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Or|na|ment [ɔrna'mɛnt], das; -[e]s, -e:Verzierung, schmückendes Muster an einem [künstlerischen] Gegenstand oder an einem Bauwerk:
eine Zimmerdecke mit Ornamenten aus Stuck.
Zus.: Weinrankenornament.
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Or|na|mẹnt 〈n. 11〉 Verzierung, Schmuck, Schmuckform [<lat. ornamentum „Ausrüstung, Ausschmückung, Schmuck“]
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Or|na|mẹnt , das; -[e]s, -e [spätmhd. ornamentum < lat. ornamentum = Ausrüstung; Schmuck, Zierde, zu: ornare = ausrüsten; schmücken] (Kunst):
(skulptierte, eingelegte, gemalte o. Ä.) Verzierung eines Gegenstandes mit meist geometrischen od. pflanzlichen Motiven:
-e aus Silberdraht.
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Ornamẹnt
[lateinisch »Ausrüstung«, »Schmuck«] das, -(e)s/-e, sich wiederholende Verzierung an Bauwerken und Gegenständen aller Art. Das Ornament kann die Form des Gegenstands, dessen Schmuck es bildet, gliedern und betonen, sich aber auch neutral zu ihr verhalten oder sie überwuchern. Die Formensprache der Ornamentik (Gesamtkomposition der Ornamente) bewegt sich zwischen den beiden Polen einer rein linearen, abstrakt geometrischen und einer auf organische Formen zurückgreifenden figuralen, zuweilen naturalistischen Gestaltungsweise.
Vorgeschichte und Altertum
Die Kleinkunst der jüngeren Altsteinzeit weist mit Gravierungen auf Geräten aus Horn und Elfenbein seit 30 000 v. Chr. bereits eindeutig Ornamente auf. Es kommen v. a. lineare Ornamente wie rhythmische Strichreihen, Zickzackbänder, Wellenlinien, Spiralen und Mäandermuster vor. - In der Jungsteinzeit war die Keramik der wichtigste Ornamentträger. Neben geometrischer findet sich auch figurale Ornamentik (Bukranion). In der Bronze- und Eisenzeit war die Keramik in vielen Kulturen durch Eindrücke und Bemalung verziert; gleichzeitig trat aber die Ornamentierung von Metallgeräten (Schmuck, Waffen) in den Vordergrund.
Die auf Reliefs auftretenden ornamentalen Motive Mesopotamiens (stilisierte Palmettenbäume, Rosette, Granatapfel) gehen anscheinend auf Gestaltungselemente der hurritischen Rollsiegel zurück und lassen vermuten, dass das endlose Band von Siegelabrollungen dafür Anregungen gab. Die altägyptische Malerei und Kleinkunst (Siegel, Amulette) bevorzugte stilisierte pflanzliche Motive wie Lotos, Papyrus und Lilie, sie werden oft neben Hieroglyphen oder Bilderschrift ornamental eingesetzt. Im Mittelmeerraum findet sich der früheste naturalisierende Ornamentstil in der minoischen Kunst auf Kreta, wobei Spirale, Torsion und Rapport der Anordnung der Elemente zugrunde liegen; Beispiele finden sich in der Glyptik, in der Vasenmalerei, auf Fresken und Treibarbeiten.
In der griechischen Antike war der Mäander Leitform des geometrischen Stils, der ornamentalisierende Stil griff orientalische Tiere und Fabelwesen sowie die Palmette auf, die in der griechischen Archaik neben Lotos, Volute und Flechtband im Vordergrund stand; der Akanthus entstand in der klassischen griechischen Kunst. Das griechische Ornament kommt in der Vasenkunst als Fries vor, in der Baukunst ebenfalls als Fries und am Kapitell, als Schmuckstab am Gesims (je nach den verschiedenen Ordnungen Kymation, Eierstab, Astragal), an Stirnziegeln, als Bekrönung (Akroter) von Giebeln sowie von Grabstelen. Das Ornament in der römischen Kunst ist weitgehend aus dem griechischen Formenschatz abgeleitet, es wurde oft als Flächen überspannendes Muster eingesetzt, beherrschend waren Akanthus und Palmettenranke. In der spätantiken Ausbildung der hellenistisch-römischen Ornamentik wurzeln Bildungen der byzantinischen, islamischen sowie der germanischen Ornamentik. Ältere Formen der griechischen Ornamente beeinflussten z. B. die keltische Kunst, die in ihrer weiteren Entwicklung (v. a. in der irischen Kunst) auch römische und frühbyzantinische Elemente aufnahm.
