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Wassernutzung
Wassernutzung,
 
die Verwendung des natürlichen Wasserdargebots (Wasservorrats) zur Ernährung und Hygiene, in den Haushalten und in den Produktionsprozessen von Landwirtschaft, Gewerbe und Industrie sowie die Nutzung der Gewässer für die Energiegewinnung mithilfe von Wasserkraftwerken und als Transportmedium (Binnenschifffahrt, Seeschifffahrt). Bestimmt wird die Wassernutzung vom Bedarf an Trink- und Brauchwasser, von der Wasserqualität, der Menge des verfügbaren Wassers und den technischen Möglichkeiten zur Förderung, Leitung und Aufbereitung des Wassers.
 
 Wasserdargebot der Erde
 
Die auf der Erde vorhandene Wassermenge befindet sich unter dem Einfluss der von der Sonne ausgestrahlten Energie in einem ständigen Kreislauf (Verdunstung-Niederschlag-Abfluss-Verdunstung). Dieser seit langem bekannte Wasserkreislauf, der in den unterschiedlichen Klimazonen der Erde die vielfältigen äußeren Erscheinungsformen der Umwelt wie auch die Lebensbedingungen der Menschen weitgehend bestimmt, lässt sich auch heute noch nicht genau berechnen, da er außerordentlich komplex und darüber hinaus zeitlich und räumlich nicht gleich bleibend ist.
 
Die Gesamtmenge des auf der Erde zirkulierenden Wassers ist, von juvenilem Wasser abgesehen, konstant (1,38 Mrd. km3). Sie kann nicht vermehrt werden, verringert sich jedoch auch nicht, da Wasser direkt oder auf Umwegen durch Verdunstung immer in den Wasserkreislauf zurückkehrt. Nur 2,53 % (35 Mio. km3) sind Süßwasser, und davon ist nur ein ganz geringer Teil (0,13 % des Süßwasserdargebots, 46 800 km3) in den Fließgewässern und den Speicherräumen (Seen, Untergrundspeicher) der Nutzung durch den Menschen zugänglich; doch auch dieses Dargebot steht nur zum Teil zur Verfügung, da technische, wirtschaftliche und ökologische Beschränkungen eine vollständige Nutzung nicht zulassen. Das wirklich nutzbare Volumen an Süßwasser aus dem Wasserkreislauf wird auf 9 000 km3 geschätzt; fossiles Grundwasser und Meerwasserentsalzung bieten zusätzliche Möglichkeiten.
 
Die räumliche und zeitliche Verteilung dieses verwertbaren Wasserdargebots wird durch natürliche Gesetzmäßigkeiten beherrscht, mit denen der Arbeits- und Lebensrhythmus des Menschen sowie dessen politisch und wirtschaftlich bestimmte Siedlungsweise nur selten übereinstimmen, die jedoch selbst durch diese Faktoren wieder beeinflusst werden. Damit ergeben sich zwangsläufig zeitliche und regionale Diskrepanzen zwischen den natürlichen Gegebenheiten und den Ansprüchen der Gesellschaft. In Nordafrika und Vorderasien, wie auch in anderen Trockengebieten der Erde, sind die örtlichen Wasservorkommen oft bereits bis an die äußerste Grenze genutzt. Im Lauf der nächsten Jahrzehnte werden nicht nur weitere aride und semiaride Regionen zu den bereits vorhandenen Wassermangelgebieten zählen, sondern regional auch dicht besiedelte und hoch industrialisierte Gebiete in den humiden Klimazonen Nordamerikas und Europas.
 
 Wasserbedarf
 
Hauptnutzer des Wassers sind Haushalte, Kleingewerbe, öffentliche Einrichtungen, Industrie (für Produktionsprozesse), Landwirtschaft (zur Bewässerung) und Energiewirtschaft (Kühlwasser für thermische Kraftwerke). Bei allen Wassernutzungen wird eine gewisse Menge des entnommenen Wassers »verbraucht« (im Allgemeinen verdunstet), der Rest wird als Abwasser in die Umwelt direkt zurückgegeben und bleibt prinzipiell weiter verfügbar.
 
