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Prophet
Hellseher; Wahrsager; Augur; Seher; Weissager

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Pro|phet [pro'fe:t], der; -en, -en, Pro|phe|tin [pro'fe:tɪn], die; -, -nen:
Person, die [mithilfe göttlicher Eingebung] ein zukünftiges Geschehen voraussagt:
die Propheten des Alten Testaments; man braucht kein Prophet zu sein, um das vorauszusehen; ich bin [doch] keine Prophetin!
Syn.: Hellseher, Hellseherin.

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Pro|phet 〈m. 16
1. jmd., der etwas prophezeit, Seher
2. 〈bes. im AT〉 Deuter u. Verkünder einer göttl. Botschaft
3. 〈im Islam Bez. für〉 Mohammed
● der \Prophet gilt nichts in seinem Vaterlande (nach Matth. 13,57) in der näheren Umgebung werden bedeutende Leistungen oft nicht anerkannt [<lat. propheta <grch. prophetes „Verkünder u. Deuter der Orakelsprüche, Wahrsager, Seher, Prophet“]

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Pro|phet, der; -en, -en [mhd. prophēt(e), lat. propheta < griech. prophe̅̓tēs, zu: prophánai = vorhersagen, verkünden]:
1. jmd., der sich von seinem Gott berufen fühlt, als Mahner u. Weissager die göttliche Wahrheit zu verkünden u. der als religiöse Autorität anerkannt wird:
der P. Amos;
der P. [Allahs] (islam. Bez. für Mohammed);
das Buch des -en Jeremia;
Gott berief ihn zum -en;
Ü die -en einer Drogenkultur;
ich bin doch kein P.! (ugs.; das weiß ich natürlich auch nicht!);
man braucht kein P. zu sein, um das vorauszusehen;
Spr der P. gilt nichts in seinem Vaterland[e] (jmds. Fähigkeiten, Gaben o. Ä. werden von seiner näheren Umgebung, in der eigenen Heimat oft nicht anerkannt, gewürdigt; nach Matth. 13, 57).
2. <meist Pl.> (Rel.) prophetisches Buch des Alten Testaments.

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Prophet
 
[(kirchen-)lateinisch propheta von griechisch prophe̅́tēs, zu prophánai »vorhersagen«, »verkünden«] der, -en/-en, seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. in Griechenland Bezeichnung für Männer und Frauen, die Inhalte oder Anweisungen aussprechen, die sie von einem Gott empfangen haben. In hellenistischer Zeit dient Prophet als Übersetzung einer Reihe von Begriffen aus dem Alten Testament, v. a. von »Nabi« (früher gedeutet als Verkünder, jetzt meist als Berufener).
 
In der Religionswissenschaft ist Prophet Sammelbegriff für eine Fülle von vergleichbaren, im Einzelnen jedoch sehr unterschiedlichen religiösen Figuren. Aus Vorformen wie der schon in sehr frühen Stadien von Religion praktizierten ekstatischen Magie, der Zauberheilkunde und dem Schamanismus haben sich die ursprünglich im Kult beheimateten verschiedenen Formen von Prophetie entwickelt: Ekstatiker oder Priester geben rituelle Anweisungen, damit durch richtige Sakralpraxis, Sühneriten und Opfer sowie durch die Einhaltung von Tabus böse Folgen (z. B. Krankheit, Not) verhindert und positive Wirkungen (z. B. Gesundheit, gutes Wetter, Jagdglück) erzielt werden können. Weil dabei das Handeln in der Gegenwart Auswirkungen auf die Zukunft hat und es um deren Gestaltung geht, sprechen Propheten »futurisch«. Indem sich dieser Aspekt verselbstständigt, erscheint der Prophet als Kenner der sonst verborgenen Zukunft und seine Rede als »Weissagung«. In der weiteren Entwicklung löst sich das Prophetentum oft von seinen kultisch-rituellen Wurzeln, und die Propheten werden zu Ratgebern für rechtes Verhalten in allen Stammes-, Sippen- oder Staatsangelegenheiten. Alle Propheten verstehen sich als Künder übermenschlicher Willensäußerungen von Geistern oder Göttern, von denen sie sich getrieben empfinden, sodass sie reden müssen.
 
Als zwei Grundtypen lassen sich das ekstatische und das Zeichen deutende Prophetentum unterscheiden. In der Ekstase, die oft manipulativ herbeigeführt wird, um in einem Zustand der »Besessenheit« durch einen Geist oder Gott prophetische Antwort auf eine Frage zu erhalten, kündet der Prophet aufgrund von Visionen oder Auditionen und ist zugleich »Seher«. Die Propheten des zweiten Typs erfahren den numinosen Willen durch Beobachtung und Deutung von Objekten oder Zeichen (Medium, Fetisch, Naturerscheinungen - z. B. Sternkonstellationen -, Würfel, Opfer; Orakelprophetismus).
 
