Akademik

Richardson
Richardson
 
['rɪtʃədsn],
 
 1) Dorothy Miller, verheiratet Ogle [əʊgl], englische Schriftstellerin, * Abingdon (County Berkshire) 17. 5. 1873, ✝ Beckenham (heute zu London) 17. 6. 1957; in ihrem dreizehnbändigen Romanzyklus »Pilgrimage« (Bände 1-12, 1915-38; Band 13, herausgegeben 1967) stellte sie, unter Verzicht auf äußere Handlung, das psychische Erleben einer Lehrerin dar; sie gilt als Wegbereiterin des Stream of Consciousness.
 
Literatur:
 
J. Rosenberg: D. R. (London 1973);
 E. Bronfen: Der literar. Raum. Eine Unters. von D. M. R.s Romanzyklus »Pilgrimage« (1986).
 
 2) Henry Handel, eigentlich Ethel Florence Lindesay Richardson, verheiratete Robertson ['rɔbətsn], australische Schriftstellerin, * Melbourne 3. 1. 1870, ✝ Fairlight (County East Sussex) 20. 3. 1946; studierte ab 1888 Musik in Leipzig, lebte danach in Straßburg, ab 1903 in England. In ihrem Romanwerk mit überwiegend pessimistischer Lebenssicht verarbeitet sie die Geschichte ihrer eigenen Familie und ihrer Jugend in Australien zu psychologisch vertieften, realistischen Charakterstudien mit naturalistischen Milieuschilderungen, so in dem ihre Leipziger Zeit reflektierenden Künstlerroman »Maurice Guest« (1908; deutsch) und in »The getting of wisdom« (1910) über ihre Schulzeit in Melbourne. Als Klassiker der australischen Literatur gilt heute ihre Trilogie über das Schicksal eines zwischen Europa und Australien pendelnden irischen Arztes, »Australia felix« (1917), »The way home« (1925) und »Ultima Thule« (1929), überarbeitet 1930 unter dem Titel »The fortunes of Richard Mahony«.
 
Literatur:
 
W. D. Elliott: H. H. R. (Boston, Mass., 1975);
 K. McLeod: H. H. R. A critical study (Cambridge 1985).
 
 3) Henry Hobson, amerikanischer Architekt, * Priestley Plantation (Louisiana) 29. 9. 1838, ✝ Brookline (Massachusetts) 27. 4. 1886; arbeitete nach seiner Ausbildung an der Harvard University und an der École des Beaux-Arts in Paris bei H. Labrouste und J. I. Hittorf. Richardson führte die Formen der südfranzösischen Romanik in die amerikanische Architektur ein.
 
Werke: Trinity Church in Boston, Massachusetts (1873-77); Ames Memorial Library in North Easton, Massachusetts (1877-79); Austin Hall in Cambridge, Massachusetts (1881-83); Marshall Field Store in Chicago, Illinois (1885-87; nicht erhalten).
 
Literatur:
 
J. K. Ochsner: H. H. R., complete architectural works (Cambridge, Mass., 1982);
 
H. H. R. - J. J. Glessner House, Chicago, bearb. v. E. Harrington (Tübingen 1993).
 
 4) Sir (seit 1939) Owen Williams, britischer Physiker, * Dewsbury 26. 4. 1879, ✝ London 15. 2. 1959; untersuchte experimentell und theoretisch die Elektronenemission glühender Drähte und stellte für sie eine Exponentialformel auf (Richardson-Gleichung), die die Grundlage für die spätere Entwicklung der Theorie der Glühkathodenröhren bildete. Für diese Arbeiten erhielt er 1928 den Nobelpreis für Physik.
 
 5) Sir (seit 1947) Ralph David, britischer Schauspieler, * Cheltenham 19. 12. 1902, ✝ London 10. 10. 1983; Bühnendebüt 1920; zu Ruhm als Charakterdarsteller kam er in den 30er-Jahren am Old Vic. Glanzrollen: Peer Gynt, Petruchio, Falstaff, Volpone; ab 1933 auch Filmrollen, u. a. »Die Erbin« (1949), »An einem Montag wie jeder andere« (»Home at seven«, 1952; auch Regie).
 
Literatur:
 
H. Hobson: R. R. (New York 1958).
 
 6) Robert Coleman, amerikanischer Physiker, * Washington (D. C.) 26. 6. 1937; seit 1966 an der Cornell University in Ithaca (New York), ab 1972 als Professor; erhielt 1996 zusammen mit D. M. Lee und D. D. Osheroff für die Entdeckung der Suprafluidität des Heliumisotops Helium-3 den Nobelpreis für Physik.
 
