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Roth
I
Roth,
 
1) Kreisstadt in Bayern, 340 m über dem Meeresspiegel, an der Rednitz, 25 000 Einwohner; Fabrikmuseum der Leonischen Industrie (Gespinste, Gewebe und Geflechte mit feinen Metallfäden), historischer Eisenhammer (Museum); Draht-, Kabel-, Aluminiumwerke, Elektronikindustrie, Herstellung von Christbaumschmuck; Hafen (Güterumschlag) am Main-Donau-Kanal.
 
Stadtbild:
 
Das markgräfliche Schloss Ratibor (mit Museum) ist eine Renaissanceanlage von 1535-37; die ursprünglich spätgotische evangelische Kirche erhielt Ende des 19. Jahrhunderts einen neuen Turm.
 
Geschichte:
 
Roth war vermutlich seit dem 12. Jahrhundert Markt und erhielt zwischen 1358 und 1363 Stadtrecht; seit 1972 Kreisstadt.
 
 
 2) Landkreis im Regierungsbezirk Mittelfranken, Bayern, 895 km2, 123 500 Einwohner; grenzt im Norden an die kreisfreien Städte Nürnberg und Schwabach. Der Kreis erstreckt sich im weiten, von der Rednitz durchflossenen, waldreichen Mittelfränkischen Becken (sandige Böden) sowie im offenen Albvorland (schwere Tonböden) und im Südostteil über die trockene Jurakalkhochfläche der Fränkischen Alb. Spalt ist Mittelpunkt eines wichtigen deutschen Hopfenanbaugebietes; andere Agrarprodukte sind Getreide, Kartoffeln, Tabak, Kirschen und Spargel. Städte sind Roth (wichtigster Industriestandort), Hilpoltstein, Greding, Spalt, Abenberg und Heideck. Durch den Kreis führt der Main-Donau-Kanal (Rhein-Main-Donau-Großschifffahrtsweg), der mit Wasser aus der Talsperre Kleine Roth (7 Mio. m3) versorgt wird.
 
II
Roth,
 
1) Alfred, schweizerischer Architekt, * Wangen an der Aare 21. 5. 1903, ✝ Zürich 20. 10. 1998;; studierte bei K. Moser, 1927-28 Zusammenarbeit mit Le Corbusier, der ihn maßgeblich beeinflusste. 1931 eröffnete er ein Büro in Zürich. 1943-56 war er Redakteur der Zeitschrift »Werk«. 1949-52 lehrte er an der Washington University in Saint Louis (Missouri) und 1953 an der Harvard University; 1956-71 war er Professor an der ETH Zürich. Roth trat besonders hervor mit Mehrfamilienhäusern (Wohnsiedlung Doldertal in Zürich; 1935-36, mit M. L. Breuer und seinem Vetter Emil Roth, * 1896, ✝ 1980), Schulen in der Schweiz, in den USA (Saint Louis, Missouri), in Makedonien (Skopje) und Kuwait.
 
Schriften: Die Neue Architektur (1940); Das neue Schulhaus (1950); Begegnung mit Pionieren (1973); Amüsante Erlebnisse eines Architekten (1988).
 
Literatur:
 
A. R. Architect of continuity. Architekt der Kontinuität (Zürich 1985).
 
 2) Dieter, schweizerischer Schriftsteller, Maler, Grafiker und Musiker, Pseudonym D. Rot, Diter Rot, Dieterich Roth, Karl-Dieterich Roth, * Hannover 21. 4. 1930, ✝ Basel 5. 6. 1998. Roths Werk ist durch ein multimediales Experimentieren mit Literatur und Bild, Wort und Schrift gekennzeichnet, das auch das Spielen mit dem eigenen Namen sowie ein Verwirrspiel um die Grenzen zwischen Realität und Fiktion im eigenen Werk einschließt. Mit E. Gomringer und M. Wyss gründete Roth 1953 die Zeitschrift »Spirale«.
 
Literatur:
 
D. Schwarz: Auf der Bogen Bahn. Studien zum literar. Werk von D. R. (Zürich 1981);
 
D. R. Zeichnungen, bearb. v. H. Hohl, Ausst.-Kat. (1987).
 
 3) Eugen, Schriftsteller, * München 24. 1. 1895, ✝ ebenda 28. 4. 1976; war bis 1933 Redakteur, danach freier Schriftsteller. Nach zum Teil expressionistischen Anfängen wurde Roth überaus populär durch die heiter-besinnlichen Gedichte der Sammlungen »Ein Mensch« (1935), »Mensch und Unmensch« (1948), »Der letzte Mensch« (1964), in denen Nachdenkliches und Lebensweisheiten mit melancholischem Witz und ironisch-skeptischer Distanz poetisch formuliert sind. Daneben entstanden auch Essays, einfühlsame Novellen (»Abenteuer in Banz«, 1943) sowie Kinderbücher.
 
