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Wolff
Wọlff,
 
1) Albert, Bildhauer, * Neustrelitz 14. 11. 1814, ✝ Berlin 20. 6. 1892, Vetter von 7); ab 1866 Professor der Berliner Akademie; Schüler und Gehilfe von C. D. Rauch. Er schuf Standbilder, Gruppen (»Löwenbändiger« für die Treppenwange des Alten Museums in Berlin, 1854-61) und Bildnisbüsten.
 
Literatur:
 
J. von Simson: Der Bildhauer A. W. (1982).
 
 2) Betje, eigentlich Elizabeth Wolff-Bẹkker, niederländische Schriftstellerin, * Vlissingen 24. 7. 1738, ✝ Den Haag 5. 11. 1804; schrieb nach dem Tod ihres Mannes aus wirtschaftlicher Not Romane und Essays; ihre in Zusammenarbeit mit Agatha Deken entstandenen, von J.-J. Rousseau und S. Richardson beeinflussten Briefromane (v. a. »De historie van mejuffrouw Sara Burgerhart«, 1782; deutsch »Sara Reinert, eine Geschichte in Briefen«, 4 Teile) gaben der niederländischen Literatur wichtige Impulse.
 
Literatur:
 
P. J. Buijnsters: W. & Deken. Een biografie (Leiden 1984).
 
 3) Caspar Friedrich, Biologe, * Berlin 1734, ✝ Sankt Petersburg 22. 2. 1794; ab 1767 Professor in Sankt Petersburg, wo er sich v. a. zoologisch-embryologischen und kardiologischen Forschungen widmete. Lehnte die damals herrschende Präformationstheorie ab und stellte dafür die Epigenesistheorie auf.
 
 4) Christian Freiherr von (seit 1745), auch C. Freiherr von Wọlf, Philosoph, * Breslau 24. 1. 1679, ✝ Halle (Saale) 9. 4. 1754; studierte ab 1699 Theologie, dann Mathematik und Physik und habilitierte sich 1703 in diesen beiden Fächern in Leipzig. Ab 1706 war er Professor der Mathematik und Physik in Halle (Saale) und hielt auch Vorlesungen in Philosophie. 1723 erreichten seine pietistischen Gegner, v. a. A. H. Francke und J. Lange, von Friedrich Wilhelm I. seine Amtsenthebung als »Religionsfeind und Determinist« und seine Landesverweisung. Wolff wurde 1723 Professor in Marburg, 1740 jedoch von Friedrich II., dem Großen, als Professor für Natur- und Völkerrecht nach Halle zurückberufen, 1745 zum Reichsfreiherrn ernannt. Von R. Descartes, E. Wolff von Tschirnhaus und der Spätscholastik (besonders F. Suárez) beeinflusst, brachte Wolff zentrale Teile der leibnizschen Philosophie in eine schulmäßige systematische Fassung (leibniz-wolffsche Philosophie), wobei die Intentionen von G. W. Leibniz oftmals verschoben sind. Wolff übertrug die mathematisch-logische Methode (Analyse, Herausarbeitung durchgehender Begründungszusammenhänge mittels Deduktion aus als evident angesehenen Axiomen) auf alles wissenschaftliche Denken, um so den für die Mathematik geltenden Standard von Wahrheit und Gewissheit allgemein zu erreichen. Er suchte daher alle Teilbereiche der Philosophie, die er als »Wissenschaft aller möglichen Dinge« bestimmte, einschließlich der empirischen Disziplinen und der Ökonomie, in ein System zu bringen, dessen Grundlage die Ontologie und dessen oberste Prinzipien der Satz vom (verbotenen) Widerspruch und der Satz vom zureichenden Grund bilden. Gegenstände der »speziellen Metaphysik« sind Welt (Kosmologie), Seele (Psychologie) und Gott (natürliche Theologie). Die Welt fasste Wolff als eine Reihe veränderlicher Dinge auf, die nebeneinander sind und aufeinander folgen und deren durchgängige Verknüpfungen mechanischen Gesetzen unterliegen. Die Seele bestimmte er durch das Vermögen der Vorstellungskraft. Anstelle der leibnizschen Monadenlehre führte er den abendländischen Dualismus von materieller Körperwelt und immaterieller Welt des Seelischen fort und begründete deren Übereinstimmung durch die leibnizsche Idee der prästabilierten Harmonie. In der Theologie unterschied er zwischen natürlicher Religion und Offenbarungserkenntnis. Wie Leibniz sah er die bestehende als die beste aller möglichen Welten an, in der alles der Absicht Gottes folgend durch Zweckmäßigkeit bestimmt sei. Wolff erneuerte den kosmologischen und den ontologischen Gottesbeweis.
 
