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Marienverehrung
Ma|ri|en|ver|eh|rung, die:
Verehrung Marias in der katholischen Kirche u. in den Ostkirchen.

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Marienverehrung,
 
Sammelbezeichnung für alle Formen der privaten oder öffentlichen Verehrung Marias, v. a. in der katholischen Kirche und in den Ostkirchen. Theologisch begründet und eingegrenzt wird die Marienverehrung von der Mariologie. In der katholischen Theologie kommt Maria eine von der Heiligenverehrung (Dulie) deutlich abgesetzte gesteigerte Verehrung (Hyperdulie) zu, die ihrerseits von der Anbetung Gottes (Latrie) unterschieden wird. In der (Volks-)Frömmigkeit verschwimmen jedoch diese Grenzen vielfach.
 
Ältestes Zeugnis (um 300) der Anrufung Marias ist das Gebet »Unter Deinen Schutz«. Eine eigentliche Marienverehrung entwickelte sich erst seit dem Konzil von Ephesos (431). Die ersten Marienfeste entstanden im 5. Jahrhundert im Osten. In der westlichen Kirche wurden im 7. Jahrhundert Verkündigung, Entschlafung, Geburt und Reinigung Marias gefeiert. Seit dem 11. Jahrhundert war das Ave Maria das neben dem Vaterunser am weitesten verbreitete Gebet. Seit dem Hochmittelalter weitete sich die Marienverehrung aus, zum Teil in Wechselwirkung mit der Entfaltung des Ideals der höfischen Minne (Mariendichtung) und in enger Verbindung mit der Mystik. Im Mittelpunkt standen die Heilsmittlerschaft Marias als Mutter Jesu Christi (»Mediatrix«), die den bittenden Menschen Hilfe und Schutz in allen Lebensnöten gewährt, wie auch das mystische Nachempfinden der Freuden und Schmerzen, die Maria um ihres Sohnes willen erfahren hat. Als Formen der Marienverehrung entwickelten sich ein ausgedehntes Wallfahrtswesen sowie bestimmte Gebetsformen wie der Rosenkranz und die Verehrung von Marienreliquien. Nach der Reformation wurde die Marienverehrung in der katholischen Kirche zu einem Unterscheidungsmerkmal gegenüber den anderen Konfessionen und gewann v. a. in der Barockfrömmigkeit große Bedeutung. Im 19. Jahrhundert wurde das nach Marienerscheinungen wie in Lourdes oder Fátima entstandene Pilgerwesen sichtbarer Beweis für die Lebendigkeit der Marienverehrung. Ihren theologischen Ausdruck fand sie in den beiden marianischen Dogmen von 1854 (Erbsündenfreiheit/Unbefleckte Empfängnis) und 1950 (Aufnahme Marias in den Himmel). Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des ersten marianischen Dogmas erklärte Papst Pius XII. das Jahr 1954 zum »Marianischen Jahr«. Wichtige päpstliche Stellungnahmen zur Marienverehrung bildeten das Apostolische Mahnschreiben Paul VI. »Marialis cultus« (»Über die Verehrung Marias«; 1974), das gegen einen zum Teil verselbstständigten Marienkult die Bindung der Marienverehrung an Christus betont, und die anlässlich des »Marianischen Jahres« 1987/88 veröffentlichte Enzyklika Johannes' Paul II. »Redemptoris mater« (»Über Maria«; 1987), in der Maria als Vermittlerin des Glaubens hervorgehoben wird - Die evangelischen Kirchen betonen die alleinige Heilsmittlerschaft Jesu Christi und standen der Marienverehrung bis in die jüngste Zeit distanziert bis ablehnend gegenüber. Seit einigen Jahren ist jedoch ein wachsendes Interesse an der Person Marias festzustellen, das an M. Luthers Marienverständnis (als Vorbild des christlichen Glaubens) anknüpft. - Die Marienverehrung in den Ostkirchen drückt sich v. a. in zahlreichen Muttergottesdarstellungen und Hymnen aus. Die marianischen Dogmen der katholischen Kirche werden jedoch abgelehnt.
 
Das Brauchtum kennt im Zusammenhang mit der Marienverehrung Reliquien, Medaillen, Bildchen, Votivtafeln und Devotionalien der verschiedensten Art, die Maria als besonders volkstümliche Heilige bezeugen. Eine Reihe von Tieren und Pflanzen wird namentlich mit Maria in Verbindung gebracht (z. B. Marienkäfer, Mariendistel). Manche Erklärungssagen über die Natur bestimmter Tiere und Pflanzen knüpfen an Episoden aus dem Marienleben an. Die Marienfeste galten als bäuerliche Arbeitstermine und Lostage, und manche Bräuche (z. B. die Kräuterweihe) schließen an sie an.
 
Literatur:
 
Lex. der Marienkunde, hg. v. K. Algermissen u. a. (1967);
 S. Beissel: Gesch. der Verehrung Marias in Dtl. während des MA. (1909, Nachdr. 1972);
 A. Fries: M. heute (1979);
 H. Sperber: Unsere Liebe Frau. 800 Jahre Madonnenbild u. M. (1980);
 F. Brems: Marienwallfahrtsorte in Europa (1994);
 
Maria in der Welt. M. im Kontext der Sozialgeschichte. 10.-18. Jh., hg. v. C. Opitz u. a. (Zürich 1993);
 K. Schreiner: Maria. Jungfrau, Mutter, Herrscherin (Neuausg. 1996);
 J. Pelikan: M. 2000 Jahre in Religion, Kultur u. Gesch. (a. d. Engl., 1999).

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Ma|ri|en|ver|eh|rung, die: Verehrung Marias in der katholischen Kirche u. in den Ostkirchen.

Universal-Lexikon. 2012.