Ausgabe: Sämtliche Werke, 8 Bände (1977).
 
 4) Friederike, Schriftstellerin, * Sindelfingen 6. 4. 1948; studierte Philosophie und Linguistik; seit 1979 Hörspieldramaturgin; schreibt v. a. Gedichte, Hörspiele (zum Teil in schwäbischer Mundart), Theaterstücke und Essays. In den unter dem Titel »Das Buch des Lebens. Ein Plagiat« zusammengefassten Bänden »Liebe und Wald« (1983), »Erben und Sterben« (1992) und »Wiese und Macht« (1993), die verschiedene Stilformen und Gattungen mischen, sucht sie, ausgehend von Ö. von Horvath, das Leben als Kunst mit den Mitteln der Sprache festzuhalten. In Hörspielen und Dramen thematisiert sie häufig das Rollenverhalten der Frau (»Der Ritt auf die Wartburg«, 1981). 1985 erhielt sie den Hörspielpreis der Kriegsblinden.
 
Weitere Werke: Lyrik: Tollkirschenhochzeit (1978); Schieres Glück (1980); Schattige Gärten (1987).
 
Stücke: Krötenbrunnen (1984); Das Ganze ein Stück (1986).
 
Erzählung: Ordnungsträume (1979).
 
 5) Gerhard, österreichischer Schriftsteller, * Graz 24. 6. 1942; Studium der Medizin, danach Organisationsleiter im Rechenzentrum Graz; seit 1977 freier Schriftsteller; lebt heute in Wien. Roth begann, im Kontext des Grazer »Forum Stadtpark«, v. a. mit experimentellen Prosawerken und Theaterstücken, die in dem Band »Menschen, Bilder, Marionetten. Prosa, Kurzromane, Stücke« (1979) gesammelt sind. Mit den in den USA beziehungsweise in Italien spielenden Romanen »Der große Horizont« (1974), »Ein neuer Morgen« (1976) und »Winterreise« (1978) wandte sich Roth einer realistischen Erzählweise zu, wobei er Ausbruchs- und Fluchtthematik mit Elementen des Entwicklungs-, Reise- und Kriminalromans verband. In dem Roman »Der stille Ozean« (1980) und dem umfangreichen, durch eine »Dorfchronik« ergänzten Werk »Landläufiger Tod« (1984) verlagerte sich der Schauplatz in Roths steirische Heimat: Die minutiösen, zum Teil auf Fotostudien beruhenden Schilderungen des Landlebens zeigen eine Welt, in der Angst, Abhängigkeiten und Todessehnsucht aus Verzweiflung dominieren. Diese letztgenannten Werke und die Romane »Am Abgrund« (1986), »Der Untersuchungsrichter« (1988) sowie der Bild-Text-Band »Im tiefen Österreich« (1990) sind Teile des siebenbändigen Zyklus »Die Archive des Schweigens« (zum Teil verfilmt), der durch den »Bericht« des aus der Emigration zurückkehrenden Wiener Juden Walter Berger »Die Geschichte der Dunkelheit« (1991) und die Essaysammlung »Eine Reise in das Innere von Wien« (1991) abgeschlossen wird.
 
Weitere Werke: Dramen: Sehnsucht (1976); Erinnerungen an die Menschheit (1985); Franz Lindner und er selbst (1985).
 
 6) Heinrich, Erziehungswissenschaftler und Psychologe, * Gerstetten 1. 3. 1906, ✝ Göttingen 7. 7. 1983; ab 1956 Professor in Frankfurt am Main, ab 1961 in Göttingen; Verfasser bedeutender Beiträge mit breiter Wirkung zu pädagogischen Psychologie und Anthropologie, Lehreramt und Schulreform; setzte sich für größere Beachtung empirischer Methoden und von Nachbarwissenschaften in der pädagogischen Forschung ein.
 
Werke: Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens (1957); Jugend und Schule zwischen Reform und Restauration (1961); Pädagogische Anthropologie, 2 Bände (1966-71); Revolution der Schule? (1969); Der Lehrer und seine Wissenschaft (1976).
 
Herausgeber: Begabung und Lernen (1969).
 