In seiner Lehre vom Naturrecht suchte Wolff in der Überzeugung, das logisch Ableitbare sei auch das Vernünftige und daher Natürliche, eine lückenlose Deduktion von metaphysischen Grundsätzen bis in die Vereinzelung der positiven Rechtssätze zu erreichen. Sittliches Ziel des Menschen ist das vernünftig einsehbare Ideal der Vollkommenheit. In seiner Staatslehre bestimmte er das Gemeinwohl als obersten Zweck der Gesellschaft. Mit der Unterordnung von Ethik, Politik und Recht unter die Erkenntnismaximen der Vernunft vertritt Wolff die Idee der bürgerlichen Gesellschaft von der freien Entfaltung des Individuums in einem nach Vernunftgesetzen geordneten Rechtsstaat, der bei Wolff am ehesten dem Ideal des aufgeklärten Absolutismus entspricht.
 
Zu seinen Anhängern (Wolffianer) zählten v. a. H. S. Reimarus, J. C. Gottsched, A. G. Baumgarten und M. Mendelssohn. Sein Einfluss auf die deutsche Universitätsphilosophie war nur von kurzer Dauer. Wolffs Bedeutung liegt v. a. darin, dass er die Gedanken des Rationalismus systematisierte sowie v. a. mit seinen 1712-25 vorgelegten deutsch-sprachigen Schriften die Grundlage für eine deutsche philosophische Terminologie schuf und zur Verbreitung philosophischer Bildung beitrug.
 
Werke: Der Anfangs-Gründe aller mathematischen Wissenschaften, 4 Bände (1710); Vernünfftige Gedancken Von der Menschen Thun und Laßen (1720); Vernünfftige Gedancken von Gott, der Welt und der Seele des Menschen, auch allen Dingen überhaupt,. .. (1720); Allerhand nützliche Versuche dadurch zu genauer Erkäntnis der Natur und Kunst der Weg gebähnet wird, 3 Bände (1721-23); Vernünfftige Gedancken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen und insonderheit dem gemeinen Wesen. .. (1721); Vernünfftige Gedancken von den Würckungen der Natur (1723); Vernünfftige Gedancken von den Absichten der natürlichen Dinge (1724); Philosophia rationalis sive logica (1728); Cosmologia generalis (1731); Psychologia empirica (1732); Psychologia rationalis (1734); Theologia naturalis, 2 Bände (1736-37); Philosophia practica universalis, 2 Bände (1738-39); Jus naturae, 8 Bände (1740-48); Jus gentium (1749); Philosophia moralis sive ethica, 5 Bände (1750-53); Oeconomica methodo scientifica pertractata, 2 Bände (1754-55).
 
Ausgabe: Gesammelte Werke, herausgegeben von J. École, auf zahlreiche Bände berechnet (1962 folgende).
 
Literatur:
 
H. A. Meissner: Philosoph. Lexicon aus C. W.s sämtl. dt. Schriften (1737, Nachdr. 1970);
 H.-D. Engelkemper: Recht u. Staat bei C. W. (Diss. Würzburg 1966);
 S. E. Wunner: C. W. u. die Epoche des Naturrechts (1968);
 A. Bissinger: Die Struktur der Gotteserkenntnis. Studien zur Philosophie C. W.s (1970);
 
C. W. als Philosoph der Aufklärung in Dtl., hg. v. H.-M. Gerlach u. a. (Halle/Saale 1980);
 
C. W. 1679-1754. Interpretationen zu seiner Philosophie u. deren Wirkung, hg. v. W. Schneiders (21986);
 W. Freising: Metaphysik u. Vernunft. Das Weltbild von Leibniz u. W. (1986);
 C. Schröer: Naturbegriff u. Moralbegründung. Die Grundlegung der Ethik bei C. W. u. deren Kritik durch Immanuel Kant (1988);
 J. École: La métaphysique de C. W., 2 Bde. (1990);
 B. Winiger: Das rationale Pflichtenrecht C. W.s (1992).
 
 5) Christian, amerikanischer Komponist französischer Herkunft, * Nizza 8. 3. 1934; Autodidakt, kam 1950/51 durch den Kontakt zu J. Cage, E. Brown und M. Feldman zur experimentellen Musik; war 1962-71 Dozent für klassische Philologie an der Harvard University und wurde 1976 Professor für Musik und klassische Philologie am Dartmouth College in Hanover (New Hampshire). Zahlreiche seiner Kompositionen basieren auf selbst entwickelten Notationsformen, die den Interpreten, deren Zahl und Instrumente meist nicht festgelegt sind, ein hohes Maß an Realisationsfreiheit zuweisen, z. B. »Prose collection« für nicht näher bestimmte Instrumente (1968/69), »Burdocks« für ein oder mehrere Orchester (1970/71); verbindet seit Mitte der 1970er-Jahre zunehmend politische Aussagen mit seiner Musik, z. B. »Wobbly music« für Chor und Instrumente (1975/76), »Long peace march« für Blasinstrumente (1987); schrieb ferner »Rosas« für Klavier und Schlagzeug (1990), »Memory« für Flöte, Klarinette, Fagott, Horn, Harfe und Streichtrio (1995).
 
