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Porträt
Por|trät [pɔr'trɛ:], das; -s, -s:
a) künstlerische Darstellung eines Menschen, meist nur Kopf und Brust:
ein Porträt von jmdm. anfertigen, machen, zeichnen.
Syn.: Bildnis.
Zus.: Doppelporträt, Selbstporträt.
b) [literarische] Beschreibung einer Person, einer Persönlichkeit:
über jmdn. ein Porträt verfassen.

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Por|trät 〈[ -trɛ:] od. [-tre:] n. 15
1. = Bildnis
2. (schriftl. od. filmisch erfolgende) Zusammenfassung von jmds. Charakter u. Lebensgeschichte
[<frz. portrait „Porträt, Bildnis“]
Die Buchstabenfolge por|tr... kann in Fremdwörtern auch port|r... getrennt werden.

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Por|t|rät […'trɛ: ], das; -s, -s, auch […'trɛ:t]: das; -[e]s, -e [frz. portrait, subst. 2. Part. von afrz. po(u)rtraire = entwerfen, darstellen < lat. protrahere = hervorziehen; ans Licht bringen]:
1. bildliche Darstellung, Bild (bes. Brustbild) eines Menschen; Bildnis:
ein fotografisches P.;
ein P. Goethes/von Goethe;
ein P. in Öl;
von jmdm. ein P. zeichnen;
jmdm. P. sitzen (bild. Kunst; sich von jmdm. porträtieren lassen).
2. literarische od. filmische Darstellung, Beschreibung eines Menschen:
über jmdn. ein P. verfassen.

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Porträt
 
[-'trɛː, auch -'trɛːt, französisch] das, -s/-s, auch (bei deutscher Aussprache) -(e)s/-e, Portrait [-'trɛː],
 
 1) allgemein: bildliche Darstellung, Bildnis eines Menschen, auch fotografische Aufnahme; Charakterstudie.
 
 2) bildende Kunst: Bildnis, künstlerische Darstellung eines Menschen. Je nach dem Menschenbild einer Epoche ist das Bildnis zwischen überindividueller, sozialer, individuell-physiognomischer und psychologischer Wiedergabe angesiedelt. Man unterscheidet Einzel-, Doppel- und Gruppenporträt. Weiterhin ergibt sich eine Einteilung der Porträttypen in Ganzfigur, Halbfigur (bis zur Taille), Kniestück (stehende oder sitzende Figur bis zu den Knien), Brust- und Kopfbild. Bei Letzteren ist die Konzentration auf die individuellen Gesichtszüge am stärksten, wobei durch frontale Vorderansicht (en face) oder Seitenansicht (Viertel-, Halb- oder Dreiviertelprofil) unterschiedliche Ausdrucksgrade der Persönlichkeitsdarstellung erreicht werden können. Beim Reihenporträt sind mehrere Einzelporträts nebeneinander auf gleicher Höhe dargestellt. Neben der Einteilung des Porträts nach diesen verschiedenen Bildtypen ist die Unterscheidung nach Alter, sozialer und gesellschaftlicher Stellung gebräuchlich (Kinder-, Jünglings-, Greisen-, Männer-, Frauenporträt; Familien-, Verlöbnis-, Ehepaar-, Freundschaftsporträt; Herrscher-, Gelehrten-, Professoren-, Künstler-, Bürgerporträt). - In der Bildhauerkunst unterscheidet man Büsten bis zur Schulter oder als Halbfigur, Köpfe und Ganzfiguren sowie in der Antike Hermen. (Selbstporträt)
 
 Altertum und Antike
 
Alter Orient:
 
