Akademik

Schrift
Type; Font; Schriftart; Schriftsystem; Skript

* * *

Schrift [ʃrɪft], die; -, -en:
1. System von Zeichen, mit denen die Laute, Wörter, Sätze einer Sprache festgehalten, lesbar gemacht werden:
lateinische Schrift; die russische Schrift lesen können.
Zus.: Bilderschrift, Blindenschrift, Buchstabenschrift, Geheimschrift, Runenschrift.
2. für einen Menschen charakteristische handgeschriebene Schrift:
eine schöne, deutliche, leserliche Schrift; jmdn. nach seiner Schrift beurteilen.
Syn.: Handschrift, Klaue (ugs.).
Zus.: Krakelschrift, Schnörkelschrift, Schreibschrift.
3. meist im Druck erschienener längerer Text; Abhandlung:
eine Schrift über Goethes Weltanschauung; sie hat verschiedene Schriften philosophischen Inhalts verfasst, veröffentlicht.
Syn.: Arbeit, Artikel, Beitrag, Buch.
Zus.: Anklageschrift, Beschwerdeschrift, Bittschrift, Denkschrift, Erbauungsschrift, Festschrift, Schmähschrift, Streitschrift.

* * *

Schrịft 〈f. 20
1. System von Zeichen, mit denen die gesprochene Sprache festgehalten, lesbar gemacht wird
2. 〈kurz für〉 Handschrift
3. jeder geschriebene od. gedruckte Text, Abhandlung, Aufsatz, Buch
4. 〈Pl.; schweiz.〉 \Schriften persönl. Ausweispapiere
● die \Schrift der Ägypter, Azteken ● eine \Schrift abfassen, aufsetzen, weiterleiten eine Eingabe; eine \Schrift begutachten, beurteilen, deuten, entziffern ● deutsche, gotische, lateinische, griechische, kyrillische \Schrift; die gesammelten, sämtlichen \Schriften eines Dichters seine Werke; geschriebene und gedruckte \Schrift; eine gute, leserliche, regelmäßige, schöne, schräge, steile, unleserliche \Schrift; die Heilige \Schrift die Bibel; \Schriften philosophischen, politischen, religiösen Inhalts [<mhd. schrift <ahd. scrift „Geschriebenes; Bibel; Schreibkunst; Buchstabenart“ <lat. scriptum „Geschriebenes“]

* * *

Schrịft , die; -, -en [mhd. schrift, ahd. scrift, unter dem Einfluss von lat. scriptum zu schreiben]:
1.
a) Gesamtheit der in einem System zusammengefassten grafischen Zeichen, bes. Buchstaben, mit denen Laute, Wörter, Sätze einer Sprache sichtbar festgehalten werden u. so die lesbare Wiedergabe einer Sprache ermöglichen:
die lateinische, kyrillische S.;
die S. der Japaner, Chinesen;
b) Folge von Buchstaben, Wörtern, Sätzen, wie sie sich in einer bestimmten materiellen Ausprägung dem Auge darbietet:
die verblasste, kaum noch lesbare S. auf dem Schild;
c) Druckschrift (1):
die S. ist leider sehr klein;
für einen Druck verschiedene -en verwenden;
d) Handschrift (1):
eine regelmäßige, krakelige, gut leserliche, lesbare S.;
seine S. verstellen.
2. geschriebener, meist im Druck erschienener längerer Text bes. wissenschaftlichen, literarischen, religiösen, politischen o. Ä. Inhalts; schriftliche Darstellung, Abhandlung:
eine philosophische, naturwissenschaftliche S.;
sie hat verschiedene -en religiösen Inhalts verfasst, veröffentlicht;
die gesammelten -en (Werke) eines Dichters;
er hat eine fünfseitige S. (Denkschrift o. Ä.) ans Landratsamt aufgesetzt, gerichtet;
die [Heilige] S. (die Bibel: die [Heilige] S. auslegen, zitieren).
3. <Pl.> (schweiz.) Ausweispapiere, Personaldokumente:
seine -en vorzeigen;
das Gericht ordnete den Einzug der -en an.

