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Napoleon
Na|po|le|on 〈m. 6; kurz für〉 Napoleondor

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I
Napoleon
 
der, -s/-(s), Napoleondor, volkstümliche Bezeichnung der goldenen französischen 20-Franc-Stücke, die erstmals 1803 unter Napoleon als Erstem Konsul ausgegeben wurden. Der Name wurde auch für die Prägungen der Bourbonen, Louis Philippes und der Republik beibehalten, wobei das 40-Franc-Stück als doppelter und das 100-Franc-Stück als fünffacher Napoleon bezeichnet wurden.
 
II
Napoleon,
 
französisch Napoléon [napole'ɔ̃], französischer Herrscher aus der korsischen Familie Bonaparte:
 
 1) Napoleon I., Kaiser der Franzosen (1804-14/15), ursprünglich Napoleone Buonapạrte, * Ajaccio (Korsika) 15. 8. 1769, ✝ Longwood (Sankt Helena) 5. 5. 1821, Vater von 2), Onkel von 3).
 
 Jugend und militärischer Aufstieg
 
Nach dem Willen des Vaters Carlo Maria Bonaparte französisch erzogen, blieb Napoleon auf den Militärschulen von Brienne (1779-84) und Paris (1784-85) auch als Leutnant der Artillerie (Oktober 1785) ein Landfremder. Erst nach dem Bruch mit der korsischen separatistischen Bewegung P. Paolis (1793), der ihn, seine Mutter Maria Letizia Bonaparte und seine Geschwister zur Flucht auf das französische Festland zwang, schloss sich Napoleon ganz der herrschenden Bergpartei an.
 
Der erfolgreiche Plan zur Rückeroberung von Toulon (Dezember 1793) brachte ihm die Beförderung zum Brigadegeneral ein. Nach dem Sturz M. de Robespierres (1794) für kurze Zeit inhaftiert und am 15. 9. 1795 aus der Armee entlassen, wurde Napoleon im Oktober 1795 mit der Niederschlagung des royalistischen Aufstandes in Paris beauftragt und nach dem Sieg über die Pariser »Sektionen« (5. 10. 1795 zum Befehlshaber der »Armee des Innern«, dann zum Oberbefehlshaber der Italienarmee (2. 3. 1796 ernannt. Am 9. 3. 1796 heiratete er Joséphine de Beauharnais; diese Ehe sicherte ihm die angestrebte Stellung in der Gesellschaft des Direktoriums.
 
Mit dem oberitalienischen Feldzug (1796/97, Französische Revolutionskriege) und der selbstständigen Politik des jungen Generals (territoriale Umgestaltung Oberitaliens, Friedensschlüsse von Leoben und Campoformio) begann Napoleons Aufstieg zur Macht. Nachdem er im Dezember 1797 nach Paris zurückgekehrt war, übertrug ihm das Direktorium den Oberbefehl über die England-Armee, beauftragte ihn jedoch dann mit der Durchführung seines Planes der ägyptischen Expedition (1798), von der er vorzeitig zurückkehrte (Landung bei Fréjus: 9. 10. 1799).
 
 Konsulat und Kaiserreich
 
Die Popularität Napoleons ermöglichte den Sturz des Direktoriums am 18./19. Brumaire VIII (9./10. 11. 1799). Die Konsularverfassung vom 13. 12. 1799, die ihn zum ersten unter drei auf zehn Jahre bestimmten Konsuln machte, war ganz auf die alleinige Machtausübung Napoleons zugeschnitten. Im Inneren setzte er an die Stelle des Gegeneinanders konkurrierender Gewalten ein vorzüglich organisiertes, zentralistisches Ordnungssystem. Den Kirchenkampf der Revolution beendete er durch das Konkordat mit Papst Pius VII. (1801), womit er sich die Verfügung über die vom Staat besoldete Kirche sicherte. 1804 erließ er den Code civil (Code Napoléon, Code), der das bürgerliche Recht in Frankreich bis heute bestimmt und die europäische Rechtsentwicklung entscheidend beeinflusste. Den zweiten Koalitionskrieg beendete er siegreich mit den Friedensschlüssen von Lunéville (1801) und Amiens (1802). Gestützt auf Plebiszite, machte Napoleon sich 1802 zum Konsul auf Lebenszeit und krönte sich am 2. 12. 1804 in der Kathedrale Notre-Dame zu Paris selbst zum erblichen »Kaiser der Franzosen«, worauf ihn der Papst weihte. Am 26. 5. 1805 krönte sich Napoleon in Mailand zum König von Italien (Oberitalien).
 
