Buch|kunst 〈f. 7u; unz.〉 künstlerische Ausgestaltung von Büchern
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Buch|kunst, die <o. Pl.>:
Bereich der Kunst, der die künstlerische Ausgestaltung von Büchern umfasst.
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Buchkunst,
künstlerischen Gestaltungen bei der Buchherstellung. Sie umfassen die Gestaltung und Ausschmückung des Buchblocks, wie Typographie, schmückendes und illustrierendes Beiwerk (Buchillustration, bis zur Zeit des Buchdrucks Buchmalerei), Papierwahl und das Buchäußere (Buchdecke). Die Buchkunst ist Unterrichtsfach an den Abteilungen für Grafik der Fachhochschulen für angewandte und bildende Kunst, an den Druckerschulen und -akademien.
Geschichtliches
Im außereuropäischen Bereich erlangte die Buchkunst in der islamischen Kultur die reichste Entfaltung (islamische Kunst); in China nahm die Buchkunst eine eigenständige Entwicklung.
Im Abendland lag im frühen Mittelalter die Buchherstellung ganz in der Hand der Mönche. Sie fertigten in den Klöstern Pergamenthandschriften und schmückten sie mit Initialen und Miniaturen (Buchmalerei). Mit größtem künstlerischem Aufwand entstanden die liturgischen Handschriften der Könige und Kaiser. Bei den ersten gedruckten Büchern (Inkunabeln) wurden Schriftbild und Satzanordnung noch den Handschriften nachgebildet und der Schmuck (Initialen, Randleisten, Miniaturen) mit der Hand eingefügt. Erst allmählich gelang es, auch den Schmuck des gedruckten Buches technisch durchzugestalten. Die Typographie verband sich mit den älteren Bilddruckverfahren, dem Metallschnitt und v. a. dem Holzschnitt (bis 1530). Dadurch wurde eine auf der Einheit des Verfahrens beruhende geschlossene ästhetische Wirkung erzielt. Das Mainzer Psalterium von 1457 brachte zum ersten Mal in Metall geschnittene, zweifarbig gedruckte Initialen sowie die gedruckte Buchdruckermarke (Druckerzeichen). G. Zainer in Augsburg verwendete als Erster Holzschnittinitialen. Das gedruckte Buch, und zwar vorwiegend volkssprachige und kostbare lateinische, aber kaum gelehrte Bücher, erhielt bis ins 16. Jahrhundert fast ausschließlich Holzschnittillustrationen. Bedeutende Künstler wurden dafür herangezogen, A. Dürer für die Drucke, die Kaiser Maximilian in Augsburg bei H. Schönsperger dem Älteren herstellen ließ, für die auch die »Teuerdanktype«, Vorgängerin der Fraktur, geschaffen wurde. In Italien verwendete man Antiqua- und Kursivtypen. Als schönstes Buch der italienischen Renaissance gilt die von Aldus Manutius in Venedig 1499 gedruckte »Hypnerotomachia Poliphili« von F. Colonna.
Wichtige Impulse für die Buchgestaltung gingen von Frankreich zur Zeit Franz' I. und seiner Nachfolger aus: G. Tory gestaltete in Paris als Zeichner, Stempelschneider und Drucker hervorragende Renaissancebände (Champfleury, 1529) und verhalf der Antiquaschrift zu weiter Verbreitung. Nicolas Ève, der Hofbuchbinder Heinrichs III. und Heinrichs IV., schuf den Fanfarenstil. Im niederländisch-belgischen Raum traten C. Plantin und seine Nachfolger mit wissenschaftlichen Werken hervor (achtbändige Bibel in fünf Sprachen) und benutzten von C. Garamond und anderen französischen Meistern geschnittene Antiquaschriften. Auch das Buch der Barockzeit fand in den Niederlanden hervorragende Vertreter, so während des Dreißigjährigen Krieges die Familie Elsevier, die wie A. Manutius mit Duodezausgaben klassischer Texte in vorbildlicher Typographie (Antiqua) auf den Markt brachte. Das Buch dieser Zeit war, wenn illustriert, nicht mehr mit Holzschnitten, sondern mit Kupferstichen versehen, die zwar keine neue Erfindung darstellten (Bücher mit Kupferstichen gab es bereits im 15. Jahrhundert), aber erst im 17. Jahrhundert den Holzschnitt fast ganz verdrängten. Der Kupferstich wurde besonders verwendet für Titelblätter (Kupfertitel), für die Wiedergabe von Karten (berühmt der »Atlas maior« von Johan Blaeu in Amsterdam), Landschaften, Gebäuden und Städteansichten. Selbst P. P. Rubens hat eine größere Anzahl von Zeichnungen für Kupferstiche entworfen. Kaum barocke Züge tragen dagegen die Bucheinbände im Gasconstil (ein Punktierstil, nach Le Gascon benannt).