Europäisches Mittelalter
Im Norden Europas entstand nach Übernahme spätantiker oder orientalischer Schmuckverfahren und verschiedener formaler Anregungen während der Völkerwanderungszeit die germanische Tierornamentik. Geräte, Waffen und Schmuckstücke wurden mit komplizierten Linienmustern aus kunstvoll verschlungenen, abstrahierend gestalteten Tiermotiven und Bandgeflechten überzogen. In der Zeit vom 7. bis 12. Jahrhundert gab es neben der intensiven Aufnahme antiker Formen auch Strömungen, in denen die germanische Ornamentkunst nachlebte, so z. B. in der insularen Buchmalerei, die in ihren kalligraphischen Geflechtinitialen die keltisch-germanische Tradition fortsetzt. Eine Verbindung insularer Kunst mit antiken Motiven zeigen Handschriften der Hofschule Karls des Großen In der ottonischen Kunst kamen byzantinische Elemente hinzu. Seit der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde die Architektur wieder vorrangig Träger des Ornaments, besonders an Friesen und Kapitellen. Das Akanthuskapitell wurde mannigfach variiert und stilisiert. Die Gotik betonte das Naturhaft-Pflanzenhafte (Knospenkapitell, Blattkapitell). Daneben entwickelte sich das Maßwerk im 14. Jahrhundert zur vielfach unterteilten abstrakten Schmuckform bis hin zur bewegten Fischblasenornamentik der Spätgotik (Flamboyantstil). Schließlich wandelten sich die geometrischen Formen häufig zu kompliziert verschlungenem Laubwerk und Astwerk, besonders ausgeprägt in den deutschen Schnitzaltären.
Die Renaissance, die in weitestem Umfang auf Formelemente der römischen Kaiserzeit zurückgriff, bildete die antike Groteske weiter und schuf als neues Motiv die Kartusche. Nördlich der Alpen entstanden im 16. Jahrhundert das Rollwerk, das die Grundlage des Florisstils bildete, das Beschlagwerk und, an beide anknüpfend, bald nach 1600 das Knorpelwerk. Zugleich entwickelte sich der Ornamentstich zu einer eigenen Kunstgattung.
Im italienischen Barock wurden die Ornamentmotive der Renaissance, besonders Akanthus und Kartusche, ins schwungvoll Plastische mit stark räumlicher Wirkung gesteigert. Um 1700 kehrte die Ornamentik in Frankreich zu einer mehr flächenhaften, das Bandornament bevorzugenden Dekorationsweise zurück (Régence). Hier entstand ein ganz neues, typisch französisches Dekorationssystem, das um 1730 durch nochmalige Verfeinerung und elegant-graziöse Auflockerung zum Louis-quinze überging. Die rechteckigen Rahmenformen wurden kurvig beschwingt, alle Ornamente noch zierlicher und zugleich durch das kapriziöse Motiv der Rocaille bereichert. Das süddeutsche Rokoko fasste die gesamte dekorative Formenwelt in überschäumender Fantasie zu einem festlichen, farbenfrohen Gesamtkunstwerk zusammen.
Das Louis-seize und das Empire wie der Klassizismus kehrten zur Geradlinigkeit und zu zarten, maßvollen Schmuckformen (Blattkränze, Blütenzweige und antikisierende Motive) zurück.
