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Este
Estländer

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Es|te 〈m. 17Einwohner von Estland; Sy Estländer

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Es|te [auch: 'ɛstə], der; -n, -n:
Ew. zu Estland.

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I
Ẹste,
 
1) die, linker Nebenfluss der Unterelbe, Niedersachsen, in der nördlichen Lüneburger Heide und im Alten Land, 50 km lang.
 
 2) Stadt in der Provinz Padua, Venetien, Italien, 17 600 Einwohner; Agrarzentrum; chemische Industrie, Streichholzfabrik, Keramik.
 
Stadtbild:
 
Stammburg (Castello) der Este (Mitte des 11. Jahrhunderts gegründet, 1338/39 wieder aufgebaut); neben dem Dom Santa Tecla (1690-1708) sind v. a. Santa Maria delle Consolazioni (16./17. Jahrhundert, auch »degli Zoccoli« genannt), Santa Maria della Salute (1639) und San Martino (13. Jahrhundert, im 16. Jahrhundert innen umgebaut) erwähnenswert. Im Palazzo Mocenigo (16. Jahrhundert) das Museo Nazionale Atestino.
 
Geschichte:
 
Este, das antike Atẹste, an der Etsch (Atesis) gelegen, war Hauptort der Veneter (8.-4. Jahrhundert v. Chr.), dann römische Militärkolonie. Die Verlagerung der Etsch 589 n. Chr., verursacht durch Erdbeben und Überschwemmungen, ließ den Ort im Frühmittelalter wirtschaftlich und politisch veröden. Im 11. Jahrhundert wurde Este Sitz der Familie Este. Im 13. Jahrhundert kam es an Padua, 1405 mit Padua an Venedig.
 
II
Ẹste,
 
italienisches Adelsgeschlecht, hervorgegangen aus der fränkischen Reichsaristokratie. Die Familie war zur Zeit Karls des Großen nach Oberitalien gekommen. Der Zweig, der sich im 11. Jahrhundert bei der Stadt Este die namengebende Burg erbaute, führte den Markgrafentitel. Markgraf Albert Azzo II. (✝ 1097) war in 1. Ehe mit Kunigunde (✝ vor 1055), der Erbin der älteren Welfen, verheiratet. Seine Söhne, Welf (Guelfo) IV. (✝ 1101) und - aus 2. Ehe - Fulco (Folco) I. (✝ um 1128/35), begründeten die beiden Zweige des Geschlechts: Welf-Este, die Linie der jüngeren Welfen in Deutschland, und (Fulc-)Este in Italien, die seit Ende des 13. Jahrhunderts mit kurzen Unterbrechungen als Signoren über Ferrara, Modena und Reggio (nell'Emilia) herrschten. Markgraf Borso wurde 1452 von Kaiser Friedrich III. zum Herzog der Reichslehen Modena und Reggio, 1471 von Papst Paul II. zum Herzog von Ferrara erhoben. Mit Alfons II. (1559-97) starb die direkte Linie Fulc-Este aus. Ihr folgte mit Cesare (1597/1598) eine Bastardlinie, die auf Modena und Reggio beschränkt blieb, da das päpstliche Lehen Ferrara 1598 eingezogen wurde. 1796 bildeten diese Herzogtümer wie auch Ferrara die Zispadan. Republik, die 1797 in der Zisalpinischen Republik aufging. Für den Verlust wurden die Este im Frieden von Lunéville (1801) durch Breisgau und Ortenau entschädigt; 1803 starb die Linie mit Ercole III. (1780-96) im Mannesstamm aus. Die Erbtochter Ercoles III., Maria Beatrice, heiratete Erzherzog Ferdinand Karl, den 3. Sohn Kaiser Franz' I. Stephan und Maria Theresias, der so zum Begründer des Hauses Österreich-Este wurde. Nach dem Verlust des Breisgaus und der Ortenau (1805) erhielt dieses unter Franz (Francesco) IV. (1806/1814/15-46) 1814/15 Modena zurück (1859/60 mit dem Königreich Italien vereinigt). Der Name Österreich-Este ging vom letzten Herzog, Franz (Francesco) V. (1846-59), auf Erzherzog Franz Ferdinand über, nach dessen Ermordung am 28. 6. 1914 auf Robert (* 1915), den 2. Sohn des späteren Kaisers Karl I. von Österreich.
 
