Ani|mịs|mus 〈m.; -; unz.〉 Glaube an die Beseeltheit der Natur u. an die Existenz von Geistern; Sy Animatismus [zu lat. animus „Geist, Seele“]
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Ani|mịs|mus, der; -, …men [zu lat. anima = Seele]:
1. (Völkerkunde) Glaube, dass die Dinge der Natur beseelt od. Wohnsitz von Geistern sind:
primitiver A.
2. (Parapsychol.) Theorie innerhalb des Okkultismus, die parapsychologische Erscheinungen auf die Einwirkung lebender Personen zurückführt.
3. Lehre von der unsterblichen Seele als oberstem Prinzip des Organismus.
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Animịsmus
[zu lateinisch anima »Seele«] der, -,
1) Medizin: die Lehre (nach G. E. Stahl), dass die unsterbliche Seele alle normalen und krankhaften Vorgänge im menschlichen Körper steuert.
2) Okkultismus: die Erklärung paranormaler Erscheinungen durch die mediale Begabung bestimmter Menschen, im Unterschied zum Spiritismus, der die Wirkung abgeschiedener Seelen annimmt.
3) Religionswissenschaft: von E. B. Tylor entwickelte Theorie über den Ursprung von Religion aus dem Glauben an Seelen und Geister in der Umwelt der Menschen. Von der traditionellen abendländischen Seelenvorstellung ausgehend, vertrat Tylor die These, der »primitive Mensch« habe sich nicht nur Menschen, sondern auch Tiere, Pflanzen und Gegenstände mit »Seelen« begabt vorgestellt. Im Lauf der Entwicklung habe man sich diese »Seelen« zunehmend selbstständiger gedacht: Dies sei der Ursprung der Vorstellung von Geistern, Dämonen und schließlich auch Göttern und damit von Religion insgesamt. Diese Theorie, die die Diskussion über den Ursprung von Religion (z. B. von W. Wundt völkerpsychologisch entfaltet) im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wesentlich bestimmte, wurde durch R. R. Maretts These des Präanimismus oder Animatismus erweitert und schließlich abgelöst. Danach seien der Ursprung und das Wesen der Religion in verallgemeinerten Vorstellungen von Leben und Kraft zu sehen, die zunächst unpersönlich wirkend, später personalisiert und handelnd gedacht wurden. Unter den Begriffen Dynamismus oder Manaismus hat die Theorie des Präanimismus eine weit reichende Wirkung gehabt.
Die religionswissenschaftliche und ethnologische Kritik an der Animismustheorie verwies auf die unreflektierte Verwendung des Begriffs von »Seele« sowie die Beschränkung von Religion auf kognitive Prozesse. Generell ist schließlich die Erwartung aufgegeben worden, zu den Ursprüngen von Religion wissenschaftlich vordringen zu können (Evolutionismus). - Im allgemeinen Sprachgebrauch wird gelegentlich Animismus mit Religionen der Naturvölker (die so genannte »primitive« Religion) gleichgesetzt, insofern diesen angeblich eine anthropomorph orientierte Sicht der Wirklichkeit und damit der Glaube an menschengestaltig gedachte Mächte (z. B. Geister) eigen sei.
E. B. Tylor: Die Anfänge der Cultur, 2 Bde. (a. d. Engl., 1873);
A. Bertholet: Dynamismus u. Personalismus in der Seelenauffassung (1930);
G. Dux: Die Logik der Weltbilder (1982).
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Ani|mịs|mus, der; -, ...men [zu lat. anima = Seele]: 1. (Völkerk.) Glaube, dass die Dinge der Natur beseelt od. Wohnsitz von Geistern sind: primitiver A.; Die einen sind ... Muselmanen, die anderen wurden zu diversen christlichen Konfessionen bekehrt, soweit sie nicht im A. verharren (Scholl-Latour, Frankreich 500). 2. (Parapsych.) Theorie innerhalb des Okkultismus, die parapsychologische Erscheinungen auf die Einwirkung lebender Personen zurückführt. 3. Lehre von der unsterblichen Seele als oberstem Prinzip des Organismus.
Universal-Lexikon. 2012.