* * *

I
Schrift
 
[althochdeutsch scrift, unter dem Einfluss von lateinisch scriptum zu althochdeutsch scriban, vergleiche Schreiben], ein System grafischer Zeichen, die zum Zweck menschlicher Kommunikation verwendet und durch Zeichnen, Malen, Einkerben, Ritzen oder Ähnliches auf feste und dauerhafte Beschreibstoffe (Stein, Rinde, Leder, Holz-, Ton- und Wachstafeln, Papyrus, Pergament, Papier u. a.) hervorgebracht werden. Im modernen Sprachgebrauch ist Schrift eine allgemeine Bezeichnung für eine Form oder ein Verfahren der Aufzeichnung oder Einprägung von Information (digitaler und analoger) auf oder in einen Träger, häufig in Zusammensetzungen verwendet; z. B. Klarschrift, Magnetschrift, Zackenschrift (beim Lichttonverfahren), Wechseltaktschrift für binäre Aufzeichnung bei Magnetschichtspeichern.
 
 Entstehung und Entwicklung der Schrift
 
Bei der Entwicklung der Gegenstandsschrift und der Bilderschrift wird ein Sachverhalt ohne Bindung an eine bestimmte sprachliche Form dargestellt. Wird der Sinn des Zeichens nicht mehr unmittelbar mit der Sache, sondern mit dem Wort für die Sache verbunden, entsteht die Wortschrift. Jedem Wort entspricht nun ein Bildzeichen mit fester Form. Durch die Besonderheit des Schreibmaterials (Pinsel, Griffel, Tontafel, Pergament) wurden die Urbilder (z. B. der chinesischen Schrift und der sumerisch-akkadischen Keilschrift) bald zu einer charakteristischen Form abgewandelt, während die Bildzeichen der Maya und die ägyptischen Hieroglyphen, jene stilisiert, diese naturalistisch, auf Steinmonumenten ihre Grundform bewahrten. Durch die Verbindung der Sache mit einem Wort wird es in der Wortschrift auch möglich, das gleiche Zeichen rebusartig zur Wiedergabe von gleich oder ähnlich lautenden Wörtern (wie in der ägyptischen Hieroglyphenschrift, ägyptische Kultur, Schrift) zu verwenden. Von einsilbigen Wörtern aus gelangt man zur Silbenschrift, in der jedes Schriftzeichen eine Silbe wiedergibt. Reine Silbenschriften sind selten, meist treten gemischte Wort-Silben-Schriften auf (z. B. in der japanischen Schrift). In der Geschichte der koreanischen Schrift löste ein kombinatorisches System (aus Buchstabenzeichen zusammengesetzte Silbenzeichen) ältere reine Silbenschriften ab. Die Keilschrift war eine gemischte Wort-Silben-Schrift. Das zahlenmäßige Übergewicht der a-Vokale bestimmt die Besonderheit des kombinatorischen Systems bei den indischen Schriften und bei der äthiopischen Schrift.
 
Im Unterschied zu Bild-, Wort- und Silbenschrift beruht die Buchstabenschrift auf der durchgängigen Zuordnung grafischer Symbole zu einzelnen Lauten. Die erste reine Buchstabenschrift entwickelte sich im 2. Jahrtausend v. Chr. im syrisch-palästinensischen Raum mit den Sinai-Inschriften, deren Sprache sich als altsemitisch (altkanaanäischer Dialekt) erwiesen hat und deren Schrift zum Teil auf ägyptische Hieroglyphen zurückgeht. Von den im syrisch-palästinensischen Bereich entwickelten Schriftsystemen kommt ferner der in Ugarit geschaffenen Schrift (der äußeren Form nach eine Keilschrift, ihrem System nach eine Buchstabenschrift) besondere Bedeutung zu. Von den altkanaanäischen Schriften ist auch die phönikische Schrift abgeleitet, ebenso wie alle übrigen semitischen Konsonantenschriften, darunter die aramäische Schrift, die hebräische Schrift und die arabische Schrift (ein altertümliches Phönikisch repräsentiert wohl auch die Byblosschrift). Die arabische Schrift wird mit geringen Veränderungen auch zur Schreibung einiger nichtarabischer Sprachen verwendet. Auf eine altaramäische Schriftform gehen die mittelpersische Pehlewischrift und das zur Wiedergabe des Avesta geschaffene Avestaalphabet zurück, ebenso wie die Schrift der Uiguren sowie die mongolische Schrift. Aus dem Kreis der semitischen Buchstabenschriften stammen auch die indischen Schriften mit der Brahmischrift als Grundform, die überwiegend auch von den Tocharern verwendet wurde. - Die iberischen Schriften zeigen den Übergang mediterraner Silbenschriften zur Alphabetschrift mit fester Reihenfolge der Schriftzeichen.
 
