Akademik

Kreis
Bezirk; Landstrich; Ring

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Kreis [krai̮s], der; -es,-e:
1. gleichmäßig runde, in sich geschlossene Linie, deren Punkte alle den gleichen Abstand vom Mittelpunkt haben:
einen Kreis zeichnen.
2. kreisförmige, einem Kreis ähnliche Gruppierung, Bewegung o. Ä.:
die Kinder bildeten einen Kreis; sich im Kreis drehen.
Zus.: Stromkreis.
3. <mit Attribut> Gruppe, Gruppierung, Gemeinschaft von Personen:
ein Kreis interessierter Leute, von jungen Leuten; ein exklusiver Kreis; einflussreiche Kreise.
Syn.: Runde, Schar, Zirkel.
Zus.: Bekanntenkreis, Familienkreis, Freundeskreis, Interessentenkreis, Leserkreis.

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Kreis 〈m. 1
1. geschlossene ebene Kurve, deren Punkte alle den gleichen Abstand vom Mittelpunkt haben; Sy Kreislinie
2. Stromkreis
3. das vom Kreis Eingeschlossene, Kreisfläche
4. Bereich, Bezirk (Bann\Kreis, Licht\Kreis, Wirkungs\Kreis)
5. 〈Abk.: Kr.〉 der Gemeinde übergeordnete Verwaltungseinheit (Land\Kreis, Stadt\Kreis)
6. lose zusammenhängende Kette um einen Mittelpunkt (Sagen\Kreis)
7. durch gemeinsame Interessen verbundene Gruppe (Freundes\Kreis, Sing\Kreis)
8. 〈nur Pl.〉 Teile der Gesellschaft
● mit dem Arm einen \Kreis beschreiben; die Kinder bildeten einen \Kreis; störe meine \Kreise nicht! 〈fig.〉 lass mir meine Ruhe! (nach dem angebl. Ausspruch des Archimedes zu einem röm. Soldaten, der in sein Haus eindrang: „Noli turbare circulos meos!“); einen \Kreis (um einen Punkt) ziehen; am Himmel zog ein Raubvogel seine \Kreise ● die besseren \Kreise die bessere Gesellschaft; ein fröhlicher \Kreis junger Leute; etwas weiten \Kreisen zugänglich machen der Öffentlichkeit, der Allgemeinheit; weite \Kreise der Bevölkerung ein großer Teil der B.; die Sache zog weite \Kreise hatte viele Folgen ● wie aus unterrichteten \Kreisen bekanntwurde ...; im \Kreis der Freunde, der Familie; sich im \Kreise drehen; mir dreht sich alles im \Kreis mir ist schwindlig, alles dreht sich vor meinen Augen; wir sind im \Kreis gegangen wieder dort angekommen, wo wir weggegangen sind; im \Kreis um jmdn. od. etwas herumgehen; die Kinder liefen, tanzten im \Kreis herum; sich im \Kreis um etwas od. jmdn. setzen; alle standen im \Kreis um ihn her; in meinen \Kreisen bei den Menschen, mit denen ich verkehre; im engsten \Kreise nur unter Vertrauten; in politischen \Kreisen unter Politikern; einen \Kreis um jmdn. od. etwas schließen [<ahd. kreiz „Kreislinie, Zauberkreis, abgegrenzter Kampfplatz, Gebiet, Bezirk, Umkreis“ <germ. *kraita-, eigtl. „Einritzung“; verwandt mit kritzeln]

