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Proudhon
Proudhon
 
[pru'dɔ̃], Pierre Joseph, französischer Sozialist und Schriftsteller, * Besançon 15. 1. 1809, ✝ Paris 19. 1. 1865; Schriftsetzer; aus handwerklich-bäuerlichen Verhältnissen stammend, eignete sich in kurzem Studium, im Wesentlichen aber als Autodidakt ein umfassendes Wissen an. In seiner 1840 erschienenen Schrift »Qu'est-ce que la propriété? Ou, Recherches sur le principe du droit et du gouvernement« (1840; deutsch »Was ist Eigenthum, oder Untersuchungen über den letzten Grund des Rechts und des Staates«), die ihn mit einem Schlag berühmt machte, griff Proudhon die bestehende Eigentumsordnung an, mit der These »Eigentum ist Diebstahl!«, womit er nicht das Prinzip des Privateigentums, sondern dessen ungleiche und ungerechte Verteilung meinte. Proudhon forderte die gleichmäßige Verteilung des Produktionseigentums zulasten des gewerblichen Großeigentums und zugunsten einer Vielzahl von Kleinproduzenten, die ihre mit eigenen Arbeitsinstrumenten produzierten Waren an einer Tauschzentrale (»La banque d'échange«) gegen Tauschbons abliefern sollten. Diese Tauschbons sollten zum Bezug gleichwertiger Waren berechtigen, wodurch die sonst anfallende Handelsspanne entfiele. 1844 lernte Proudhon in Paris K. Marx kennen, der ihn vergebens zu einer Vertiefung seiner kritischen Analyse und zu einer Mitarbeit am Brüsseler Kommunistischen Korrespondenz-Komitee anzuregen suchte. Nachdem die französische Nationalversammlung 1848 Proudhons Vorschlag zur Einrichtung von Tauschzentralen, den er als Abgeordneten einbrachte, verworfen hatte, gründete er 1849 eine (allerdings nur ein halbes Jahr bestehende) Volksbank, die kostenlos Kredite vergab. Den zentralistischen Staat kritisierte Proudhon als Ursprung der Unterdrückung, seine neue Gesellschaftsordnung wollte er ohne Staatsmacht errichten (»Keine Partei mehr, keine Autorität mehr, unbedingte Freiheit des Menschen und des Bürgers!«). Proudhon wurde von marxistischer Seite v. a. vorgeworfen, er habe mit seiner Theorie versucht, die mit dem Kapitalismus entstandenen Klassen zu versöhnen und zwischen ihnen zu vermitteln, weiter habe er durch eine unzulängliche Auffassung von historischer Dialektik u. a. die relative Progressivität des kapitalistischen Konzentrationsprozesses verkannt.
 
Literatur:
 
P.-Bibliogr., hg. v. J. Hilmer u. L. Roemheld (1989);
 M. Nettlau: Gesch. der Anarchie, auf mehrere Bde. ber. (Nachdr. 1993 ff.).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Arbeiterbewegung: Anfänge der Arbeiterbewegung
 
Anarchismus: Anarchistische Bewegungen im 19. Jahrhundert
 

Universal-Lexikon. 2012.