Ein|kom|mens|ver|tei|lung, die (bes. Wirtsch.):
Verteilung des Volkseinkommens auf die [einzelnen Schichten der] Bevölkerung.
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Einkommensverteilung,
die Aufteilung des Volkseinkommens entweder auf die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden (funktionelle Einkommensverteilung) oder auf Personen beziehungsweise Personengruppen (nach ihrem sozialen Status aufgegliederte private Haushalte) ohne Rücksicht auf die Quelle des Einkommens (personelle Einkommensverteilung). In funktioneller Hinsicht werden Arbeitnehmerentgelt (Lohn, Gehalt) sowie Unternehmenseinkommen (Profit) und Vermögenseinkommen (Zins, Rente) unterschieden; in personeller Hinsicht wird das Haushaltseinkommen der nach sozioökonomischen Gesichtspunkten gegliederten Haushalte in Abhängigkeit von Haushaltsgröße, Anzahl der Erwerbstätigen, Anzahl der Einkommensbezieher u. a. Kriterien aufgezeigt.
Die funktionelle Einkommensverteilung (Tabelle 1) kommt in der Lohn- und Gewinnquote zum Ausdruck (dem Anteil des Arbeitnehmerentgelts und dem Anteil der Unternehmens- und Vermögenseinkommen am Volkseinkommen). Diese Einkommensquoten können weiter differenziert werden: Anteil des Arbeitnehmerentgelts und kalkulatorischer Unternehmerlohn (Arbeitsentgelt der Selbstständigen und ihrer mithelfenden Familienangehörigen) am Volkseinkommen (Arbeitseinkommensquote), Anteile der Vermögenseinkommen privater Haushalte sowie des Staates am Volkseinkommen, Anteil der entnommenen und nicht entnommenen Gewinne der Unternehmen am Volkseinkommen (ohne kalkulatorischen Unternehmerlohn; Gewinnquote im engeren Sinn). Lohnquote.
Die funktionelle Einkommensverteilung kann nicht ohne weiteres auf die personelle Einkommensverteilung übertragen werden, weil eine Person beziehungsweise ein Haushalt aus mehreren Produktionsfaktoren Einkommen beziehen kann (Querverteilung). In die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte fließen gewöhnlich mehrere Einkommensarten aus verschiedenen Quellen - Einkommen aus unselbstständiger Arbeit, aus selbstständiger Tätigkeit, aus Vermögen sowie aus laufenden Übertragungen (z. B. Rente, Pension, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kinder- und Erziehungsgeld) nach Abzug von Steuern, Sozialbeiträgen sowie Zinsen auf Konsumentenkredite - ein. Darüber hinaus ist zu beachten, dass neben dem Haupteinkommensbezieher häufig auch weitere Haushaltsmitglieder Einkommen beziehen und dass die Einkommen der einzelnen Haushalte deutlich vom Durchschnitt abweichen können. Werden die verfügbaren Einkommen privater Haushalte zum einen um unterstellte Einkommen aus selbstgenutztem Wohnungseigentum sowie Vermögenseinkommen aus Versicherungsverträgen und zum anderen um Erstattungen privater Krankenkassen für beanspruchte Gesundheitsleistungen sowie Beihilfezahlungen an Beamte und Pensionäre reduziert, kommt man zum tatsächlich »spürbaren« Nettoeinkommen(Tabelle 2).
Die statistische Darstellung der personellen Einkommensverteilung ergibt ein charakteristisches Bild mit den Sozialhilfeempfängern am unteren und den Selbstständigen (außerhalb der Landwirtschaft) am oberen Ende der Einkommensschichtung. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass alle statistischen Darstellungen der Einkommensverteilung mit Unsicherheiten und Verzerrungen belastet sind.
Weitere Kriterien für die Verteilung des Volkseinkommens sind z. B. Wirtschaftsbereiche (sektorale Einkommensverteilung), Regionen (regionale Einkommensverteilung) und Generationen (intertemporale Einkommensverteilung). Die internationale Einkommensverteilung bezieht sich auf die Verteilung des Weltsozialprodukts auf verschiedene Länder oder Ländergruppen und verdeutlicht ein gewaltiges globales Wohlstandsgefälle (Tabelle 3).
