränkt, und die Schweiz (Art. 295 ZGB), wo die Mutter auf Unterhalt für mindestens vier Wochen vor und mindestens acht Wochen nach der Geburt klagen kann.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Amniozentese · Embryo · Gebärmutter · Mutterpass · Pränataldiagnostik · Säugling
 
Literatur:
 
R. J. Blatt: Bekomme ich ein gesundes Kind? Chancen u. Risiken der vorgeburtl. Diagnostik (a. d. Engl., 1991);
 
Klinik der Frauenheilkunde u. Geburtshilfe, hg. v. W. Künzel u. K.-H. Wulf, Bd. 4: S. 1. Die normale S. (31992);
 S. Kitzinger: S. u. Geburt (a. d. Engl., 81995);
 
Ein Kind entsteht. Bilddokumentation über die Entwicklung des Lebens im Mutterleib, Fotos v. L. Nilsson, Text v. L. Hamberger (a. d. Schwed., 111996);
 
Praxis der Frauenheilkunde, Beitrr. v. C. Keck u. a., Bd. 2: Geburtshilfe u. Perinatologie, hg. v. G. Martius u. a. (1998).
 

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Schwạn|ger|schaft, die; -, -en: das Schwangersein; Zustand einer Frau von der Empfängnis bis zur Geburt des Kindes: eine ungewollte, eingebildete S.; ist dies Ihre erste S.?; der Arzt hat bei ihr eine S. im dritten Monat festgestellt; eine S. unterbrechen, abbrechen; in, während der S.

Universal-Lexikon. 2012.