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Kreis , der; -es, -e [mhd., ahd. kreiʒ = Kreislinie; Zauberkreis; Umkreis, urspr. = eingeritzte Linie u. verw. mit ahd. krizzon, kritzeln]:
1. (Geom.)
a) gleichmäßig runde, in sich geschlossene Linie, deren Punkte alle den gleichen Abstand vom Mittelpunkt haben:
ein magischer K. (Zauberkreis);
einen K. zeichnen;
mit dem Zirkel einen K. schlagen, beschreiben;
den Inhalt, Umfang eines -es berechnen;
jmds. -e stören (geh.; jmdn. in seinem persönlichen Bereich, in seinem Wirken stören; nach den Worten »Noli turbare circulos meos« = »Zerstöre meine Kreise nicht« des Archimedes [um 285–212 v. Chr.]);
b) von einem Kreis (1 a) eingeschlossene Fläche; Kreisfläche:
einen K. blau ausmalen.
2. [nahezu] kreisförmige Gruppierung, Figur (6), Bewegung:
ein K. von Bergen, von Gesichtern;
den K. der neugierigen Zuschauer sprengen;
der Raubvogel zieht seine -e;
die Kinder bildeten, schlossen einen K. [um die Lehrerin];
in einem K. [um jmdn.] stehen, sitzen;
sich im -e (rings) umsehen;
es drehte sich ihm alles im K. (ihm war schwindlig);
Ü der K. (die in sich geschlossene Kette der Abschnitte, Monate) des Jahres;
R der K. (die Beweiskette) schließt sich;
-e ziehen (breite Auswirkung haben u. sich auf immer mehr Personen, Gruppen ausdehnen; nach der ringförmigen Ausbreitung von Wasserwellen: die Affäre zog [weite] -e, immer weitere -e);
seine -e ziehen (geh.; nach eigenen Gesetzen, Regeln o. Ä. stetig wirken);
sich im K. bewegen/drehen (immer wieder auf dasselbe zurückkommen, nicht von der Stelle kommen: die Argumentation dreht sich im K.)
3.
a) Gruppe von Personen, die sich getroffen, zusammengefunden, eingefunden usw. haben, zusammen sind; Runde:
der K. der Gäste;
etw. in kleinem, im familiären -e, im [engsten] K. der Familie feiern;
b) mehr od. weniger lockere Gemeinschaft von Personen mit gleichen Interessen od. persönlichen Beziehungen:
ein geselliger, exklusiver K.;
einen K. Kunstinteressierter um sich sammeln;
im engsten K. (unter Vertrauten);
c) <Pl.> Gruppen, Teile der Bevölkerung, der Gesellschaft o. Ä.; gesellschaftliche Gruppen:
kirchliche, militärische -e;
einflussreiche, maßgebliche -e;
die besseren -e (die bessere Gesellschaft);
dies verlautet aus gut unterrichteten -en;
in seinen -en (in den Kreisen, in denen er verkehrt) ist das verpönt;
das kommt in den besten -en vor (das braucht jmdm. also gar nicht so peinlich zu sein);
in den besten, in den ersten -en einer Stadt verkehren.
4. Gruppe, Reihe, Kette von [locker zusammenhängenden] Dingen, Sachverhalten o. Ä.; [Teil]gruppe von Personen, Dingen usw. mit bestimmten gemeinsamen Kennzeichen:
ein breiter K. von Problemen;
Zuschriften aus dem K. der Leser.
5. umgrenzter Bereich:
jmd., etw. ist auf den [engen] K. einer Wissenschaft beschränkt.
6. (bes. den Gemeinden unmittelbar übergeordneter) Verwaltungsbezirk (Abk.: Kr., Krs.):
die Gemeinden des -es;
der Ort gehört zum K. Malzstadt.
7. (Handball) Kurzf. von Wurfkreis (2).
8. (Elektrot.) Kurzf. von Stromkreis, Schaltkreis.

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Kreis,
 
1) Geschichte: Reichskreise.
 
 2) Kommunalrecht: Gebietskörperschaft, d. h. Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Gebietshoheit einen räumlich abgegrenzten Teil des Staatsgebiets sowie dessen Bevölkerung umfasst. Zusätzlich schreiben die Kommunalverfassungsgesetze der Länder dem Kreis die Eigenschaft eines Gemeindeverbandes, also einer eigenständigen kommunalen Körperschaft mit überörtlichen Aufgaben und dem Recht der Selbstverwaltung für den Aufgabenbereich mehrerer kreisangehöriger Gemeinden zu. Davon ist die Inanspruchnahme von Organen des Kreises für Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde zu unterscheiden.
 