Abendländische Schriften:
 
Aus der altphönikischen wurde die griechische Schrift entlehnt und durch systematischen Gebrauch von Vokalindikatoren (»matres lectionis«) zu einer Lautschrift umgebildet, die die Einzellaute oder -phoneme der Sprache ausdrückte. Alle Schriften West- und Osteuropas sind aus griechischen Alphabeten (griechische Schrift) hervorgegangen. In Italien scheinen zuerst die Etrusker das griechische Alphabet verwendet zu haben. Das etruskische Alphabet war die Quelle der italischen Schriften, besonders der lateinischen Schrift. Während sich im Bereich der Ostkirche die Kyrilliza durchsetzte, wurde im Gebiet der römischen Kirche die lateinische Schrift herrschend und verbreitete sich über alle Erdteile. Politische und religiöse Kräfte haben diese Entwicklung beeinflusst; Sprache und Volkstum waren nicht entscheidend. Romanen und Germanen, aber auch die Westslawen (Polen, Tschechen) und ein Teil der Südslawen (Slowenen, Kroaten) entschieden sich für das lateinische Alphabet, die Ostslawen (Russen, Weißrussen, Ukrainer) und die übrigen Südslawen (Bulgaren, Serben, Makedonier) für das kyrillische Alphabet. Eine Sonderentwicklung stellen die germanischen Runen und die irische Ogham dar.
 
 Lateinische Schreibschriften
 
Die ältesten Zeugnisse lateinischer Schriften sind Inschriften (Inschriftenkunde), z. B. die Foruminschrift (um 600 v. Chr.), die furchenwendend (mit von Zeile zu Zeile wechselnder Schreibrichtung) geschrieben wurden. Die frühe Kaiserzeit entwickelte jene Inschriftenform, die späteren Jahrhunderten als Vorbild klassischer Schriften galt und in der Renaissance die Großbuchstaben der Antiqua bildete (Capitalis quadrata, Monumentalschrift). Diese Kapitalschrift wurde auch in den Codices verwendet (Scriptura actuaria). Etwa seit dem 4. Jahrhundert tritt die schmalere und verzierte Variante der Kapitalschrift, die Capitalis rustica, auf. Sie wurde sowohl für Stein- und Bronzeinschriften als auch in den Handschriften geschrieben. Jedoch wird bereits in Handschriften des 2. Jahrhunderts ein Verfall der Capitalis (Kapitalschrift) durch das Einfließen von kursiven Formen erkennbar. Seit dem 3./4. Jahrhundert bildete sich die Unziale mit ihren gerundeten Formen heraus. Während sie wie die Capitalis aus gleich großen Buchstaben besteht, hat die Halbunziale Ober- und Unterlängen. Neben solchen Buchschriften wurden Kursivschriften im Geschäftsverkehr verwendet.
 
An die in sämtlichen Provinzen des römischen Weltreichs verbreitete römische Schriftkultur knüpft die vorkarolingische Zeit an. Es entstanden Sonderformen wie die (irisch-angelsächsische) insulare Schrift, die westgotische Schrift (Spanien), die Beneventana (Süditalien, Dalmatien) u. a. sowie die sich im Abendland durchsetzende, um 780 zuerst auftretende karolingische Minuskel. Die Entstehung dieser Schriftart ist nicht denkbar ohne die am Hof Karls des Großen gepflegten Bestrebungen zu einer Renaissance der lateinischen Kultur. Seit dem Humanismus bildet die fast unveränderte Buchstabenreihe der karolingischen Minuskel bis heute den Formenbestand der lateinischen Schreibschrift. Die mittelalterliche Entwicklung der Schriften verlief parallel zur allgemeinen Stilgeschichte (romanisch, gotisch, spätgotisch) und führte im späten Mittelalter zu einem nach Schriftzwecken (Buch-, Urkunden-, Notizschrift) und nach nationalen und regionalen Besonderheiten reich differenzierten Bestand unterschiedlicher Typen.
 