Der Historismus im 19. Jahrhundert verwendete Formen fast aller vorangegangenen Stile. Erst der Jugendstil brachte wieder Versuche zur Neubelebung des Ornaments, dessen vegetabilisch schwellende Formen in den 1960er-Jahren in der Pop-Art und der von ihr abstammenden Richtung des Grafikdesigns aufgegriffen wurden. In den 1970er-Jahren wurden Ornamente der verschiedenen Kulturen vom Patternpainting verwendet.
In der Volkskunst ist die Verwendung von Ornamenten charakteristisch; die Motive wurden aus den Werken der bildenden Kunst der herrschenden Schichten entlehnt, wobei die einzelnen Typen (z. B. Vögel, Blumen, Rosetten) vielfältig abgewandelt wurden und sich - unabhängig von einem Stilwechsel - lange tradierten. Verwendung fanden Ornamente zur Verzierung von Gebrauchsgegenständen (z. B. Textilien, Hafnerwaren) und in der Ausgestaltung des Hauses, z. B. bei Kacheln, Bauernmöbeln, Schnitzereien (besonders beim Fachwerkhaus).
Außereuropäische Entwicklungen
In der indischen Architektur war stets der Lotos in zahlreichen Formen und Verbindungen beliebt. Daneben lockern Schachbrettmusterfriese und Flechtbänder die Fassaden, Purnaghatas die Pfeiler von Klöstern und Tempeln auf. In der Gandharakunst kommen neben den zunächst nur buddhistischen Standardornamente (Vedikafriese, Triratnas) auch europäisch beeinflusste Ornamente zur Geltung (Weinranken und -trauben, Akanthusblatt), Blattornamente und Rankenfriese sind v. a. an hinduistischen Tempeln des 6.-11. Jahrhunderts anzutreffen.
In China entwickelte sich eine ausgeprägte Ornamentik auf den Sakralbronzen (Tao tie), die auch auf Lackarbeiten und Textilien auftritt. Zu den wichtigsten gegenständlichen Motiven gehören auch die den Himmelsrichtungen und Jahreszeiten entsprechenden »Vier Zauberkräftigen« (Schildkröte, Drache, Phönix und Tiger). Durch den Einfluss des Buddhismus und über die Seidenstraßen gelangten indische, zentralasiatische, sassanidische und oströmische Ornamente nach China, die in der Tangzeit zu einem oft in Medaillons oder rosettenförmig angeordneten Blüten- und Blattrankendekor (Päonie, Lotos, Weinrebe, Palmette) führen, in den häufig Tiermotive verwoben sind.
In der islamischen Kunst spielte das Ornament auf allen Gebieten der Kunst, als Architekturdekor, im Kunstgewerbe und in der Buchillumination eine wesentliche Rolle. Die Grundformen sind geometrisch (Sterne, Vielecke, Kreise), aber auch vegetabil, oft in stilisierten Formen (Ranken, Rauten, Blüten, Arabesken); ferner gehören die arabischen Schriften zu den elementarsten Formen islamischer Ornamente (Kalligraphie). Der Koranspruch wurde teils frei auf die Fläche oder den Gegenstand gestellt, überzieht ihn meist aber dicht. Er geht auch Verbindungen mit anderen dekorativen Elementen ein. Im 9. Jahrhundert führte die Kerbschnitttechnik im Holz- und Stuckrelief zur lückenlosen Aufeinanderfolge von meist vegetabilen Formen im Schrägschnittstil. Aus der Blattranke entwickelte sich im 10. Jahrhundert die Arabeske. Kompositblüte, Palmette, Flechtband, Sternmuster, Medaillon und Kartusche sind bezeichnend bis zum 14. Jahrhundert In der Mongolenzeit (13.-15. Jahrhundert) kamen neue Ornamente wie Wolkenband, Päonie und Lotos dazu. Zwischen dem Ornament und seiner unterlegten Grundfläche entwickelte sich ein raffiniertes Zusammenspiel, in dem nicht das einzelne Motiv, sondern die Vielfalt der Formen in unendlicher Musterung die Wirkung bestimmte.