 6) Egon, chilenischer Dramatiker, * Santiago de Chile 13. 4. 1926. Seine vielfach preisgekrönten, international beachteten Stücke gehen von sozialkritischen Ansätzen aus (besonders »Los invasores«, 1963; deutsch »Invasoren«). Sie enthüllen das schlechte Gewissen eines aggressiven Bürgertums, gelangen aber auf sprachlich hohem Niveau auch zur psychologisch nuancierten Behandlung zwischenmenschlicher Probleme (»Parejas de trapo«, 1959; »Flores de papel«, 1971).
 
Weitere Werke: Dramen: Niñamadre (1960); El signo de Caín (1965); Alamos en la azotea (1982); El sobre azul (1983).
 
Literatur:
 
La dramaturgía de E. W., hg. v. P. Bravo Elizondo (Santiago de Chile 1985).
 
 7) Emil, Bildhauer, * Berlin 2. 3. 1802, ✝ Rom 29. 9. 1879, Vetter von 1); Schüler seines Onkels G. Schadow, ab 1822 in Rom, übernahm dort das Atelier von R. Schadow, dessen Epitaph er in der klassizistischen Art B. Thorvaldsens schuf (1823; Rom, Sant'Andrea delle Fratte). Neben Grabdenkmälern gestaltete Wolff auch Büsten und mythologische Figuren.
 
 8) Emil von, Agrikulturchemiker, * Flensburg 30. 8. 1818, ✝ Stuttgart 26. 11. 1896; Professor in Hohenheim (heute zu Stuttgart). Wolffs Arbeiten über den Nährstoffgehalt der Futter- und Düngemittel bilden die Grundlage der heutigen Fütterungs- und Düngerlehre.
 
 9) Gustav Heinrich, Bildhauer, Maler, Grafiker und Übersetzer, * Barmen (heute zu Wuppertal) 24. 5. 1886, ✝ Berlin 22. 3. 1934; studierte Bildhauerei in Rom, ab 1908 als Maler und Zeichner in Paris tätig, ab 1920 als Bildhauer in Berlin, lehrte 1931-33 an der Akademie in Leningrad. Als Bildhauer vom Kubismus beeinflusst, gelangte er zu einer blockhaften Formensprache.
 
Literatur:
 
G. H. W., 1886-1934, Plastik, Zeichnungen, Grafik, Ausst.-Kat. (1984).
 
 10) Hans Julius, Rechtsgelehrter, * Elberfeld (heute zu Wuppertal) 3. 10. 1898, ✝ Münster 5. 11. 1976; Professor in Prag (1940), ab 1946 in Münster; verfasste mit seinem mehrbändigen Lehrbuch »Verwaltungs-Recht« (3 Bände, 1956-66) eine große systematische Gesamtdarstellung des Verwaltungs-Rechts. Als Rechtsphilosoph war er von I. Kant geprägt und von L. Nelson beeinflusst.
 
 11) Hans Walter, evangelischer Theologe, * Barmen (heute zu Wuppertal) 17. 12. 1911, ✝ Heidelberg 22. 10. 1993; war 1937-49 Pastor in Solingen-Wald, wurde 1951 Professor an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal und war ab 1959 Professor für Altes Testament in Mainz, ab 1967 (Nachfolger G. von Rads) in Heidelberg (1978 emeritiert). Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Tätigkeit waren die Prophetenforschung und die alttestamentliche Anthropologie.
 
Werke: Das Zitat im Prophetenspruch (1937); Jesaja 53 im Urchristentum (1942); Hosea (1961); Gesammelte Studien zum Alten Testament (1964); Joel und Amos (1969); Bibel (1970); Anthropologie des Alten Testaments (1973); Obadja und Jona (1977); Micha (1982); Studien zur Prophetie (1987).
 
 12) Jakob der Ältere, Architekt und Bildhauer, * Bamberg um 1546, ✝ Nürnberg vor dem 16. 7. 1612, Vater von 13); ab 1596 Stadtbaumeister in Nürnberg; schuf in Würzburg 1601-05 Neubau und Umbauten der Festung Marienberg und das Echtertor, in Nürnberg das Pellerhaus (1602-05), einen der vornehmsten Profanbauten der deutschen Renaissance (im Zweiten Weltkrieg zerstört, Reste des Arkadenhofs in den Neubau von Stadtarchiv und -bibliothek einbezogen).
 
