Vul|ka|nịs|mus 〈[ vul-] m.; -; unz.〉 alle mit dem Empordringen von Stoffen aus dem Erdinnern zusammenhängenden Kräfte u. Erscheinungen [→ Vulkan]
* * *
Vul|ka|nịs|mus, der; - (Geol.):
Gesamtheit der Vorgänge u. Erscheinungen, die mit dem Austritt von Magma aus dem Erdinnern an die Erdoberfläche zusammenhängen.
* * *
Vulkanịsmus
[v-; zu Vulkan] der, -, zusammenfassende Bezeichnung für alle geologischen Vorgänge, die mit dem Austritt fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe aus dem Erdinnern an die Erdoberfläche in Zusammenhang stehen. Die Förderung dieser Stoffe geht von schmelzflüssigen Magmaansammlungen, den Vulkanherden (Magmenkammern), aus, die in unterschiedlicher Tiefe (etwa 2 bis über 50 km) gelegen sein können. Durch Abkühlung, Druckentlastung, Kristallisation u. a. Vorgänge kommt es hier zur Entbindung der unter dem hohen Druck im Magma gelösten Gase, verbunden mit Volumenvergrößerung. Solche Druckentlastung tritt v. a. in tektonischen Schwächezonen, d. h. an Verwerfungen u. a. Störungen der Erdkruste, ein. Die Gase können hier zur Erdoberfläche vordringen und dabei das Magma mitreißen. Die Austrittsstellen sind als röhrenförmige Schlote oder als lange Spalten ausgebildet. Man spricht daher von Schlot- oder Zentraleruptionen und von Spalten- oder Lineareruptionen und entsprechenden Vulkanen. Die Schlote sind oft zu trichter- oder kesselförmigen Mündungen, den Kratern, erweitert. Die vulkanischen Förderprodukte bestehen aus Laven, Lockermassen und Gasen. Während die vulkanischen Lockermassen und Gase oft weit hinausgeschleudert werden, mit zum Teil explosionsartigen Eruptionen (Ejektionen), breitet sich die herausfließende Lava je nach ihrer chemischen Zusammensetzung, Temperatur und ihrem Gasgehalt, den topographischen u. a. Gegebenheiten mehr oder weniger weit aus (Effusion oder Extrusion) und bildet unterschiedliche Erstarrungsformen (durch besonders zähflüssige Lava Dome, Nadeln, Stoß- und Staukuppen, Quellkuppe); dabei entstehen Ergussgesteine (Vulkanite).
Das in festem oder flüssigem Zustand in die Luft herausgeschleuderte Material und die daraus hervorgegangenen Gesteine bezeichnet man zusammenfassend als Pyroklastite. Unter den Auswurfsprodukten, die man auch Tephra nennt, unterscheidet man Aschen, Bimssteine, Bomben, Lapilli und Schlacken. Die daraus entstehenden Gesteine (Tuff und Tuffit) zählen zu den Sedimenten, da sie aus der Luft abgelagert werden. Eine Sonderstellung nimmt der aus Glutwolken hervorgegangene Ignimbrit ein. Aus Tephra bestehen über 90 % des von Vulkanen in historischer Zeit auf dem Land abgesetzten Materials. Die Zusammensetzung der Gase ist schwer zu erfassen, ändert sich u. a. auch mit der Temperatur. Vorherrschende Bestandteile sind Wasser, Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Wasserstoff, Kohlenmonoxid, Chlorwasserstoff, Schwefelwasserstoff und Fluorwasserstoff; dazu kommen einige nur bei hohen Temperaturen gasförmige Verbindungen.
Chemisch gesehen bestehen die vulkanischen Magmen und Gesteine v. a. aus Silikaten von Aluminium, Eisen, Magnesium, Calcium, Natrium und Kalium. Die Kieselsäure (SiO2) herrscht immer vor; ihr Anteil schwankt zwischen 33 und 72 %. Liegt der SiO2-Gehalt über 65 %, spricht man von sauren, bei unter 52 % SiO2 von basischen Magmen und Gesteinen. Der zweitwichtigste Bestandteil ist Aluminiumoxid; durch Verbindung mit Kieselsäure und Alkalien oder Calcium bildet es die häufigsten Minerale dieser Gesteine, die Feldspäte.