 Druckschriften
 
Nach dem Aufkommen des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (Gutenberg, Johannes) wurden in der Anfangsphase die Metalllettern den ursprünglichen Handschriften nachempfunden; diese gotische Textura wurde aber noch im 15. Jahrhundert von Antiquaschriften, der Schwabacher und den Bastardschriften verdrängt. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich aus der Schwabacher die Fraktur, die in vielen Ländern Europas dominierend wurde. In Italien bevorzugte man die Antiqua, für die A. Manutius die Raum sparende Antiqua-Kursive (humanistische Kursive) entworfen hat, bei der die Minuskeln nach rechts geneigt waren, die Majuskeln aber die senkrechte Achse beibehielten.
 
Während in der Mediäval (auch Renaissance-Antiqua genannt, weil sie der Humanistenschrift nachgebildet ist) alle Letternteile gleich dick sind, unterschied man im 18. Jahrhundert immer stärker zwischen kräftigen Grund- und zarteren Haarstrichen. Dies zeigte sich besonders deutlich in den Schriften von J. Baskerville und F. A. sowie F. Didot (Didot-Antiqua), am ausgeprägtesten jedoch in den Typen von G. Bodoni. In Reaktion auf die Didot-Bodoni-Schrift kamen in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Großbritannien zwei Varianten der Antiqua in Gebrauch: die Egyptienne mit besonders starken Serifen und die Grotesk ohne Serifen mit gleich starker Strichführung, deshalb »Linear-Antiqua« und »Sans Serif« genannt (Groteskschriften). Lebendige Frakturschriften entstanden mit der luftigen Unger-Fraktur (1793) und der Wallbaum-Fraktur (1. Viertel des 19. Jahrhundert).
 
Die technischen Neuerungen (Setzmaschinen, Schnellpressen) des 19. Jahrhunderts hatten einen Niedergang der künstlerischen Qualität der Druckschriften zur Folge, sodass gegen Ende des 19. Jahrhunderts v. a. in Deutschland und Großbritannien eine sehr erfolgreiche Bewegung zur Erneuerung der alten Buchkunst ins Leben gerufen wurde. P. Behrens, O. Eckmann, H. Post, P. Renner, Ernst Schneidler (* 1892, ✝ 1956), E. R. Weiss, H. Zapf u. a. schufen seit den 1920er-Jahren sowohl deutsche Schriften (Frakturschriften) als auch Antiquaschriften. Wichtig wurden auch die Bauhausschrift (Blockschrift, Antiquablockschrift, Grotesk). Erfolgreiche moderne Groteskschriften der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts sind z. B. Helvetica, Futura und Gill. Die Antiqua setzte sich sowohl als Schreibschrift als auch als Druckschrift allgemein durch (z. B. Times New Roman, Weiß-Antiqua, Plantin). Für die USA ist F. W. Goudy, in Großbritannien E. Gill zu nennen.
 
