Akademik

Wald
Hain; Tann; Forst; Holz

* * *

Wald [valt], der; -[e]s, Wälder ['vɛldɐ]:
größeres Stück Gelände, das dicht mit Bäumen bewachsen ist:
riesige Wälder; im Wald spazieren gehen; sich im Wald verirren; einen Wald abholzen.
Syn.: Forst.
Zus.: Birkenwald, Buchenwald, Buschwald, Eichenwald, Fichtenwald, Kastanienwald, Kiefernwald, Laubwald, Mischwald, Nadelwald, Regenwald, Stadtwald, Tannenwald, Winterwald.

* * *

Wạld 〈m. 2u
1. größere Fläche mit dichtem Baumwuchs
2. 〈fig.〉 große, dichte Menge (bes. von aufrechtstehenden Gegenständen)
● durch \Wald und Feld streifen; die Tiere des \Waldes; Wiesen und Wälder ● er sieht den \Wald vor lauter Bäumen nicht 〈fig.; umg.〉 er bemerkt nicht, was doch vor ihm steht, was offensichtlich istdichter, dunkler, finsterer, herbstlicher, verschneiter, winterlicher \Wald ● tief im \Wald; wie man in den \Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus 〈Sprichw.〉 so, wie man einen anderen behandelt, wird man selbst auch von ihm behandelt; ein \Wald von Fahnen, Masten, Antennen 〈fig.〉 [<mhd. walt <ahd. wald <germ. *walþuz, eigtl. „gerupftes Laubbüschel“, (i. w. S.) „Baumkrone(n)“, dann „Baumbestand“; zu idg. *uel- „Laub rupfen“ (zur Viehfütterung); verwandt mit Wolle, wild]

* * *

Wạld , der; -[e]s, Wälder:
1. [mhd., ahd. walt, urspr. = nicht bebautes Land, viell. verw. mit lat. vellere = rupfen, zupfen, raufen, also eigtl. = gerupftes Laub] größere, dicht mit Bäumen bestandene Fläche:
ein lichter, tiefer, dunkler, verschneiter, winterlicher W.;
ein naturnaher W.;
endlose, undurchdringliche Wälder;
für den Bau der Straße müssen 30 Hektar W. abgeholzt werden;
einen W. roden, anpflanzen, forstlich nutzen;
die Wälder durchstreifen;
dort gibt es viel, kaum noch W.;
durch W. und Feld, W. und Flur streifen;
die Tiere des -es;
in der Kühle des -es;
sich im W. verirren;
R wie man in den W. hineinruft, so schallt es heraus (wie man andere behandelt o. Ä., so werden sie einen selbst auch behandeln o. Ä.);
(ugs.:) ich denk, ich steh im W. (Ausdruck der Verwunderung, Entrüstung);
ein W. von …/(seltener:) aus … (im Allgemeinen bezogen auf eine größere Menge dicht nebeneinanderstehender emporragender Dinge; eine große Menge von …);
den W. vor [lauter] Bäumen nicht sehen (scherzh.; über zu vielen Einzelheiten das größere Ganze nicht erfassen; nach Chr. M. Wieland [1733–1813], Musarion, Buch 2);
einen ganzen W. absägen (ugs. scherzh.; sehr laut schnarchen);
nicht für einen W. voll Affen (ugs.; unter keinen Umständen, auf keinen Fall; nach W. Shakespeare, Der Kaufmann von Venedig III, 1);
einen vom W. erzählen (ugs.; etw. Unwahres erzählen).
2. <Pl.> [ von lat. silvae (Pl.)] (Literaturwiss. veraltet) Sammlung von Schriften, Dichtungen o. Ä.:
poetische, kritische Wälder.

