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Linksextremismus
Lịnks|ex|tre|mis|mus auch: Lịnks|ext|re|mis|mus 〈m.; -; unz.; Pol.〉 polit. Bewegung, die extrem linksgerichtet ist; Ggs Rechtsextremismus

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Lịnks|ex|t|re|mis|mus, der <o. Pl.> (Politik):
linker (2) Extremismus.

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I
Linksextremismus,
 
Extremismus.
II
Linksextremismus,
 
eine Form des politischen Extremismus, die den demokratischen Verfassungsstaat ablehnt. Negiert der Rechtsextremismus das Prinzip der menschlichen Fundamentalgleichheit, so verabsolutiert der Linksextremismus das Prinzip der Gleichheit. Linksextremismus ist eine Sammelbezeichnung für antidemokratische Bestrebungen, die auf der äußersten Linken der herkömmlichen Rechts-Links-Skala angesiedelt sind. Für den Anarchismus sind alle Formen der Herrschaft von Übel, für den Kommunismus ist es die kapitalistische Klassenherrschaft. Zu dem in viele Richtungen aufgesplitterten Kommunismus zählen u. a. der Leninismus, der Stalinismus, der Trotzkismus, der Maoismus, die in sich höchst unterschiedlichen Konzeptionen aufweisen. Auch Teile der neuen Linken können als eine Spielart des Linksextremismus gelten. Ob die Ideologie des Marxismus generell eine Form des Linksextremismus darstellt, ist in der Forschung umstritten. Für die einen ist der russische Bolschewismus eine konsequente Weiterentwicklung des Marxismus, für die anderen eine Pervertierung. Wird der Begriff des Linksextremismus weit gefasst, so gehören zu ihm auch bestimmte Formen des Terrorismus (z. B. Rote-Armee-Fraktion, Abkürzung RAF), der seine Ziele gewaltsam durchzusetzen versucht.
 
Wo Repräsentanten des Linksextremismus an die Macht gelangten, errichteten sie eine autoritäre oder totalitäre Diktatur. Als Linksextremismus gilt also eine spezifische antidemokratische Richtung, die noch nicht oder nicht mehr an der Macht ist. Durch den nahezu weltweiten Zusammenbruch der kommunistischen Staats- und Gesellschaftssysteme (1989-92) ist der Linksextremismus in den meisten Ländern in eine tiefe Krise geraten. Die ehemaligen Staatsparteien beziehungsweise ihre Nachfolgeorganisationen versuchen sich teils als politische Kräfte der Linken im Rahmen eines Mehrparteiensystems zu etablieren, teils erstreben sie im Sinne des Linksextremismus die Rückkehr zur Einparteienherrschaft (kommunistische Parteien). In einigen westeuropäischen Staaten vermochten kommunistische Parteien ihre Bedeutung weitgehend zu behaupten, so in Frankreich der Parti Communiste Français, der 1981-84 sowie 1997 seine Regierungsbeteiligung erreichte (Stimmenanteil 1997: 9,7 %). Vom Partito Comunista Italiano, der sich 1990 unter dem Namen Partito Democratico della Sinistra vom Kommunismus abwandte, spaltete sich 1991 die linksextreme Rifondazione Comunista ab (Stimmenanteil 1996: 8,6 %).
 
Linksextremismus in der Bundesrepublik Deutschland:
 
In keinem Land der Erde ist die Verwendung des Begriffs Linksextremismus so verbreitet wie in der Bundesrepublik Deutschland, bedingt durch die deutsche Teilung 1945/49-90. In Österreich und der Schweiz, wo die kommunistischen Parteien sich lange an der Ideologie der Sowjetunion ausrichteten, haben Gruppierungen des Linksextremismus nach 1945 nur eine marginale Rolle gespielt. In der Bundesrepublik Deutschland wurde die sich am System der DDR orientierende Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 1956 durch das Bundesverfassungsgericht verboten; bei der Bundestagswahl 1949 hatte sie 5,7 % der Stimmen errungen und war im ersten Deutschen Bundestag vertreten. Vor 1949 war sie sogar an den meisten Landesregierungen beteiligt. Bis in die 60er-Jahre wurden zahlreiche Vereinigungen des Linksextremismus verboten; seit Ende der 60er-Jahre ist keine linksextremistische Vereinigung mehr auf diese Weise aus dem politischen Leben ausgeschaltet worden.
 