Unter den Gesteinen überwiegen zwei Arten, die basischen Basalte (sie herrschen im vulkanischen Material der Erde überhaupt vor) und die sauren Dazite und Rhyolithe. Zwischen ihnen stehen die intermediären Gesteine (52-65 % SiO2), v. a. die Andesite. Diese Gesteine beziehungsweise die Laven und Magmen, aus denen sie hervorgegangen sind, unterscheiden sich auch nach der vulkanischen Ausbruchstätigkeit. Die basischen Magmen werden von überwiegend effusiv tätigen Vulkanen gefördert, die sauren Magmen von überwiegend explosiv tätigen Vulkanen. Diese beiden Vulkantypen sind auf der Erde weitgehend getrennt verbreitet. Die explosiven Vulkane bilden einen Gürtel rings um den Pazifik (»Feuergürtel«; hier finden sich 2/3 aller heute auf dem Land tätigen Vulkane), und zwar teils auf dem Festland (besonders in Amerika), teils auf Inselbögen; weiterhin gehören dazu die Vulkanreihen Indonesiens und der Kleinen Antillen. Die überwiegend effusiven Vulkane treten auf dem Mittelozeanischen Rücken und den zentralen ozeanischen Inseln (z. B. Island, Hawaii, Samoa) sowie im Innern der Kontinente auf, hier besonders gehäuft im Bereich des Ostafrikanischen Grabensystems. Durch die Plattentektonik ist dieses Verbreitungsmuster neu gedeutet worden. Danach unterscheidet man 1) den submarinen Vulkanismus des Mittelozeanischen Rückens, einschließlich seiner Inseln (z. B. Island, Azoren), mit v. a. effusiven tholeiitischen Basalten; 2) den ozeanischen Intraplattenvulkanismus mit ebenfalls v. a. effusiven tholeiitischen und Alkalibasalten, vertreten durch submarine Kuppen (Seamounts; zum Teil mit abgestumpfter Kegelform: Guyot), Inseln (z. B. Hawaii) und Vulkanplateaus, v. a. auf Spalten entstanden; bestimmte Inselketten werden auf einen Hot Spot zurückgeführt; 3) den kontinentalen Intraplattenvulkanismus, mit explosiven oder effusiven Alkalibasalten mit hohem Anteil an Phonolith und Trachyt, gebunden an die großen Grabensysteme (Graben), aber auch auf gehobenen Schollen (z. B. Eifel); 4) den Vulkanismus der Subduktionszonen und an den Rändern kleiner Platten, mit hochexplosiven (plinianischen Typ) oder gemäßigten Eruptionen (strombolianischer Typ), v. a. mit intermediären (Andesit), aber auch sauren Magmen, verbreitet v. a. im zirkumpazifischen Raum, auf dem Festland oder auf Inselbögen (auch in Indonesien und auf den Kleinen Antillen) und im Mittelmeergebiet; meist Stratovulkane; verbunden mit der Orogenese.
Die sauren und die basischen Magmen entstammen verschiedenen Zonen des Erdinnern. Die relativ heißen, dünnflüssigen basischen Magmen (1 100-1 250 ºC) kommen aus dem oberen Erdmantel (unter dem Mittelozeanischen Rücken aus 10-50 km, unter den Kontinenten aus 80-150 km Tiefe). Die durch niedrigere Temperaturen (700-1 000 ºC) gekennzeichneten, zähflüssigen sauren Magmen bilden sich durch Einschmelzung des tieferen Teils der Kontinentalkruste, und zwar dort, wo diese in Orogenen in die Tiefe gepresst wird und dadurch in den Bereich höherer Temperatur gerät; diese zähflüssigen Magmen halten die Gase länger fest, bis schließlich der Druck so hoch wird, dass es zu explosionsartigen Ausbrüchen kommt.