Der Wasserbedarf der Kommunen ist regional und national je nach Klima, Lebensstandard, Wirtschaftsformen u. Ä. unterschiedlich. 1997 waren in Deutschland (82 Mio. Einwohner) 98 % der Bevölkerung an öffentliche Wasserversorgungsnetze angeschlossen; ihr jährlicher Bedarf betrug 3,95 Mrd. m3. Die Deckung erfolgte zu 65 % aus dem Grundwasser, zu 8 % aus Quellwasser und zu 27 % aus Oberflächengewässern. Die öffentliche Wasserversorgung in Deutschland (1997 rund 7 000 Unternehmen mit unterschiedlichen Rechtsformen) ist an die gesetzlich festgelegten Qualitätsnormen für Trinkwasser gebunden. Der personenbezogene Wasserbedarf der Haushalte (v. a. für Toilettenspülung, Betrieb von Waschmaschinen u. Ä.) hat sich seit 1990 u. a. durch verändertes Verbraucherverhalten sowie Wasser sparende Geräte stetig verringert und betrug 1997 je Einwohner und Tag 128 Liter. Auch der industrielle Bedarf sank, da in vielen Betrieben Anstrengungen unternommen wurden, ihn zu verringern. So wird z. B. das Wasser in betriebsinternen Kreisläufen geführt, d. h. nach Gebrauch neu aufbereitet und wieder verwendet.
 
In den Entwicklungsländern, v. a. in den wasserarmen ariden und semiariden Gebieten, ist die Lage in den Wohngebieten vielfach kritisch. In Städten sind durchschnittlich nur etwa 30 % der Einwohner an Leitungsnetze angeschlossen, wobei Qualität, Quantität und Kontinuität der Versorgung oft mangelhaft sind; weitere 30 % der Stadtbevölkerung sind nur zum Teil versorgt. Insgesamt leben heute etwa 3 Mrd. Menschen (rd. 50 % der Weltbevölkerung) ohne geregelte Wasserversorgung, davon die Hälfte ohne Zugang zu verlässlichen und einwandfreien Wasserquellen. Etwa 2 Mrd. Menschen waren 1997 ohne geregelte Abwasserversorgung. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung und der anhaltenden Verstädterung wird um das Jahr 2000 die Hälfte der Weltbevölkerung in Großstädten leben, von denen viele in Regionen mit ohnehin knappem Wasserdargebot liegen werden. Verstärkt wird hier der akute Wassermangel durch eine zu erwartende starke Verschmutzung des Süßwassers, v. a. in den Ballungsräumen.
 
In Deutschland spielt der Wasserbedarf der Bewässerung eine nur untergeordnete Rolle in der Wasserbilanz. Von überragender Bedeutung ist die Bewässerungslandwirtschaft dagegen in den ariden und semiariden Gebieten der Erde, in denen die Produktion von Nahrungsmitteln nur bei künstlicher Wasserzufuhr möglich ist. Die gesamte künstlich bewässerte Anbaufläche hat sich seit 1900 von 48 Mio. ha auf 254 Mio. ha im Jahr 1997 verfünffacht. Die Landwirtschaft verbraucht heute, besonders durch den Bewässerungsanbau, mit 67 % das meiste Wasser des weltweiten Gesamtbedarfs. Prognosen zufolge soll sich der weltweite Wasserverbrauch der Landwirtschaft von 2500 km3 im Jahr 1995 bis zum Jahr 2025 auf 3162 km3 steigern. Drei Viertel aller bewässerten Flächen befinden sich in den Entwicklungsländern. Versalzung der Böden, ihre Versumpfung aufgrund unzureichender Entwässerung sowie große Wasserverluste infolge von ineffektiven und schlecht organisierten Bewässerungsverfahren sind die Hauptprobleme bei künstlicher Bewässerung. So sind z. B. in Indien etwa 11 %, in Pakistan 21 % und in China 23 % der Bewässerungsflächen von Versalzung betroffen. Die Anwendung von Mitteln zur Lösung dieser Probleme scheitert in den Entwicklungsländern häufig an den hohen Investitionskosten und dem niedrigen Ausbildungsstand der Bauern und Techniker. Bei dem derzeitigen Bevölkerungswachstum ist zu befürchten, dass regionale Wasserknappheit zunehmend dazu führen wird, dass einzelne Länder sich nicht mehr selbst mit Nahrungsmitteln versorgen können.
 