Kreise bestehen in allen Ländern Deutschlands mit Ausnahme der Stadtstaaten (Berlin, Bremen, Hamburg), überwiegend mit der Bezeichnung Landkreis. Insgesamt gibt es in Deutschland 324 Landkreise (1996), davon 237 in den alten Ländern und 87 durch Kreisgebietsreform vergrößerte Landkreise in den neuen Ländern (zur Zeit des Beitritts waren es noch 191). Die durchschnittliche Einwohnerzahl liegt bei 150 000 (mit Schwankungsbreite von unter 50 000, Lüchow-Dannenberg, bis über 600 000, Recklinghausen), die durchschnittliche Größe bei 1 000 km2 (mit Schwankungsbreite von unter 225 km2, Main-Taunus, bis über 2 800 km2, Emsland). Die größeren Städte, zumeist solche mit mehr als 100 000 Einwohner, erfüllen neben ihren Gemeindeaufgaben auch die Kreisfunktionen; sie werden als kreisfreie Städte, zum Teil (Baden-Württemberg) noch als Stadtkreise bezeichnet. Dagegen versteht man unter Kreisstadt eine Stadt, in der die Kreisverwaltung ihren Sitz hat; hiervon ist die kommunalrechtliche Sonderform der Großen Kreisstadt zu unterscheiden.
 
Gemäß Art. 28 Absatz 2 Satz 2 GG steht den Kreisen im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe der Gesetze das Recht auf Selbstverwaltung zu. Die Rechtsstellung der Kreise ergibt sich im Einzelnen aus den zum Teil sehr unterschiedlich gestalteten Kreis- beziehungsweise Landkreisordnungen der Länder.
 
 Kreisverfassung
 
Die Kreise handeln durch ihre Organe. Kreisorgane sind der Kreistag, je nach Landesrecht der Kreisausschuss beziehungsweise beschließende Ausschüsse des Kreistages sowie der Hauptverwaltungsbeamte als Institution (Landrat beziehungsweise Oberkreisdirektor). Die typischen Administrationsaufgaben werden dabei der Kreisverwaltungsbehörde zugeordnet. Das Landratsamt ist in manchen Ländern sowohl Behörde des Landkreises als auch untere staatliche Verwaltungsbehörde, z. B. in Baden-Württemberg und Bayern. Ähnlich ist die Organisation auch in Hessen, wo der Landrat Organ des Landkreises und Behörde der Landesverwaltung ist, wobei ihm Bedienstete beigegeben sind, die entweder im Dienst des Landkreises oder des Landes stehen. In anderen Ländern ist die Kreisverwaltungsbehörde eine rein kommunale Selbstverwaltungsbehörde, die neben den Selbstverwaltungsangelegenheiten auf den Kreis übertragene (staatliche) Aufgaben im staatlichen Auftrag und nach dessen Weisungen auszuführen hat (z. B. Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt).
 
Oberstes Organ des Kreises ist (in allen Ländern) der Kreistag; er ist die politische Vertretung des Kreises und seiner Einwohner. Er wird in den meisten Ländern auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Der Kreistag nimmt in parlamentarischer Weise gesetzgeberische Funktionen wahr, indem er Satzungen erlässt; des Weiteren trifft er Verwaltungsentscheidungen (z. B. Beschlussfassung über Bauvorhaben). Den Vorsitz im Kreistag hat entweder ein aus dessen Mitte gewähltes Mitglied (Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt) oder der Landrat kraft Amtes (in der Mehrzahl der Länder). Der Landrat als Hauptverwaltungsbeamter (und gegebenenfalls Vorsitzende des Kreistages) wird nur in einer Minderheit der Länder vom Kreistag gewählt (Baden-Württemberg, Brandenburg), sonst direkt vom Kreisvolk. Die Mitglieder des Kreistages sind wie Landtags- und Bundestagsabgeordnete unabhängig und an keine Weisungen gebunden, besitzen jedoch keine Indemnität und keine Immunität.
 
