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Gambia
Gạm|bia; -s:
Staat in Westafrika.

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I
Gạmbia,
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 11 295 km2
 
Einwohner: (2000) 1,4 Mio.
 
Hauptstadt: Banjul
 
Amtssprache: Englisch
 
Nationalfeiertag: 18. 2.
 
Währung: 1 Dalasi (D) = 100 Bututs (b)
 
Zeitzone: 1100 Banjul = 1200 MEZ
 
amtlich englisch Republic of the Gambia [rɪ'pʌblɪk ɔf ȓə 'gæmbɪə], deutsch Republik Gambia;, Staat in Westafrika, am Atlantik, im Übrigen vom Gebiet Senegals umschlossen. Mit 11 295 km2 ist er der kleinste Staat des afrikanischen Festlands (kleiner als Schleswig-Holstein). Gambia hat (2000) 1,4 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Banjul, Amtssprache Englisch, Umgangssprache v. a. Mandingo. Währung: Dalasi (D) = 100 Bututs (b). Uhrzeit: 1100 Banjul = 1200 MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Die am 16. 1. 1997 in Kraft getretene Verfassung (1996 durch Referendum gebilligt) bestimmt Gambia als präsidiale Republik im Commonwealth, garantiert die Gewaltenteilung und das Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präsident (unbegrenzte Wiederwahl möglich). Er ist mit weit reichenden Vollmachten ausgestattet (u. a. dem Recht, den Notstand auszurufen), bestimmt als oberster Inhaber der Exekutivgewalt (Regierungschef) die Richtlinien der Politik und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Ihm zur Seite in der Regierungstätigkeit steht der von ihm ernannte Vizepräsident Trägerin der legislativen Gewalt ist die Nationalversammlung (National Assembly), ein Einkammerparlament, von dessen 49 Abgeordneten (Legislaturperiode fünf Jahre) 45 nach dem System der Mehrheitswahl in Einzelwahlkreisen gewählt (Wahlrecht ab dem 18. Lebensjahr) und 4 vom Präsidenten ernannt werden.
 
Parteien:
 
Das seit 1994 geltende Parteienverbot wurde am 16. 8. 1996 zwar aufgehoben, bestimmte politische Gruppierungen - z. B. die People's Progressive Party (PPP) - sind aber nach wie vor Restriktionen unterworfen. Eine wichtige Rolle spielen die Alliance for Patriotic Reorientation and Construction (APRC) und die United Democratic Party (UDP).
 
Wappen:
 
Das Wappen (1964 von der britischen Königin verliehen) zeigt in einem von zwei Löwen gehaltenen Wappenschild zwei gekreuzte landwirtschaftliche Geräte (Axt und Hacke), darüber einen Stechhelm mit Erdnussstrauch. Unter dem Wappen ein Spruchband: »Progress, Peace, Prosperity« (»Fortschritt, Frieden, Wohlstand«).
 
Nationalfeiertage:
 
Nationalfeiertag ist der 18. 2., zur Erinnerung an die Erlangung der Unabhängigkeit 1965.
 
Verwaltung:
 
Es bestehen sechs Bezirke (darunter der Hauptstadtbezirk), die sich in 35 Distrikte untergliedern. Die Distrikte werden von gewählten Häuptlingen verwaltet.
 
Recht:
 
Das Rechtssystem fußt im Wesentlichen auf dem englischen Common Law und den vom Parlament verabschiedeten Gesetzen, die islamisches Recht berücksichtigen. An der Spitze der Rechtsprechung steht der Oberste Gerichtshof, dem ein Berufungsgericht, drei Gerichte erster Instanz, Gerichte in den Bezirken und Distrikten sowie islamische Gerichte, die für muslimische Gambier in Zivilverfahren entscheiden, nachgeordnet sind.
 
