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Rechtsextremismus
Faschismus; Neofaschismus; Nationalsozialismus; Rechtsradikalismus; Hitlerfaschismus

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Rẹchts|ex|tre|mis|mus auch: Rẹchts|ext|re|mis|mus 〈m.; -; unz.; Pol.〉 politische Bewegung, die extrem rechtsgerichtet ist; Sy Rechtsradikalismus; Ggs Linksextremismus

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Rẹchts|ex|t|re|mis|mus, der <o. Pl.> (Politik):
rechter (1 c) Extremismus.

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I
Rechts|extremismus,
 
eine Form des politischen Extremismus, die den demokratischen Verfassungsstaat ablehnt. Während der Linksextremismus das Prinzip der sozialen Gleichheit verabsolutiert, negiert der Rechtsextremismus das Prinzip der menschlichen Fundamentalgleichheit. Rechtsextremismus ist eine Sammelbezeichnung für antidemokratische Bestrebungen, die auf der äußersten Rechten der herkömmlichen Rechts-links-Skala angesiedelt sind. Die meisten Parteien des Rechtsextremismus propagieren einen »starken Staat«, plädieren für aggressiven Nationalismus und schüren Ressentiments gegen als fremd definierte ethnische Gruppen. Wird der Begriff des Rechtsextremismus weit gefasst, so können ihm auch bestimmte - vergangene oder gegenwärtige - Formen des Terrorismus zugerechnet werden. Nachdem Repräsentanten des Rechtsextremismus die Macht übernommen hatten, errichteten sie eine autoritäre oder totalitäre Diktatur. Als Rechtsextremismus gilt also eine spezifische antidemokratische Richtung, die noch nicht oder nicht mehr an der Macht ist.
 
Spielte der Rechtsextremismus in der Zwischenkriegszeit eine bedeutende Rolle, so ist er nach dem Zweiten Weltkrieg - mit einigen Ausnahmen - zunächst bedeutungslos geworden. In Italien war der neofaschistische Movimento Sociale Italiano (MSI) stets im Parlament vertreten, in Frankreich konnte die mittelständische Bewegung der Poujadisten (Poujade, Pierre) Mitte der 50er-Jahre zeitweilig Erfolge verbuchen. Der Rechtsextremismus hat von dem nahezu weltweiten Zusammenbruch des Kommunismus Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre nur wenig profitieren können, weil die Parteien des Rechtsextremismus sich nicht in erster Linie als kämpferische Antikommunisten verstanden. Immerhin hat der Rechtsextremismus in vielen europäischen Ländern von der 2. Hälfte der 80er-Jahre an gewisse Erfolge, zum Teil aus landesspezifischen Gründen, zum Teil aufgrund der Einwanderungsproblematik, die dazu führt, dass Wähler Fremden gegenüber Ressentiments entwickeln. Der Rechtsextremismus tritt zunehmend populistisch auf und erweckt den Eindruck, als mache er sich die Forderungen des »kleinen Mannes« zu Eigen.
 
Besonders Frankreich hat sich als Hochburg des Rechtsextremismus erwiesen. Der Front National (FN) erzielt seit den 80er-Jahren beträchtliche Erfolge. Bei den Präsidentschaftswahlen 1995 erreichte sein Vorsitzender J.-M. Le Pen über 15 % der Stimmen, bei den Parlamentswahlen 1997 kam der FN im ersten Wahlgang ebenfalls auf diesen Prozentsatz, erhielt aufgrund des absoluten Mehrheitswahlsystems jedoch nur ein Mandat. Nach der Spaltung des FN 1999 verlor dieser an Bedeutung. In Italien gab der MSI 1995 seine Selbstauflösung bekannt und konstituierte sich als »Alleanza Nazionale« neu, nachdem sich seine Politik schon seit längerem gewandelt hatte. In Österreich konnte die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die unter der Führung von J. Haider (seit 1986) rechtspopulistisch orientiert ist, ihren Stimmenanteil beträchtlich steigern (1995: 22,1 %). Im Jahre 2000 gelangte die FPÖ sogar als Juniorpartner der Österreichischen Volkspartei in die Regierung. Dies löste zunächst einen - später aufgehobenen - Boykott der anderen 14 EU-Staaten aus. In manchen Nachfolgestaaten der Sowjetunion verbinden sich nationalistische und kommunistische Vorstellungen und entwickeln sich zu einer Gefahr für den noch ungefestigten demokratischen Verfassungsstaat.
 
Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland:
 
Wohl in keinem Land der Welt wird der Rechtsextremismus - wesentlich bedingt durch die Erfahrung des Nationalsozialismus - so kritisch beobachtet wie in Deutschland 1945 wurde die NSDAP mit all ihren Nebenorganisationen durch die Alliierten verboten. 1952 verbot das Bundesverfassungsgericht die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP), die bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Bremen 1951 in die Parlamente gekommen war. Diese erste Welle des Rechtsextremismus verebbte nach dem Verbot der SRP. Die deutschnational ausgerichtete Deutsche Reichspartei (DRP) blieb bei den Bundestagswahlen 1953, 1957 und 1961 ohne Resonanz. Die zweite Welle des Rechtsextremismus ist eng mit den Erfolgen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) in der 2. Hälfte der 60er-Jahre verbunden. Zwischen 1966 und 1968 zog sie aufgrund einer besonderen Konstellation (wirtschaftliche Rezession, politische Ausnahmesituation durch Bildung einer Großen Koalition, Wandel durch die studentische Protestbewegung) in sieben Landesparlamente ein (Baden-Württemberg 1968: 9,8 %). Nach ihrem Scheitern bei der Bundestagswahl 1969 (4,3 %) wurde die Partei zunächst bedeutungslos. Mit dem Erfolg der Partei Die Republikaner (REP) 1989 bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus (7,5 %) und zum Europäischen Parlament (7,1 %) begann die dritte Welle des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. Die 1983 als Rechtsabspaltung von der CSU gegründete Partei radikalisierte sich unter F. Schönhuber in der 1. Hälfte der 90er-Jahre; Ende 1992 erklärten die Innenminister der Länder und des Bundes die Partei zu einem Objekt des Verfassungsschutzes. Die Republikaner konnten von der deutschen Einheit, die sie heftig propagiert hatten, nicht profitieren, erzielten aber Erfolge bei Landtagswahlen (Baden-Württemberg 1992: 10,9 %, 1996: 9,1 %). Seit 1992 sind zahlreiche rechtsextremistische Splittergruppen verboten worden (z. B. die »Wiking-Jugend« 1994, die »Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei« 1995). Als Folge anhaltender fremdenfeindlicher Gewalttaten stellten 2001 die Bundesregierung, der Deutsche Bundestag und der Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht einen Verbotsantrag gegen die zunehmend neonationalsozialistisch ausgerichtete NPD.
 
Ein Vergleich der drei Wellen des Rechtsextremismus zeigt, dass der Intensitätsgrad des rechtsextremistischen Charakters dieser Parteien nachgelassen hat. Der Rechtsextremismus gilt als »normale Pathologie« (E. K. Scheuch, H.-D. Klingemann) moderner Industriegesellschaften. In allen Phasen fehlte dem Rechtsextremismus ein charismatischer »Führer« zur Einigung des »nationalen Lagers«. Im intellektuellen Milieu ist der Rechtsextremismus, abgesehen von Tendenzen in der neuen Rechten, im Gegensatz zur Weimarer Republik weitgehend isoliert. Hingegen hat seit der deutschen Einheit die Zahl rechtsextremistischer Exzesse (überwiegend Körperverletzungen) beträchtlich zugenommen, mit Höchstzahlen 1992 (1 485 Gewalttaten) und 1993 (1 322 Gewalttaten); 2001 wurden insgesamt 14 725 als rechtsextremistisch, fremdenfeindlich sowie antisemitisch eingestufte Straftaten registriert, darunter 980 Gewaltdelikte (ein geringfügiger Rückgang gegenüber 2000). Die Gewalttaten richten sich ungefähr zu 60 % gegen Fremde. Obwohl nur jeder fünfte Bürger in den neuen Bundesländern lebt, ereignet sich hier statistisch jede zweite rechtsextremistische Gewalttat. Die Täter, die auch Tötungsdelikte zu verantworten haben, sind fast ausschließlich männlich und in der Regel jünger als 20 Jahre. Die gewalttätigen Ausschreitungen werden meist im Rahmen einer Clique begangen, vielfach unter Alkoholeinfluss und ohne Planungsintensität; sie sind das Produkt einer nicht verfestigten, kommunikationsarmen rechtsextremistischen Szene von geringem Reflexionsniveau.
 
