Sey|chel|len [ze'ʃɛlən ] <Pl.>:
Inselgruppe u. Staat im Indischen Ozean.
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Seychẹllen
Fläche: 455 km2
Einwohner: (2000) 79 000
Hauptstadt: Victoria
Amtssprache: Kreolisch
Nationalfeiertag: 29. 6.
Zeitzone: 1500 Victoria = 1200 MEZ
[zɛʃ-], Seschẹllen, englisch und französisch Seychelles [englisch seɪ'ʃel, französisch sɛ'ʃɛl], amtlich kreolisch Repiblịk Sesẹl, deutsch Republik Seychellen, Inselstaat im Indischen Ozean, umfasst die Seychellen-Inselgruppe sowie die Amiranten, die Aldabra- und Farquhar-Inseln, Assumption, Astove, Cosmoledo, Providence, Curieuse, Cerf, Coëtivi und Plate, insgesamt 455 km2 (443 km2 Landfläche), (2000) 79 000 Einwohner; Hauptstadt ist Victoria (auf Mahé); Amtssprache: Kreolisch (auf französischer Grundlage). Währung: 1 Seychellen-Rupie (SR) = 100 Cent. Uhrzeit: 1500 Victoria = 1200 MEZ.
Staat und Recht:
Gemäß der Verfassung vom 18. 6. 1993 (durch Referendum gebilligt) sind die Seychellen eine unabhängige Republik im Commonwealth mit Präsidialsystem. Staatsoberhaupt und Inhaber der Exekutive (Regierungschef) ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präsident (maximal drei Amtszeiten möglich). Er ernennt die übrigen Mitglieder des Kabinetts. Die Legislative liegt beim Einkammerparlament (National Assembly; 33 Abgeordnete, für fünf Jahre gewählt).
Parteien:
Einflussreichste Parteien im Rahmen des seit 1993 verfassungsrechtlich verankerten Mehrparteiensystems sind die frühere Einheitspartei Seychelles People's Progressive Front (SPPF, gegründet 1978), die New Democratic Party (NDP, gegründet 1992) und die aus drei Parteien bestehende Allianz United Opposition (UO, gegründet 1993).
Das Wappen zeigt im Schild die typische Darstellung einer tropischen Inselwelt (zwei Inseln, Kokospalme, Schildkröte, Segelschiff). Als Schildhalter dienen zwei Fische aus den die Seychellen umgebenden Gewässern. Das Oberwappen wird von einem Helm gebildet, der mit Wulst (auf diesem blauweiße Wellen) und Helmdecken versehen ist; über dem Helm ein einheimischer Vogel. Unter dem Schild befindet sich ein Band mit dem Wahlspruch »Finis Coronat Opus« (»Das Ende krönt das Werk«).
Nationalfeiertage:
Nationalfeiertag ist der 29. 6., der an die Erlangung der Unabhängigkeit 1976 erinnert.
Die Republik Seychellen ist in vier Hauptinselgruppen und 23 Verwaltungsbezirke gegliedert.
Die Rechtsprechung folgt britischem Vorbild. Der dreistufige Gerichtsaufbau besteht aus dem Obersten Gerichtshof, dem Appellationsgerichtshof sowie Amts-(Magistrats-)Gerichten.
Die Gesamtstärke der Streitkräfte beträgt rd. 1 200, die der paramilitärischen Kräfte (»Volksmiliz«) etwa 900 Mann. Die Heerestruppen (rd. 1 000 Soldaten) bestehen im Wesentlichen aus einem mit leichten Waffen ausgestatteten Infanteriebataillon, unterstützt durch die Küstenwache, die über einige Luftfahrzeuge und Wachboote verfügt.
Landesnatur und Bevölkerung:
Der Staat der Seychellen besteht aus über 100 Inseln. Die Seychellen-Inselgruppe, etwa 1 000 km östlich der Küste Kenias, umfasst 32 Inseln (zusammen 234 km2 Landfläche). Die 17 höheren Inseln, aus Granit (zum Teil mit Karrenbildung) und Syenit, haben schroffe Steilküsten und ein bewegtes Relief. Sie sind der Rest einer kontinentalen Scholle, die beim Zerbrechen und Auseinanderdriften des Urkontinents Gondwana isoliert wurde. Zu ihnen gehören die Hauptinsel Mahé (148 km2; im Morne Seychellois bis 912 m über dem Meeresspiegel), Praslin (39 km2), Silhouette (21 km2) und La Digue (10 km2). Die übrigen Inseln sind niedrige Korallenriffe beziehungsweise Atolle; ihre Entstehung hängt mit untermeerischem Vulkanismus zusammen.