 Wasserbewirtschaftung
 
Wasser ist der Rohstoff, der in vielen Teilen der Erde der wirtschaftlichen und demographischen Entwicklung am ehesten Grenzen auferlegt. Liegt das Wasserdargebot eines Landes pro Kopf und Jahr unter 1 000 m3, so herrscht chronischer Wassermangel. Hiervon waren 1990 schon 20 Länder (mit insgesamt 132 Mio. Menschen) betroffen, für das Jahr 2025 rechnet man mit über 30 Ländern, in denen chronischer Wassermangel herrschen wird.
 
Prognosen über die Entwicklung des Wasserbedarfs und die mögliche Nutzung vorhandener Wasserreserven können eher Größenordnungen und Entwicklungstendenzen als quantitative Detailinformationen vermitteln. Dem weltweit tatsächlich nutzbaren Süßwasservolumen von rd. 9 000 km3 stand 1997 bei einer Bevölkerung von 5,8 Mrd. eine Nutzung (Gebrauch und Verbrauch) von rd. 3 800 km3 gegenüber. Prognosen für das Jahr 2025 sagen bei einer zu erwartenden Bevölkerung von etwa 8,2 Mrd. einen Wasserbedarf von etwa 5 000 km3 voraus. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die nutzbaren Wasserreserven räumlich und zeitlich sehr unterschiedlich verteilt sind.
 
Für den Vorrang einzelner Wassernutzungen bei Interessenkonflikten ist maßgebend, ob das Wasser durch andere Stoffe, Energien oder Transportmittel ersetzt werden kann. Priorität hat dabei die Versorgung der Menschen mit Trink- und Brauchwasser sowie die Bewässerung zur Nahrungsmittelerzeugung. Daneben bestehen qualitative Ansprüche an die Wasserressourcen. Die Einleitung von ungenügend geklärten kommunalen Abwässern, die Verschmutzung durch Rückstände aus der industriellen Produktion, die großflächige Ausschwemmung von Pflanzenschutz- und Düngemitteln sowie die salzhaltigen Rückflüsse aus künstlich bewässerten Gebieten haben vielfach dazu geführt, dass es regional zwar nicht an Wasser, wohl aber an sauberem Wasser mangelt. Das Problem der Wasserreinhaltung ist zwar technisch lösbar, jedoch erfordern die notwendigen Wasserschutzmaßnahmen den Einsatz erheblicher finanzieller Mittel, die v. a. in den Ländern der Dritten Welt kurzfristig kaum aufzubringen sind. Hier leidet fast die Hälfte der Bevölkerung an Gesundheitsproblemen, die mit Wasser in engem Zusammenhang stehen; 80 % aller Infektionskrankheiten werden durch verschmutztes Wasser verbreitet. Aber auch in den Industrieländern ist hygienisch einwandfreies Trinkwasser nicht immer verfügbar, wenngleich hier chemische Gewässer- und Grundwasserbelastungen das Hauptproblem darstellen.
 
Die für die zukünftige Sicherung der Wasserversorgung notwendigen Maßnahmen werden in den verschiedenen Klimazonen und den verschiedenen Ländern unterschiedlich sein. Eines ist ihnen jedoch gemeinsam: Die Eingriffe in den Wasserkreislauf werden weiter zunehmen und immer umfassender werden. Die Form und das Ausmaß der möglichen Folgen zu starker Eingriffe sind schwer abzuschätzen. Sie treten oft als Kettenreaktionen auf, die sich in vielfältigen Verflechtungen mit anderen Faktoren über längere Zeiträume hin erstrecken. Nicht nur in Deutschland sind Erosionserscheinungen, Hochwasserverschärfungen, Gewässerverschmutzung, Grundwasserstandsänderungen und Zerstörung der Ökosysteme Beispiele derartiger Folgen. Weltweit, v. a. in den Entwicklungsländern, nehmen Desertifikation, Verkarstung, Grundwasser- und Bodenversalzung sowie Gewässer- und Meeresverschmutzung infolge rigoroser Eingriffe in den natürlichen Wasserhaushalt weiter zu.
 