Nach dem Verfassungsschutzbericht für den Bund (1999) zählen etwa 51 000 Mitglieder zum Rechtsextremismus. Die Partei der REP umfasst 14 000 Mitglieder, die Deutsche Volksunion (DVU; Vorsitzender Gerhard Frey, * 1933), der der Einzug in mehrere Landesparlamente (Bremen 1987, 1991 und 1999, Schleswig-Holstein 1992, Sachsen-Anhalt 1998, Brandenburg 1999) gelang, 17 000. Die aggressive NPD verfügt über 6 000 Mitglieder. Zu gewaltbereiten Rechtsextremisten, v. a. Skinheads, sind 9 000 Personen zu zählen, zum Neonationalsozialismus etwa 2 200. Fast alle Neonationalsozialisten stehen mit der Forderung nach »Brechung der Zinsknechtschaft« in der Tradition E. Röhms oder der Brüder G. und O. Straßer. Der Rechtsextremismus ist damit in Deutschland organisatorisch und ideologisch zersplittert, die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten hat hingegen im letzten Jahrzehnt deutlich zugenommen.
 
Literatur:
 
H.-G. Jaschke: R. u. Fremdenfeindlichkeit (1994);
 A. Pfahl-Traughber: R. Eine krit. Bestandsaufnahme nach der Wiedervereinigung (21995);
 
R. Ergebnisse u. Perspektiven der Forschung, hg. v. J. W. Falter u. a. (1996);
 W. Laqueur: Faschismus. Gestern - heute - morgen (a. d. Engl., 1997);
 M. Minkenberg: Die neue radikale Rechte im Vergleich. USA, Frankreich, Dtl. (1998);
 
R. u. Neue Rechte in Dtl. Neuvermessung eines politisch-ideologischen Raumes?, hg. v. W. Gessenharter u. H. Fröchling (1998);
 
Sozialpsychologie des R., hg. v. H.-D. König (1998);
 R. Stöss: R. im vereinten Dtl. (21999);
 B. Nickolay: R. im Internet. Ideolog. Publikationselement u. Mobilisierungskapital einer rechtsextremen sozialen Bewegung? (2000).
 
Weitere Literatur: Extremismus.
II
Rechtsextremismus
 
Begriffsbestimmung des Rechtsextremismus
 
Als Rechtsextremismus gilt eine antidemokratische politische Richtung, die gekennzeichnet ist durch autoritäre, nationalistische oder rassistische Gesinnung. Im Gegensatz zum Linksextremismus, der das Prinzip der sozialen Gleichheit verabsolutiert, lehnt der Rechtsextremismus das Prinzip der menschlichen Fundamentalgleichheit ab. Der Rechtsextremismus ist eine Sammelbezeichnung für die den demokratischen Verfassungsstaat ablehnenden Parteien und Gruppen, die im gewohnten Links-rechts-Schema der politischen Einordnung auf der äußersten Rechten stehen. Gemeinsamkeiten der Rechtsextremisten, zu denen unter anderem Neofaschisten bzw. Neonationalsozialisten (»Neonazis«) zählen, sind ihr Plädoyer für einen starken Staat, ein aggressiver Nationalismus und eine massive Ausländerfeindlichkeit. Bei einer weiteren Fassung des Begriffs gehören zum rechtsextremistischen Lager auch verschiedene vergangene und aktuelle Formen des Terrorismus. An die Macht gelangt, errichten Rechtsextremisten eine autoritäre oder totalitäre Diktatur.
 
 Die Entwicklung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg
 
In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war der Rechtsextremismus - anders als in den Zwischenkriegsjahren - zunächst bedeutungslos geworden. Lediglich in Italien gab es eine nennenswerte neofaschistische Gruppierung, den Movimento Sociale Italiano (MSI), der stets im Parlament vertreten war. Zeitweilig erfolgreich war im Frankreich der 50er-Jahre die mittelständische Bewegung der Poujadisten. In vielen europäischen Ländern hatte der Rechtsextremismus dann in der zweiten Hälfte der 80er-Jahre beachtliche Erfolge. Das lag zum einen an länderspezifischen Gründen, zum anderen am großen sozialen Druck, der durch eine massive Einwanderungswelle in dieser Zeit entstanden war. Vom Zusammenbruch des Kommunismus an der Wende zu den 90er-Jahren konnte der Rechtsextremismus dagegen nicht profitieren. Der Grund hierfür ist darin zu sehen, dass die rechtsextremistischen Parteien sich nicht zuvorderst als Antikommunisten definierten. Beträchtliche Erfolge konnte der Rechtsextremismus seit den 80er-Jahren in Frankreich verbuchen. Der Vorsitzende des Front National, Jean-Marie Le Pen, erreichte bei den Präsidentschaftswahlen 1995 mehr als 15 % der Stimmen. Auch bei den Parlamentswahlen 1997 kam der Front National auf diesen Stimmenanteil, erreichte aber wegen des absoluten Mehrheitswahlsystems nur ein Mandat und verlor nach seiner Spaltung 1999 an Bedeutung. In Italien löste sich der Movimento Sociale Italiano (MSI) im Jahr 1995 selbst auf. Seine Politik hatte sich aber schon in den Jahren zuvor in eine weniger radikale Richtung gewandelt. In Österreich konnte die seit 1986 unter ihrem Vorsitzenden Jörg Haider rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs bei den Wahlen im Herbst 1999 erstmals den zweiten Platz erringen und durch Koalition mit der ÖVP Anfang 2000 eine Regierungsbeteiligung erreichen, was zu intensiven Protesten im In- und Ausland führte (diplomatische Sanktionen der EU, Abzug des israelischen Botschafters). Haider, wenngleich er selbst auf ein Regierungsamt verzichtete und vom Parteivorsitz zurücktrat, ist hierdurch mit seinen Rechtspopulisten ein entscheidender Machtfaktor geworden, zumal er auch als Landeshauptmann die Regierung des Bundeslandes Kärnten führt.
 