Die Institution des Kreisausschusses gibt es in allen Kreisordnungen der Länder mit Ausnahme von Baden-Württemberg, Sachsen und Schleswig-Holstein (dort erst 1995 mit Wirkung ab 1998 abgeschafft). In Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und im Saarland ist der Kreisausschuss ein vollwertiges drittes Organ des Kreises, das Entscheidungszuständigkeiten in all den Fällen hat, die nicht dem Kreistag vorbehalten sind und die nicht Geschäfte der laufenden Verwaltung sind, für die ausschließlich der Hauptverwaltungsbeamte verantwortlich ist. Dazu kommen weitere ausdrücklich durch das Gesetz hervorgehobene Aufgaben. Die Funktion eines Hauptausschusses hat der Kreisausschuss in Bayern und in Rheinland-Pfalz Während er in Bayern nur über diejenigen Angelegenheiten beschließt, die ihm der Kreistag ausdrücklich überträgt, hat er in Rheinland-Pfalz auch eine Reihe gesetzlich zugewiesener Beschlussaufgaben, v. a. im Haushalts- und Personalwesen. Als kollegiale Verwaltungsbehörde waltet der Kreisausschuss in Hessen. Hier ist er - dem Magistrat in den Städten vergleichbar - neben den gesetzlichen oder ihm vom Kreistag zugewiesenen Aufgaben insbesondere für die Ausführung der Beschlüsse des Kreistages, für die Führung der Geschäfte der laufenden Verwaltung und für die gesetzliche Vertretung des Kreises zuständig.
 
Der Hauptverwaltungsbeamte des Kreises (Landrat, in Niedersachsen Oberkreisdirektor) ist kommunaler Wahlbeamter auf Zeit; ähnlich wie bei Bürgermeistern hat sich in den meisten Ländern die direkte Wahl des Landrats durch das Kreisvolk durchgesetzt. Den Oberkreisdirektor als Hauptverwaltungsbeamten gibt es nur noch in Niedersachsen; auch dort befindet sich das Modell mit dem Landrat als nur ehrenamtliche Vorsitzender des Kreistages in der Diskussion.
 
 Aufgaben
 
Man unterscheidet als Aufgaben des Kreises: 1) Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches (Selbstverwaltungsaufgaben), die in erster Linie freiwillig wahrgenommen, vereinzelt aber auch gesetzlich als Pflichtaufgaben deklariert werden; 2) weisungsgebundene Aufgaben, die als »Auftragsangelegenheiten«, »Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises« oder auch als »Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung« bezeichnet werden; 3) Aufgaben der Kreisverwaltung beziehungsweise des Hauptverwaltungsbeamten, die diese als allgemeine untere Verwaltungsbehörde des Landes wahrnehmen.
 
Beispiele aus dem Bereich des eigenen Wirkungskreises sind die Wirtschaftsförderung, Büchereien (freiwillige Aufgaben), die Jugendhilfe oder die örtliche Sozialhilfe als Pflichtaufgaben. Typ. Beispiele für den zweiten Komplex sind die Bauaufsicht oder der Lastenausgleich. Als untere staatliche Verwaltungsbehörde werden beim Kreis besonders die Aufgaben der Kreispolizeibehörde, des Katastrophen- und Zivilschutzes, des Ausländerwesens sowie der Kommunal- und Fachaufsicht über kreisangehörige Gemeinden wahrgenommen. Zum Teil sind die Kreise gesetzlich verpflichtet, Einrichtungen zu unterhalten (z. B. Berufsschulen).
 
Der Kreis sorgt außerdem im Wege finanzieller Zuweisungen an einzelne Gemeinden beziehungsweise durch die Erhebung der Kreisumlage für einen gewissen Ausgleich der oft sehr unterschiedlichen Leistungskraft der Gemeinden auf seinem Gebiet. Schließlich treffen ihn die Ergänzungsaufgaben, d. h. Aufgaben, für die die Verwaltungs- und Finanzkraft von einzelnen kreisangehörigen Gemeinden nicht ausreicht (besonders Alten- und Jugendheime, Museen, zum Teil Personennahverkehr).
 
Die Einnahmen der Landkreise bestehen in erster Linie aus Zuweisungen und Erstattungen des Bundes und der Länder sowie aus der Kreisumlage, die die Kreise nach den Landkreisordnungen und den Finanzausgleichsgesetzen der Länder von den Gemeinden und gemeindefreien Gebieten erheben dürfen, soweit die sonstigen Kreiseinnahmen den finanziellen Bedarf nicht decken. Einnahmen und Ausgaben sind in den Kreisen in den alten Ländern im Vergleich zu den neuen Ländern noch unterschiedlich strukturiert. In den neuen Ländern machen die Zahlungen von Bund und Land gut die Hälfte der Einnahmen im Verwaltungshaushalt aus (1996: 7,3 Mrd. DM von 14,5 Mrd. DM); in den alten Ländern ist es nur rund ein Drittel (18 von 54,8 Mrd. DM). Die Einnahmen aus Steuern (Jagdsteuer, Schankerlaubnissteuer sowie v. a. ein landesrechtlich geregelter Anteil am Aufkommen der Grunderwerbsteuer) haben nur geringe Bedeutung. Unter den Ausgaben stehen neben den Personalausgaben die Aufgabenbereiche der sozialen Sicherung (darunter Sozialhilfe), Schulen sowie Bau- und Wohnungswesen und Verkehr im Vordergrund.
 