 13) Jakob der Jüngere, Architekt, * wohl Bamberg 1571, ✝ Nürnberg 25. 2. 1620, Sohn von 12); errichtete in Nürnberg nach einer Italienreise (1616-20) in selbstständiger Übertragung der Architektur des monumentalen italienischen Stadtpalastes in die Gegebenheiten des deutschen Stadtbildes das Rathaus (vollendet 1622, nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut).
 
 14) Julius, Schriftsteller, * Quedlinburg 16. 9. 1834, ✝ Berlin 3. 6. 1910; von J. V. von Scheffel beeinflusster, zu seiner Zeit beliebter Lyriker; Vertreter der Butzenscheibendichtung; auch Erzähler, Dramatiker und Epiker mit Themen aus Sage und Geschichte.
 
Ausgabe: Sämtliche Werke, herausgegeben von J. Lauff, 18 Bände (1912-13).
 
 15) Kurt, Verleger, * Bonn 3. 3. 1887, ✝ Ludwigsburg 21. 10. 1963; trat 1908 als Teilhaber in den E. Rowohlts Verlag ein, der 1913 in den K. Wolff Verlag überging, der v. a. Dichter des deutschen Expressionismus verlegte. Nach der Verlagsauflösung 1930 emigrierte Wolff 1933, er lebte bis 1940 in Italien und Frankreich und siedelte 1941 in die USA über, wo er 1942 in New York den Verlag »Pantheon Books, Inc.« gründete.
 
 16) Ludwig Ferdinand von, Mineraloge und Petrologe, * Glogau 13. 9. 1874, ✝ Halle (Saale) 7. 4. 1952; ab 1914 Professor in Halle (Saale), veröffentlichte v. a. Arbeiten zum Vulkanismus.
 
Werke: Der Vulkanismus, 5 Teile (1913-31); Einführung in die systematische Mineralogie, 2 Bände (1924); Einführung in die Kristallstrukturlehre (1928); Gesteinskunde (1951).
 
 17) Martin, Zivilrechtslehrer, * Berlin 26. 9. 1872, ✝ London 20. 7. 1953; tat sich besonders im Sachenrecht hervor, wurde 1903 Professor in Berlin, 1914 in Marburg, 1918 in Bonn, 1921 erneut in Berlin; 1935 vom nationalsozialistischen Regime amtsenthoben, emigrierte er 1938 nach Großbritannien (Oxford).
 
Werke: Das Recht zum Besitze (1903); Das Sachenrecht (1909); Das Familienrecht (1912, mit T. Kipp); Internationales Privatrecht (1933); Private international law (1945).
 
 18) Pius Alexander, Schauspieler, * Augsburg 3. 5. 1782, ✝ Weimar 28. 8. 1828; Heldendarsteller in Weimar und Berlin; typischer Vertreter des von Goethe geforderten Schauspielstils (Theater); schrieb auch Dramen, u. a. »Preciosa« (mit Schauspielmusik von C. M. von Weber, 1821).
 
 19) Theodor, Journalist und Schriftsteller, * Berlin 2. 8. 1868, ✝ ebenda 23. 9. 1943; ab 1887 Mitarbeiter am liberalen »Berliner Tageblatt«, 1894-1906 dessen Pariser Korrespondent, anschließend bis 1933 Chefredakteur und Leitartikler; 1889 Mitbegründer der Freien Bühne in Berlin, 1918 der Deutschen Demokratischen Partei, die er 1926 wieder verließ. Als führender politischer Publizist emigrierte er 1933 nach Frankreich, wurde 1943 in Nizza verhaftet und im KZ Sachsenhausen interniert; er starb im Israelitischen Krankenhaus in Berlin-Moabit. - Seit 1952 wird jährlich an Journalisten der T.-Wolff-Preis für hervorragende publizistische Leistungen verliehen.
 
Ausgaben: Tagebücher 1914-1919, herausgegeben von B. Sösemann, 2 Teile (1984); Die Wilhelminische Epoche, herausgegeben von demselben (1989).
 
Literatur:
 
W. Köhler: Der Chef-Redakteur T. W. Ein Leben in Europa 1868-1943 (1978).
 
 20) Willy, Maler, Grafiker und Bildhauer, * Dresden 5. 7. 1905, ✝ ebenda 8. 7. 1985; Schüler von O. Dix, griff in den 1960er-Jahren Elemente der Pop-Art auf und arbeitete mit Collagetechniken; setzte sich ab den 70er-Jahren mit der konkreten Kunst auseinander.
 
Literatur:
 
H.-U. Lehmann: W. (Dresden 1986).

Universal-Lexikon. 2012.