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Le Corbusier
Le Corbusier
 
[ləkɔrby'zje], eigentlich Charles Édouard Jeanneret-Gris [ʒanrɛ'gri], französisch-schweizerischer Architekt, Städteplaner, Maler und Bildhauer, * La Chaux-de-Fonds (Kanton Neuenburg) 6. 10. 1887, ✝ Roquebrune-Cap-Martin (Département Alpes-Maritimes) 27. 8. 1965; nach einer Ausbildung bei J. Hoffmann in Wien, bei A. Perret in Paris und bei P. Behrens in Berlin wurde er als Lehrer für Architektur an die Kunsthochschule seiner Heimatstadt berufen. 1914 entwickelte er ein Eisenbeton-Skelett-System »Domino« für die Massenproduktion von Wohnhäusern, als dessen Prototyp die 1916/17 entstandene Villa Anatole Schwob, genannt Villa Turque, in La Chaux-de-Fonds angesehen werden kann. 1917 ließ er sich in Paris nieder, wo er zunächst als Maler (Mitbegründer des Purismus), Bildhauer und Publizist (Zeitschrift »L'esprit nouveau«, 1920-28) hervortrat. 1922 gründete er ein Architekturbüro mit seinem Vetter Pierre Jeanneret (* 1896, ✝ 1967), mit dem er bis 1946 zusammenarbeitete. Le C. fand eine neue Formensprache bei der Verwendung des Stahlbetons, dessen auf wenige Stützen beschränktes System tragende Wände entbehrlich machte und so die Möglichkeit zu völlig freien Grundrisslösungen, der Abhebung des ersten Geschosses vom Erdboden und durchlaufender Fensterzonen bot (Pavillon »L'Esprit Nouveau«, Paris, 1925; zwei Häuser der Weißenhofsiedlung, Stuttgart, 1927; Villa Savoye in Poissy, 1929-34). Der kubischen Klarheit der Architektur entsprach das als Dachgarten konzipierte Dach. 1928 gehörte Le C. zu den Gründern der CIAM. Ab 1929 war er als Städteplaner in der ganzen Welt tätig (Paris, Madrid, Chandigarh, Berlin, Moskau) und errichtete Großbauten (Nachtasyl der Heilsarmee in Paris, 1929-33; Schweizer Haus der Cité Universitaire in Paris, 1930-32). Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigten seine Bauten zunehmend skulpturale Formen, Materialverwendung im Sinne des Brutalismus und monumentalen Maßstab; die Innenräume wurden komplexer und zeichneten sich durch kunstvolle Lichtführungen aus. Erstes Beispiel ist die Unité d'Habitation in Marseille (1947-52), von Parkflächen umgebene Wohneinheiten in einem Hochhaus. Die Wohnungen sind zweigeschossig, mit einem Hauptraum, der durch beide Stockwerke geht. Den Abmessungen liegt ein von Le C. entwickeltes Proportionssystem zugrunde (Modulor). Zu seinem Spätwerk gehören die Wallfahrtskirche Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp (1950-54), das Nationalmuseum für Westliche Kunst in Tokio (1959), das Dominikanerkloster Sainte-Marie de la Tourette in Éveux bei Lyon (1957-60), das Carpenter Center for the Visual Arts der Harvard University (1963). Le C. war einer der einflussreichsten Erneuerer der Architektur des 20. Jahrhunderts; auch als Möbeldesigner tätig.
 
Schriften: Vers une architecture (1923; deutsch Ausblick auf eine Architektur); Urbanisme (1925; deutsch Städtebau); Le Modulor (1942; deutsch Der Modulor); La charte d'Athènes (1943; deutsch Charta von Athen); Le poème de l'angle droit (1955); L'atelier de la recherche patiente (1960).
 
Ausgaben: Les voyages d'Allemagne carnets. Skizzen- und Reisetagebücher Deutschland 1910/11, 5 Bände (1994); Le Corbusier und P. Jeanneret: Œuvre complète, herausgegeben von W. Boesiger u. a., 8 Bände (5-151995).
 
Literatur:
 
S. von Moos: Le C. (Frauenfeld 1968);
 N. Huse: Le C. (1976);
 P. Turner: The education of Le C. (New York 1977);
 T. Benton: Le C.s Pariser Villen (1984);
 
Le C. - Synthèse des arts. Aspekte des Spätwerks 1945-1965, hg. v. A. Vowinckel u. a., Ausst.-Kat. (1986);
 
Le C., une encyclopédie, hg. v. J. Lucan (Paris 1987);
 
L'esprit nouveau. Le C. u. die Industrie 1920-1925, hg. v. S. von Moos (1987);
 M. Riehl: Vers une architecture. Das moderne Bauprogramm des Le C. (1992);
 
Colloque La Ville et l'Urbanisme après Le C. (La Chaux-de-Fonds 1993);
 
Le C. 1910-65, bearb. v. W. Boesiger u. a. (Zürich 41993);
 C. Garino: Le C. De la ville Turque à l'esprit nouveau (La Chaux-de-Fonds 1995);
 A. M. Vogt: Le C., der edle Wilde. Zur Archäologie der Moderne (1996);
 
Immeuble 24 N. C. et appartement Le C. bearb. v. J. Sbriglio (a. d. Frz., Basel 1996).

Universal-Lexikon. 2012.