 Rechtsextremismus in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg
 
Drei Wellen
 
In Deutschland wird der Rechtsextremismus aufgrund der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus so kritisch beobachtet wie in kaum einem anderen Land der Welt. Dabei kann man die Geschichte des Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland in drei wellenartige Phasen unterteilen.
 
Die erste Welle bis 1952
 
Nachdem 1945 die NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) mit allen Nebenorganisationen von den Alliierten verboten worden war, verbot das Bundesverfassungsgericht aufgrund von Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes im Jahr 1952 die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP), die 1951 bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Bremen in die Parlamente eingezogen war. Nach diesem Verbot verebbte die erste Welle des deutschen Rechtsextremismus. In den Folgejahren trat die deutschnational ausgerichtete Deutsche Reichspartei erfolglos bei den Bundestagswahlen 1953, 1957 und 1961 an.
 
Die zweite Welle Ende der 60er-Jahre
 
Die zweite Welle des Rechtsextremismus wurde in der Bundesrepublik Deutschland gegen Ende der 60er-Jahre spürbar. Sie lässt sich nicht nur an den zu dieser Zeit grassierenden Hakenkreuzschmierereien und Schändungen jüdischer Friedhöfe ablesen, sondern schlug sich auch parteipolitisch in den Erfolgen der 1964 gegründeten Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) nieder. Sie zog allein zwischen 1966 und 1968 in sieben Landesparlamente ein. Faktoren, die den Erfolg der NPD begünstigten, waren die (erste) wirtschaftliche Rezession in der Bundesrepublik Deutschland, ferner die aus der Bildung der großen Koalition von CDU und SPD 1966 (und der damit einhergehenden Schwäche der parlamentarischen Opposition) zu erklärende Protesthaltung vieler Wähler sowie der tief greifende gesellschaftliche Wandel, der mit den Studentenprotesten verbunden war. Allerdings scheiterte die NPD dann bei den Bundestagswahlen von 1969 mit 4,3 % Stimmenanteil an der Fünfprozentklausel und versank danach in der Bedeutungslosigkeit. Diese Entwicklung war gleichbedeutend mit dem Ende der zweiten Welle des Rechtsextremismus.
 
Die dritte Welle ab Ende der 80er-Jahre
 
Die dritte Welle war zunächst verbunden mit den Erfolgen der Republikaner, einer Partei, die sich 1983 als Rechtsabspaltung von der CSU gebildet hatte. Bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im Jahr 1989 errangen die Republikaner 7,5 %, und bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im selben Jahr kamen sie auf 7,1 %. Anfang der 90er-Jahre radikalisierte sich die Partei unter Führung von Franz Schönhuber, einem ehemaligen Journalisten beim Bayerischen Rundfunk, und wurde 1992 von den Innenministern von Bund und Ländern zu einem Objekt der Beobachtung des Verfassungsschutzes erklärt. Die Republikaner hatten die deutsche Einheit zwar massiv propagiert; als sie dann aber eingetreten war, konnten sie aus der neuen Situation keinen Nutzen ziehen. Zwar erzielten sie bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg 1992 10,9 % und im Jahr 1996 9,1 %, gegen Ende der 90er-Jahre wurden sie aber, auch durch interne Streitigkeiten hervorgerufen, immer unbedeutender. Erfolge errang in den 90er-Jahren auch die Deutsche Volksunion (DVU) des Münchener Verlegers Gerhard Frey, die in mehrere Landesparlamente einziehen konnte (schon 1987 und auch 1991 in Bremen, 1992 in Schleswig-Holstein, 1998 in Sachsen-Anhalt und 1999 in Bremen und Brandenburg). Dabei stellte sich allerdings jeweils rasch heraus, dass die Abgeordneten keine konstruktive parlamentarische Arbeit leisteten.
 