 Geschichte
 
Die Geschichte der Kreise ist in erster Linie eine Geschichte der preußischen Landkreise. Im 16./17. Jahrhundert entwickelten sich die Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften der Stände, die jedoch im Absolutismus mehr und mehr in staatlichen Verwaltungsbezirke umgewandelt wurden, die eine feste Organisation aufwiesen. Die Absicht des Reichsfreiherrn vom und zum Stein, im Zuge der preußischen Reformen die Landkreise zu echten Selbstverwaltungskörperschaften zu machen, scheiterte; vielmehr degradierte K. A. Freiherr von Hardenberg den Landrat zum ausschließlichen Verwaltungsbeamten. Die Kreisordnungen hielten am ständischen Prinzip fest, machten jedoch die Kreisvertretungen allein vom Besitz abhängig. Erst unter Bismarck wurden durch die Kreisordnung von 1872 (Neufassung 1881) die kreisständischen Befugnisse der Rittergüter beseitigt. Die ab 1884 auch für die westliche Provinz eingeführten Kreisordnungen machten die Landkreise zu Selbstverwaltungskörperschaften und zugleich zu staatlichen Verwaltungsbezirke auf der unteren Ebene. Ihre Organe waren der Kreistag, der Kreisausschuss und der Landrat, der auf Vorschlag des Kreistages vom Staatsministerium ernannt wurde. Diese Einrichtungen blieben im Wesentlichen bis zur Zerschlagung Preußens 1945 in Kraft.
 
Dem preußischen und französischen Vorbild der Provinzialadministration folgten zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch andere deutsche Länder. In Baden entstanden die Bezirke, in Sachsen die Amtshauptmannschaften und in Württemberg die Oberämter. Die traditionellen bayerischen Landgerichte vereinten noch bis 1861/62 Justiz und Verwaltung. Danach wurde die Verwaltung Bezirk-Ämtern übertragen, die 1919 von den Landkreisen abgelöst wurden.
 
Nach 1945 wurden die Landkreise in den drei westlichen Besatzungszonen als Selbstverwaltungskörperschaften neu konstituiert. In Ostdeutschland erhielten die Kreise erst nach der Wende und endgültig mit dem Beitritt zur Bundesrepublik ihr Selbstverwaltungsrecht zurück. Dem Trend zur Verstärkung der unmittelbaren Bürgermitwirkung folgend, sehen nun die meisten Kreisordnungen direkt gewählte Landräte, Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid vor. Staatsangehörige aus den EU-Mitgliedsstaaten dürfen bei den Kommunalwahlen wählen. (kommunale Gebietsreform)
 
In Österreich gibt es seit der 1945 hier wieder beseitigten deutschen Kreisverwaltung keine Gebietskörperschaften zwischen Ländern und Gemeinden. Auf dieser Verwaltungsebene sind vielmehr die Bezirkshauptmannschaften, ergänzt durch einzelne Gemeinde-(zweck-)Verbände (wie die Sozialhilfeverbände) tätig. Ähnlich den deutschen kreisfreien Städten nehmen die Städte mit eigenem Statut neben den Gemeindeaufgaben die Aufgaben der Bezirksverwaltung wahr.
 
In der Schweiz steht es den Kantonen grundsätzlich frei, ob sie zwischen kantonaler und kommunaler Ebene eine weitere Ebene einschalten wollen. Kreise in diesem Sinne bestehen z. B. im Kanton Graubünden. Häufiger sind aber flexiblere und meist von den Gemeinden selbst gewählte Formen der regionalen Zusammenarbeit, z. B. die Gemeindeverbände.
 