Napoleon erhob seine Brüder Joseph (Joseph, Herrscher, Spanien), Louis (Ludwig, Herrscher, Holland), Jérôme wie auch seinen Schwager J. Murat zu Königen in den von Frankreich abhängigen Territorien. Mit der Familienpolitik eng verbunden war die Schaffung einer Elite von Großwürdenträgern und Marschällen (Stiftung der Ehrenlegion, 1802) und eines napoleonischen Neuadels, der sich mit dem alten französischen Adel, soweit dieser sich dem neuen Kaisertum anschloss, verband und so Teil der neuen Notabelngesellschaft wurde. Eine repräsentative klassizistische Kunst (Empirestil, Empire ) verherrlichte die kaiserliche Macht; das geistige Leben unterlag drückender Zensur durch den Polizeiminister J. Fouché.
 
Die durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 eingeleitete territoriale Neuordnung Deutschlands wurde fortgesetzt durch den unter Napoleons Protektorat gebildeten Rheinbund (12. 7. 1806, der zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches führte (deutsche Geschichte).
 
Der Gegensatz zwischen napoleonischem und britischem Imperialismus führte schon 1803 zum Wiederausbruch des Krieges mit Großbritannien. Mehrere Kontinentalkriege verbanden sich damit (Napoleonische Kriege, Kontinentalsperre). Nach der Niederwerfung Österreichs 1805 (Schlacht von Austerlitz) und Preußens 1806 (Schlacht von Jena und Auerstedt) und dem Bündnis mit Alexander I. von Russland 1807 stand Napoleon, der 1807/08 seinen politischen Einfluss auch auf Spanien ausdehnte, auf dem Gipfel der Macht, die er beim Erfurter Fürstentag 1808 glanzvoll demonstrierte. Nach dem erneuten Sieg über Österreich 1809 ließ Napoleon seine kinderlose Ehe mit Joséphine scheiden und heiratete am 2. 4. 1810 die österreichische Kaisertochter Marie Louise (Maria, Herrscherinnen, Frankreich), mit der er einen Sohn - den späteren Herzog von Reichstadt - hatte. Damals zehrte bereits der Aufstand der nationalkonservativen Spanier gegen die aufgeklärte französische Herrschaft an Napoleons Macht. 1809 annektierte er die Illyrischen Provinzen, 1810 Holland, die deutsche Nordseeküste und Lübeck, um die Kontinentalsperre zu verschärfen; Interessengegensätze über sie führten 1812 zum Bruch mit Alexander I.
 
Napoleon bot zum Krieg gegen Russland alle seine Vasallen und Verbündeten auf und führte die Große Armee in den Russischen Feldzug von 1812, der zur Wende der napoleonischen Herrschaft in Europa wurde. Die Befreiungskriege, besonders die Völkerschlacht bei Leipzig (16.-19. 10. 1813), führten zum Rückzug Napoleons auf französischen Boden. Die Last der Aushebungen, die Steuern, die Polizeiherrschaft hatten die Unzufriedenheit des französischen Volkes anwachsen lassen. Nach der Besetzung von Paris durch die Verbündeten sprach der Senat am 2. 4. 1814 die Absetzung des Kaisers aus, am 6. 4. dankte Napoleon in Fontainebleau ab. Die Sieger wiesen ihm die Insel Elba als souveränen Besitz zu; der Kaisertitel verblieb ihm. — Noch einmal griff Napoleon nach der Macht. Die Herrschaft der Hundert Tage begann mit seiner überraschenden Landung bei Cannes (1. 3. 1815 und endete mit seiner Niederlage bei Waterloo (18. 6.). Im Interesse der politischen Beruhigung wurde Napoleon auf Lebenszeit auf die englische Insel Sankt Helena verbannt, wo er 1821 starb. Seine Leiche wurde 1840 nach Paris überführt und im Invalidendom beigesetzt.
 