Bedeutung der Einkommensverteilung
Die Einkommensverteilung ist ein Kernproblem jeder Gesellschaft, weil durch sie die Ansprüche auf das erwirtschaftete Nationaleinkommen (früher Sozialprodukt) zugeteilt werden. Für die Gesamtgesellschaft heißt dies, dass mit der Einkommensverteilung festgelegt ist, wie groß die Spannweite zwischen hohen und niedrigen Einkommen und damit auch die Diskrepanz zwischen Arm und Reich ist. Zum Ausdruck kommt auch, wie sich die Bevölkerung auf die verschiedenen Einkommenslagen beziehungsweise -schichten verteilt, und damit ist ein wesentliches Kriterium für die Schichtung der Lebenslagen in der Gesellschaft festgelegt.
Auf der individuellen Ebene ist mit der Verfügung über Einkommen definiert, welche käufliche Waren und Dienstleistungen erworben werden können. Einkommen eröffnet unterschiedliche Chancen für den Erwerb alltäglicher Verbrauchs- und Gebrauchsgüter. Höhere Einkommen sind insbesondere beim Kauf von Luxusgütern wichtig, eröffnen in der Regel aber auch bessere Möglichkeiten der individuellen Teilhabe an immateriellen Gütern sowie am gesellschaftlichen beziehungsweise kulturellen Leben.
Die modernen Industriegesellschaften mit einem relativ hohen Durchschnittseinkommen (je Einwohner beziehungsweise je Haushalt) haben ihr Wohlstandsniveau in einer über hundertjährigen Wirtschaftsentwicklung aufgebaut. In den letzten Jahrzehnten wird verstärkt die Frage aufgeworfen, ob das Volkseinkommen beziehungsweise Nationaleinkommen noch ein sinnvoller Maßstab für gesellschaftliche Wohlfahrt sein kann. Wirtschafts- und Einkommenswachstum ist in Not leidenden und armen Gesellschaften und in der frühen Industrialisierung eine zentrale Zielvorstellung, in den wohlhabenden postindustriellen Gesellschaften tritt die Sicherung und Verbesserung der Lebensqualität an die Stelle der reinen Einkommenssteigerung. Lebensqualität umfasst weit mehr als materielle Güter, z. B. auch Gesundheit, Bildung, Kultur, soziale Beziehungen, schadstofffreie Umwelt usw. Allerdings wird oft daran festgehalten, ein relativ hohes Einkommen als Voraussetzung für eine gute Lebensqualität zu betrachten.
Die Einkommensverteilung ist ein Konstrukt, das in einlommensstatistischen Untersuchungen ermittelt wird, sie beeinflusst aber durchaus die Einstellungen und Verhaltensweisen der Menschen. Die meisten Individuen haben eine Vorstellung davon, wie ihre Einkommensposition im Vergleich zum Durchschnittseinkommen, zum Einkommen bestimmter Berufsgruppen und auch zum Einkommen von Freunden und Bekannten liegt. Davon hängt ihre Einkommenszufriedenheit wesentlich ab. Aber stärker als der relative Vergleich wirkt sich auf die Einkommenszufriedenheit ein insbesondere überproportionaler Einkommensanstieg aus. Da es prinzipiell keine überproportionalen Einkommensanstiege für alle geben kann, sind der Erreichbarkeit eines hohen Niveaus der Einkommenszufriedenheit in einer Gesellschaft grundsätzliche Grenzen gesetzt. Neben der Wahrnehmung der Einkommensverteilung und der Einkommenszufriedenheit gibt der Rang, der dem Einkommen im Vergleich mit anderen Gütern eingeräumt wird, Auskunft über seine gesellschaftliche Wertschätzung und Wichtigkeit. In Deutschland nimmt das Einkommen (z. B. in Umfragen) keinen der ganz hohen Rangplätze ein: Gesundheit, Familie, Liebe und Zuneigung werden häufig für wichtiger gehalten als Einkommen, wobei auch auf dieser Ebene zum Ausdruck kommt, dass Lebensqualität gegenüber Wohlstand höher geschätzt wird. Aber vieles spricht dafür, dass das hohe Einkommensniveau nur so lange in den Hintergrund tritt, wie es als gesichert erscheint.