Literatur:
 
Die Gemeindeordnungen u. die K.-Ordnungen in der Bundesrepublik Dtl., bearb. v. G. Schmidt-Eichstaedt, Losebl. (1979 ff.);
 
Hb. der kommunalen Wiss. u. Praxis, hg. v. G. Püttner, 6 Bde. (21981-85);
 
Wie funktioniert das? Städte, K. u. Gemeinden, bearb. v. W. Haus u. a. (1986);
 A. Gern: Dt. Kommunalrecht (1994);
 
Die K. im Bundesstaat. Zum Standort der K. im Verhältnis zu Bund, Ländern u. Gemeinden, Beitrr. v. H.-G. Henneke u. a. (1994).
 
 3) Geometrie: K.-LiniKreislini|e, Kreisperipherie, der geometrische Ort aller Punkte der Ebene, die von einem festen Punkt M den gleichen Abstand r haben; hierbei bezeichnet man M als Mittelpunkt oder Zentrum und r als Radius oder Halbmesser des Kreises; als Radius bezeichnet man ebenfalls jede Strecke, die den Mittelpunkt M mit einem Punkt des Kreises verbindet. Durchmesser (d) nennt man sowohl diejenigen Strecken, die zwei Kreispunkte verbinden und M enthalten, als auch deren Länge. Es gilt d = 2r, wenn man Durchmesser und Radius als Längen betrachtet. Der Kreis begrenzt die Kreisfläche (häufig ebenfalls einfach Kreis genannt). Für die Länge U des Kreisumfanges gilt U = 2πr, der Inhalt F der Kreisfläche ist F = πr2 (Pi). Kreisumfang und Kreisfläche können z. B. durch Rektifikation oder Quadratur des Kreises berechnet werden. - Die Gleichung eines Kreises um M (xM; yM) mit dem Radius r lautet
 
Speziell ist die Gleichung
 
die Gleichung des Einheitskreises um den Ursprung O (Koordinaten).
 
Ein Kreis und eine Gerade können keinen Punkt, einen Punkt oder zwei verschiedene Punkte gemeinsam haben. Im ersten Fall sagt man, die Gerade meidet den Kreis, und nennt die Gerade Passante. Im zweiten Fall berührt die Gerade den Kreis und heißt Tangente; sie steht auf dem zugehörigen Radius (dem Berührungsradius) senkrecht. Im letzten Fall schneidet die Gerade den Kreis und wird Sekante genannt. Sie zerlegt die Kreisfläche und die Kreislinie in jeweils zwei Teile. Die Teile der Kreislinie nennt man Kreisbogen, die der Kreisfläche Kreisabschnitte oder Segmente. Den von der Kreislinie begrenzten Abschnitt der Sekante bezeichnet man als Sehne. Verläuft die Sekante durch den Kreismittelpunkt, so nennt man sie Zentrale. Ihre Sehne ist dann der Durchmesser. Er zerlegt die Kreislinie in zwei Halbkreisbogen und die Kreisfläche in zwei Halbkreisflächen. Verbindet man die Endpunkte einer Sehne mit dem Mittelpunkt des Kreises, so entstehen mit diesem als Scheitel zwei Winkel (Mittelpunkts- oder Zentriwinkel), die sich zu 360º ergänzen. Der im Winkelfeld eines Zentriwinkels liegende Teil der Kreisfläche heißt Kreisausschnitt oder Sektor. Ist γ der Zentriwinkel, dann ist der Flächeninhalt F des dazugehörigen Sektors F = πr2 · (γ / 360º) und die Länge b des dazugehörigen Kreisbogens b = πr · (γ / 180º).
 
Wählt man auf dem Kreis zwei Punkte A, B, so wird der Kreis durch diese ebenfalls in zwei Bogen zerlegt. Betrachtet man einen solchen Kreisbogen b und einen Punkt C auf dem anderen Kreisbogen, so heißt der Winkel ∢ ACB Umfangs- oder Peripheriewinkel über dem Bogen b oder über der Sehne A̅B̅. Alle Umfangswinkel über demselben Kreisbogen sind gleich groß und halb so groß wie der zugehörige Zentriwinkel. Zu jeder Sehne gibt es zwei verschiedene liegende Umfangswinkel α und β, deren Scheitel auf verschiedenen Seiten der Sehne auf entgegengesetzten Kreisbögen liegen; es gilt: α + β = 180º. Ist die Sehne der Durchmesser (und damit der Kreisbogen ein Halbkreisbogen), so beträgt jeder Umfangswinkel über dieser Sehne 90º (Thaleskreis).
 