Die Geschichte des mesopotamischen Porträts beginnt, abgesehen von einer Beterstatuette vermutlich eines Ensi (Priesterfürsten) von Uruk, mit dem marmornen Frauenkopf vermutlich einer Priesterin aus Uruk (frühes 3. Jahrtausend v. Chr.; Djemdet-Nasr-Zeit) und setzt sich in dem etwa 600 Jahre jüngeren Königskopf der Dynastie von Akkad (wohl Naramsin) eindrucksvoll fort, ist aber nur fragmentarisch belegt. Es handelt sich v. a. um Beter- und Herrscherstatuetten, wobei die Übergänge nicht immer deutlich sind. In Eschnunna wurden zwölf Beterstatuetten mit typisch geweiteten Augen gefunden, in Mari über 100; sie zeigen keine individuellen Züge, auch Gudea aus Lagasch ist wesentlich der Betende. Eine Ausnahme bildet der so genannte Hammurapikopf aus Susa (vielleicht ursprünglich aus Eschnunna), der mit hoch entwickelten Ausdrucksmitteln einen gereiften Herrscher wiedergibt. Das Herrscherbild war einer der Hauptträger der Porträtentwicklung. Reliefdarstellungen aus altbabylonischer (Hammurapistele; London, Britisches Museum) und neubabylonischer Zeit (Kudurru des Marduk-apla-iddina II., um 700 v. Chr.) sind wie die der achaimenidischen Herrscher (5. und 4. Jahrhundert v. Chr., Persepolis) stark formalisiert. Daneben sind die lebendigen Münzporträts zu nennen (Dareikos), eine Tradition, die in der parthischen und v. a. sassanidischen Kunst fortgeführt wurde.
 
Die ägyptische Kunst stellte den Menschen in seiner sozialen Funktion, unabhängig von Lebensalter und allen Zufälligkeiten des Augenblicks dar; Altersbildnisse fehlen deshalb, Kinder erscheinen als kleine Erwachsene. War die Menschendarstellung im Alten Reich Grabplastik oder -malerei, so entstanden in der 12. Dynastie Herrscherbildnisse für den Tempel; selbst diese tragisch-heroischen Herrscherbildnisse der 12. Dynastie (Sesostris III., Amenemhet III.) kann man trotz großer Lebensnähe und Ausdruckskraft noch nicht als eigentliches Porträt ansprechen. Die 18. Dynastie gelangte im Herrscherporträt wie im Privatbild zu einer eleganten und höfischen Auffassung, die auch feine psychologische Züge einschloss; besonders die Bildniskunst aus der Zeit der Könige Thutmosis III. und Amenophis III. setzten diese Linie fort, auch, nach anfänglichem Bruch mit der verfeinerten Gefühlswelt der vorangehenden Epoche, unter Betonung individueller physiognomischer Züge die Amarnakunst. Unter Ramses II. gewinnt das Herrscherbild wieder Majestät und Würde, seine Menschlichkeit verlor sich später in leeren Pathosformeln. In der ägyptischen Spätzeit kommt es seit der 26. Dynastie erneut zu einer echten Porträtkunst, v. a. im realistischen Porträt des reifen oder auch nur gealterten Mannes. Diese Porträttradition nahm auch hellenistische und römische Elemente auf. Offenbar dank Berührung mit der römischen Porträtkunst finden sich seit dem frühen 1. Jahrhundert n. Chr. im Faijum die individuellen Mumienporträts auf Holz, in Mittel- und Oberägypten die bemalten, zum Teil realistischen Stuckmasken, die den gewickelten Mumien aufgesetzt wurden.
 
Für die Griechen war der vorbildliche Mensch der Polis abzubilden: nicht ein zufälliges Individuum, sondern der Idealtypus. Aus der Fantasie entstandene Porträts großer Persönlichkeiten der Vergangenheit (Homer) wurden schon seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. neben den Bildnissen jüngst Verstorbener oder noch Lebender geschaffen. Dabei bediente man sich auch vorgefundener Formen wie der Maske (die beiden Sokratestypen entstanden aus der Satyrmaske) oder verschiedene Göttertypen (Perikleskopf des Kresilas). Es entstanden Idealporträts des Strategen, des Dichters (Aristophanes, Sophokles), des olympischen Siegers, des Redners, weiterer Philosophen (Platon, Aristoteles). Das reine Kopfporträt spielte nur auf Münzen eine Rolle. Das hellenistische Bildnis des 3. Jahrhunderts v. Chr. steigerte im Herrscherporträt die menschliche Erscheinung ins Heroisch-Pathetische; die bewegte pathetische Formensprache wurde seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. wieder gedämpft und in neuer Weise der konkrete Einzelmensch erfasst. Die freieste Entfaltung fand das hellenistische Individualporträt auf Münzen der seleukidischen Könige von Pontos, Kappadokien und des Hellenobaktrischen Reiches.
 
