Suárez
['su̯arɛθ], Francisco, spanischer Philosoph und Theologe, * Granada 5. 1. 1548, ✝ Lissabon 25. 9. 1617; bedeutendster Vertreter der spanischen Barockscholastik; seit 1564 Jesuit, lehrte 1571-80 Philosophie an Jesuitenkollegien, u. a. in Segovia, Valladolid und Ávila, 1580-85 Theologie am römischen Ordenskolleg (der späteren Gregoriana); 1585-93 war er Professor der Theologie in Alcalá de Henares und wurde 1593 durch Philipp II. auf den ersten Lehrstuhl für Theologie der Universität Coimbra (Portugal) berufen. Suárez' Metaphysik ist durch den Aristotelismus und Thomas von Aquino geprägt. In seinem Hauptwerk »Disputationes metaphysicae« (1597) diskutiert er kritisch den gesamten Themenkomplex der scholastischen Metaphysik. - Ordenspolitisch bedeutsam wurde in der Frage nach dem Verhältnis menschlicher Freiheit und göttlicher Gnade der Kongruismus (das »Zusammentreffen« von göttlicher Gnade und individuellem Handeln), den der Jesuitengeneral Claudius Acquaviva (* 1543, ✝ 1615) 1613 zur verbindlichen Ordensdoktrin erhob. In »Tractatus de legibus, ac Deo legislatore« (1612) entwickelt Suárez seine Rechts- und Staatsphilosophie: 1) Präzisierung des Gesetzesbegriffs unter Abgrenzung vom Naturgesetz; 2) die besonders einflussreich gewordene Lehre vom Naturrecht als Teilhabe der sittlichen Natur des Menschen am göttlichen Gesetz; 3) Lehre von der Volkssouveränität (mit Widerstandsrecht gegen ungerechte Herrscher); 4) Lehre vom Völkerrecht, wonach dem Papst als dem Vertreter der Einheit der Menschen eine indirekte, geistliche Gewalt über die weltlichen Herrscher zugestanden wird. - Suárez übte großen Einfluss auf die (v. a. protestantische) Schulmetaphysik aus.
Ausgabe: Über die Individualität und das Individuationsprinzip. Fünfte metaphysische Disputation, herausgegeben von R. Specht, 2 Bände (1976).
F. Stegmüller: Zur Gnadenlehre des jungen Suarez (1933);
H. Seigfried: Wahrheit u. Metaphysik bei Suarez (1967);
J. Soder: F. S. u. das Völkerrecht (1973);
S. Castellote Cubells: Die Anthropologie des Suarez (21982).
Universal-Lexikon. 2012.