Weniger der Wahlerfolg rechtsextremer Parteien als vielmehr fremdenfeindliche Exzesse, bei denen von Brandstiftung bis hin zum Mord immer wieder fremdländisch aussehende Menschen die Opfer waren, erregten seit Anfang der 90er-Jahre großes Aufsehen, zumal die Entwicklung des wieder vereinigten Deutschland weltweit mit Aufmerksamkeit und nicht ohne Besorgnis beobachtet wurde. Mit zahlreichen Initiativen gegen Rassismus, Fremdenhass und Rechtsextremismus protestierten viele Bürger gegen die Gewalttaten. Die Sensibilität der Öffentlichkeit gegenüber dem Rechtsextremismus zeigte sich z. B. auch in dem Eklat, den eine Einladung des wegen Volksverhetzung und rechtsterroristischer Gewalttaten zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilten Manfred Röder zu einem Vortrag an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg (1995) auslöste. Viele rechtsextremistische Gruppierungen wurden seit 1992 von den Innenministern verboten, darunter die »Wiking-Jugend« und die »Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei«.
 
Fazit zu 50 Jahren Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland
 
Vergleicht man die drei Wellen des Rechtsextremismus in Deutschland, so kommt man zu dem Ergebnis, dass der Intensitätsgrad des Rechtsextremismus bei den Parteien dieser Richtung nachgelassen hat. Allerdings liegt hier auch eine große Gefahr, denn viele »braune Wölfe« kleiden sich in ein modernistisches »Schafsfell«, das heißt, sie treten mit modernen Medienkampagnen auf (wie die DVU), nutzen auch die neuen Medien wie das Internet und agieren zum Teil international, bleiben aber im Kern bei ihren alten antidemokratischen Parolen. In intellektuellen Kreisen ist der Rechtsextremismus in Deutschland - ganz anders als in der Weimarer Republik - am Beginn des 21. Jahrhunderts weitgehend isoliert. Auch eine überzeugende, massenwirksame Führungsperson ist seit dem Ende des Nationalsozialismus nicht aufgetreten. Die Sozialwissenschaftler Erwin K. Scheuch und Hans-Dieter Klingemann werten den Rechtsextremismus somit als mittlerweile »normale Pathologie« moderner Industriegesellschaften.
 
Die aktuelle Situation in Deutschland
 
Im Jahr 1999 zählte der Verfassungsschutz für den Bund mehr als 51 000 Personen zum Lager des Rechtsextremismus. Davon stellt die Partei der Republikaner mit 14 000 Mitgliedern einen fast gleich großen Anteil wie die DVU mit 17 000 Mitgliedern. Die NPD hatte 1999 6 000 Mitglieder. Zu den Neonationalsozialisten lassen sich etwa 2 200 Personen zählen, zu gewaltbereiten Rechtsextremisten, hier vor allem zu den Skinheads, zählen etwa 9 000 Personen. Die Neonazis fordern die »Brechung der Zinsknechtschaft« und stehen damit in der (unheilvollen) Tradition des Gewerkschaftsflügels der NSDAP unter der Führung der Gebrüder Straßer. Während der Rechtsextremismus in Deutschland im organisatorischen und ideologischen Bereich stark zersplittert ist, hat die Zahl der gewaltbereiten Rechtsextremisten zugenommen. Aufgrund gesteigerter Aktivitäten besonders in den östlichen Bundesländern mit ausländerfeindlichen Ausschreitungen und der Ausweitung rechtsradikaler Propaganda, vor allem im Internet, stellten 2001 Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag beim Bundesverfassungsgericht Anträge auf ein Verbot der NPD, die sich zunehmend neonazistisch ausrichtet und gewaltbereite Jugendliche an sich zu binden sucht. Ob ein solches Verbot geeignet ist, das rechtsextreme und gewalttätige Potenzial wirksam zu bekämpfen, wird allerdings von Kritikern bezweifelt.
III
Rechtsextremismus,
 
Extremismus.

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Rẹchts|ex|tre|mis|mus, der <o. Pl.> (Politik): rechter (1 c) Extremismus.

Universal-Lexikon. 2012.