Bei den Römern erschien das Porträt von Anfang an v. a. als Büste oder Herme. Seine Ursprünge hängen mit dem Ahnenkult zusammen (Imagines maiorum). Das römische Porträt erhöht, heroisiert, verschönt nur, wo es unter dem Einfluss des griechisch-hellenistischen Porträts steht, v. a. im Herrscherbild; seine eigentliche Stärke ist die Nüchternheit gegenüber der Wirklichkeit. Die bedeutendsten Beispiele gehören dem 1. Jahrhundert v. Chr. an. Die Zahl der Honoratiorenporträts auf den Foren wuchs in spätrepublikanischer Zeit beträchtlich an, in Grabmonumenten konnten auch Freigelassene ihr Porträts als Büste oder Relief aufstellen. Die zahllosen Kopien nach griechischen Porträtstatuen beschränkten sich auf die Büste. Eine Linie römischer Porträtkunst führt auch zur etruskischen Grabplastik zurück, die, wie auch Grabmalereien, den Verstorbenen individuell wiedergibt. Römische Porträtstatuen betonten Funktionen (Reiterdenkmal, Panzerfigur des Herrschers) oder hatten symbolischen Charakter (Darstellung als Herkules oder Mars, bei Frauen Venus). Die Auflösung des römischen Wirklichkeitssinns war ein langer, seit dem ausgehenden 3. Jahrhundert n. Chr. in Erscheinung tretender Vorgang: Die Gesichter verloren die Formenfülle, sie wurden flach, die Augen übergroß, die Haltung wurde starr, auch im Kaiserbild, u. a. erhalten ein Kolossalkopf (Konstantin I., der Große, um 330 n. Chr.) und das Kaiserstandbild in Barletta (5. Jahrhundert n. Chr.). Auch in der parthischen Kunst zeigen sich diese Züge seit dem 3. Jahrhundert n. Chr., zuerst in der Wandmalerei von Dura-Europos; sie charakterisieren auch die Menschendarstellung der frühchristlichen Kunst.
 
 Europäisches Mittelalter und Neuzeit
 
Die Auffassung des frühen und hohen Mittelalter mit der auf das Jenseits ausgerichteten christlichen Religion widersprach der Darstellung des irdischen Menschen und verdrängte das eigentliche Porträt. Stattdessen entstanden typisierte Idealbildnisse, die auf Ähnlichkeit verzichteten und den Dargestellten durch Wappen, Insignien u. Ä. kennzeichneten (Autoren- und Dedikationsbilder in der Buchmalerei, Grabfiguren). Für die Entwicklung des neuzeitlichen Porträts sind die Stifterporträts bedeutsam. Seit dem späten 14. Jahrhundert wurde die individuelle Ähnlichkeit wieder als künstlerisches Gestaltungsprinzip vorrangig, besonders in der franko-flämischen Buchmalerei (Porträt Johannes' II., des Guten, um 1360; Paris, Bibliothèque Nationale de France) und in Böhmen (Erzherzog Rudolf IV. von Habsburg, um 1365; Wien, Erzbischöfliches Diözesanmuseum). Unter den Bildhauern waren P. Parler und seine Werkstatt sowie C. Sluter wegweisend. Im 15. Jahrhundert nahm die Porträtmalerei einen immer breiteren Raum ein, Zentren wurden Italien und die Niederlande (J. van Eyck, R. van der Weyden, D. Bouts, H. van der Goes, H. Memling). In der italienischen Frührenaissance bevorzugte man zunächst noch das strenge Profilporträt im Rückgriff auf die antike Porträtbüste und Porträtmedaille (Pisanello, Piero della Francesca). Porträts von Andrea del Castagno, Giovanni Bellini, S. Botticelli und D. Ghirlandaio zeigen das Antlitz des Dargestellten. Das durch Humanismus und Renaissance geweckte Selbstbewusstsein und Interesse für das Individuum entwickelte eine breiter werdende Typenvielfalt. Leonardo da Vinci und Raffael gaben dem Brust- und Halbfigurenporträt die klassische Form, Tizian dem Reiterporträt. Weitere Höhepunkte erreichte das Porträt bei A. Dürer, L. Cranach dem Älteren, J. und F. Clouet, L. Lotto, J. da Pontormo, Bronzino und A. Mor. Das Repräsentationsbedürfnis des Barock hatte einen erneuten Aufschwung der Porträtkunst zur Folge, wobei pathetische Haltung, prunkvolle Gewänder und pompöse Draperien die Darstellungen bestimmten (P. P. Rubens, A. van Dyck). F. Hals und Rembrandt schufen dagegen schlichtere, psychologisch ausdrucksvolle Porträts, besonders in ihren Gruppen- und Selbstporträts. In der Bildhauerkunst ragen G. L. Bernini, J.-A. Houdon, F. X. Messerschmidt heraus. Im 17. und 18. Jahrhundert war das Porträtieren die vornehmliche Aufgabe der Maler am Hof und für private Auftraggeber (Frankreich: P. de Champaigne, N. de Largillière, H. Rigaud, J.-M. Nattier; Italien: G. Ghislandi, P. Batoni; Spanien: D. Velázquez, J. B. Mazo; England: J. Reynolds, T. Gainsborough; Deutschland: A. Pesne, A. Graff). Rosalba Carriera und M. Q. de La Tour schufen hervorragende Pastellporträts. Einen späten Höhepunkt stellen die Porträts von F. de Goya um 1800 dar. Die Freundschaftsbildnisse der Romantik (P. O. Runge), die Porträts der französischen Klassizisten und Impressionisten und die ausdrucksstarken Porträts von M. Liebermann, L. Corinth, M. Slevogt, M. Beckmann, O. Kokoschka u. a. im 20. Jahrhundert zeigen trotz der Fotografie, die immer mehr die Aufgaben der Porträtmalerei übernahm, eine kontinuierliche künstlerische Auseinandersetzung mit dem Porträt.
 
