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Notstand
Notlage; Krisensituation; Ausnahmezustand; Kriegsrecht

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Not|stand 〈m. 1u
1. 〈Rechtsw.〉 Zustand der Gefahr, aus der sich jmd. nur durch den Eingriff in das Recht eines anderen retten kann
2. 〈allg.〉 Notlage

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Not|stand, der:
1.
a) Notlage:
dem N. im Bildungswesen abhelfen;
politischer N. (Situation, in der ein oberstes Staatsorgan nicht funktioniert);
b) (Staatsrecht) Situation, in der ein Staat in Gefahr ist:
äußerer N. (Situation, in der ein Staat von außen bedroht wird);
innerer N. (Situation, in der ein Staat durch Vorgänge im Innern bedroht wird);
den [nationalen] N. ausrufen, verkünden.
2. (österr.) Kurzf. von Notstandshilfe.

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Notstand,
 
1) allgemein: ein physische oder seelische (moralische) Lebensbedingungen gefährdender Zustand, der nur mit außergewöhnlichen Mitteln beseitigt werden kann, besonders unmittelbare Gefahr für rechtlich geschützte Interessen, die nur durch Verletzung eines fremden Rechtsguts abgewendet werden kann. - Der ethischen Begründung des Notstands liegt das Prinzip der Güterabwägung zugrunde.
 
 2) öffentliches Recht: polizeilicher Notstand, eine Lage, in der eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung weder durch die Heranziehung des Störers noch durch die eigenen, der Polizei zur Verfügung stehenden Mittel beseitigt werden kann. Zur Behebung der Gefahr kann die Polizei in solchen Fällen auch unbeteiligte Dritte (Nichtstörer) in Anspruch nehmen. Die Maßnahmen müssen sich auf das unumgängliche Maß beschränken. Der Betroffene kann eine Entschädigung für seine Nachteile und Aufwendungen verlangen. Im Ordnungswidrigkeitenrecht ist der rechtfertigende Notstand gemäß § 16 Ordnungswidrigkeitengesetz (in wörtlicher Übereinstimmung mit § 34 StGB formuliert) anerkannt.
 
 3) Staatsrecht: Notstandsverfassung.
 
 4) Strafrecht: ein zur Straflosigkeit führender Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund für eine an sich (tatbestandsmäßig) strafbare Handlung (Straftat). Dementsprechend unterscheidet man zwischen Fällen des rechtfertigenden und des entschuldigenden Notstands. Beiden gemeinsam ist, dass die Tat zur Abwehr einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit der eigenen oder einer anderen Person erfolgt. Beim rechtfertigenden Notstand (§ 34 StGB) ist auch die Ehre, das Eigentum und jedes andere Rechtsgut geschützt, jedoch muss (bei angemessenem Mittel) unter Abwägung der widerstreitenden Interessen das geschützte Interesse gegenüber dem beeinträchtigten wesentlich überwiegen. Dabei sind namentlich die betroffenen Rechtsgüter und der Grad der ihnen drohenden Gefahr gegeneinander abzuwägen. Z. B. kann die Verletzung von Verkehrsvorschriften durch Notstand gerechtfertigt sein, wenn sie erforderlich ist, um einen Schwerverletzten auf schnellstem Wege ins Krankenhaus zu bringen.
 