 Historische Bedeutung und Nachwirkung
 
Napoleon verband in seinem Wirken Ideen der Französischen Revolution mit absolutistischem Herrscherwillen und grenzenlosem Machtdrang. Er griff weit über die Grenzen hinaus, die die bourbonische Machtpolitik selbst unter Ludwig XIV. respektiert hatte. Ideenreich, aber auch brutal als Staatsmann, zerstörte er in Europa das Ancien Régime. In Verwaltung, Gesellschaft und Rechtssystem prägt er Frankreich bis heute. In Italien und in Deutschland verhalf er dem modernen Staats- und Nationsgedanken zum Durchbruch, wobei feudale Sonderrechte und kleinstaatliche Zersplitterung überwunden wurden.
 
Als Feldherr und Truppenführer genoss er großes Ansehen, von seinen Truppen wurde er vergöttert, von seinen Gegnern (so den preußischen Heerführern G. von Scharnhorst und A. W. A. von Gneisenau) nachgeahmt. Die Durchführung schneller Märsche, die überraschende Truppenkonzentration an strategisch entscheidender Stelle, die systematische Verwendung der Artillerie erklären neben anderem seine Erfolge. Dabei machte er sich die von der Revolution heraufgeführte Umgestaltung der Kriegstechnik (Massenheere, Überwindung der Lineartaktik durch das Schützengefecht, Übergang vom Magazin- zum Requisitionssystem) zunutze und stützte darauf seine strategischen Pläne und operativen Maßnahmen. Den Wirtschaftskrieg baute er erstmals im großen Stil aus.
 
Sein Regierungssystem war die Militärdiktatur, die anfangs mit demokratischen Formen verbrämt war (Volksabstimmungen 1802, 1804). Die Rücksichtslosigkeit seiner kriegerischen Politik trieb ihn im Kampf mit Großbritannien zur Eroberung des ganzen Kontinents, die ungeheure Blutopfer forderte. Anfangs vielerorts als Befreier begrüßt, hat er den Freiheitsdrang der europäischen Völker erweckt, der später zu seinem Sturz beitrug.
 
Die »napoleonische Legende«, nach der sein Ziel die Freiheit der Völker gewesen wäre, woran ihn nur seine Feinde, besonders Großbritannien, gehindert hätten, hat er selbst auf Sankt Helena geschaffen. Von Napoleon III. verbreitet, wirkt sie bis heute nach.
 
In der französischen Geschichtsschreibung über Napoleon wechselten zunächst Bewunderung und Hass, bevor ein unbefangeneres, wissenschaftlich begründetes Urteil möglich wurde. In der neueren Literatur werden v. a. die sozialgeschichtlichen Voraussetzungen und Folgen seiner Herrschaft herausgestellt. Danach war sein Sturz letztlich die Konsequenz seiner Abkehr von der Wohlfahrtsdiktatur zugunsten der Nutznießer der Revolution und seiner Hinwendung zu einer dynastisch bestimmten Politik (J. Tulard). In der deutschen Historiographie wurde er lange als Genie gefeiert oder - aus Feindschaft gegen England - heroisiert.
 
Napoleon wurde schon zu seinen Lebzeiten Gegenstand konträrer Gestaltung in der Literatur. Madame de Stäel, W. Scott (Biographie, 1827) und die deutschen patriotischen Lyriker zeichneten das Bild eines Tyrannen, Größenwahnsinnigen und Scharlatans. Auf der anderen Seite wurde Napoleon als Vollender der Revolution verherrlicht, so etwa in den Gedichten von F. Hölderlin (»Bonaparte«, 1798), Lord Byron (»Ode to Bonaparte«, 1814) und H. Heine (»Die beiden Grenadiere«, 1827) sowie in C. D. Grabbes Drama »Napoleon oder die hundert Tage« (1831). Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich die in P. Bérangers Chansons geschaffene Vorstellung vom Volkskaiser, dem »petit caporal«, durch, der schon W. Hauff in der Erzählung »Das Bild des Kaisers« (1828) gefolgt war. V. Hugo feierte Napoleon in dem Gedicht »L'expiation« (1852) als den Vertreter von Frankreichs größtem Ruhm. A. Dumas père machte ihn zum Helden eines Dramas (»Napoléon Bonaparte«, 1841), F. Nietzsche sah in ihm das Symbol des Übermenschen und beeinflusste damit die Napoleon-Dramen des späten 19. Jahrhunderts (K. Bleibtreu, »Der Übermensch«, 1896; R. Voss, »Wehe den Besiegten!«, 1888). Seit dem Expressionismus erfolgte eine erneute Abwertung Napoleons, v. a. in den Dramen von F. von Unruh (»Napoleon«, 1927), A. Zweig (»Bonaparte in Jaffa«, 1939) und J. Anouilh (»La foire d'empoigne«, 1960); nur das faschistische Italien stand ihm sympathisierend gegenüber. Lustspielhaft wurde Napoleons Gestalt u. a. von G. B. Shaw (»The man of destiny«, 1897), W. Hasenclever (»Napoleon greift ein«, 1929) und G. Kaiser (»Napoleon in New Orleans«, 1941) verwendet.
 