Streitkräfte:
 
Die Gesamtstärke der bewaffneten Kräfte beträgt rd. 900 Mann, davon die Hälfte paramilitärische Gendarmerie. Die Ausrüstung umfasst 12 Panzer, vier Küstenwachboote und zwei Transportflugzeuge.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Das Gebiet Gambias erstreckt sich von der Atlantikküste (Küstenlänge 50 km) als schmaler Streifen (größte Breite 45 km) beiderseits des Flusses Gambia 375 km weit ins Landesinnere; im Mündungsgebiet ausgedehnte Mangrovesümpfe, sonst auf lateritischen oder sandigen Böden überwiegend Savanne, im Westen Feuchtsavanne und Galeriewälder (Raphiapalme), im Osten übergehend in Trockensavanne. Im Küstenbereich ist die Ölpalme typisch.
 
Klima:
 
Das Klima ist wechselfeucht mit einer Regenzeit von Mai/Juni bis Oktober (1 300-1 600 mm Niederschlag im Jahr). Die Temperaturschwankungen sind an der Küste (hohe Luftfeuchtigkeit) gering und nehmen landeinwärts zu. Die Monate November bis Mai sind trocken (Februar bis Mai heiß mit gelegentlich aus der Sahara wehendem Harmattan).
 
Bevölkerung:
 
Über 80 % der Bevölkerung gehören zu den fünf ethnischen Gruppen der Malinke (43 %), Fulbe (18 %), Wolof (13 %), Diola (7 %) und Soninke (7 %). Die durchschnittliche jährliche Bevölkerungszunahme betrug (1985-94) 4,1 %. Etwa 22 000 Ausländer leben in Gambia, v. a. Senegalesen, ferner Guineer, Malier und Mauretanier. Die größten Städte sind Banjul (150 000 Einwohner) und Serekunda (102 600 Einwohner).
 
Religion:
 
Alle Religionsgemeinschaften sind rechtlich gleichgestellt. Die dominierende Religion ist der Islam, der in Gambia traditionell stark durch sufitische Bruderschaften geprägt ist. Etwa 95 % der Bevölkerung sind sunnitische Muslime der malikitischen Rechtsschule, rd. 3,5 % Christen (Katholiken [2 %], Anglikaner, Methodisten u. a.). Durch die islamische Mission unter den Anhängern der traditionellen afrikanischen Religionen ist deren Anteil an der Bevölkerung stetig auf heute wohl unter 1 % zurückgegangen. Weiterhin besteht eine religiöse Minderheit der Bahais.
 
Bildungswesen:
 
Grundsätzlich orientiert sich die Struktur des Bildungswesens am britischen Vorbild. Schulpflicht besteht nicht. Der sechsjährige Grundschulbesuch beginnt mit dem 8. Lebensjahr und ist im staatlichen Bereich gebührenfrei. Nach der Grundschule können Schüler, abhängig von einer Eignungsprüfung, eine fünfjährige weiter führende Schule oder eine vierjährige technische Schule besuchen. Darüber hinaus gibt es höhere Schulen, berufsbildende Schulen und lehrerbildende Anstalten. Die Analphabetenquote beträgt 66,9 %. Eine Universität ist nicht vorhanden. Viele Schüler besuchen Koranschulen. Seit 1990 läuft ein langfristiges Entwicklungsprogramm für das Bildungswesen mit dem Ziel, bis 2010 allen Gambiern den Schulbesuch zu ermöglichen.
 
Publizistik:
 
Presse: Nach dem Militärputsch wurde das Erscheinen von Organen politischer Organisationen verboten. In Banjul kommen die wichtigsten Zeitungen und Zeitschriften heraus, u. a. »The Daily Observer«, »The Gambia Weekly«, »The Point« und »The Gambian Times«. - Nachrichtenagentur: Gambia News Agency (GAMNA, Banjul). - Rundfunk: Die Radiostation der Regierung, »Radio Gambia«, sendet zwei Hörfunkprogramme in englisch und verschiedenen Landessprachen; die kommerzielle Rundfunkgesellschaft »Radio Syd« bringt Programme in englisch, französisch und den Landessprachen, »Radio 1 FM vorwiegend Musikprogramme. Ein eigener Fernsehbetrieb fehlt noch, jedoch können Sendungen aus Senegal empfangen werden.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Die Grundlagen der Wirtschaft sind der Erdnussanbau und seit einigen Jahren der Tourismus. Mit einem Pro-Kopf-Einkommen von (1994) 360 US-$ gehört Gambia zu den armen Ländern Afrikas. Fehlende Rohstoffe, geringe Industrialisierung sowie ein Mangel an Investitionskapital und ausgebildeten Arbeitskräften sind die größten Hemmnisse für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Die Inflationsrate lag im Zeitraum 1985-94 bei 11 %.
 