War bis Mitte der 60er-Jahre der Linksextremismus fast ausschließlich am Sowjetkommunismus ausgerichtet, so setzte mit der studentischen Protestbewegung eine Auffächerung ein (außerparlamentarische Opposition). 1968 konstituierte sich eine Deutsche Kommunistische Partei (DKP) neu, die organisatorisch, ideologisch und finanziell von der DDR abhängig war. Sie kam bei Bundestagswahlen nur auf 0,2 und 0,3 % der Stimmen; ihr gesellschaftlicher Einfluss war dank geschickter Bündnispolitik allerdings größer. Die Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre entstandenen und streng hierarchisch strukturierten »K-Gruppen« stellten Spielarten des Maoismus dar. Sie lehnten den Marxismus sowjetischer Prägung als »revisionistisch«, als »unrevolutionär« ab. Noch vor dem Ende des Kommunismus lösten sich diese Kaderparteien überwiegend wieder auf. Trotzkistische Gruppierungen spielten niemals eine größere Rolle. In den 80er-Jahren bildeten sich locker gefügte linksmilitante »Autonome« heraus, die der Hass auf den Staat eint. Nach der deutschen Vereinigung gewannen sie im Gegensatz zu anderen Formen des Linksextremismus an Zulauf.
 
Nach dem Verfassungsschutzbericht für den Bund (1996) werden dem Linksextremismus über 35 000 Mitglieder zugerechnet. Die aus der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) hervorgegangene Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) mit ihren 105 000 Mitgliedern gilt nicht als Partei des Linksextremismus, auch wenn nach Angaben des Verfassungsschutzes vielfältige Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sprechen. Das Verhältnis der Partei zur parlamentarischen Demokratie ist ebenso wenig klar wie ihr Verhältnis zur Gewalt. Die PDS weist in ihren Reihen Gruppierungen auf, die aus ihrer Ablehnung der parlamentarischen Demokratie kein Hehl machen: die »Kommunistische Plattform der PDS«, die »Arbeitsgemeinschaft Junge GenossInnen in und bei der PDS«, das »Marxistische Forum der PDS«. In den alten Bundesländern sind die allerdings nur etwa 2 500 Mitglieder der PDS überwiegend linksextremistisch strukturiert. - Zu den gewaltbereiten Linksextremen zählen mehr als 7 000 Personen (insbesondere »Autonome«). Eines ihrer bevorzugten Aktionsfelder sind militante Demonstrationen unter dem propagandistischen Schlagwort des »Antifaschismus«. - Zu den Marxisten-Leninisten gehören die DKP mit nur noch etwa 6 000 Mitgliedern sowie die »Marxistische Gruppe« (rd. 10 000 Mitglieder), die trotz ihrer 1991 verkündeten offiziellen Auflösung stabile Strukturen aufweist. Durch den Zusammenbruch des sowjetischen Kommunismus ist die bisherige Einordnung in den sowjetmarxistischen und den »maoistischen« Linksextremismus nicht mehr brauchbar.
 
Literatur:
 
G. Langguth: Protestbewegung. Entwicklung, Niedergang, Renaissance; die Neue Linke seit 1968 (1983);
 P. Moreau u. J. Lang: L. (1996).
 
Weitere Literatur: Extremismus.

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Lịnks|ex|tre|mis|mus, der <o. Pl.> (Politik): linker (2) Extremismus.

Universal-Lexikon. 2012.