Die funktionelle Einkommensverteilung durch den Marktmechanismus stellt sich theoretisch aus der Sicht der in den Unternehmen arbeitenden Menschen wie folgt dar: Von den Verkaufserlösen für die Produkte auf dem Markt verbleibt dem Unternehmen nach Abzug von Abschreibungen, Einkauf von Rohstoffen und Vorprodukten anderer Unternehmen sowie Steuern ein Anteil (die Nettowertschöpfung), der auf Arbeiter und Angestellte, Kreditgeber und Unternehmer (»Kapitalisten«) verteilt werden kann. Die Nettowertschöpfungen sämtlicher Unternehmen bilden das im Inland entstandene Volkseinkommen eines Jahres, sodass die makroökonomische primäre Einkommensverteilung mikroökonomisch vom unternehmerischen Wirtschaftsergebnis her gesehen werden kann. Die Faktorpreise, nach denen die an der Wertschöpfung beteiligten Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) entlohnt werden, sind vom Markt abhängig. Angebot und Nachfrage (genauer: die relative Knappheit) bestimmen die Höhe der Faktorpreise wie die der Produktpreise.
Der »gerechte Preis« ist jener, der auf frei zugänglichen und vollkommenen Märkten die Angebots- und Nachfragemengen zum Ausgleich bringt (Gleichgewichtspreis). Bestandteil einer mikroökonomischen Totalanalyse der Marktwirtschaft ist ein System marktgerechter Preise. Die Gleichgewichtspreise schließen eine vom Markt her »leistungsgerechte« Einkommensverteilung mit ein. Ungleiche und schwankende Preise, Anreize durch vorübergehend hohe Preise und Einkommen bei flexibler Reaktion auf die Marktlage gehören mit zu den marktwirtschaftlichen Funktionsbedingungen. In der freien Marktwirtschaft ohne staatliche Eingriffe bestünde eine Tendenz zu Einkommensunterschieden (Einkommensdisparität).
Für eine ideal funktionierende Marktwirtschaft liefert die Preistheorie eine mikroökonomische Verteilungstheorie. Bei veränderbarer Realkapitalintensität, konstanten Verkaufspreisen und abnehmender Grenzproduktivität wird ein Unternehmen so lange fortfahren, Arbeitskräfte einzusetzen, bis die verkaufte Produktionsmenge aus der zuletzt eingesetzten Arbeitsstunde gerade noch die Kosten dieser Arbeitsstunde deckt. Auf diese Weise besteht eine Tendenz zur Angleichung von Lohnsatz und Grenzprodukt der Arbeit sowie (allgemeiner) der Angleichung aller Faktorpreise an ihre Grenzprodukte (Grenzproduktivitätstheorie). Aus der Mikroökonomik wird die Grenzproduktivitätstheorie der Einkommensverteilung auf gesamtwirtschaftliche Größen übertragen. Auf diese Weise ergibt sich die funktionelle Einkommensverteilung auf Arbeit und Realkapitaleinsatz. Die Grenzproduktivitätstheorie ist der Kern der neoklassischen Verteilungstheorie (angebotsorientierter Ansatz). Unterstellt wird vollkommene Konkurrenz, die Veränderlichkeit aller Preise und Vollbeschäftigung aller Produktionsfaktoren. Die Einkommensverteilung ergibt sich hierbei aus produktionstechnischen Zusammenhängen.