Neben den ökologischen Problemen und zivilisatorischen Belastungen wird bei der Sicherung der Wasserversorgung und beim Schutz des Wassers v. a. auch die Frage der Finanzierung der notwendigen Investitionen und des Betriebs neuer Erschließungs- und Verteilungssysteme sowie der Anlagen zur Entsorgung und Behandlung der Abwässer eine Rolle spielen. I. Allgemeinen wird der Wasserpreis nicht unbeeinflusst bleiben, denn Wasser ist bislang ein außerordentlich billiges Lebens- und Produktionsmittel, dessen Preis den wirklichen Kosten der Ver- und v. a. Entsorgung nicht entspricht.
 
 Wasserausgleichsmaßnahmen
 
Die ungleiche Verteilung des Wassers erfordert zur Sicherung der Versorgung eine planmäßige Bewirtschaftung. Eine Weltwasserwirtschaft im Sinne eines kontinentalen Wasserausgleichs kann es dabei nicht geben, eine nationale Gesamtwasserwirtschaft nur bei kleinen Staatsgebieten. Ausgleichssysteme umfassen aus technischen und finanziellen Gründen meist nur die Einzugsgebiete einzelner Flüsse oder Flusssysteme, gegebenenfalls erweitert durch Zuleitungen aus benachbarten Flussgebieten. Transfersysteme zwischen Überschuss- und Trockengebieten sind bereits seit der frühen Geschichte bekannt. Bedeutende Systeme des 20. Jahrhunderts befinden sich z. B. in Israel, wo aus dem See Genezareth im Norden jährlich bis zu 320 Mio. m3 Wasser über mehr als 300 km Entfernung in den wasserarmen Negev im Süden des Landes geleitet werden, in Spanien mit dem Tajo-Segura-Kanal und in der Republik Südafrika mit dem Oranjefluss-Projekt (Oranje) und dem Tugela-Vaal-Projekt. In Kalifornien liegt zwischen den Zentren von Dargebot (im Norden) und Bedarf (im Süden) eine Entfernung von rd. 1 000 km, ein Ausgleich wird hier durch 22 Wasserspeicher, 23 Pumpstationen, 6 Kraftwerke und 1 126 km Kanäle erreicht; jährlich werden so 5 200 Mio. m3 Wasser übergeleitet, davon 2/3 unter Überwindung von 1 100 m Höhenunterschied.
 
In Deutschland bestehen große überregionale Systeme u. a. für die Versorgung des Ballungsraums im rheinisch-westfälischen Industriegebiet aus den Talsperren im Sauerland, aus dem Lippegebiet sowie aus dem Rhein, für die (teilweise) Versorgung von Göttingen, Braunschweig, Wolfsburg und Bremen aus den Harztalsperren, für die Versorgung des Großraumes Halle—Leipzig ebenfalls aus den Harztalsperren in Verbindung mit Fassungen von Grundwasser und Uferfiltrat aus der Elbaue, weiterhin für die Versorgung des Ballungsraums Stuttgart—Heilbronn aus dem Bodensee und dem Donaugebiet.
 
Die Erfahrungen aus bestehenden Großprojekten und aus Neuplanungen für einen überregionalen Wasserausgleich (z. B. Nordamerika, Indien, Sowjetunion) haben gezeigt, dass dabei Probleme technologischer, sozioökonomischer und ökologischer Art auftreten, bei denen das Ausmaß der gegenseitigen Beeinflussung und die Unsicherheit der Prognosen zukünftiger Auswirkungen so groß sind, dass der Nutzen derartiger Vorhaben infrage gestellt werden muss. So sind z. B. die Planungen der Sowjetunion, bis zu 100 km3 Wasser im Jahr aus den Flüssen Nordsibiriens über 2 600 km Entfernung in die wasserarmen südlichen Landesteile (Region des Aralsees) zu leiten, 1990 endgültig eingestellt worden.
 