Nicht gerechtfertigt, aber entschuldigt (entschuldigender Notstand) und damit ebenfalls straflos bleibend handelt ein Täter, wenn er in einer Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahe stehenden Person abzuwenden. Z. B. wird der Täter entschuldigt, wenn er sein eigenes Leben nur durch Opferung eines anderen Lebens retten kann und dies auch tut. Straflosigkeit tritt nicht ein, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder er in einem besonderen Rechtsverhältnis (z. B. als Soldat oder Feuerwehrmann) stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen (§ 35 StGB). Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrigerweise an, sie sei im Sinne eines entschuldigenden Notstands zulässig, wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte (§ 35 Absatz 2 StGB). Die Mitwirkung an einer Tat, die im entschuldigenden Notstand begangen wird, ist strafbar, wenn sich der Mitwirkende nicht selbst in der Notlage befindet. Gegen eine entschuldigte Notstandstat ist eine Notwehr des Betroffenen zulässig. Nach § 35 StGB ist auch der Fall des Nötigungsnotstands zu beurteilen, bei dem sich der (auf eine Notstandslage berufende) Täter zur Abwehr eines ihm drohenden oder zugefügten Übels zum Werkzeug eines rechtswidrig handelnden Dritten machen lässt. Ein übergesetzlicher Notstand wird von der Rechtsprechung nicht, von der Wissenschaft nur zum Teil anerkannt. Beim übergesetzl. entschuldigenden Notstand handelt es sich um eine Notstandssituation, in der die Rechtfertigungs- beziehungsweise Schuldausschließungsgründe der §§ 34 f. StGB nicht vorliegen, der Täter aber gleichwohl die »Nachsicht des Rechts« fordert. Das Problem wurde besonders bei den »Euthanasieprozessen« der Nachkriegszeit diskutiert, in denen der Gewissenskonflikt von Ärzten zu beurteilen war, gegen ihren eigentlichen Willen auf Verlangen des nationalsozialistischen Regimes an der Tötung von Geisteskranken mitzuwirken und dies in Kauf zu nehmen in der Erwartung, dadurch die Anzahl der Getöteten zu begrenzen. Zum Befehlsnotstand des Soldaten gibt es die Sondervorschriften § 5 Wehrstrafsgesetz und § 11 Soldatengesetz (Gehorsam). Ähnliche Vorschriften finden sich auch im StGB Österreichs (§ 10) und der Schweiz (Art. 34); doch wird hier die Unterscheidung zwischen rechtfertigendem und entschuldigendem Notstand weniger deutlich vorgenommen, zumal in Österreich nur der entschuldigende Notstand normiert ist, der rechtfertigende Notstand aber anerkannt wird.
 
 5) Im Zivilrecht unterscheidet man zwischen defensivem (§ 228 BGB) und aggressivem Notstand (§ 904 BGB). Im Fall des defensiven Notstands ist es erlaubt, eine fremde Sache (oder ein Tier) zu beschädigen oder zu zerstören, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden (z. B. die Tötung eines angreifenden Hundes). Die Beschädigung oder Zerstörung der Sache muss zur Abwendung der Gefahr erforderlich sein, und der Schaden darf nicht außer Verhältnis zur Gefahr stehen. Hat der Handelnde die Gefahr selbst verursacht (z. B. durch Reizen des dann angreifenden Hundes), so muss er den durch die Beschädigung oder Zerstörung der Sache verursachten Schaden ersetzen. Im Gegensatz zum defensiven Notstand erlaubt der aggressive Notstand die Einwirkung (Benutzung, Beschädigung, Zerstörung) auf eine fremde Sache, von der keine Gefahr ausgeht (z. B. Herausreißen einer Zaunlatte, um sich gegen einen angreifenden Hund zu wehren). Voraussetzung ist, dass die Einwirkung zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem Eigentümer entstehenden Schaden unverhältnismäßig groß ist. Der Eigentümer der fremden Sache kann vom Einwirkenden Schadensersatz verlangen. - In Österreich (§ 1 306 a ABGB) und der Schweiz (Art. 52 Absatz 2 OR) gilt Ähnliches.
 

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Not|stand, der: a) Notlage: Der N. nach dem Zweiten Weltkrieg hatte schließlich alle Nachhaltsgrundsätze an die Wand gedrückt (Mantel, Wald 95); dass der Papst Hitlers N. dazu ausnutzt, ihm mit der Kündigung des Konkordats zu drohen (Hochhuth, Stellvertreter 91); dem N. im Bildungswesen abhelfen; politischer N. (Situation, in der ein oberstes Staatsorgan nicht funktioniert); sexueller N. (ugs. scherzh.; Notlage, in der sich jmd. aufgrund eines fehlenden Sexualpartners befindet ); b) (Staatsrecht) Situation, in der ein Staat in Gefahr ist: Der Gouverneur ... kann bei N. den Befehl über die Polizei selbst übernehmen (Dönhoff, Ära 81); äußerer (durch Bedrohung von außen verursachter) N.; innerer (durch Vorgänge im Innern verursachter) N.; den [öffentlichen, nationalen] N. ausrufen, verkünden.

Universal-Lexikon. 2012.