Das Klima ist tropisch-ozeanisch mit gleich bleibend hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit (Mitteltemperaturen zwischen 25 und 29 ºC). Einer regenarmen, relativ kühlen Jahreszeit von Mai bis September (Südostpassat) folgt eine regenreiche und heiße Jahreszeit von Dezember bis März (Nordwestmonsun). Die Jahresniederschlagsmengen auf den hohen Inseln betragen 1 800 bis 3 400 mm.
Vegetation und Tierwelt:
Die ursprünglich üppige Vegetation, gekennzeichnet durch sechs eigene Palmenarten u. a. Endemiten, ist größtenteils durch Plantagen verdrängt. Für die Seychellennusspalme besteht ein Schutzgebiet auf Praslin. Für die Tierwelt sind große Land- und Seeschildkröten charakteristisch. Das streng geschützte Aldabra-Atoll mit endemischen Tier- und Pflanzenarten und das Mai-Tal-Naturreservat auf Praslin wurden von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt.
Die Bewohner sind überwiegend Kreolen, Nachkommen von französischen Siedlern, ehemaligen afrikanischen Sklaven, freigelassenen Sklaven aus britischen Gebieten und Seeräubern des 17. Jahrhunderts sowie Zuwanderern, die im 19. Jahrhundert von Mauritius, aus Indien und China kamen. Ihre Sprache (Kreolisch, von 95 % der Bevölkerung gesprochen) basiert auf dem Französischen mit indischen, englischen und Bantu-Bestandteilen. Als Bildungssprachen dienen Englisch und Französisch. Fast 90 % der Bevölkerung leben auf Mahé mit der Hauptstadt Victoria (25 000 Einwohner); viele der kleinen Inseln sind unbewohnt und werden nur zur Kokosnussernte besucht. Das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum beträgt (1985-95) 1,2 %, der Anteil der städtischen Bevölkerung 54 %.
Es besteht Religionsfreiheit. Über 98 % der Bevölkerung sind Christen: Rd. 90 % gehören der katholischen Kirche (exemtes Bistum Port Victoria o Seychelles) an, rd. 7 % der anglikanischen Kirche (Provinz Indischer Ozean), rd. 1 % protestantische Kirchen (Pfingstler, Adventisten). Sehr kleine religiöse Minderheiten bilden die Hindus, Muslime und Bahais.
1980 wurde ein an der britischen Comprehensive School orientiertes Schulsystem eingerichtet. Es besteht bei unentgeltlichem Unterricht eine neunjährige Schulpflicht vom 6. bis 15. Lebensjahr; Unterrichtssprache der Eingangsstufe ist Kreolisch, im weiteren Verlauf sind Englisch und Französisch obligatorisch. Die Analphabetenquote beträgt 15 %.
Die Einführung des Mehrparteiensystems sorgte auch im Pressewesen für mehr Pluralität und Unabhängigkeit. Dennoch bleibt die Regierungspublikation »Seychelles Nation« einzige Tageszeitung. Daneben erscheinen u. a. eine Wochenzeitung der Opposition (»Regar«) und eine Monatszeitung der SPPF (»The People«). Nachrichtenagentur ist die staatliche »Seychelles Agence de Presse« (SAP). Die »Seychelles Broadcasting Corporation« (SBC), gegründet 1983, reorganisiert 1992 als unabhängige Gesellschaft, strahlt Hörfunk- und Fernsehprogramme in Kreolisch, Englisch und Französisch aus, ein christlich orientiertes Hörfunkprogramm verbreitet die »Far East Broadcasting Association« (FEBA).
Wirtschaft und Verkehr:
Gemessen am Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1995) 6 620 US-$, sind die Seychellen nach Libyen das wohlhabendste Land Afrikas. Wirtschaftliche Basis sind Fischerei und Tourismus.
In Landwirtschaft und Fischerei erwirtschaften (1994) 9 % der Erwerbstätigen 4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Eine Selbstversorgung mit Agrarprodukten ist nicht möglich; das Ackerland umfasst nur rd. 1 000 ha, auf Dauerkulturen (Kokospalm-, Zimt-, Vanille- und Teepflanzungen) entfallen 4 000 ha. Für den Eigenbedarf werden v. a. Bataten, Jamswurzeln, Zuckerrohr, Mangos, Avocados, Bananen angebaut und Schweine gehalten. Getreideanbau gibt es nicht. Das Grundnahrungsmittel Reis sowie Milch und Milchprodukte müssen eingeführt werden. Erhebliche Importe sind außerdem zur Versorgung der Touristen notwendig.