Im 18. Jahrhundert wurde zunächst für die Buchgestaltung der von Frankreich ausgehende Rokokostil charakteristisch. Bedeutende Künstler wie F. Boucher, H. F. Gravelot, J.-M. Moreau in Frankreich, D. Chodowiecki in Deutschland, W. Hogarth und W. Blake in England schufen Buchillustrationen im Stil des Rokoko, in denen auch rein dekorative Elemente (Vignetten, Fleurons, »Cul-de-lampe«) vielfältig auftreten.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde als wichtiges neues Reproduktionsverfahren die Lithographie von A. Senefelder erfunden, der Holz- und Stahlstich folgten, Illustrationsverfahren, die auch für größere Auflagen geeignet waren, genutzt von Künstlern wie A. L. Richter, M. von Schwind, A. Rethel, A. Menzel u. a. in Deutschland, E. Delacroix, H. Daumier, G. Doré u. a. in Frankreich. Maschinelle Verfahren beim Buchdruck, bei der Herstellung des Einbandes, Verwendung von holzhaltigem Papier und Einführung photomechanischer Reproduktion führten im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem Verfall der Buchkunst, bis es Ende des Jahrhunderts zu einer Rückbesinnung auf das handwerklich gediegene Buch kam. Die Entwicklung ging von England aus (W. Morris, W. Crane, R. Cobden-Sanderson), wo Privatpressen (Kelmscott und Dove Press) neue Maßstäbe für die Buchgestaltung setzten; sie nahmen vornehmlich die Bücher der Spätgotik und aus der Zeit der Frühdrucke zum Vorbild. Diese Anregungen wurden besonders in Deutschland, zuerst in München (O. Hupp), aufgenommen und weiterentwickelt.
Mit dem Aufkommen des Jugendstils erhielt auch die Buchgestaltung neue Impulse durch Künstler wie P. Behrens, O. Eckmann, M. Behmer, J. Sattler. Buchgestalter wie F. H. Ehmcke, F. W. Kleukens, M. Lechter, E. Preetorius, E. R. Weiss, W. Tiemann, R. Koch u. a. entwarfen neue Fraktur- und Antiquatypen und schufen Illustrationen (»Buchkunstbewegung«, die den Begriff Buchkunst entwickelte). Die Schriftgießereien Klingspor (Offenbach am Main) und Bauer (Frankfurt am Main) wirkten auch in diesem Sinne. Im Gegensatz zu Morris, der auf handwerklichen Fertigungsmethoden zurückgriff, strebte die »Buchkunstbewegung« eine Erneuerung an, indem sie die maschinelle Herstellung nach künstlerischen Gesichtspunkten zu betreiben suchte.
Die Einführung modernster Techniken der Massenherstellung im 20. Jahrhundert stellte eine erneute Herausforderung an die Buchkunst, deren Aufgabe nun in der Meisterung neuer technischer Mittel im Dienste eines neuen künstlerischen Ausdrucks bestand. Zu den bedeutenden Buchkünstlern des 20. Jahrhunderts gehören die Typographen und Illustratoren G. de Beauclair, W. Fleckhaus, A. Frutiger, C. Piatti, J. Tschichold, A. Kapr und H. Zapf.
A. Rümann: Die illustrierten dt. Bücher des 19. Jh. (1926);
A. Rümann: Die illustrierten dt. Bücher des 18. Jh. (1928);
M. Lanckorońska u. R. Oehler: Die Buchillustration des 18. Jh. in Dtl., Österreich u. der Schweiz, 3 Bde. (1932-34);
Die Buchillustration in Dtl., Österreich u. der Schweiz seit 1945, hg. v. W. Tiessen, 6 Bde. (1968-89);
O. Mazal: B. der Gotik (Graz 1975);
E. Geck: Grundzüge der Gesch. der Buchillustration (1982);
B. im Wandel, hg. v. H. P. Willberg (1984);
Papiergesänge. B. im zwanzigsten Jh., bearb. v. B. Hernad u. K. Maur, Ausst.-Kat. Bayer. Staatsbibliothek (1992);
Surrealismus u. B., bearb. v. L. Lang (1993);
Expressionismus u. B. in Dtl. 1907-1927, Beitrr. v. L. Lang u. a. (21993);
A. Langer: Jugendstil u. B. (1994);
B. im 20. Jh. in Dtl., Österreich u. in der Schweiz, hg. v. U. von Kritter (1995);
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Buch|kunst, die <o. Pl.>: Bereich der Kunst, der die künstlerische Ausgestaltung von Büchern umfasst.
Universal-Lexikon. 2012.