 7) [rɔθ], Henry, amerikanischer Schriftsteller, * Tysmeniza (bei Iwano-Frankowsk) 8. 2. 1906, ✝ Albuquerque (N. Mexiko) 13. 10. 1995; wuchs in New York auf. Sein autobiographisch gefärbter Roman »Call it sleep« (1934; deutsch »Nenne es Schlaf«) über ein Immigrantenkind, der erst seit der Neuveröffentlichung 1960 eine bedeutende Wirkung ausübt, gilt als Klassiker der jüdisch-amerikanischen Literatur.
 
Weiteres Werk: Autobiographie: Mercy of a rude stream (auf 6 Teile angelegt): 1. Teil: A star shines over Mt Morris Park (1994; deutsch Die Gnade eines wilden Stroms); 2. Teil: A diving rock on the Hudson (herausgegeben 1995; deutsch Ein schwimmender Fels am Ufer des Hudson); 3. Teil: From bondage (herausgegeben 1996).
 
Literatur:
 
B. Lyons: H. R.: The man and his work (New York 1976);
 I. Howe: World of our fathers (Neuausg. ebd. 1989).
 
 8) Jean-Pierre, schweizerischer Volkswirtschaftler und Bankfachmann, * Saxon (Kanton Wallis) 28. 4. 1946; seit 1979 in leitenden Positionen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) tätig, u. a. seit 1995 Mitglied des Direktoriums, 1996-2000 Vizepräsident und Leiter des Departements II (Kapitalmarkt, Banknoten, Geschäftsverkehr mit dem Bund, Verwaltung des Goldbestandes). Anfang Januar 2001 wurde Roth zum Präsident des Direktoriums der SNB ernannt.
 
 9) Joseph, österreichischer Schriftsteller, * Brody (bei Lemberg) 2. 9. 1894, ✝ Paris 27. 5. 1939; veröffentlichte während des Ersten Weltkrieges erste feuilletonistische Arbeiten und Gedichte; war nach dem Krieg für verschiedene Zeitungen in Wien, Prag und Berlin tätig, dann Korrespondent der »Frankfurter Zeitung«, in deren Auftrag er nach Frankreich, in die Sowjetunion, nach Polen und Albanien reiste. Roth emigrierte 1933 nach Frankreich, lebte zuletzt in Paris, wo er sich in österreichisch-monarchistischen Kreisen gegen den Nationalsozialismus engagierte und schließlich an den Folgen seiner Trunksucht in einem Armenhospital starb. Seine ersten Romane (»Das Spinnennetz«, 1923 veröffentlicht in der »Arbeiterzeitung«; »Hotel Savoy«, 1924; »Die Rebellion«, 1924) sind - wie seine zahlreichen journalistischen Arbeiten dieser Zeit - von sozialistischem Engagement und Auseinandersetzung mit dem Stil der »Neuen Sachlichkeit« geprägt. Unter dem Eindruck einer Reportagereise in die Sowjetunion 1926 wandte er sich zunehmend vom Sozialismus ab; thematisch vorherrschend wurden in der Folge die Welt des Ostjudentums (»Hiob«, 1930) sowie der Untergang der Donaumonarchie (»Radetzkymarsch«, 1932; »Die Kapuzinergruft«, 1938), deren Völkergemeinschaft ihm - in verklärter Sicht - auch als realpolitische Alternative zum Nationalismus und Faschismus seiner Zeit erschien.
 
Weitere Werke: Romane: Flucht ohne Ende (1927); Zipper und sein Vater (1928); Rechts und links (1929); Tarabas (1934); Beichte eines Mörders (1936); Die hundert Tage (1936); Das falsche Gewicht (1937); Die Geschichte von der 1002. Nacht (1939); Der stumme Prophet (herausgegeben 1966); Perlefter (herausgegeben 1978).
 
Erzählungen: Die Legende vom heiligen Trinker (1939); Der Leviathan (herausgegeben 1940).
 
Essay: Juden auf Wanderschaft (1927).
 
Ausgaben: Werke, herausgegeben von H. Kesten, 4 Bände (Neuausgabe 1975-76); Berliner Saisonbericht. Unbekannte Reportagen und journalistische Arbeiten, 1920-39, herausgegeben von K. Westermann (1984); Werke, herausgegeben von K. Westermann und F. Hackert, 6 Bände (1989-91); Briefe aus Deutschland. Mit unveröffentlichten Materialien, herausgegeben von R. Schock (1997).
 