Die durch vulkanische Tätigkeit entstandenen geologischen Bauformen nennt man Vulkane. Ihre Gestalt hängt von der Art und Dauer der Eruption oder Effusion, vom geförderten Material, von den Oberflächenformen der Ausbruchsstelle u. a. Gegebenheiten ab. Man unterscheidet fünf Haupttypen: Lavavulkane sind v. a. aus Lava aufgebaut, und zwar meist aus mehreren, jeweils bei einer Ausbruchsperiode entstandenen Ergussdecken. Die einzelnen Decken sind im Allgemeinen 5-15 m, selten bis 100 m mächtig. Durch zahlreiche kräftige und lang anhaltende Eruptionen können aber bis 3 000 m mächtige Folgen von Decken gebildet werden. Zu den Lavavulkanen gehören die Schildvulkane, typische Zentral- oder Spaltenvulkane. Man unterscheidet den kleineren isländischen Typ des Schildvulkans vom größeren Hawaii-Typ. Bei Letzterem enthält der in das fast ebene Gipfelplateau eingelassene Einbruchskrater oft zeitweise einen glutflüssigen Lavasee (z. B. früher der Halemaumau des Kilauea). Durch lang anhaltenden Austritt von dünnflüssigen Laven aus vielen langen, benachbarten Spalten entstanden die Plateaubasalte oder Trappdecken (Decke, Flutbasalt, Kontinentalverschiebung). Gemischte Vulkane bestehen aus einer Wechselfolge von Lavaergüssen und Lockermaterial. Wegen dieses schichtartigen Aufbaus nennt man sie Schicht- oder Stratovulkane. Ihre Form wechselt entsprechend den Ausbrüchen, ist aber im Allgemeinen kegelartig; die Spitze ist durch den zentralen Krater gekappt; v. a. durch Einsturz von Hohlräumen über dem Vulkanherd entsteht eine kesselförmige Vertiefung im Kegel, die Caldera. Auf ihrem Boden kann durch erneute Ausbrüche ein neuer, meist kleinerer Vulkankegel aufgebaut werden (»zusammengesetzte Vulkane«); die Schlotachse kann dabei verlagert werden. Man spricht hier vom Vesuv- oder Monte-Somma-Typ. Lockervulkane entstehen, wenn nur Lockermaterial und keine Lava gefördert wird. Sie sind deckenförmig, als Ringwall um den Ausbruchstrichter oder als Aschenkegel (Aschenvulkan, Tuffvulkan) ausgebildet. Gasvulkane sind die Folge von reinen oder fast reinen Gasausbrüchen. Dazu gehören die Durchschlagsröhren und die Eruptionsschlote des Schwäbischen Vulkans. Bei Einfluss von Grund- oder Oberflächenwasser entstehen Maare. Vulkanotektonische Horste entstehen durch Aufwölbung von Deckschollen durch das hochgepresste vulkanische Magma. Nicht immer vermag die vulkanische Schmelze bis an die Erdoberfläche aufzusteigen; ist ihre Herdtemperatur zu gering, ihre Abkühlung während des Aufsteigens zu rasch oder ihre Wasseraufnahme aus dem Nebengestein zu groß, so erstarrt sie in Gestalt ausgedehnter subvulkanischer oder kryptovulkanischer Gesteinskörper. Im Schlot stecken gebliebene Magmamassen werden durch die Abtragung manchmal als zylindrische, steile Bergkuppen herauspräpariert; man spricht dann von Necks oder Vulkanstotzen.
Der submarine Vulkanismus zeigt neben deckenartigen Formen die Kissenlava; besondere Erscheinungen sind Palagonit und hydrothermale Bildungen (Schwarze Raucher). Eine Sonderform stellen die subglazial, unter Gletschereisbedeckung entstandenen vulkanischen Tafelberge (v. a. auf Island; Vatnajökull) dar.
Wenn die eigentliche vulkanische Tätigkeit nachlässt oder aufhört, treten postvulkanische Erscheinungen auf. Sie äußern sich durch Ausströmen von heißen Gasen und Austreten von heißen Quellen. Dazu gehören die Fumarolen, Solfataren, Soffionen, Mofetten und Geysire.