 4) Religionswissenschaft: In der Symbolik der meisten Religionen spielt der Kreis eine wichtige Rolle. Schon in der Prähistorie ist er Zeichen der Sonne und ihrer Lebenskraft. Seine Verbindung von endloser Linie und statischer Ruhe ließen ihn zum Sinnbild für Gott und den Himmel (z. B. die Kuppeln in Kirchenbauten) oder den Bereich des Göttlichen (z. B. der »Heiligenschein«), seine bruchlose Geschlossenheit zur (magischen) Schutzzone oder zum Zeichen von Kraft, seine Entsprechung zur immer neuen Wiederkehr der Jahreszeiten zum Symbol der Zeit und Unendlichkeit, des Lebens beziehungsweise des Jahres werden. Schon früh gab es kreisförmig angelegte Städte; magische Umkreisungen von Heiligtümern (z. B. der Kaaba oder christlicher Kirchen durch Prozessionen), Wohn-Bez. oder des Feuers sollten vor Gefahren schützen oder das symbolisch umkreiste Objekt bezwingen (z. B. Zerstörung Jerichos); diese Symbolik wurde auch in den privaten Bereich übernommen (z. B. Ehe- und Bischofsring; Ohr- oder Nasenringe; Jungfern- oder Brautkranz).
 
Literatur:
 
E. F. Knuchel: Die Umwandlung in Kult, Magie u. Rechtsbrauch (Basel 1919);
 M. Lurker: Der K. als Symbol im Denken, Glauben u. künstler. Gestalten der Menschheit (1981);
 E. Cassirer: Philosophie der symbol. Formen, 4 Bde. (7-91982-88).
 