Literatur:
 
H. Scheible: J. R. (1971);
 
J. R., hg. v. H. L. Arnold (1974);
 I. Sültemeyer: Das Frühwerk J. R.s 1915-1926 (Wien 1977);
 
J. R. 1894-1939, bearb. v. B. Eckert u. a., Ausst.-Kat. (21979);
 R. Koester: J. R. (1982);
 M. Willerich-Tocha: Rezeption als Gedächtnis. Studien zur Wirkung J. R.s (1984);
 K. Westermann: J. R., Journalist. Eine Karriere 1915-1939 (1987);
 J. Heizmann: J. R. u. die Ästhetik der Neuen Sachlichkeit (1990);
 D. Bronsen: J. R. Eine Biogr. (Neuausg. 1993);
 
J. R. Interpretation - Kritik - Rezeption, hg. v. M. Kessler u. F. Hackert (21994);
 
J. R. Leben u. Werk in Bildern, bearb. v. H. Lunzer u. V. Lunzer-Talos (1994);
 
J.-R.-Bibliogr., bearb. v. R.-J. Siegel (1995).
 
 10) Klaus Jürgen, britischer Mathematiker deutscher Herkunft, * Breslau 29. 10. 1925; seit 1961 Professor in London. Auf dem Gebiet der Zahlentheorie gelang es ihm 1955, das bereits von J. Liouville 1844 formulierte Problem der Approximation algebraischer Zahlen durch rationale zu lösen. Träger der Fields-Medaille 1958.
 
 11) [rɔθ], Philip, amerikanischer Schriftsteller, * Newark (N. J.) 19. 3. 1933; in seinen frühen Erzählungen (»Goodbye Columbus!«, 1959; deutsch) und Romanen (»Portnoy's complaint«, 1969; deutsch »Portnoys Beschwerden«) setzte er sich ironisch-satirisch mit Erfahrungswelt und Selbstverständnis der jüdisch-amerikanischen Mittelschicht auseinander. In den späteren Werken tritt die selbstreflexive Beschäftigung mit der Schriftstellerexistenz in den Vordergrund, so in den Romanen um sein fiktives Alter Ego, den Schriftsteller Nathan Zuckerman: »The ghost writer« (1979; deutsch »Der Ghost-writer«), »Zuckerman unbound« (1981; deutsch »Zuckermans Befreiung«, auch unter dem Titel »Der entfesselte Zuckerman«), »The anatomy lesson« (1983; deutsch »Die Anatomiestunde«), »The Prague orgy« (1985; deutsch »Die Prager Orgie. Ein Epilog«), »The counterlife« (1987; deutsch »Gegenleben«). In diesen und weiteren Werken, so dem »faktographischen« Gegenentwurf zu den Zuckerman-Romanen »The facts. A novelist's autobiography« (1988; deutsch »Die Tatsachen. Autobiographie eines Schriftstellers«), wird die Unterscheidbarkeit von Tatsache und Erfindung, von Leben und Literatur infrage gestellt.
 
Weitere Werke: Romane: Letting go (1962; deutsch Anderer Leute Sorgen); The breast (1972; deutsch Die Brust); My life as a man (1974; deutsch Mein Leben als Mann); The professor of desire (1977; deutsch Professor der Begierde); Deception (1990; deutsch Täuschung); Patrimony. A true story (1991; deutsch Mein Leben als Sohn); Operation Shylock (1993; deutsch); Sabbath's theater (1996; deutsch Sabbaths Theater); American pastoral (1997; deutsch Amerikanisches Idyll); I married a communist (1998; deutsch Mein Mann, der Kommunist); The human stain (2000; deutsch Der menschliche Makel).
 
Literatur:
 
B. F. Rodgers: P. R. (Boston, Mass., 1978);
 J. P. Jones u. G. A. Nance: P. R. (New York 1981);
 
Critical essays on P. R., hg. v. S. Pinsker (Boston, Mass., 1982);
 
P. R., hg. v. H. Bloom (New York 1986);
 
Reading P. R., hg. v. A. Z. Milbauer u. a. (Basingstoke 1988).
 
 12) Walter Rudolf von (seit 1873), Indologe, * Stuttgart 3. 4. 1821, ✝ Tübingen 23. 6. 1895; Professor in Tübingen; war Hauptbegründer der vedischen Studien in Deutschland und förderte auch das Verständnis des Avesta.
 
Werke: Sanskrit-Wörterbuch, 7 Teile (1855-75, mit O. Böhtlingk).
 
Herausgeber: Atharva Veda Sanhita (1856, mit W. D. Whitney).
 
Literatur:
 
V. Stache-Rosen: German indologists (Delhi 21990).

Universal-Lexikon. 2012.