 Einsparung, Wiederverwendung und Gewinnung von Wasser
 
In Wassermangelgebieten, in denen die natürlichen Wasservorräte bereits weitgehend genutzt sind, müssen zu den Maßnahmen der Speicherung und Überleitung weitere, auch unkonventionelle Verfahren der Wasserversorgung eingeführt werden, wenn die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung nicht stagnieren oder rückläufig werden soll. Große Möglichkeiten liegen in Wassereinsparung (Verbesserung der Produktionsverfahren in Industrie und Landwirtschaft, sorgsamerer Umgang in den Haushalten), Wasserwiederverwendung (teilweise oder völlige Wiederaufbereitung von bereits genutztem Wasser) und Süßwasserneugewinnung (Meerwasserentsalzung).
 
Wassereinsparungen sind v. a. in der Bewässerungslandwirtschaft möglich. Bei Schwerkraftbewässerung (Berieselung) werden oft weniger als 30 % des abgeleiteten Wassers von den Pflanzen aufgenommen; durch wirksame Kanalabdichtungen, zuverlässige Wassermessung und -dosierung, genaue Kenntnis des Wasserbedarfs der Pflanzen, zweckmäßige Feldgrößen und effizientes Management können jedoch Wirkungsgrade von 60-65 % erreicht werden. Methoden mit Pumpeneinsatz wie Beregnung, Tröpfchenbewässerung oder Unterflurbewässerung ermöglichen sogar Wirkungsgrade von 80-90 %.
 
Das von den Verbrauchern in die Gewässer zurückgeleitete, primär oder sekundär behandelte Abwasser steht prinzipiell weiter als Teil des nutzbaren Süßwasserdargebots zur Verfügung. Die Aufbereitung von kommunalem und industriellem Abwasser für eine direkte Wiederverwendung in verschiedenen Bereichen der Wasserversorgung (bis hin zur Trinkwasserversorgung) ist v. a. eine Frage der Kosten. Auch eine Mehrfachnutzung ohne aufwendige Aufbereitung ist möglich, wenn die Folgenutzer geringere Qualitätsansprüche stellen. So können z. B. kommunale Abwässer für Bewässerungszwecke verwendet werden (Abwasserverregnung, Rieselfelder), soweit sie nicht zu stark verschmutzt sind. Die direkt aus Abwässern wiedergewinnbaren Wasserreserven liegen bei etwa 25-30 % des Bedarfs. Bei der weltweit zunehmenden Verstädterung wird die Wiederverwendung von Abwasser wie auch die unmittelbare Nutzung von Regenwasser (Regenwassernutzung, für Gartenbewässerung, Toilettenspülung u. Ä.) an Bedeutung gewinnen.
 
Meer- und Brackwasser kann für küstennahe Regionen eine unerschöpfliche Wasserquelle sein, wenn es mit tragbaren Kosten gelingt, den Salzgehalt von durchschnittlich 3,5 % auf 0,025 % (Trinkwasserstandard), 0,05 % (mittlerer Industriestandard) oder 0,2 % (Bewässerung salztoleranter Kulturen) zu verringern. Mittels moderner Verdampfungsmethoden lässt sich aus 10 l Meerwasser etwa 1 l Destillat gewinnen, mittels Umkehrosmose 2-4 Liter. In Vorderasien, wo die meisten aller bestehenden Anlagen liegen, ist die Versorgung mittels Meerwasserentsalzung bereits heute unverzichtbar. Das Hauptproblem liegt dabei im erforderlichen Energieaufwand, der, je nach Verfahren und Energiequelle, Kosten von 1-3 US-$ für 1 m3 entsalztes Meerwasser verursacht. Dieser Preis ist für Haushalte und die Industrie noch tragbar, nicht aber für die Landwirtschaft, solange sie nicht staatlich subventioniert wird. Erst wenn preiswerte Energiequellen (z. B. Solarenergie) zur Verfügung stehen, wird entsalztes Wasser eine größere Rolle bei der Bedarfsdeckung spielen können.
 