 7) Samuel, englischer Schriftsteller, getauft Mackworth (bei Derby) 19. 8. 1689, ✝ London 4. 7. 1761; ab 1721 selbstständiger Buchdrucker, arbeitete ab 1733 im Auftrag des Unterhauses. 1739 schrieb er die Fabeln des Aisopos (»Aesop's fables«) moralisierend um (deutsche Übersetzung 1757 von G. E. Lessing unter dem Titel »Sittenlehre für die Jugend in den auserlesensten Aesopischen Fabeln«). Auf Anregung von Freunden begann er, einen Briefsteller für Mädchen zu verfassen (»Letters written to and for particular friends. ..«, 1741), aus dem der sentimentale Briefroman »Pamela, or virtue rewarded« (2 Bände, 1740; deutsch »Pamela oder die belohnte Tugend eines Frauenzimmers«) hervorging. Darin schildert er, in psychologisierender Konzentration auf die Seelenzustände der Heldin, den tugendhaften Widerstand eines Dienstmädchens gegen die sexuellen Nachstellungen ihres Herrn, der sich schließlich, von ihrer moralischen Überlegenheit beeindruckt, bekehrt und sie heiratet (dramatisiert u. a. 1749 von Voltaire und 1750 von C. Goldoni). Auch mit seinen beiden weiteren, das Seelenleben direkt und minutiös enthüllenden Briefromanen, dem komplexeren Werk »Clarissa, or the history of a young lady« (7 Bände, 1748; deutsch »Clarissa Harlowe«) und »The history of Sir Charles Grandison« (7 Bände, 1754; deutsch »Geschichte des Herrn Carl Grandison«), kam Richardson dem Geschmack seines aufgeklärt-puritanischen bürgerlichen Lesepublikums entgegen, beeinflusste nachhaltig die weitere Entwicklung des Romans und wirkte auf die europäische realistische Erzählkunst (Goethe, J.-J. Rousseau, Lessing), doch schon H. Fielding lehnte sich (in seiner Parodie »An apology for the life of Mrs. Shamela Andrews«, 1741, und teilweise in seinem Roman »The history of the adventures of Joseph Andrews. ..«, 2 Bände, 1742) gegen das sentimentale Pathos auf.
 
Ausgaben: The correspondence, herausgegeben von A. L. Barbauld, 6 Bände (1804, Nachdruck 1966); The novels. Shakespeare Head Edition, herausgegeben von W. King u. a., 18 Bände (1929-31).
 
Literatur:
 
T. C. D. Eaves u. B. D. Kimple: S. R. (Oxford 1971);
 R. G. Hannaford: S. R. An annotated bibliography (New York 1980);
 T. Eagleton: The rape of Clarissa (Oxford 1982);
 Sarah W. R. Smith: S. R. A reference guide (Boston, Mass., 1984);
 J. Harris: S. R. (Cambridge 1987);
 
S. R. Tercentary essays, hg. v. M. A. Doody u. P. Sabor (Cambridge 1989);
 P. Nicklas: The school of afflication. Gewalt u. Empfindsamkeit in S. R.s »Clarissa« (1996).
 
 8) Tony, eigentlich Cecil Antonio Richardson, britischer Regisseur, * Shipley (Metropolitan County West Yorkshire) 5. 6. 1928, ✝ Los Angeles (Calif.) 14. 11. 1991; bedeutender Bühnenregisseur; Zusammenarbeit mit J. Osborne, mit dem er 1958 auch die Woodfall Film Productions Limited begründete; Filmregie seit 1955, Vertreter des antiillusionistischen »Free Cinema« (ab 1956); seinen Filmen lagen häufig literarische Vorlagen zugrunde.
 
Filme: Blick zurück im Zorn (1959); Der Komödiant (1960); Bitterer Honig (1962); Die Einsamkeit des Langstreckenläufers (1962); Tom Jones - Zwischen Bett und Galgen (1962); Tod in Hollywood (1964); Der Angriff der leichten Brigade (1967); Eine todsichere Sache (1974); Tod in einer kleinen Stadt (1977); Das Hotel New Hampshire (1984); Dead or Alive (1986); A Shadow on the Sun (1988); Das Phantom der Oper (2 Teile, 1989, Fernsehfilm); Blue Sky (vollendet 1991, aufgeführt 1994).

Universal-Lexikon. 2012.