Johạnnes Paul,
Päpste:
1) Johạnnes Paul I. (26. 8.-28. 9. 1978), vorher Albino Luciani [lu'tʃɑːni], * Forno di Canale (heute Canale d'Agordo, Provinz Belluno) 17. 10. 1912, ✝ Rom 28. 9. 1978; entstammte einer Arbeiterfamilie; wurde 1935 zum Priester geweiht und war 1937-47 Vizerektor und Professor am Priesterseminar in Belluno; war dort ab 1948 Provikar und ab 1954 Generalvikar; wurde 1958 Bischof von Vittorio Veneto und 1969 Patriarch von Venedig; 1973 zum Kardinal ernannt. Sowohl durch die Wahl seines Papstnamens wie auch in seiner ersten öffentlichen Ansprache betonte Johannes Paul seine Absicht, die Beschlüsse des 2. Vatikanischen Konzils in Kontinuität mit den Pontifikaten seiner beiden Vorgänger weiter umzusetzen und den durch das Konzil eröffneten ökumenischen Dialog fortzuführen. Schwerpunkte seines kurzen Pontifikats (eines der kürzesten der Kirchengeschichte) waren die Seelsorge und die soziale Arbeit der Kirche.
Ausgaben: Botschaft der Güte und Hoffnung. Die Ansprachen seines Pontifikats, herausgegeben von E. Bordfeld (31979); Mein Vermächtnis, herausgegeben von H. Machowetz u. a. (1986); Vom Wert der Familie, herausgegeben von Regina Kummer und H. Machowetz (2001).
G. Huber: J. P. I. (a. d. Frz., 1979).
2) Johạnnes Paul II. (seit 16. 10. 1978), früher Karol Wojtyła [vɔi̯'tiu̯a], * Wadowice (Woiwodschaft Kraków) 18. 5. 1920; studierte ab 1938 Philosophie und Literatur in Krakau, 1942-51 Theologie in Krakau und Rom; erhielt 1946 die Priesterweihe; war ab 1953 Professor für Moraltheologie an der katholischen Universität Lublin; wurde 1958 Weihbischof, 1964 Erzbischof von Krakau und 1967 Kardinal. Als Papst wurde er am 13. 5. 1981 bei einem Attentat auf dem Petersplatz in Rom schwer verletzt. - Johannes Paul ist der erste polnische und seit dem Niederländer Hadrian VI. (1522/23) der erste nichtitalienische Papst. Wie seine Vorgänger hält auch Johannes Paul prinzipiell an den Positionen des 2. Vatikanischen Konzils fest, betont jedoch in Fragen der Leitung der Weltkirche gegenüber dem Kollegialitätsprinzip (repräsentiert durch die Bischofssynode) die Bedeutung des Papstamtes als universelle katholische Größe mit höchster Leitungs- und Lehrautorität. Durch den volkskirchlich-konservativen polnischen Katholizismus geprägt, vertritt Johannes Paul theologisch eine konservative Richtung (Aufwertung traditioneller Frömmigkeitsformen, v. a. der Marienverehrung). Durch die Exkommunikation M. Lefebvres (1988) hat er jedoch eine Abgrenzung gegen traditionalistische Strömungen in der katholischen Kirche vorgenommen. Große Popularität erlangte Johannes Paul v. a. durch zahlreiche, von ihm im Sinne einer weltweiten Seelsorge durchgeführte Auslandsreisen, unter denen der Reise in sein Heimatland Polen 1979 als dem ersten Besuch eines Papstes in einem kommunistischen Staat eine besondere Bedeutung zukommt (u. a. auch in seinen innenpolitischen Auswirkungen in Polen). Inner- wie außerhalb der Kirche umstritten ist jedoch seine rigoros ablehnende Haltung bezüglich der Zulassung von Frauen zum Priesteramt, der Aufhebung der Zölibatsverpflichtung und in ethischen Fragen (Verurteilung von Empfängnisverhütung, Schwangerschaftsabbruch und Homosexualität). In den 90er-Jahren bestimmten drei Schwerpunkte das Pontifikat Johannes Pauls: die Rekonstitution und Neuordnung der kirchlichen Strukturen in den ehemaligen kommunistischen Staaten Mittel-, Südost- und Osteuropas; die geistliche Erneuerung (»Neuevangelisierung«) des geschichtlich durch das Christentum geprägten Kulturraumes Europa und die Vorbereitung und Feier des heiligen Jahres 2000, das der Papst mit dem Wunsch nach einer neuen Qualität der Beziehungen zwischen den christlichen Kirchen und den Weltreligionen verband. Diesen Anliegen verpflichtet waren die Reisen in die Tschechoslowakei (1990), nach Polen und Ungarn (1991), nach Albanien, Litauen, Lettland und Estland (1993), Kroatien (1994), nach Polen, in die Tschechische Republik und in die Slowakische Republik (1995) und nach Slowenien und Ungarn (1996), die international stark beachteten Besuche in Sarajevo (1997), in Kuba (1998) und die Reise nach Rumänien (1999), der erste Papstbesuch in einem Land mit orthodoxer