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Kreis, der; -es, -e [mhd., ahd. kreiʒ = Kreislinie; Zauberkreis; Umkreis, urspr. = eingeritzte Linie u. verw. mit ahd. krizzon, ↑kritzeln]: 1. (Geom.) a) gleichmäßig runde, in sich geschlossene Linie, deren Punkte alle den gleichen Abstand vom Mittelpunkt haben: ein magischer K. (Zauberkreis); einen K. zeichnen; mit dem Zirkel einen K. schlagen, beschreiben; die Gerade berührt den K. im Punkt A, schneidet den K. in den Punkten C und D; den Inhalt, Umfang eines -es berechnen; der Durchmesser, der Radius, die Peripherie eines -es; *jmds. -e stören (geh.; jmdn. in seinem persönlichen Bereich, in seinem Wirken stören; der griech. Mathematiker Archimedes [um 285-212 v. Chr.] soll bei der Eroberung von Syrakus durch die Römer in seinem Garten geometrische Figuren in den Sand gezeichnet haben, u. als ein röm. Soldat bei ihm eindrang, diesem die lat. Worte zugerufen haben: „Noli turbare circulos meos“ = „Zerstöre meine Kreise nicht“): Das von Scheel ausgelöste öffentliche Gerede über den Koalitionswechsel stört jedoch seine -e (Spiegel 11, 1976, 23); b) von einem ↑Kreis (1 a) eingeschlossene Fläche; Kreisfläche: einen K. blau ausmalen; der Ausschnitt eines -es. 2. [nahezu] kreisförmige Gruppierung, ↑Figur (6), Bewegung: ein K. von Bergen, von Gesichtern; den K. der neugierigen Zuschauer sprengen; mit diesem letzten Wegstück schließen wir den K. unserer Wanderung; die Kinder bildeten, schlossen einen K. [um die Lehrerin]; Eine Gruppe von Zigeunern ist gekommen, und während die einen fiedelnd einen K. ziehen, baut ein anderer in Windeseile das Zymbal auf (Frischmuth, Herrin 62); der Raubvogel zieht seine -e; in einem K. [um jmdn.] stehen, sitzen; im K. sitzen; sich im K. drehen; es drehte sich ihm alles im K. (ihm war schwindlig); sich im -e (rings) umsehen; da ist ja nichts bei, aber er hat vorher so im K. gekuckt (Kronauer, Bogenschütze 347); „Wir sind wieder beim Hotel.“ - „Wir sind im K. gegangen.“; R der K. (die Beweiskette) schließt sich; Ü der K. (die in sich geschlossene Kette der Abschnitte, Monate) des Jahres; *-e ziehen (breite Auswirkung haben u. sich auf immer mehr Personen, Gruppen ausdehnen; nach der ringförmigen Ausbreitung von Wasserwellen): die Affäre zog [weite] -e, immer weitere -e; wir schaffen die Sache gemeinsam aus der Welt, bevor sie -e zieht (Brot und Salz 206); seine -e ziehen (geh.; nach eigenen Gesetzen, Regeln o. Ä. stetig wirken): ... eines Lebens, das über der banalen, jedermann sichtbaren Welt seine -e zog (Fries, Weg 152); sich im K. bewegen/drehen (immer wieder auf dasselbe zurückkommen, nicht von der Stelle kommen): die Argumentation dreht sich im K.; wir bewegen uns mit unseren Überlegungen im K. 3. a) Gruppe von Personen, die sich getroffen, zusammengefunden, eingefunden usw. haben, zusammen sind; Runde: der K. der Gäste; ein K. andächtiger Zuhörer hatte sich [um ihn] versammelt; etw. in kleinem, im familiären -e, im [engsten] K. der Familie feiern; b) mehr od. weniger lockere Gemeinschaft von Personen mit gleichen Interessen od. persönlichen Beziehungen: ein geselliger, exklusiver K.; Allmählich hatte er die Stammgäste kennen gelernt, ein loser K. fand sich zusammen (Härtling, Hubert 296); einen K. Gleichgesinnter um sich sammeln; im engsten K. (unter Vertrauten); Wir haben sie ihrem Wunsche entsprechend im engsten -e zur letzten Ruhe gebettet (Augsburger Allgemeine 11./12. 2. 78, 35); Vermutlich hatte hier im -e der Erzieher so mancher Umtrunk stattgefunden (H. Weber, Einzug 381); c) <Pl.> Gruppen, Teile der Bevölkerung, der Gesellschaft o. Ä.; gesellschaftliche Gruppen: kirchliche, militärische -e; einflussreiche, maßgebliche -e; die besseren -e (die bessere Gesellschaft); dies verlautet aus gut unterrichteten -en; Natürlich gibt es das bei Menschen aus unseren -en (Heym, Schwarzenberg 152); Die Verantwortung dafür liegt auch bei den imperialistischen -en außerhalb Afrikas (horizont 45, 1976, 9); Dass Mr. Patrik in diplomatischen -en ein anderes Ansehen genoss, war Hegemann bekannt (Weber, Tote 51); in seinen -en (in den Kreisen, in denen er verkehrt) ist das verpönt; das kommt in den besten -en vor (das braucht jmdm. also gar nicht so peinlich zu sein); in den besten, in den ersten -en einer Stadt verkehren; er ist in weiten, breiten -en der Bevölkerung beliebt; auch nach 1945 wurde ihm von den in Dänemark herrschenden -en nicht viel Lob gespendet (Neues Leben 10, 1975, 13). 4. Gruppe, Reihe, Kette von [locker zusammenhängenden] Dingen, Sachverhalten o. Ä.; [Teil]gruppe von Personen, Dingen usw. mit bestimmten gemeinsamen Kennzeichen: ein breiter K. von Problemen; der K. der infrage kommenden Personen, Dinge, Lösungen; den K. der Verdächtigen einengen; Zuschriften aus dem K. von Lesern. 5. umgrenzter Bereich: jmd., etw. ist auf den [engen] K. einer Wissenschaft beschränkt. 6. (bes. den Gemeinden unmittelbar übergeordneter) Verwaltungsbezirk: die Gemeinden des -es; der Ort gehört zum K. Malzstadt; *schwarzer, weißer K. (früher; Kreis mit, ohne Bewirtschaftung von Wohnraum); Abk.: Kr., auch: Krs. 7. (Handball) kurz für ↑Wurfkreis. 8. (Elektrot.) kurz für ↑Stromkreis, ↑Schaltkreis.

Universal-Lexikon. 2012.