Die tätigen oder aktiven Vulkane von den erloschenen Vulkanen zu unterscheiden, ist mitunter sehr schwierig. Viele befinden sich wahrscheinlich nur in einer Ruhephase (untätige oder ruhende Vulkane) und können ganz unerwartet, auch nach jahrhundertelanger Untätigkeit, wieder aktiv werden. Zu den tätigen Vulkanen rechnet man im Allgemeinen alle diejenigen, von denen Ausbrüche oder zumindest Solfatarentätigkeit in historischer Zeit bekannt sind. Zurzeit gibt es auf der Landfläche der Erde 550-600 Vulkane mit Ausbruchstätigkeit. Einschließlich derjenigen mit Solfatarentätigkeit und Ausbrüchen in historischer Zeit beläuft sich die Zahl auf über 700. Im Holozän waren insgesamt über 1 350 Vulkane aktiv. Die stärkste vulkanische Tätigkeit findet sich heute auf Island, in Zentralamerika, Neuseeland, auf Java, Hawaii, den Aleuten und in Italien. Den größten Umfang überhaupt hat allerdings der submarine Vulkanismus, der aber selten direkt beobachtet wird (mit Tauchbooten und Sonaren); auf dem Meeresboden gibt es schätzungsweise 20 000 vulkanische Ausbruchsstellen. Die oft über 1 000 m hohen Seamounts sind die häufigsten Vulkane der Erde (im Pazifik über 30 000). Die durch vulkanische Tätigkeit verursachten oder ausgelösten Schäden können katastrophale Ausmaße erreichen, sind aber zeitlich und räumlich sehr begrenzt. In den letzten 250 Jahren kamen infolge vulkanischer Erscheinungen über 200 000 Menschen ums Leben. Gefährlicher als die eigentlichen Ausbrüche - besonders Glutwolken und Aschenregen - sind meist die Folgeerscheinungen wie Schlammströme (Lahar), Überschwemmungen und Flutwellen (z. B. Krakatau) oder die dadurch verursachten Seuchen und Hungersnöte. Als Begleiterscheinungen der Ausbrüche treten auch Erdbeben in der Umgebung, heftige Geräusche, Gewitter in der Eruptionswolke, Regengüsse (Bildung von Kondensationskernen), Luftdruckschwankungen bei den Explosionen, Wirbelwinde, Dämmerungserscheinungen oder Verfinsterung durch den Aufstieg der Asche und Aerosole in große Höhen der Atmosphäre (Staub) auf. Die Vorhersage von Ausbrüchen ist noch immer fast unmöglich. Nur für Vulkane, die gründlich und lange Zeit untersucht werden (Bodenbewegungen, austretende Gase u. a.), lassen sich unter Umständen Prognosen stellen. Vulkan. Tätigkeit hat aber auch positive Auswirkungen. Dazu gehören die auf den vulkanischen Gesteinen entwickelten mineralreichen, daher fruchtbaren Böden. Vulkan. Erscheinungen sind auch mit Erzlagerstätten verbunden (Vorkommen von Quecksilber-, Silber-, Gold-, Uran-, Blei-, Eisen-, Kupfer-, Nickel- und Titanerzen). Früher war die Gewinnung von Schwefel aus Solfataren wichtig. Die Erzeugung von Energie aus Dampfquellen ist bisher auf wenige Orte beschränkt (Erdwärme, geothermische Energie).
K. Sapper: Kat. der geschichtl. Vulkanausbrüche (1917);
Catalogue of the active volcanoes of the world, 22 Bde. (Neapel 1951-65);
A. Rittmann: Vulkane u. ihre Tätigkeit (31981);
H.-U. Schmincke: V. (1986);
H. Rast: Vulkane u. V. (31987);
C. Hug-Fleck: Die ruhelose Erde. Vulkane u. ihre Entstehung (1988);
R. Schick: Erdbeben u. Vulkane (1997).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Naturkatastrophen: Bedrohung und Medienereignis
Naturkatastrophen: Erdbeben, Vulkanausbrüche, Erdrutsche
Klimaänderung: Ursachen und Prognosen
* * *
Vul|ka|nịs|mus, der; - (Geol.): Gesamtheit der Vorgänge u. Erscheinungen, die mit dem Austritt von Magma aus dem Erdinnern an die Erdoberfläche zusammenhängen: Triton ist damit ... der dritte Himmelskörper im Sonnensystem, auf dem V. existiert (Welt 31. 8. 89, 21).
Universal-Lexikon. 2012.