In den präkolumbischen Hochkulturen wurden Ornamente als Fassadendekoration an Bauwerken angebracht, z. B. in Form von geometrischen Steinmosaiken in Mitla, bei Bauten des Puucstils in Yucatán, bei Lehmziegelpyramiden in Chan Chan oder in Form von Masken in Teotihuacán und Chichén Itzá. Ornamente erscheinen auch auf Steinmonumenten. Mit figürlichen oder geometrischen Ornamenten, gemalt oder reliefiert, sind Keramikgefäße geschmückt. Die Ornamentik der aus dem Andengebiet erhaltenen Textilien ist besonders reichhaltig; sie wurde durch Färbetechniken, Bemalung und Stempel sowie Stickerei angebracht.
Bei den Indianern Nordamerikas finden sich geometrische Ornamente, z. B. auf den Webarbeiten der Navajo, in den Flechtarbeiten u. a. der Pomo. - In Südamerika zeigen die Ornamente auf den Hängematten einiger Waldland-Indianergruppen (Yagua, Ticuna) Musterungen (Streifen, Zickzack- und Wellenbänder, Dreiecke, Pfeile, Kreuze, Rauten, Parallelogramme), die durch spezielle Maschenstoffverfahren möglich werden.
In der Kunst Ozeaniens spielt das Ornament neben der Bau- und Ritualplastik eine dominierende Rolle. Ornamentformen, stark geometrisiert (Wellenband, Winkelband, Spirale, Oval, Kreis, Flächenschraffur u. a.) und zugleich kombiniert mit figurativen Elementen (v. a. Gesichter von Geistwesen sowie Erscheinungsformen mythologischer Ahnen) können individuelles, gruppenspezifisches oder allgemeines Eigentum sein. Oft wird die erste Ausführung eines Ornaments durch Erwähnung in Mythen beglaubigt. Ornamente gehören zu der von den Vorfahren überlieferten ursprünglichen Form eines Gegenstandes oder des menschlichen Körpers (Bemalung bei Festen, mit Initiation verbundene Narbentatauierung u. a.). Die Ausführung eines Ornaments kann eine zielgerichtete religiöse Handlung (Nachvollzug mythischen Geschehens, zauberhafte Beeinflussung) sein, so im Fall der Sandzeichnungen auf den Neuen Hebriden oder der Sand- und Federgemälde Zentralaustraliens.
T. Cutler: A grammar of Japanese ornament and design (London 1880);
H. Dolmetsch: Der Ornamentenschatz. Ein Musterbuch stilvoller O. aus allen Kunst-Epochen, 20 H. (1886-88);
A. Speltz: Die Gesch. der O. von der Antike bis zur Neuzeit (1915, Nachdr. 1989);
E. H. Gombrich: O. u. Kunst (a. d. Engl., 1982);
G. Irmscher: Kleine Kunstgesch. des europ. O. seit der frühen Neuzeit: 1400-1900 (1984);
O. Jones: Gramm. der O. (a. d. Engl., Neuausg. 1987);
F.-L. Kroll: Das O. in der Kunsttheorie des 19. Jh. (1987);
H. T. Bossert: O. der Völker. Asien, Afrika, Australien u. Amerika (Neuausg. 1990);
H. T. Bossert: O. der Volkskunst. Europa (Neuausg. 1990);
O. u. Gesch. Studien zum Strukturwandel des O. in der Moderne, hg. v. U. Franke u. H. Paetzold (1996);
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Or|na|mẹnt, das; -[e]s, -e [spätmhd. ornamentum < lat. ornamentum = Ausrüstung; Schmuck, Zierde, zu: ornare, ↑ornieren] (Kunst): (skulptierte, eingelegte, gemalte o. ä.) Verzierung eines Gegenstandes mit meist geometrischen od. pflanzlichen Motiven: -e aus Silberdraht; Die Wand hatte eine rosa Tapete mit linearen -en (Ott, Haie 247).
Universal-Lexikon. 2012.