Die Fischerei spielt für die Ernährung der Bevölkerung und auch für den Export eine wichtige Rolle (Fangmenge 1994: 5 400 t). Mit der Errichtung (1978) einer 200-Seemeilen-Zone entstand durch die räumlich weit auseinander liegenden Inseln eine Wirtschaftszone von über 1 Mio. km2. Fischereilizenzen werden auch an ausländischen Unternehmen verkauft.
Einziges mineralisches Exportprodukt ist Guano (Fördermenge 1994: 4 500 t).
Die verarbeitende Industrie beschränkt sich im Wesentlichen auf die Herstellung von Getränken (Bier) und Zigaretten sowie auf die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Exportprodukte, auf Thunfischverarbeitung und Garnelenfarm.
Der Fremdenverkehr entwickelte sich seit Eröffnung des Flughafens 1971 rasch zum wichtigsten Wirtschaftszweig (1971: 3 175, 1994: 110 000 Auslandsgäste). Er konzentriert sich auf die Inseln Mahé, Praslin und La Digue.
Nur ein geringer Teil der Einfuhren wird durch die Ausfuhr von Kopra, Thunfisch, Zimtrinde und Guano abgedeckt. Das Handelsbilanzdefizit (1993: Einfuhrwert 242 Mio. US-$, Ausfuhrwert 52 Mio. US-$) wird aber durch die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr (1994: 510 Mio. SR) und Kapitalzuflüsse aus dem Ausland ausgeglichen.
Verkehr:
Ein Straßennetz (1995: 330 km) hat v. a. die Hauptinsel Mahé. Schiffsverkehr besteht zwischen den Inseln. Der Außenhandel wird v. a. über den Tiefwasserhafen Port Victoria auf Mahé abgewickelt. Nach Mombasa (Kenia) besteht eine regelmäßige Schiffsverbindung. Der internationale Flughafen nahe der Hauptstadt Victoria hat große Bedeutung für den Reiseverkehr. Auf einigen Inseln gibt es kleine Flugplätze.
Anfang des 16. Jahrhunderts erreichten portugiesische Seefahrer als erste Europäer die Seychellen, die 1743 von Frankreich in Besitz genommen und nach dem Generalkontrolleur der Finanzen unter Ludwig XV., Jean Moreau de Séchelles (* 1690, ✝ 1760), benannt wurden; um 1770 setzte die Besiedlung mit französischen Kolonisten und afrikanischen Sklaven ein. Seit Ende des 18. Jahrhunderts begann Großbritannien, seine Herrschaft auf den Seychellen zu etablieren; 1814 wurden sie endgültig britisch; seit 1903 bildeten sie mit anderen Inseln die britische Kronkolonie Seychellen. Am 1. 10. 1975 erhielten sie die innere Autonomie und am 29. 6. 1976 als Republik Seychellen unter dem prowestlich eingestelltem Staatspräsident James R. M. Mancham die staatliche Unabhängigkeit innerhalb des Commonwealth of Nations.
Am 5. 6. 1977 gelangte France Albert René, der Führer der Seychelles People's United Party (SPUP), an die Macht und übernahm die Funktion des Staatspräsidenten. Gestützt auf die SPUP, 1978 in Seychelles People's Progressive Front (SPPF) umbenannt, baute René eine Einparteienherrschaft mit sozialistischer Orientierung auf und wurde als einziger Kandidat 1979, 1984 und 1989 sowie (nach Wiederzulassung politischer Parteien) bei den freien Wahlen 1993, 1998 und 2001 im Amt bestätigt. Mit einer politischen Demokratisierung seit Beginn der 1990er-Jahre ging die Liberalisierung der Wirtschaft einher.
J.-F. Dupon: Contraintes insulaires et fait colonial aux Mascareignes et aux Seychelles, 4 Tle. (Paris 1977);
M. Franda: The Seychelles - unquiet islands (London 1982);
H. D. Wolf: Tourismus u. Verkehr auf den S. (1983);
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Sey|chel|len [ze'ʃɛlən] <Pl.>: Inselgruppe u. Staat im Indischen Ozean.
Universal-Lexikon. 2012.