Die Annahme, die Nachfrage reiche stets aus, um das bei Vollbeschäftigung aller vorhandenen Produktionsfaktoren möglichen Inlandsprodukt abzusetzen (aufgrund der Gültigkeit des sayschen Theorems), wurde in ihrer Allgemeingültigkeit u. a. von J. M. Keynes in Frage gestellt. Muss das Produktions- und Angebotsniveau wegen Nachfrageschranken hinter dem möglichen und vom Unternehmenssektor gewünschten Produktionsniveau zurückbleiben, so entfällt die Verteilungsbestimmung allein nach Grenzproduktivitäten. Man kommt zur keynesianischen Verteilungstheorie (nachfrageorientierter Ansatz). Nach N. Kaldor haben Gewinnbezieher eine höhere Sparquote als Lohnbezieher. Bei gleichem Volkseinkommen variiert die Konsumgüternachfrage mit der Verteilung auf Lohn- und Gewinnbezieher. Soll die Summe der Ersparnisse mit dem modellexogen fest vorgegebenen Investitionsniveau übereinstimmen (Makromarktgleichgewicht), so muss sich dazu die geeignete Gewinn- beziehungsweise Lohnquote einstellen. Bei gegebenen Sparquoten hängt die Gewinnquote von der Investitionsquote ab. Die Gewinnquote des Unternehmenssektors ist umso höher, je höher die vom Unternehmenssektor bestimmte Investitionsquote und je niedriger die annahmegemäß vorgegebene Sparquote der Lohnbezieher ist. Daraus folgt, dass die Unternehmer insgesamt durch höhere Investitionsausgaben ihren Gewinnanteil, die Arbeitnehmer insgesamt durch eine höhere Sparquote (verringerte Ausgaben für Konsumzwecke) ihren Lohnanteil am Volkseinkommen erhöhen könnten.
Anders analysieren die Machttheorien die Verteilungsproblematik. Während bei ideal funktionierenden Marktmechanismen und dem Gewinnmaximierungskalkül der Grenzproduktivitätstheorie eine Tendenz zum Verschwinden der Gewinne besteht, haben nach M. Kalecki die Unternehmen die Macht, einen Gewinnaufschlag auf die variablen Kosten durchzusetzen und dadurch die gesamtwirtschaftliche Gewinnquote zu erhöhen (Monopolgradtheorie). Man könnte das Funktionieren der Marktmechanismen durch Machtfaktoren oder institutionelle Verkrustungen noch weiter beeinträchtigt sehen, bis man (wie z. B. E. Preiser) schließlich dazu kommt, die Gewinn- und Lohnquote als von der sozioökonomischen Struktur vorgegeben zu betrachten. Ferner könnte man mit einer mikroökonomischen Theorie, die statt der subjektiven Wertlehre eine objektive Wertlehre anzuwenden versucht, sowie mit bestimmten soziologischen Theoriestücken eine Klassenmonopoltheorie im Sinne von K. Marx konzipieren (Marxismus). Berücksichtigung finden müsste v. a. aber die staatliche Macht zur Einkommensumverteilung.
Die Theorien der personellen Einkommensverteilung führen die Ungleichheit der Einkommensverteilung u. a. zurück auf eine ungleiche Verteilung der menschlichen Fähigkeiten zum Einkommenserwerb sowie auf spezielle Zufallsprozesse der einzelwirtschaftlichen Einkommensentstehung (Pareto-Verteilung). Stochastische Theorien gehen z. B. von unterschiedlichen Aufstiegs- und Abstiegschancen in der Einkommenspyramide aus; in der Humankapitaltheorie (Humankapital) werden die ungleiche Vermögensverteilung oder unterschiedlich hohe Investitionen in die Schul- und Berufsausbildung als Erklärungsvariable der personellen Einkommensverteilung angesehen. M. Friedman sieht in unterschiedlichen Risikopräferenzen von Selbstständigen und abhängig Beschäftigten einen wichtigen Erklärungsfaktor: Risikofreudige Selbstständige beziehungsweise Unternehmer, die insgesamt eine Risikoprämie im Einkommensentstehungsprozess erhalten, erzielen ein höheres, aber breiter streuendes Durchschnittseinkommen als beispielsweise abhängig Beschäftigte.
Die ungleiche personelle Einkommensverteilung hat besonders in Industrieländern im Zuge der Entwicklung des Wohlfahrtsstaates dazu geführt, dass der Staat die vom Markt erzeugte Primärverteilung durch Umverteilungspolitik zur Sekundärverteilung korrigiert. Ziel dieser Einkommensverteilungspolitik (Einkommensumverteilungspolitik, Redistributionspolitik, Einkommenspolitik) ist eine als gerechter empfundene und akzeptierte Einkommensverteilung (und Vermögensverteilung). Beispielsweise soll Einkommensschwachen und Einkommenslosen ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht werden, Leistungen wie die Kindererziehung sollen honoriert werden, die Konzentration von Einkommen (und Vermögen) soll verringert werden. Träger der Einkommensverteilungspolitik sind neben dem Staat die Sozialversicherungen sowie die Tarifparteien (z. B. durch Lohnpolitik).