Bevölkerungsmehrheit. In die Zukunft weisende ökumenische Wegmarken setzte Johannes Paul besonders mit der Ökumeneenzyklika »Ut unum sint« (1995), dem an die Ostkirchen gerichteten Apostolischen Schreiben »Orientale lumen« (1995) sowie mit den positiven Äußerungen über M. Luther während des ökumenischen Treffens anlässlich seines dritten Besuches in Deutschland 1996 (nach 1980 und 1987). Einen Höhepunkt des christlich-islamischen Dialogs bildete seine Begegnung mit dem iranischen Staatspräsidenten S. M. Khatami 1999 im Vatikan. Herausragende Ereignisse von kirchengeschichtlicher Bedeutung des Jahres 2000 waren der Besuch Ägyptens im Februar, wo Johannes Paul als einfacher Pilger das orthodoxe Katharinenkloster betrat (erstmalig in der Papstgeschichte) und Christen, Juden und Muslime zum Dialog und zur Eintracht aufrief, das am 12. März in der Peterskirche vorgetragene Schuldbekenntnis und die Vergebungsbitte für Verfehlungen und Irrtümer in der Geschichte der Kirche und die Papstreise in das Heilige Land (Jordanien, Israel, Westjordanland) vom 20. bis 26. März zum Besuch der heiligen Stätten des Christentums. Im Zeichen der Wiederannäherung von katholischer und orthodoxer Kirche sowie der Fortführung des christlich-islamischen Dialogs stand die Papstreise im Mai 2001 nach Griechenland, Syrien und Malta, während der Johannes Paul II. als erster Papst eine Moschee betrat (Omaijadenmoschee), unter kirchenpolitisch schwierigen Vorzeichen der Pastoralbesuch in der Ukraine im darauf folgenden Monat. Höhepunkt der 95. Auslandsreise Johannes Pauls II. im September 2001, in deren Verlauf er Kasachstan und Armenien besuchte, war die Teilnahme an der 1 700-Jahrfeier der Christianisierung Armeniens. Im Januar 2002 lud Johannes Paul - nach 1986 zum zweiten Mal - Vertreter der Weltreligionen zum Gebet für den Frieden und für Verständigung zwischen den Völkern und Religionen nach Assisi ein. Seine 96. Auslandsreise im Mai 2002 führte ihn nach Aserbaidschan und Bulgarien. Im Zentrum der jüngsten, 97. Papstreise nach Kanada, Guatemala und Mexiko im Juli/August 2002 standen die Teilnahme am 17. Weltjugendtag der katholischen Kirche in Toronto und die erstmalige Heiligsprechung eines Indios in der Kirchengeschichte in Mexiko.
Die Enzykliken Johannes Pauls befassen sich mit der Situation der Christen in der heutigen Welt, mit Fragen der Spiritualität sowie mit den Grundlagen der christlich geprägten Kultur Europas: »Redemptor hominis« (Erlöser des Menschen; 1979), »Dives in misericordia« (Über das göttliche Erbarmen; 1981), »Laborem exercens« (Über die menschliche Arbeit; 1981), »Slavorum Apostoli« (Apostel der Slawen. Über die apostolische Mission von Kyrillos und Methodios; 1984), »Dominum et vivificantum« (Über den Heiligen Geist; 1986), »Redemptoris mater« (Über Maria; 1987), »Sollicitudo rei socialis« (Die soziale Sorge der Kirche; 1987), »Redemptoris missio« (Die Sendung des Erlösers. Über die fortdauernde Gültigkeit des missionarischen Auftrags; 1990), »Centesimus annus« (Das hundertste Jahr. Über die katholische Soziallehre; 1991), »Veritatis splendor« (Glanz der Wahrheit. Über grundlegende Fragen der kirchlichen Morallehre; 1993), »Evangelium vitae« (Evangelium des Lebens. Über den Wert und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens; 1995), »Ut unum sint« (Damit sie eins seien. Über den Einsatz für die Ökumene; 1995), »Fides et ratio« (Glaube und Vernunft. Über grundsätzlichen Fragen des Verhältnisses von Theologie und Philosophie; 1998).
Werke: Varcare la soglia della speranza (1994; deutsch Die Schwelle der Hoffnung überschreiten); Geschenk und Geheimnis: Zum 50. Jahr meiner Priesterweihe (Graz 1997).
W. Hammel: Die Ostpolitik Papst J. P.s II. (Bern 1984);
E. Trost: Der Papst aus einem fernen Land. J. P. Werk u. Wirkung (Neuausg. Wien 1986);
W. Raith: Eiszeit im Vatikan. J. P. II. u. seine Kritiker (1993);
T. Szulc: Papst J. P. II. Die Biogr. (a. d. Amerikan., 1996);
M. Maliński: Wer ist Karol Wojtyła? Auskünfte eines Freundes über J. P. II. (a. d. Poln., 1998);
L. Accattoli: J. P. II. Die Biogr. (a. d. Ital., Graz 2000);
B. Hülsebusch: Ein Fels mit Charme. J. P. II. Anekdoten u. Erinnerungen (2001).
Universal-Lexikon. 2012.