 Internationale Konflikte
 
Zunehmender Wassermangel, ungleiche Verfügung über oder gemeinsame Abhängigkeit von bestimmten Wasserressourcen sind ein Quell internationaler Konflikte. Insbesondere in Weltregionen, in denen der wachsende Bedarf an Wasser in immer größerem Widerspruch zu genutzten oder potenziell nutzbaren Reserven steht, verschärft sich diese Konfliktsituation tendenziell. Bis zum Jahr 2025 wird die Zahl der Menschen, die in solchen Ländern leben, auf etwa 1 Mrd. ansteigen. Obwohl sich diese Entwicklung in hohem Maße auf Nordafrika, Teile des subsaharischen Afrika, den Nahen Osten und Westasien konzentriert, erweisen sich ihre Auswirkungen als ein globales Problem. Wasser wird inzwischen als ein strategisches Gut definiert, dessen perspektiv. Bedeutung für den Weltfrieden höher zu bewerten ist als die des Erdöls. Im internationalen politischen Diskurs wird von einem weltweiten Wettlauf um Wasserressourcen gesprochen, der in besonders problematischen Situationen militärische Auseinandersetzungen keineswegs ausschließt.
 
Da es für die Deckung des Wasserbedarfs keine rohstoffliche Alternativen gibt und in verschiedenen Teilen der Welt infolge der Begrenztheit natürlicher Ressourcen oder fehlender wirtschaftlicher Kapazitäten für die Erschließung von Reserven weder der Grundbedarf gesichert werden kann noch die Behebung akuter Mangelsituationen in nationalen Grenzen möglich ist, wird die Verwirklichung des Menschenrechts auf hinreichende Wasserversorgung zum internationalen Problem. Einerseits sind Wasserressourcen vielfach grenzüberschreitend. Es existieren allein 215 grenzüberschreitende Flüsse, deren Flussbeckenareale etwa 50 % des gesamten Festlandes der Erde betragen. Andererseits sind Zugriffsmöglichkeiten und Verfügungsrechte ungleich verteilt, woraus angesichts verbreiteter Unterversorgung und Konkurrenz eine latente Konfliktproblematik mit friedensgefährdenden Konsequenzen erwächst. Beispiele hierfür sind die Einzugs- und Versorgungsgebiete der großen Flusssysteme in Afrika und Asien, darunter v. a.: Euphrat und Tigris (Türkei und die flussabwärts liegenden arabischen Staaten); Jordan (Israel und arabische Nachbarländer), Nil (Ägypten und Sudan), Ganges (Indien und Bangladesh), Indus (Indien und Pakistan) und Mekong (südostasiatische Anrainer).
 
Regionale oder bilaterale Verhandlungen und zwischenstaatliche Vereinbarungen haben sich häufig als brüchig oder kurzlebig erwiesen, da der Streit um das Wasser nicht nur selbst Auslöser politischer Konflikte ist, sondern auch häufig Bestandteil von historisch überkommenen Auseinandersetzungen um Macht- und Einflusssphären, ungelösten Grenz- und Nationalproblematiken und wirtschaftlichen Existenzfragen. Ansprüche auf Wasserressourcen werden nicht selten im Rahmen verfestigter politischer Widersprüche instrumentalisiert, um politisches Wohlverhalten von Nachbarstaaten (z. B. seitens der Türkei im Hinblick auf das grenzüberschreitende Kurdenproblem) zu erzwingen. Politisierte geographische Vorteile bei der Nutzung und Einflussmöglichkeiten auf die Verteilung von Wasserressourcen zum Nachteil anderer Anrainerstaaten werden damit als politischer Faktor in größeren Zusammenhängen, im Extremfall als Waffe zur Durchsetzung politischer Optionen eingesetzt. Zugleich erschweren ungleiche Entwicklungen der Wirtschafts- und Infrastruktur in verschiedenen Regionen dauerhafte vertragliche Regelungen. Aufgrund des hohen Wachstums der Wasserentnahmen seitens der Türkei aus den Flusssystemen des Euphrat und Tigris und Israels aus dem Jordan-Einzugsgebiet im Gefolge von starker Industrialisierung, Urbanisierung, Ausdehnung der Bewässerungslandwirtschaft, Entwicklung des Tourismus, Flussregulierungen, Bau großer Staudämme und Pipelines und der damit einhergehenden negativen ökologischen Auswirkungen wird so der Dauerkonflikt um das Wasser mit den an chronischen Wasserdefiziten leidenden Nachbarländern verschärft. Aber auch zwischen den arabischen Ober- und Unterliegern der Flüsse (Syrien - Irak) bestehen Konflikte erzeugende Interessenlagen.
 