Literatur:
 
W. von Sydow: Zur Kunstgesch. des spätantiken P. im 4. Jh. n. Chr. (1969);
 H. Keller: Das Nachleben des antiken Bildnisses. Von der Karolingerzeit bis zur Gegenwart (Neuausg. Birsfelden 1977);
 A. Reinle: Das stellvertretende Bildnis. Plastiken u. Gemälde von der Antike bis ins 19. Jh. (Zürich 1984);
 G. Boehm: Bildnis u. Individuum. Über den Ursprung der P.-Malerei in der ital. Renaissance (1985);
 L. Giuliani: Bildnis u. Botschaft. Hermeneut. Unterss. zur Bildniskunst der röm. Rep. (1986);
 L. Campbell: Renaissance portraits. European portrait-painting in the 14th, 15th and 16th centuries (New Haven, Conn., 1990);
 E. Castelnuovo: Das künstler. Portrait in der Gesellschaft. Das Bildnis u. seine Gesch. in Italien von 1300 bis heute (a. d. Ital., Neuausg. 1993);
 U. Merkel: Das plast. P. im 19. u. frühen 20. Jh. Ein Beitr. zur Gesch. der Bildhauerei in Frankreich u. Dtl. (1995);
 S. Kern: Eyes of Love. The Gaze in English and French paintings and novels 1840-1900 (London 1996).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Porträtkunst im alten Griechenland
 
Porträt: Inszenierung der Persönlichkeit
 
römisches Porträt - Ausdruck des Wirklichkeitssinns?
 

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Por|trät [...'trɛ:], das; -s, -s, auch [...'trɛ:t]: das; -[e]s, -e [frz. portrait, subst. 2. Part. von afrz. po(u)rtraire = entwerfen, darstellen < lat. protrahere = hervorziehen; ans Licht bringen]: bildliche Darstellung, Bild (bes. Brustbild) eines Menschen; Bildnis: ein fotografisches, lebensgroßes P.; ein P. Goethes/von Goethe; ein P. in Öl; von jmdm. ein P. machen, zeichnen; Ü [literarische] -s berühmter Komponisten; ein kurzes P. von jmdm. geben, entwerfen; In loser Folge werden wir -s der anderen Länder bringen (Welt 20. 3. 65, 3); Die Lübecker ärgerten sich über ihre -s in den „Buddenbrooks“ (Reich-Ranicki, Th. Mann 241); *jmdm. P. sitzen (bild. Kunst; sich von jmdm. porträtieren lassen).

Universal-Lexikon. 2012.