Untersuchungen von verteilungspolitischen Zielsetzungen haben fünf Zieldimensionen herausgestellt, auf die sich Einkommensverteilungs- und Umverteilungspolitik bezieht: Einkommensniveau und Wachstum, Ungleichheit der Bedarfsdeckungsmöglichkeiten, Vermeidung von Armut, Sicherheit und Stetigkeit des Einkommens, Leistungsangemessenheit des Einkommens. Die Betonung dieser Zieldimensionen variiert im Zeitablauf, und teilweise stehen sie miteinander in Konflikt. Das bekannteste Beispiel ist die Frage, welcher Abstand zwischen Sozialhilferegelsätzen und unteren Erwerbseinkommen bestehen sollte, weil hier Vermeidung von Armut und Erhaltung von Leistungsanreizen in Widerstreit stehen. Betrachtet man das gesamte staatliche Transfersystem, so stellt sich die Frage nach seiner Effizienz. Zu einem großen Anteil entzieht der Staat den gleichen privaten Haushalten Einkommen durch Besteuerung und Sozialversicherungsabgaben, denen er es durch Steuervergünstigungen und Sozialleistungen wieder zukommen lässt. Unter den tief greifenden Vorschlägen für eine Vereinfachung wird insbesondere die Einführung eines »Grundeinkommens« immer wieder diskutiert. Staatliche Instrumente, die auf die primäre Einkommensverteilung zielen, sind alle Rechtsregeln, Eigentumsrechte und insgesamt die Wirtschaftsordnung, in deren Rahmen die Wirtschaftseinheiten handeln, Vermögen haben und Einkommen erzielen können; ferner u. a. eine Wettbewerbspolitik, die über eine verschärfte Konkurrenz Residualgewinne vermindern hilft, sowie eine Arbeitsmarktpolitik, die z. B. die Mobilität und die berufliche Qualifikation der Erwerbstätigen erhöht. Durch eine breitere Streuung des Produktivvermögens (Vermögensbildung) sowie durch eine auf mehr Chancengleichheit gerichtete Bildungspolitik kann ebenfalls die Primärverteilung korrigiert werden.
Im Mittelpunkt der Einkommensverteilungspolitik stehen Maßnahmen, die auf die personelle Einkommensverteilung gerichtet sind und die Sekundärverteilung gestalten. Der Staat schmälert personelle Einkommen durch die Erhebung von Steuern (direkte Steuern belasten nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip hohe Einkommen relativ stärker, insbesondere indirekte Steuern unterliegen der Überwälzung im Wirtschaftsprozess) und Beiträgen zur Sozialversicherung. Andererseits erhöhen Staat und Sozialversicherung v. a. niedrigere personelle Einkommen durch Transferzahlungen (z. B. Sozialhilfe, Kindergeld, Wohngeld, Ausbildungsbeihilfen, Leistungen der Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung). Zur Einkommensverteilungspolitik können auch Subventionen und Steuervergünstigungen an private Haushalte (z. B. steuerliche Sonderausgaben, Sozialmieten, Sondertarife öffentliche Verkehrsunternehmen) und an Unternehmen gezählt werden, die nicht nur soziale, sondern auch regionale und sektorale Ungleichheiten (Regionalpolitik, Strukturpolitik) beheben sollen.
Weiterhin erwachsen der Bevölkerung durch die öffentlichen Ausgaben für Investitions- und Konsumzwecke in unterschiedlichem Maße indirekte Vorteile (z. B. kulturelle Einrichtungen, Schulen, Straßen, Sicherheitsorgane); durch öffentliche Schulden (Verbrauch zukünftiger Einkommen) greift der Staat nicht unerheblich in die Einkommens- und Wohlstandsverteilung zwischen den Generationen ein. Zahlenmäßig erfasst werden die öffentlichen Leistungen teilweise im Bereich der Einkommensverteilungspolitik und ihre Finanzierung im Sozialbudget. Aufgrund der vielfältigen, miteinander verwobenen Maßnahmen der Einkommensverteilungspolitik sind deren Verteilungswirkungen im Sinne eines Saldos der Einkommensverteilung aus Be- und Entlastungen aus der Sicht eines privaten Haushalts kaum feststellbar.