Propheten finden sich in vielen alten Hochreligionen. Schon die vedische Religion kannte z. B. ekstatische Propheten, ähnlich auch später die germanische Religion, in der auch Prophetinnen (z. B. die Prophetin Veleda, 1. Jahrhundert) eine größere Rolle spielten. Im griechischen Kulturraum gab es einen institutionalisierten Orakelprophetismus, zum Teil mit ekstatischen Formen, der v. a. von Frauen praktiziert wurde (z. B. die Pythia in Delphi oder die Sibyllen).
 
Im Vorderen Orient sind Propheten im 2. Jahrtausend v. Chr. in Mesopotamien (Mari) und Syrien/Phönikien (Byblos, Hama) bezeugt. Zur stärksten Ausprägung gelangte das Prophetentum in Religionen, in denen Propheten oder ein Prophet zum Verkünder des einen Gottes wurden (»prophetische Religionen«): im Parsismus (Zarathustra), in der jüdischen Religion, im Christentum und im Islam.
 
Im Judentum hat sich das Prophetentum aus zwei altorientalischen Traditionslinien entwickelt: dem nomadischen Seher- und dem ortsansässigen, agrarisch geprägten Berufsprophetentum. Lange Zeit gab es in Israel genossenschaftlich organisierte Propheten, die an einem Heiligtum (Kultprophet) oder an Königsresidenzen (Hofprophet) ansässig waren (z. B. 1. Samuel 10, 5; 1. Könige 22, 6 ff.) und gegen Entgelt göttliche Weisungen erteilten. Wichtiger wurden die charismatischen Einzelpropheten, deren Aufgaben in vorstaatlicher Zeit noch mit priesterlichen und politischen Funktionen verbunden waren. Beispiele für solche (männliche und weibliche) Propheten sind Mose, Samuel, Nathan, Elias, Elisa, Debora, Mirjam und die zur Zeit König Josias wirkende Prophetin Hulda (2. Könige 22, 14). Manche der Einzelpropheten gehörten zugleich zu Prophetengemeinschaften (z. B. Samuel: 1. Samuel 19, 18-24; Elisa).
 
Mit dem Propheten Amos beginnt die Reihe der Schriftpropheten, die die theologische und ethische Entwicklung der jüdischen Religion wesentlich beeinflusst haben. In der vorexilischen Prophetie (1. Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr.; Amos, Hosea, Micha, Jesaja, Joel, Nahum, Zefanja, Jeremia, Habakuk) steht im Vordergrund der Verkündigung eine radikale Kritik an den gesellschaftlichen Missständen und Institutionen, an einem kultischen Sicherheitsdenken und der Übernahme fremder religiöser Praktiken. In Form von Sprüchen im Auftrag Jahwes an das Volk fordern die Propheten Umkehr und künden Unheil, den »Tag Jahwes«, an (Unheilsprophetie). Die Prophetie während des Babylonischen Exils (Deuterojesaja, Ezechiel, Obadja) entwickelte den bisherigen »Monokult« des Nationalgottes Jahwe theologisch zu einem Monotheismus (zum ersten Mal greifbar bei Deuterojesaja), die Zukunftshoffnung zu einer eschatologischen Erwartung eines neuen Äons fort; es bildete sich ein Erlösungsglaube aus (Heilsprophetie), der einzelne Mensch wurde zum Adressaten der Verkündigung. Die nachexilische Prophetie (Tritojesaja, Haggai, Sacharja, Maleachi, Jona) systematisierte die Theologie der exilischen Zeit. Die in die Zeit Jesu und des Frühchristentums hineinreichende Apokalyptik (z. B. das Buch Daniel) radikalisierte die Hoffnung zu einer »Naherwartung« der »Königsherrschaft Gottes«. In diesem Sinn trat auch Jesus als prophetischer Verkündiger auf.
 
Im Christentum wurden die alttestamentlichen Propheten als kanonische Gestalten der Vergangenheit rezipiert, aber auch Johannes der Täufer gilt im Neuen Testament als Prophet. Weil in Jesus Christus die »Verheißungen« der Propheten erfüllt sind, wird er als Ende und Höhepunkt der Prophetie verstanden. Dennoch traten noch in den frühchristlichen Gemeinden Prophetinnen und Propheten auf, deren charismatischen Beitrag in den Gottesdiensten geschätzt, aber schon von Paulus eingeschränkt wurde (1. Korintherbrief 14). Im Gefolge der Institutionalisierung des Christentums und der Herausbildung eines hierarch. Priestertums verlor das Prophetentum in nachneutestamentlichen Zeit an Bedeutung. Die Offenbarung galt als mit Jesus Christus abgeschlossen, und Propheten wurden nur anerkannt, wenn sie sich an der Schrift und der kirchlichen Lehre orientierten. Dennoch finden sich seit frühchristlicher Zeit bis in die Gegenwart prophetische Bewegungen (Montanisten, Täufer, Quäker, Mormonen, Pfingstbewegung), die häufig auch sozialpolitische Forderungen aufgreifen und mit Berufung auf neue Offenbarungen zur Entstehung neuer Religionen beigetragen haben.
 