Literatur:
 
L. Chiappini: Gli Estensi (Mailand21970);
 W. L. Gundersheimer: Ferrara. The style of a renaissance despotism (Princeton, N. J., 1973).
 
Bedeutende Vertreter:
 
 1) Alfonso I. d', Herzog von Ferrara, Modena und Reggio (seit 1505), * Ferrara 21. 7. 1476, ✝ ebenda 31. 10. 1534, Sohn von 5), Vater von 6) und 10), Bruder von 3), 9) und 11); verheiratet in 1. Ehe (seit 1491) mit Anna Sforza (✝ 1497), in 2. Ehe (seit 1501) mit Lucrezia Borgia; befehligte im Krieg der Liga von Cambrai gegen Venedig die päpstlichen Truppen. Als Venedig 1510 mit Papst Julius II. Frieden schloss, kämpfte er an der Seite der Franzosen. Vom Papst gebannt und weiter Gebiete beraubt (1510-27 Modena, 1512-23 Reggio), siegte er mit dem französischen Generalissimus Gaston de Foix am 11. 4. 1512 bei Ravenna über die Spanier. 1527 unterstützte er die nach Rom ziehenden Landsknechte G. von Frundsbergs.
 
 2) Alfonso II. d', Herzog von Ferrara, Modena und Reggio (seit 1559), * 28. 11. 1533, ✝ 27. 10. 1597, Sohn von 6); Gönner des Dichters Torquato Tasso; nahm 1566 am Türkenzug seines Schwagers, Kaiser Maximilians II., teil und kandidierte 1574 vergeblich für den polnischen Thron. Nach kinderlosen Ehen setzte er seinen illegitimen Vetter Cesare (* 1552, ✝ 1628) zum Erben ein. 1598 zog Papst Klemens VIII. Ferrara als erledigtes Lehen ein und vereinigte es mit dem Kirchenstaat.
 
 3) Beatrice d', * 29. 6. 1475, ✝ 2. 1. 1497, Tochter von 5), Schwester von 1), 9) und 11); verheiratet seit 1491 mit Herzog Ludovico (il Moro) Sforza; förderte Bramante und Leonardo da Vinci und trieb den Ausbau des Mailänder Kastells und der Certosa (Kartause) von Pavia voran.
 
 4) Borso d', Markgraf, Herzog von Modena und Reggio (seit 1452), Herzog von Ferrara (seit 1471), * 1413, ✝ 1471, natürlicher Sohn Niccolòs III. (✝ 1441), Halbbruder von 5); von Kaiser Friedrich III. mit den zu Herzogtümern erhobenen Gebieten Modena und Reggio belehnt, von Papst Paul II. mit Ferrara; ein typischer Fürst der Renaissance. An seinem Hof blühte die »Malerschule von Ferrara« (F. del Cossa, Este de' Roberti, C. Tura).
 
 5) Ercole I. d', Herzog von Ferrara, Modena und Reggio (seit 1471), * Ferrara 26. 10. 1431, ✝ ebenda 1505, legitimer Sohn Niccolòs III. (✝ 1441), Vater von 1), 3), 9) und 11), Halbbruder von 4); brachte das Herzogtum wirtschaftlich und kulturell zu hoher Blüte. Durch die von ihm seit 1490 veranlasste Erweiterung und Befestigung der Stadt Ferrara durch den Architekten B. Rossetti wurde diese trotz ihres mittelalterlichen Stadtkerns zur ersten »modernen Stadt« mit geraden, breiten Straßen.
 