 
Ausgaben: Correspondance de Napoleon Ier, publiée par l'ordre de l'empereur Napoleon III, 32 Bände (1858-70); Correspondance militaire, herausgegeben von A. Fabre, 10 Bände (1876-97); Napoleon inconnu. Papiers inédits (1786-1793), herausgegeben von F. Masson und anderen, 2 Bände (61895); Lettres de Napoleon à Joséphine et de Joséphine à Napoleon, herausgegeben von J. Haumont (1968).
 
Napoleons Leben. Von ihm selbst, herausgegeben von H. Conrad, 10 Bände und 3 Ergänzungs-Bände (1911-13); Marie Louise und Napoleon 1813-1815. Die unveröffentlichten Briefe der Kaiserin mit den Briefen Napoleons, herausgegeben von C.-F. Palmstierna (1960).
 
Literatur:
 
E. Klessmann u. K.-H. Jürgens: N. Lebensbilder (1988);
 
Dictionnaire N., hg. v. J. Tulard (Neuausg. Paris 1989);
 J. Tulard: N. ou le mythe du sauveur. Avec une chronologie, une filmographie et des tableaux annexes (Neuausg. ebd. 1992);
 F. Herre: N. Bonaparte. Wegbereiter des Jahrhunderts (31989);
 G. Lefebvre: N. Biographien zur Frz. Revolution (a. d. Frz., 1989);
 J. Presser: N. Das Leben u. die Legende (a. d. Niederländ., 1990);
 W. Venohr: N. in Dtl. Tyrann u. Reformator (1991);
 
N. Bonaparte u. das frz. Volk unter seinem Konsulate, hg. v. W. Greiling (1993);
 R. Dufraisse: N. Revolutionär u. Monarch. Eine Biogr. (a. d. Frz., 1994);
 J. Blackburn: Des Kaisers letzte Insel. N. auf Sankt Helena (a. d. Engl., 1996).
 
Zeitschrift: Revue des études napoléoniennes (Paris 1912 ff.).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Revolutionskriege: Eroberung oder Befreiung?
 
napoleonische Ordnung: Europa im Schatten der Grande Armée
 
 
 2) Napoleon II., einziger legitimer Sohn von 1); Reichstadt, Napoléon Herzog von.
 
 3) Napoleon III., Kaiser der Franzosen (1852-70), ursprünglich Charles Louis Napoléon Bonaparte [napole'ɔ̃ bɔna'part], genannt Louis Napoléon, * Paris 20. 4. 1808, ✝ Chislehurst (heute zu London) 9. 1. 1873, Sohn von Louis Bonaparte, einem Bruder von 1), und der Hortense, Stieftochter von 1); lebte seit 1815 mit seiner Mutter im schweizerischen und deutschen Exil, besuchte das Gymnasium in Augsburg und die Militärschule in Thun. Als Anhänger liberaler Ideen beteiligte er sich mit seinem älteren Bruder Napoléon Louis (* 1804, ✝ 1831) an dem erfolglosen Aufstand Ciro Menottis (* 1798, ✝ 1831) in Mittelitalien (Februar 1831). Seit dem Tod seines Vetters, des Herzogs von Reichstadt (1832), galt Napoleon als das Haupt der Familie Bonaparte und fühlte sich zur Wiedererrichtung des napoleonischen Kaisertums berufen. Nach Putschversuchen gegen König Louis Philippe (Straßburg 30. 10. 1836, Boulogne 6. 8. 1840) wurde er zu lebenslänglicher Haft verurteilt, floh aber 1846 nach London. In diesen Jahren hat Napoleon sein politisches Programm in mehreren Schriften, u. a. »Idées napoléoniennes« (1839) und »L'extinction du paupérisme« (1844), niedergelegt. Darin werden sein Bestreben, die Napoleon-Verehrung mit Elementen des Prinzips der Volkssouveränität zu verbinden (»plebiszitärer Cäsarismus«), sowie seine Aufgeschlossenheit für technischen und sozialen Fortschritt deutlich.
 