Die annähernde Konstanz der nationalen Einkommensverteilung in Deutschland und anderen Ländern belegt, dass es starke Erhaltungskräfte geben muss, die sich nicht einfach regulieren lassen (Überwälzungsvorgänge). Staatliche Eingriffe zur Vermeidung von Armut werden in unterschiedlicher Art in allen modernen Gesellschaften vorgenommen, ebenso wird überall Einkommensdifferenzierung als Mittel angewandt, um Leistungsanreize zu setzen. V. a. aus zwei Gründen bleibt die Verteilungs- und Umverteilungspolitik durch den Staat langfristig gefordert. Erstens muss sie das Versagen der Primärverteilung korrigieren, solange mehrere Millionen von Arbeitslosen von Arbeitseinkommen ausgeschlossen bleiben. Zweitens wird es aus demographischen Gründen erforderlich sein, einen immer höheren Anteil des von den Erwerbspersonen erwirtschafteten Volkseinkommens zugunsten eines steigenden Anteils älterer Menschen, die Anspruch auf Rente haben, umzuverteilen. Der daraus resultierende Verteilungskonflikt zwischen den Generationen gewinnt neben dem traditionellen Konflikt zwischen der Verteilung der Erwerbseinkommen auf Löhne und Gehälter einerseits und Gewinne andererseits an Bedeutung. Hinzu kommen weitere verteilungspolitische Problemfelder, z. B. die materielle Anerkennung von Nichterwerbsarbeit (Kindererziehung, häusliche Pflege), die Beseitigung regionaler Einkommensunterschiede (v. a. zwischen alten und neuen Bundesländern), die Familienförderung u. a. sozialpolitische Aufgaben.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Armut · Gerechtigkeit · Gewinn · Lohn · Sozialpolitik · Sozialprodukt · Steuern · Subventionen · Transfer · Vermögensbildung · Wohlstand
Öffentl. Finanzwirtschaft u. Verteilung, hg. v. W. Albers u. a., 5 Bde. (1974-77);
E. im Systemvergleich, hg. v. D. Cassel u. a. (1976);
Umverteilung im Sozialstaat. Empir. Einkommensanalysen für die Bundesrep. Dtl., hg. v. H.-J. Krupp u. W. Glatzer (1978);
J. Werner: Verteilungspolitik (1979);
C. C. Roberts: Verteilungstheorie u. Verteilungspolitik (1980);
H. Bartmann: Verteilungstheorie (1981);
Verteilung u. Umverteilung unter veränderten Wachstumsbedingungen, bearb. v. C. Schäfer u. a. (1982);
H. J. Ramser: Verteilungstheorie (1987);
R. Berntsen: Dynamik in der E. privater Haushalte. Eine empir. Längsschnittanalyse für die Bundesrep. Dtl. (1992);
H. Schlomann: Vermögensverteilung u. private Altersvorsorge (1992);
I. Becker u. R. Hauser: Die Entwicklung der E. in der Bundesrep. Dtl. in den siebziger u. achtziger Jahren (1994);
B. Külp: Verteilung. Theorie u. Politik (31994);
W. Hübinger: Prekärer Wohlstand. Neue Befunde zu Armut u. sozialer Ungleichheit (1996);
R. Hauser u. G. Wagner: Die E. in Ostdtl. - Darstellung, Vergleich u. Determinanten für die Jahre 1990 bis 1994, in: Sozialpolitik im vereinten Dtl., hg. v. G. Kleinhenz, Bd. 3 (1996);
C. Koch: Wachstum und E. in postkeynesian. Ansätzen (St. Gallen 1999);
R. Linde: Allokation, Wettbewerb und Verteilung (2000);
Wirtschaftswissenschaft im Dienste der Verteilungs-, Geld- und Finanzpolitik, hg. v. R. Lüdeke (2000);
Soziale Sicherung in einer dynam. Gesellschaft, hg. v. I. Becker (2001);
F. Dietrich: Dimensionen der Verteilungsgerchtigkeit (2001).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Einkommensverteilung: Grundlagen
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Universal-Lexikon. 2012.