Infolge der Verkettung des Wasserproblems mit anderen Konfliktfaktoren und des Fehlens von verbindlichen internationalen Vereinbarungen über eine gerechte Verteilung der Süßwasserressourcen sind Vermeidung, Prävention und Schlichtung von regionalen und lokalen Konflikten um das Wasser schwierig. Seit den 80er-Jahren (internationale Wasserdekade) werden auf internationalen Konferenzen verstärkt Aspekte einer grenzüberschreitenden Kooperation in der Wasserfrage bis hin zu einer globalen Wasserpolitik thematisiert. Im Vordergrund stehen dabei Fragen des Aufbaus von Informations- und Warnsystemen, der Zusammenarbeit auf Expertenebene zur Krisenbewältigung und die Notwendigkeit der Überwindung nationaler Egoismen bei der Nutzung des Wassers, der Minimierung seiner Verschwendung und Verschmutzung und der ökologischen Schäden, die durch menschliche Eingriffe in den natürl. Wasserhaushalt verursacht werden, ebenso wie der Hochwasserschutz. Auf der Internationalen Konferenz über Wasser und Umwelt in Dublin (26.-31. 1. 1992) wurden Grundsätze für ein partnerschaftliches und partizipatorisches Herangehen im internationalen Rahmen formuliert. Auf der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro (1992) wurden die Staaten aufgefordert, diese Prinzipien in Aktionsprogrammen umzusetzen. Internationale Organisationen, staatliche Institutionen und zivilgesellschaftlichen Gruppen befördern die Debatte (VIII. Welt-Wasser-Kongress, Kairo 1994; Internationale Konferenz »Wasser und Nachhaltige Entwicklung«, Paris 1998; Internationale Konferenz über die Wasserressourcen der Welt, UNESCO, Paris 1998). Ebenso tragen Gründung und Tätigkeit internationaler Gremien und Netzwerke zu einem gewachsenen Problem- und Verantwortungsbewusstsein bei. Dazu gehören der Weltwasserrat (WWC, gegründet 1996, Sitz in Marseille), »Globale Wasser-Partnerschaft« (GWP, gegründet 1996, Sitz in Stockholm) und das Internationale Netzwerk der Flussbeckenorganisationen (INBO, gegründet 1994, Sitz in Paris). Angesichts der Komplexität internationaler Konflikte um das Wasser ist das Problemlösungsvermögen der internationalen Gemeinschaft jedoch nach wie vor begrenzt und von der individuellen Bereitschaft der betroffenen Akteure zu Kooperation und Partizipation abhängig. Es wächst daher die Zahl der Befürworter einer verbindlichen Wasserkonvention der Vereinten Nationen.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Abwasser · Bodenversalzung · Desertifikation · Fluss · Gewässerschutz · Grundwasser · Klima · Meeresverschmutzung · Meerwasser · Niederschlag · Quelle · See · Talsperre · Trinkwasser · Wasser · Wasserbau · Wasserversorgung
 
Literatur:
 
G. Garbrecht: Wasser. Vorrat, Bedarf u. Nutzung in Gesch. u. Gegenwart (1985);
 
Global zweitausend (a. d. Amerikan., Neuausg. 1985);
 Norman Smith: Mensch u. Wasser (a. d. Engl., Neuausg. 1985);
 T. Kluge u. E. Schramm: Wassernöte. Zur Gesch. des Trinkwassers (21988);
 
Lb. der Hydrologie, hg. v. H.-J. Liebscher, auf mehrere Bde. ber. (1990 ff.);
 J. Barandat: Wasser, ein neues Pulverfaß? Das internat. Gewässersystem Euphrat u. Tigris (1993);
 
Taschenbuch der Wasserwirtschaft, hg. v. H. Bretschneider u. a. (71993);
 H. Lehn u. a.: Wasser - die elementare Ressource. Leitfaden einer nachhaltigen Nutzung (1996);
 
W. u. Abwasserreinigung in Betrieb u. Kommune, Beitrr. v. S. Lohmeyer u. a., 2 Bde. (1993-97).
 
Weitere Literatur: Wasser.

Universal-Lexikon. 2012.