In den 1950er-Jahren entstand für den Bleisatz, sowohl für Setzmaschinensysteme als auch für den Handsatz, eine Reihe eigenständiger Schriften, deren Proportionen sich an Renaissance- und Barock-Antiqua-Schriften orientierten. In den 60er-Jahren beherrschten Groteskschriften den Markt, die sich stilistisch mehr oder weniger auf den zu Anfang des 19. Jahrhunderts entstandenen Prototyp der Endstrichlosen stützten. Dem Vorbild von Typen des 19. Jahrhunderts waren auch einige Egyptienneschriften verpflichtet. Unter den Akzidenz- beziehungsweise Werbeschriften dieser Zeit ragen einige Schreibschriften hervor. Seit Ende der 1960er-Jahre kamen technische Neuerungen auf, welche die Satztechnik revolutionierten und das Typendesign beeinflussten. Zunächst waren es optomechanische Systeme mit einem Filmnegativ als Schriftträger (Fotosatz), etwa ab 1970 kam der digitale Lichtsatz in der Praxis zur Anwendung. Der Vorteil des Lichtsatzes gegenüber dem Bleisatz besteht u. a. darin, dass die Schriftgrade von ein und derselben digital gespeicherten Druckschrift (Font) abgeleitet und entsprechend stufenlos vergrößert, verkleinert oder auch modifiziert werden können. Kursive, halbfette oder andere Schriften einer Schriftfamilie verfügen über jeweils eigene Fonts. Im Gegensatz zum Bleisatz, bei dem die Laufweite einer Schrift vom Schriftgießer festgelegt und durch den Körper des Bleibuchstabens bestimmt ist, wird beim Fotosatz die Dicktensteuerung der Schrift in »Einheiten pro Geviert« vorgenommen, was individuelle Laufweitenveränderungen möglich macht. Die meisten Bleisatzschriften liegen mittlerweile in digitaler Form und unterschiedlichen Dateiformaten vor. Die Entwurfsstufen von Schriften sind für Bleisatz und Fotosatz gleich: Zuerst wird jeder Buchstabe und jedes Zeichen von einem Schriftkünstler gezeichnet. Die 26 großen und kleinen Buchstaben müssen in jeder möglichen Zusammenstellung ein gutes Bild ergeben. Was über die n-Höhe (Mittellänge) der Buchstaben hinausreicht, heißt Ober- oder Unterlänge. Ihre Abmessungen sind mitentscheidend für die Lesbarkeit und Schönheit einer Schrift. Mithilfe der Fotografie wird der Entwurf in jeder Schriftgröße auf seine Eignung geprüft.
 
Großen Anteil an der Entwicklung richtungweisender Qualitätsparameter für elektronische Satzsysteme hatte v. a. Zapf, der Schriften herstellende Firmen in den USA und in Deutschland beriet und selbst eine große Anzahl von Schriftfamilien schuf. Günter G. Lange machte sich besonders um die Übertragung der Bleisatzschriftbibliothek von Berthold auf die neuen Systeme verdient. Während Zapf, Adrian Frutiger und Lange den Schwerpunkt eigener Entwurfsarbeit in der Gestaltung von harmonischen, gut lesbaren Textschriften auf der Basis des klassischen europäischen Schrifterbes sahen, kreierten in den USA Herb Lubalin und Ed Benguiat Typen, in denen sich Einflüsse amerikanischer Werbetypographie widerspiegelten. Trotz der Bemühungen der Designer, die Mängel des Fotosatzes durch Wahl eines geeigneten Stils und durch Formgebung zu kompensieren, gelang erst in den 80er-Jahren auch die Darstellung klassizistischer Textschriften zufrieden stellend. Der computergestützte Entwurf (Ikarus) beschleunigt und vereinfacht eine Reihe von Arbeitsverfahren. Durch Interpolierung können Schriftfamilien mit einer fast beliebigen Abstufung der Buchstabenbreiten und -strichdicken (Schnitte) ausgestattet werden. Textschriften können mit dem gleichen Gerät auch als Headlines ausgegeben werden. Mit dem 1959 auf dem Markt erschienenen Letraset-Anreibeverfahren und optomechanischen Titelsatzgeräten wurden Schriften für die Anwender leicht zugänglich. Es entstand eine große Anzahl von Werbeschriften (die häufig auch Modetrends bildeten), deren Schriftzeichen (Schrifttypen) mittels der optomechanischen Titelsatzgeräte und des digitalen Fotosatzes in fast allen Größen darstellbar sind. Dem Anwender werden die Veränderung der Buchstabenbreiten und -zwischenräume sowie des Neigungswinkels und andere Modifikationen ermöglicht, auch solche mit 3-D-Effekten. Nicht zuletzt, weil über dieses Angebot zunehmend auch ungeschulte Benutzer verfügen und entscheiden können, sind die letzten 25 Jahre auch durch einen Verfall typographischer Qualität der Drucksachen gekennzeichnet. Heute stehen dem Anwender einige Tausend Schriften zur Verfügung; Standards für die typographische Industrie setzt das international anerkannte System der Association Typographique Internationale (Atypi). Auf ihm basiert auch die deutsche Schriftenklassifikation.
 