Landwirtschaft:
 
Die Landwirtschaft ist der Hauptwirtschaftszweig (24 % der Landesfläche sind Ackerland sowie Wiesen und Weiden, 14 % Waldfläche). 1993 arbeiteten 80 % der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft. Wichtigstes Anbau- und Ausfuhrprodukt sind Erdnüsse, sie werden auf etwa der Hälfte der Ackerfläche angebaut. Da das Land am Rande der Sahelzone von stark schwankenden Niederschlägen abhängig ist, sind die Erntemengen von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich (1989: 130 000 t; 1992: 80 000 t). Baumwolle, Zitrusfrüchte, Avocados und Sesam werden ebenfalls für den Export angebaut, als wichtigste Grundnahrungsmittel Reis, Hirse, Mais und Maniok. In Dürrejahren entfallen mehr als 30 % aller Importausgaben auf Nahrungsmittel. Zur Verbesserung der Ernährungsgrundlage werden der Anbau von Getreidearten und die Viehhaltung durch den Aufbau von Zuchtbetrieben (besonders für Rinder) gefördert.
 
Fischerei:
 
Die Fischerei hat trotz Fischreichtums an der Küste und im Gambia nur geringe Bedeutung; 1992 betrug die Fangmenge 22 700 t, davon 10 % Süßwasserfische.
 
Industrie:
 
Der Schwerpunkt des produzierenden Gewerbes liegt auf der Weiterverarbeitung der Erdnüsse zu Erdnussöl und -kuchen. Die größten Ölmühlen befinden sich in Banjul, Kau-Ur und Kuntaur.
 
Tourismus:
 
Seit 1990 hat der Tourismus die gleiche Bedeutung als Devisenbringer wie der Erdnussexport. Touristische Anziehungspunkte sind v. a. die Strände am Atlantik. 1991/92 kamen 63 000 ausländische Besucher, v. a. aus Großbritannien, Schweden und Frankreich nach Gambia.
 
Außenwirtschaft:
 
Die Außenhandelsbilanz ist seit Jahren negativ (1990: Einfuhr 215 Mio. US-$, Ausfuhr 171 Mio. US-$). Zu den Haupteinfuhrgütern zählen Nahrungsmittel, Maschinen und Fahrzeuge; Hauptausfuhrgüter sind Erdnüsse und Erdnusserzeugnisse, sie machen rd. 90 % der Gesamtausfuhr aus, ferner Baumwolle und Fischprodukte. Ein Großteil der Ausfuhren sind Reexporte, da Gambia aufgrund seiner geographischen Lage und der niedrigen Einfuhrzölle auch als Warenumschlagplatz und Zwischenhändler für die Länder Senegal, Guinea und Mali fungiert. Handel und Transport erbringen rd. ein Drittel des Bruttosozialprodukts. Wichtigste Handelspartner sind Belgien, Japan und Großbritannien.
 
Verkehr:
 
Das Verkehrsnetz besteht aus Straßen und Binnenwasserwegen; Eisenbahnen und inländische Flugverbindungen gibt es nicht. Eine wichtige Verkehrsachse ist die südlich des Gambias verlaufende, 360 km lange asphaltierte Straße von der Hauptstadt Banjul am Atlantischen Ozean nach Basse Santa Su im Osten des Landes. Das Straßennetz hatte 1990 eine Gesamtlänge von 2 400 km. Neben den Straßenverbindungen ist der Gambia die Hauptverkehrsader des Landes; er kann bis Kuntaur 200 km landeinwärts von Seeschiffen bis 5 m Tiefgang befahren werden, für kleinere Schiffe ist fast die gesamte Flussstrecke befahrbar. Es gibt bisher keine Brücken über den Gambia; er wird ausschließlich mit Fähren überquert. Seehäfen besitzen Banjul und Kau-Ur. Der Flughafen von Yundum, 25 km südwestlich von Banjul, ist für die Entwicklung des Reiseverkehrs von großer Bedeutung.
 