Im Islam knüpfte Mohammed an die prophetischen Redeformen der vorislamische »Kahin« (Seher, Wahrsager) an. Der Koran erkennt die Propheten der »Schriftreligionen« Judentum und Christentum an, sieht Mohammed aber als den endgültigen Propheten (das »Siegel der Propheten«), durch den Gottes Offenbarung - die Religion Abrahams - unverfälscht vermittelt wurde.
 
Christliche Kunstgeschichte:
 
In der frühchristlichen Kunst erscheinen die Propheten nur vereinzelt (Codex Rossanensis; Baptisterium der Orthodoxen in Ravenna, 449/452), in voller Anzahl erst im Mittelalter, wobei oft Daniel, Ezechiel, Jeremia und Jesaja als die vier »großen Propheten« den vier Evangelisten, die zwölf »Kleinen Propheten« den zwölf Aposteln entsprechen. Die in vielen Abwandlungen begegnenden Zusammenstellungen sind Zeugnis der »Concordia veteris et novi Testamenti« (lateinisch »Übereinstimmung des Alten Testaments und des Neuen Testaments«). - Zu den Propheten traten dann die Sibyllen (G. Pisano). Eindrucksvoll haben später Donatello und Michelangelo prophetisches Wesen gestaltet. - Das Hochmittelalter unterschied die einzelnen Propheten nur wenig. Attribute sind selten (Säge des Jesaja, Kahlkopf des Jona). Allgemeine Kennzeichen der Propheten waren langes Gewand, Bart (nicht durchgehend), Schriftrolle oder Buch, im Spätmittelalter meist ein (jüdischer) Hut.
 
Literatur:
 
A. Jepsen: Nabi (1934);
 G. Lanczkowski: Altägypt. Prophetismus (1960);
 F. Ellermeier: Prophetie in Mari u. Israel (1968);
 R. E. Clements: Prophecy and tradition (Oxford 1975);
 
Das Prophetenverständnis in der dt.-sprachigen Forschung seit Heinrich Ewald, hg. v. P. H. A. Neumann (1979);
 G. von Rad: Die Botschaft der P. (41981);
 J. Blenkinsopp: A history of prophecy in Israel (Neuausg. London 1984);
 M. Buber: Der Glaube der P. (Neuausg. 1984);
 H.-J. Kraus: Prophetie heute (1986);
 K. Koch: Die Profeten, 2 Bde. (21987-88);
 
Lex. religiöser Grundbegriffe, hg. v. A. T. Khoury (Graz 1987);
 H. W. Wolff: Studien zur Prophetie (1987);
 A. Rosenberg: Die Frau als Seherin u. Prophetin (21988);
 
P. u. Prophetenbuch, hg. v. V. Fritz u. a. (1989);
 
Prophetie u. geschichtl. Wirklichkeit im alten Israel. Festschr. für Siegfried Hermann zum 65. Geburtstag, hg. v. R. Liwak u. S. Wagner (1991);
 M. Buber: Der Glaube der P.(Neuausg. 1984
 M. Wünsche: Der Ausgang der urchristl. Prophetie in der frühkath. Kirche (1997).

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Pro|phet, der; -en, -en [mhd. prophēt(e), lat. propheta < griech. prophe̅́tēs, zu: prophánai = vorhersagen, verkünden]: 1. jmd., der sich von [seinem] Gott berufen fühlt, als Mahner u. Weissager die göttliche Wahrheit zu verkünden: die -en des Alten Testaments; der P. Amos; der P. [Allahs] (islam. Bez. für Mohammed); das Buch des -en Jeremia; in diesen Augen erkenne ich wieder, was ich noch niemals sah: den Seherblick der mosaischen -en; Gott berief ihn zum -en; Spr der P. gilt nichts in seinem Vaterland[e] (jmds. Fähigkeiten, Gaben o. Ä. werden von seiner näheren Umgebung, in der eigenen Heimat oft nicht anerkannt, gewürdigt; nach Matth. 13, 57); Ü die -en einer Drogenkultur; er ist ein falscher P. (was er verbreitet, trifft nicht zu; man sollte ihm nicht vertrauen; nach Markus 13, 22); ich bin doch kein P.! (ugs.; das weiß ich natürlich auch nicht!); man braucht kein P. zu sein, um das vorauszusehen; er war einer der frühesten -en dieser Krise (hat diese Krise als einer der ersten vorausgesagt). 2. (Rel.) <meist Pl.> prophetisches Buch des Alten Testaments: die -en, in den -en lesen.

Universal-Lexikon. 2012.