Nach mehr als 500 Jahren ist die Druckschrift aus Blei fast vollständig durch den Fotosatz abgelöst worden. Handsatz (Setzerei) wird nur noch in wenigen Kleinbetrieben oder von Liebhabern gepflegt.
 
Rechtliches:
 
Neue und eigentümliche typographische Schriftzeichen können rechtlichen Schutz wie Geschmacksmuster entsprechend dem Gesetz zum Wiener Abkommen vom 12. 6. 1973 über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung (Schriftzeichengesetz) vom 6. 7. 1981 genießen.
 
Literatur:
 
K. Sethe: Vom Bilde zum Buchstaben. Die Entstehungsgesch. der S. (1939, Nachdr. 1984);
 M. Cohen: La grande invention de l'écriture et son évolution, 3 Bde. (Paris 1958);
 I. J. Gelb: Von der Keil-S. zum Alphabet (a. d. Engl., 1958);
 E. Doblhofer: Zeichen u. Wunder. Die Entzifferung verschollener S. u. Sprachen (21964);
 J. Tschichold: Meisterbuch der S. (21965, Nachdr. 1979);
 J. Friedrich: Gesch. der S. (1966);
 D. Diringer: The alphabet. A key to the history of mankind, 2 Bde. (London 31968);
 H. Jensen: Die S. in Vergangenheit u. Gegenwart (31969, Nachdr. 1984);
 F. H. Wills: S. u. Zeichen der Völker (1977);
 M. Pope: Die Rätsel alter S. (a. d. Engl., 1978);
 Alfred Schmitt: Entstehung u. Entwicklung von S. (1980);
 F. Coulmas: Über S. (1981);
 F. Coulmas: The writing systems of the world (Oxford 1989);
 D. Jackson: Alphabet. Die Gesch. vom Schreiben (a. d. Engl., 1981);
 A. Kapr: S.-Kunst. Gesch., Anatomie u. Schönheit der lat. Buchstaben (31983);
 B. Salberg-Steinhardt: Die S. Gesch., Gestaltung, Anwendung (1983);
 E. D. Stiebner u. W. Leonhard: Bruckmann's Hb. der S. (31985);
 A. Gaur: A history of writing (Neuausg. London 1987);
 G. Sampson: Writing systems (ebd. 21987);
 E. D. Stiebner u. a.: S. u. Zeichen (31987);
 G. Baumgart: S.-Gestaltung am Bauwerk. Zur Dekoration, Information, Werbung (Neuausg. 1989);
 G. Baumgart: S. am Bau (Berlin-Ost 21990);
 
Fotosatz-S. Type-Design u. S.-Herstellung, bearb. v. A. Kapr u. a. (Leipzig 1989);
 
Postscript. Hb., hg. v. der Adobe Systems Inc. (a. d. Amerikan., 21989);
 H. Haarmann: Universalgesch. der S. (1990);
 W. Tafelmaier: S. variieren u. vergleichen. Typographie im öffentl. Raum (1990);
 
Dreihundertzwanzig S., hg. v. H. Baur-Callwey u. a. (1991);
 J. M. Parramón: Das Hb. der S. (a. d. Span., Neuausg. 1991);
 M. Kuckenburg: . .. und sprachen das erste Wort. Die Entstehung von Sprache u. S. Eine Kulturgesch. der menschl. Verständigung (1996);
 A. Robinson: Die Gesch. der S. Von Keil-S., Hieroglyphen, Alphabeten u. a. S.-Formen (a. d. Engl., Bern 1996).
 
Weitere Literatur: ägyptische Kultur, Bilderschrift, chinesische Sprache und Schrift, etruskische Kultur, griechische Schrift, Hieroglyphen, indische Schriften, japanische Schrift, Keilschrift, kretische Schriften, Kyrilliza, lateinische Schrift, phönikische Schrift, Runen, semitische Schriften.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Papier: Grundlage zum Schreiben
 
Schrift: Festhalten von Sprache
 
Ägypten zur Zeit der Pharaonen
 
Mesopotamien und Kleinasien: Städte, Staaten, Großreiche
 
karolingische Renaissance: Erbe der Kulturen
 
Hieroglyphen: Heilige Schriftzeichen
 
Keilschrift
 
Schrift: Am Anfang waren die Bilder - Die Ursprünge der Schrift
 
Mündlichkeit und Schriftlichkeit in der keltischen Tradition
 
phönikische Buchstabenschrift: Mutter des Alphabets
 
Schrift: Kretische Schriften
 
II
Schrift,
 
Font, Schriftart.