 
Das Gebiet um den Gambia gehörte vom 13. bis 15. Jahrhundert zum Reich Mali und wurde 1455 von portugiesischen Seefahrern entdeckt. Ende des 15. Jahrhunderts errichteten Portugiesen Handelskontore am unteren Gambia; an seiner Mündung trieben seit 1588 Engländer, seit 1681 Franzosen Handel. 1783 verdrängten Briten die Franzosen, gründeten 1816 Bathurst (heute Banjul) als britischen Flottenstützpunkt und Niederlassung für Freigelassene und erklärten 1843 Gambia zur britischen Kronkolonie. Nachdem die Briten auch das Hinterland besetzt hatten, erfolgte durch Verträge (1902, 1904) die endgültige Abgrenzung Gambias gegenüber dem französischen Senegal. 1888 wurde Gambia britisches Protektorat. Ab 1948 bildeten sich politische Parteien, deren Vertreter ab 1954 schrittweise an der Regierung beteiligt wurden. 1960 erhielt Gambia Autonomie, am 18. 2. 1965 die Unabhängigkeit.
 
Am 24. 4. 1970 wurde Gambia Republik, blieb jedoch weiterhin Mitglied des Commonwealth. Dawda Kairaba Jawara (* 1924), Vorsitzender der »People's Progressive Party«, 1962-82 Premierminister, übernahm 1970 zugleich das Amt des Staatspräsidenten (1992 durch Wahl bestätigt). 1980/81 kam es wiederholt zu Putschversuchen, die Jawara jedoch mithilfe senegalesischen Truppen niederschlagen konnte. Unter der Bezeichnung »Senegambia« bildeten Gambia und Senegal 1982-89 einen Staatenbund.
 
Durch einen unblutigen Staatsstreich der Militärs im Juli 1994 wurde Staatspräsident Jawara entmachtet, die Verfassung außer Kraft gesetzt, wurden politische Parteien sowie politische Aktivitäten verboten. An der Spitze eines »Provisorischen Regierenden Rates der Streitkräfte« ernannte sich Yahya Jammeh (* 1965) am 26. 7. 1994 zum Staatspräsidenten, der im September 1996 sowie 2001 durch Wahlen im Amt bestätigt wurde und 1996 eine Zivilregierung bildete. Mit den Parlamentswahlen vom 2. 1. 1997, bei denen die APRC siegte (ebenso bei den Wahlen im Januar 2002), der am 16. 1. 1997 in Kraft getretenen neuen Verfassung und dem Dekret zur Aufhebung des Parteienverbots vom 22. 7. 2001 wurde der Demokratisierungsprozess schrittweise weitergeführt.
 
 
H. A. Gailey: Historical dictionary of the G. (Metuchen, N. J., 1975);
 
The agricultural development of G., hg. v. J. R. Dunsmore u. a. (Surbiton 1976);
 M. Burisch: Der Wirtschaftsraum Senegambien (1976);
 L. Elmer: The G., a cultural profile (Banjul 1983);
 D. P. Gamble: From the Gambian rebellion to the Senegambian federation (Neuausg. San Francisco, Calif., 1983);
 
Länderbericht G. (1987 ff., früher u. a. T.);
 R. u. W. Jahn: G. Reiseführer mit Landeskunde (31991).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
islamische Reformstaaten der Sudanzone (18. und 19. Jahrhundert): Das Schwert des Glaubens
 
II
Gạmbia
 
der, Fluss in Westafrika, 1 120 km lang, entspringt im Fouta Djalon in Guinea, durchfließt den Südosten Senegals und im Unterlauf den Staat Gambia, mündet bei Banjul in den Atlantischen Ozean (sein bis 13 km breites Ästuar verengt sich hier auf 3 km); Schifffahrt mit kleineren Schiffen bis Basse Santa Su (395 km oberhalb der Mündung). Die Nutzung des Gambia regelt seit 1978 eine von Senegal und Gambia gegründete »Organisation zur wirtschaftlichen Nutzung des Gambia«, der seit 1980 auch Guinea angehört.
 

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Gạm|bia; -s: Staat in Westafrika.

Universal-Lexikon. 2012.