1848 kehrte Napoleon nach Frankreich zurück und gewann im Dezember 1848 die Präsidentschaftswahl mit 74 % der Stimmen gegen seinen Hauptgegner, den General und amtierenden Regierungschef L. E. Cavaignac. Der »Prince-Président« Louis Napoléon, der nach dem Staatsstreich vom 2. 12. 1851 umfassende Regierungsvollmachten erhielt, wurde nach einem Plebiszit am 2. 12. 1852 zum erblichen Kaiser der Franzosen ausgerufen. In der ersten Phase (1852-60) des Zweiten Kaiserreiches (»Second Empire«) vermochte Napoleon die politische Opposition klein zu halten (»Empire autoritaire«); in der zweiten Phase (1860-70) musste er den oppositionellen Forderungen nach größeren politischen Freiheiten schrittweise nachgeben (»Empire libéral«).
 
Sein außenpolitisches Ziel war, die europäische Ordnung des Wiener Kongresses von 1815 zum Vorteil Frankreichs umzugestalten. Er bediente sich dabei der modernen Forderung nach Durchsetzung des Nationalitätenprinzips auf der Basis des Selbstbestimmungsrechts. Durch seine Beteiligung am Krimkrieg gelang es ihm, die »Umgestaltung der europäischen Landkarte« in Bewegung zu setzen. Der Pariser Kongress (1856) war Höhepunkt seines außenpolitischen Ansehens. Danach unterstützte er die nationalen Bewegungen in Italien, auf dem Balkan und in Polen. Ihr Siegeszug brachte ihm jedoch mehr Nachteile als Vorteile. Durch die deutsche Nationalbewegung, von O. von Bismarck gelenkt, wurde schließlich sein Sturz verursacht. In den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 war er hineingetrieben worden, ohne ihn ernsthaft gewollt zu haben (Emser Depesche).
 
Durch die Kapitulation von Sedan (2. 9. 1870) geriet Napoleon in preußische Gefangenschaft (Schloss Wilhelmshöhe bei Kassel). Nach seiner Entlassung (9. 3. 1871 ging er nach Chislehurst; er wurde im Mausoleum zu Farnborough bestattet.
 
Napoleons Gemahlin Eugénie, mit der er seit 1853 verheiratet war, suchte ihn politisch zu beeinflussen, besonders in der Römischen Frage. Sein einziger Sohn war Eugène Louis Napoléon Bonaparte. - Die Geschichtsschreibung hat Napoleon lange Zeit ungünstig beurteilt, weil seine Innen- wie auch seine Außenpolitik letztlich ohne Erfolg blieben. Tatsächlich zeigt seine Herrschaft ein Doppelgesicht. Während die einen ihre plebiszitären Züge und die Existenz eines aus allgemeinen Wahlen hervorgegangenen Parlaments als demokratische Ansätze deuten, betonen andere die autoritären Merkmale: das Fehlen einer wirksamen parlamentarischen Opposition, die Pressezensur, das Verbot von Gewerkschaften und Streiks. Das soziale Problem seiner Zeit hat Napoleon zwar erkannt, es aber trotz Verbesserung der Lage der unteren Schichten - so mittels Arbeitsbeschaffung durch öffentliche Aufträge, v. a. die Ausgestaltung von Paris durch G. E. Baron Haussmann - nicht gelöst. Den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes hat er gefördert, doch kam dieser in erster Linie dem wohlhabenden Bürgertum zugute.
 
 
Ausgabe: Œuvres, 5 Bände (1854-69).
 
Literatur:
 
F. A. Simpson: Louis N. and the recovery of France 1848-1856 (London 1951, Nachdr. Westport, Conn., 1975);
 A. Dansette: Le second empire, Bd. 1: Louis-Napoléon à la conquête du pouvoir (Neuausg. Paris 1973);
 William H. C. Smith: Napoléon III (ebd. 1982);
 F. Herre: N. III. Glanz und Elend des Zweiten Kaiserreichs (1990);
 J. F. Mcmillan: N. III. (Neudr. London 1993).
 

Universal-Lexikon. 2012.