* * *

Schrịft, die; -, -en [mhd. schrift, ahd. scrift, unter dem Einfluss von lat. scriptum zu ↑schreiben]: 1. a) Gesamtheit der in einem System zusammengefassten grafischen Zeichen, bes. Buchstaben, mit denen Laute, Wörter, Sätze einer Sprache sichtbar festgehalten werden u. so die lesbare Wiedergabe einer Sprache ermöglichen: die griechische, lateinische, kyrillische S.; Alle Diktate werden in der internationalen phonetischen S. geschrieben (Leonhard, Revolution 52); die S. der Japaner, Chinesen; eine derartige Mischung aus Buchstabenschrift, aus syllabischer und bildlicher S. kann nicht schlagartig voll ausgebildet vorhanden gewesen sein (Ceram, Götter 320); *nach der S. sprechen (landsch.; hochdeutsch, dialektfrei, nicht mundartlich sprechen); b) Folge von Buchstaben, Wörtern, Sätzen, wie sie sich in einer bestimmten materiellen Ausprägung dem Auge darbietet: die verblasste, verwitterte, kaum noch lesbare S. auf dem Schild; Eine Tafel mit abblätternder S. besagte: Zum Jugendlager - 1 km (Simmel, Stoff 59); die bunten -en der Leuchtreklame; die S. an der Tafel war verwischt; die S. wegwischen; c) Druckschrift (1): die S. ist leider sehr klein; für einen Druck verschiedene -en verwenden; das Vorwort ist in einer anderen S. gedruckt; d) Handschrift (1): eine kleine, regelmäßige, steile, schräge, gut leserliche, lesbare, ordentliche S.; hier die starre und doch bereits wackelige S. eines alten Mannes (Augustin, Kopf 222); ihre S. lässt zu wünschen übrig; Ihre S. war groß und aufgerichtet, die Feder machte viel Geräusch, wenn sie über das lila Briefpapier fuhr (Doderer, Wasserfälle 15); seine S. verstellen; eine krakelige S. zu entziffern versuchen; Mit seiner nach links geneigten, spitzen, ganz ungewöhnlich in die Länge gezogenen, aber zugleich eng zusammengedrängten S. bedeckte er die Seiten eines Schulheftes (Kuby, Sieg 186). 2. geschriebener, meist im Druck erschienener längerer Text bes. wissenschaftlichen, literarischen, religiösen, politischen o. ä. Inhalts; schriftliche Darstellung, Abhandlung: eine philosophische, naturwissenschaftliche S.; In ihrer offiziellen S. „Polen, Zahlen und Fakten“ heißt es (Dönhoff, Ära 160); eine S. über Medizin, Technik; sie hat verschiedene -en religiösen Inhalts verfasst, herausgegeben, veröffentlicht; Wir müssen nachschauen, was alles an aufrührerischen -en bei ihm versteckt ist (Kühn, Zeit 92); die gesammelten -en (Werke) eines Dichters; aus den naturkundlichen -en der deutschen Nonne Hildegard von Bingen (Stern, Mann 145); er hat eine fünfseitige S. (Denkschrift o. Ä.) ans Landratsamt aufgesetzt, gerichtet; *die [Heilige] S. (die Bibel): die [Heilige] S. auslegen, zitieren; In der Heiligen S. wird einer Aufforderung oder einem Hinweis oft das Wort „Siehe!“ vorangestellt (Sommerauer, Sonntag 5); die, wie es in der S. heißt, keine Hoffnung haben (Bergengruen, Rittmeisterin 436). 3. <Pl.> (schweiz.) Ausweispapiere, Personaldokumente: ihre -en sind in Ordnung; seine -en vorzeigen; jmds. -en kontrollieren, überprüfen; das Gericht ordnete den Einzug der -en an.

Universal-Lexikon. 2012.