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Siebenjähriger Krieg
Siebenjähriger Krieg,
 
der Krieg, den Österreich 1756-63 im Bündnis mit den meisten europäischen Mächten um Schlesien gegen Preußen führte (3. Schlesischer Krieg), gleichzeitig der See- und Kolonialkrieg zwischen Großbritannien und Frankreich.
 
Die seit 1754 zunehmenden britisch-französischen Spannungen in Nordamerika und Indien veranlassten Großbritannien zur Westminster-Konvention (16. 1. 1756 mit Preußen, um das mit London verbundene Hannover vor einem französischen Angriff zu schützen. Dadurch entfremdete sich Preußen Frankreich, das bereit gewesen war, das Bündnis mit Friedrich II., dem Großen, zu erneuern, nun aber am 1. 5. 1756 mit dem Vertrag von Versailles ein Defensivbündnis mit Österreich schloss (»Umsturz der Bündnisse«, französisch »Renversement des alliances«). Russland, das noch am 1. 2. 1756 einen Subsidienvertrag mit Großbritannien geschlossen hatte, dessen Gelder für den Kampf gegen Preußen verwendet werden sollten, zeigte nach der britisch-preußischen Annäherung Bereitschaft, sich dem Bündnis zwischen Frankreich und Österreich anzuschließen (Bündnisangebot vom 20. 4. 1756 mit dem Vorschlag einer Aufteilung Preußens), und vollzog diesen Schritt am 11. 1. 1757. Angesichts der offenkundigen Kriegsvorbereitung Österreichs und Russlands (der Angriff der Koalition war für das Frühjahr 1757 geplant) entschloss sich der preußische König Friedrich II. zum Präventivkrieg.
 
Am 29. 8. 1756 begann Friedrich mit der Besetzung Kursachsens, das nach der Einnahme Dresdens (9. 9.) und dem preußischen Sieg bei Lobositz (1. 10.) am 16. 10. bei Pirna kapitulierte. Der Regensburger Reichstag beschloss am 17. 1. 1757 die Reichsexekution gegen Preußen, das außer Großbritannien-Hannover nur Hessen-Kassel, Braunschweig-Wolfenbüttel und Sachsen-Gotha-Altenburg auf seiner Seite hatte; am 31. 1. trat das Heilige Römische Reich offiziell in den Krieg ein. In einem neuen Offensivbündnis (1. 5. 1757 sicherte Frankreich Österreich aktive Teilnahme am Krieg zu; auch Schweden (Bündnis vom 21. 3.) und Sachsen waren der antipreußischen Koalition beigetreten. Zwischen 18. und 22. 4. 1757 fiel Friedrich in Böhmen ein und siegte bei Prag (6. 5.); doch nach der Niederlage bei Kolin (18. 6.) gegen L. J. von Daun musste er Böhmen wieder räumen. Gleichzeitig zwangen die Franzosen den mit der Verteidigung Hannovers betrauten Wilhelm August Herzog von Cumberland nach ihrem Sieg bei Hastenbeck (26. 7.) in der Konvention von Kloster Zeven (8. 9.) zur Neutralität und Auflösung seiner Armee (Oktober 1757 widerrufen). Russische Truppen rückten in Ostpreußen (Ende Juni; Sieg am 30. 8. bei Großjägerndorf), schwedische in die Uckermark ein (12. 9.; Besetzung von Teilen Pommerns). Friedrich schlug die mit einem französischen Korps heranrückende Reichsarmee bei Roßbach (5. 11.) und die Österreicher, die Schlesien besetzt hatten, bei Leuthen (5. 12.). Seit Anfang 1758 drängte Herzog Ferdinand von Braunschweig (* 1721, ✝ 1791) die Franzosen über den Rhein zurück (Krefeld-Hückelsmay 23. 6. 1758). Friedrich besiegte die bis zur Oder vorgedrungenen Russen mithilfe der Kavallerie unter F. W. von Seydlitz bei Zorndorf nördlich von Küstrin (25. 8.; beidseitig verlustreichste Schlacht) und zwang sie zur Räumung der Neumark und Pommerns. Trotz einer Niederlage bei Hochkirch (14. 10.) konnte er Daun zur Aufgabe Sachsens zwingen. Die Lage Preußens verschlechterte sich durch die knapp werdenden Hilfsmittel und die Besetzung weiter Landesteile. Gegen die 250 000 Mann der vereinigten Österreicher und Russen konnte Friedrich 1759 nur 130 000 Mann aufbieten. Er erlitt bei Kunersdorf (12. 8. 1759 seine schwerste Niederlage. Bis ins zweite Halbjahr 1760 blieb die Koalition erfolgreich; russische Truppen besetzten sogar vorübergehend Berlin (9.-13. 10.). Durch seinen Sieg bei Liegnitz (15. 8.) über den österreichischen General G. E. von Laudon rettete sich Friedrich aus der drohenden Umklammerung, doch trotz eines weiteren Sieges über Daun bei Torgau (3. 11.) blieb seine Lage militärisch bedenklich, v. a. nachdem die britischen Hilfsgelder seit dem Sturz W. Pitts des Älteren (September 1761) ausblieben. Mit dem Tod der Kaiserin Elisabeth von Russland (5. 1. 1762 trat eine entscheidende Wendung zugunsten Preußens ein. Ihr Nachfolger Peter III. schloss mit Friedrich Frieden (5. 5. 1762 und einen Bündnisvertrag (17. 6.); am 22. 5. hatte auch Schweden in einen Friedensvertrag eingewilligt. Nach dem Sturz Peters (9. 7.) wurde der Bündnisvertrag von Katharina II. zwar nicht fortgeführt, der Friedensvertrag jedoch aufrechterhalten. Nach preußischen Erfolgen bei Burkersdorf nahe Schweidnitz (21. 7. 1762 und Freiberg (29. 10.) über Reichsarmee und Österreicher, die zum Rückgewinn Schlesiens und Sachsens führten, erklärte das Reich die Neutralität (Ende 1762). Großbritannien und Frankreich verständigten sich am 3. 11. 1762 über die Beendigung des Krieges, sodass Österreich unter Vermittlung Sachsens zum Frieden bereit war (Beitritt zum Waffenstillstand am 24. 11.). Nach Verhandlungen ab 30. 12. 1762 kam es am 15. 2. 1763 zum Frieden von Hubertusburg.
 