 6) Ercole II. d', Herzog von Ferrara, Modena und Reggio (seit 1534), * Ferrara 4. 4. 1508, ✝ ebenda 3. 10. 1559, Sohn von 1) und Lucrezia Borgia, Vater von 2), Bruder von 10); 1556 mit Frankreich verbündet, schloss 1558 Frieden mit Spanien; verheiratet seit 1528 mit Renata (* 1510, ✝ 1575), der Tochter König Ludwigs XII. von Frankreich und der Anna von Bretagne. Da Renata der reformatorischen Lehre zuneigte, wurde der Hof von Ferrara zum Sammelpunkt und Asyl vieler religiös Verfolgter aus dem Norden; 1536 empfing sie den Besuch Calvins. Die Neigung Renatas zu den kirchlichen Neuerungen führte zum Dissens mit Ercole, da sie seine Politik der Aussöhnung mit dem Papst gefährdete; seit 1554 wurde sie im Palazzo Estense (heute Pareschi) gefangen gehalten.
 
 7) Francesco III. d', Herzog von Modena und Reggio (seit 1737), * Modena 2. 7. 1698, ✝ Varese 22. 2. 1780, Sohn von Rinaldo I. (1694-1737); verheiratet seit 1720 mit Charlotte, Tochter des französischen Regenten Philippe II. d'Orléans; schloss sich im Österreichischen Erbfolgekrieg den Franzosen an, verlor dabei seine Besitzungen, wurde durch den Aachener Frieden 1748 wieder darin eingesetzt. 1754 wurde er von Kaiserin Maria Theresia zum Gouverneur der Lombardei erhoben.
 
 8) Francesco IV. von Österreich-Este, Herzog von Modena (seit 1806, Regierungsantritt 1814/15), * Mailand 6. 10. 1779, ✝ Modena 21. 1. 1846, Urenkel von 7), Sohn Erzherzog Ferdinand Karls von Österreich (* 1754, ✝ 1806) und der Maria Beatrice d'Este (* 1750, ✝ 1829), Erbin Modenas; konnte erst nach dem Sturz Napoleons I. die Regierung antreten. Um aus Modena, Parma und der Toskana ein konstitutionelles Königreich zu bilden, ging er geheime Verbindungen mit den Carbonari (Carboneria) ein. Bloßgestellt, ließ er nach der Erhebung von 1831 die Carbonari grausam verfolgen.
 
 9) Ippolito I. d', Kardinal, * Ferrara 20. 3. 1479, ✝ ebenda 3. 9. 1520, Sohn von 5), Bruder von 1), 3) und 11); erhielt zahlreiche kirchliche Pfründe (mit sieben Jahren Erzbischof von Esztergom, mit 14 Jahren Kardinal, mit 17 Jahren Erzbischof von Mailand). Politisch und militärisch begabt, blieb er in die Politik seines Hauses verstrickt. Ihm widmete Ariosto den »Orlando furioso«.
 
 10) Ippolito II. d', Kardinal, * Ferrara 25. 8. 1509, ✝ Tivoli 2. 12. 1572, Sohn von 1) und Lucrezia Borgia, Bruder von 6); wurde mit zehn Jahren Erzbischof von Mailand. Auf Wunsch König Franz' I. von Frankreich 1539 zum Kardinal ernannt, vertrat er zeitlebens im Heiligen Kollegium die »französische Partei« und war mehrfach deren Kandidat bei den Papstwahlen; Erbauer der Villa d'Este in Tivoli.
 
 11) Isabella d', * Ferrara 18. 5. 1474, ✝ ebenda 1. 2. 1539, Tochter von 5), Schwester von 1), 3) und 9); seit 1490 verheiratet mit Francesco Gonzaga, Markgraf von Mantua; eine der großen Frauen der Renaissance, die viele Literaten und Künstler an den Hof von Mantua zog; bedeutende Kunstsammlerin, ließ ihre Studierzimmer (italienisch studioli) mit Gemäldezyklen u. a. von A. Mantegna, Perugino, L. Costa und Correggio ausstatten; Tizian und Leonardo da Vinci porträtierten sie. Als der Herzog in venezianischer Gefangenschaft geriet (1509/10), übernahm sie die Regierung und betrieb erfolgreich seine Freilassung.
 
Literatur:
 
Le studioli d'Isabelle d'E., Ausst.-Kat. (Paris 1975);
 V. Brosio: La rosa e la spada. I. d'E. e Francesco Gonzaga (Turin 1980).

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Es|te, der; -n, -n: Ew. zu Estland.

Universal-Lexikon. 2012.