Mit dem Siebenjährigen Krieg in Europa war ein britisch-französischer Kolonialkrieg verflochten, der auch den Kriegsverlauf in Europa beeinflusste. Nach Anfangserfolgen Frankreichs übernahm Großbritannien nach Siegen seiner Flotte über die französische Mittelmeerflotte vor Lagos (Portugal) im August und über die französische Atlantikflotte im November 1759 in der Bucht von Quiberon die Kontrolle über die überseeischen Nachschublinien und entschied somit den Krieg für sich. In Nordamerika hatten die Franzosen durch Befestigungen im Ohiotal dem Expansionsdrang der britischen Kolonien einen Riegel vorgeschoben, wogegen sich die Kolonisten mit Waffengewalt wehrten. Nach der Kriegserklärung 1756 mussten die Franzosen, zunächst bei der Einnahme einiger Forts erfolgreich, nach der Schlacht von Quebec (13. 9. 1759 und der Kapitulation Montreals (8. 9. 1760 Kanada sowie bis 1762 die Besitzungen im Karibischen Meer (Martinique, Grenada, Saint Lucia, Saint Vincent) aufgeben. Nach dem Kriegseintritt Spaniens (1761) besetzten die Briten auch Kuba (Juni 1762) und die Philippinen (September 1762). - In Afrika eroberten die Briten im Mai 1758 die französischen Stützpunkte im Mündungsgebiet des Senegal; in Indien konnte sich R. Clive im Verlauf des Krieges nach der Abberufung von J.-F. Dupleix gegen die Franzosen und die mit ihnen verbündeten Fürsten durchsetzen. Nach dem Sieg bei Plassey (23. 6. 1757 gegen den Nawab von Bengalen, der Großbritannien den reichsten Teil Indiens brachte, und bei Vandivash (Januar 1760) fiel im Januar 1761 der letzte französische Stützpunkt, Pondicherry. Dem Vorfrieden von Fontainebleau, in dem Frankreich Louisiana östlich des Mississippi an Spanien abtrat, folgte der Pariser Friede (10. 2. 1763: Frankreich behielt im Norden Amerikas nur die Inseln Saint-Pierre und Miquelon, einige Inseln der Kleinen Antillen und von Französisch-Indien fünf Hafenplätze.
 
Die Friedensschlüsse dieses weltweiten Krieges festigten Preußens Rolle als Großmacht v. a. gegenüber Österreich und bestätigten seine Erwerbungen in den Schlesischen Kriegen. Russland erwies sich als ernst zu nehmender Faktor im Konzert der europäischen Mächte. Den größten Gewinn verbuchte Großbritannien, das seine Führungsrolle als Kolonialmacht ausbauen konnte.
 
Literatur:
 
Die Kriege Friedrichs d. Gr., hg. vom Großen Generalstabe, Kriegsgeschichtl. Abt. II, Tl. 3: Der S. K. 1756-63, 12 Bde. (1901-13);
 J. W. von Archenholtz: Gesch. des S. K. in Dtl. (1911, Nachdr. 1982);
 L. H. Gipson: The great war for the Empire, 3 Bde. (Neudr. New York 1966-68);
 J. Burckhardt: Abschied vom Religionskrieg. Der S. K. u. die päpstl. Diplomatie (1985);
 T. Lindner: Die Peripetie des S. K. (1993);
 L. Schilling: Kaunitz u. das Renversement des alliances (1994);
 
Aufklärung u. Kriegserfahrung. Klass. Zeitzeugen zum S. K., hg. v. J. Kunisch (1996).

Universal-Lexikon. 2012.