* * *

I
Wald
 
[althochdeutsch walt, eigentlich »nicht bebautes Land«], natürliche Lebensgemeinschaft und Ökosystem von dicht stehenden Bäumen mit speziellen Pflanzen und einer speziellen Tierwelt, v. a. aufgrund besonderer Klima- und Bodenbedingungen. Hinsichtlich der Entstehung der Wälder unterscheidet man zwischen dem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Urwald (Naturwald; heute als Folge von Rodung und Raubbau nur noch in begrenzter, in den einzelnen Vegetationszonen der Erde unterschiedlicher Ausdehnung vorhanden, v. a. in Südamerika), dem nach menschlichem Eingriffen (z. B. Rodung) natürlich wieder nachgewachsenen Sekundärwald und dem vom Menschen angelegten Wirtschaftswald (Forst); nach dem Baumbestand zwischen Reinbestand (Reinkultur, eine einzige Baumart) und Mischbestand (Mischwald, mehrere Baumarten). Nach der Höhe des Bewuchses unterscheidet man pflanzensoziologisch innerhalb des Walds verschiedene Schichten: Moos- oder Streuschicht, Kraut-, Strauch- und Baumschicht (mit Stamm- und Kronenschicht). Alle Pflanzen stehen miteinander in ständiger Wechselbeziehung, indem sie sich gegenseitig fördern oder miteinander um Licht, Wasser und Nährstoffe konkurrieren. Als Tief- (z. B. Buche) und Flachwurzler (z. B. Fichte) schließen sie den Boden auf, entwickeln und verändern das Bodenprofil und schaffen einen Oberboden, in dem eine spezielle Mikroflora und -fauna lebt und ihre Wirkung entfalten kann.
 
Das Waldklima (lokal und großräumig) zeichnet sich im Verhältnis zum Klima offener Landschaften durch gleichmäßigere Temperaturen, höhere relative Luftfeuchtigkeit, geringere Lichtintensität und schwächere Luftbewegung aus. Der Wald hat einerseits eine sehr hohe Transpirationsrate, andererseits kann er in seinem Boden (speziell im Laubwald) große Wassermengen schnell aufnehmen und darin speichern. Im Nadelwald sind die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt allerdings weniger günstig. Das Nadelpolster verschließt den Boden und saugt das Regenwasser auf. So gelangt nur ein kleiner Teil des Wassers in den Boden, der überwiegende Teil fließt oberirdisch ab. Dazu finden sich in geringer Tiefe bodenverdichtende Schichten, die unter der Einwirkung von Huminsäuren entstehen und teilweise wasserundurchlässig sind.
 
 Waldformationen
 
Unter entsprechenden Klimabedingungen, v. a. bei hinreichendem Wasserangebot, bildet der Wald die vorherrschende pflanzliche Formation, die allerdings unter natürlichen Bedingungen auch erheblich von Tieren beeinflusst wird (z. B. Weidetiere, Samenverbreitung durch Tiere). Er entwickelt sich ganz allmählich in größeren Zeiträumen. Im natürlichen Wald der gemäßigten und kalten Klimazonen stellt sich diese Entwicklung wie folgt dar: Vorwald (Pionierbaumarten sind z. B. Birke, Espe, Erle, Pappelarten) besiedelt ein baumfreies Gelände. Der dadurch verbesserte Frost- und Strahlungsschutz lässt zunehmend Schatten ertragende Baumarten (Zwischenwald) gedeihen. Diese wachsen zum Gefüge des Hauptwalds heran, bis das oberste Kronendach keinen Jungwuchs mehr aufkommen lässt. Aber auch dieser Schluss- oder Klimaxwald stirbt nach langer Zeit (bei Rotbuche circa 300 Jahre) wieder ab oder wird durch »Katastrophen« (Feuer, Schädlinge) zerstört, sodass der gesamte Zyklus erneut beginnt. Da diese Prozesse in der Regel nicht großflächig synchron, sondern in einem kleinflächigen Mosaik ablaufen, spricht man vom Mosaikzyklus der Wälder. - In der Randzone eines Walds (Waldsaum, Waldmantel, Waldtrauf), in der Bäume gewöhnlich fast bis zum Boden beastet sind, wächst eine reichhaltige Strauch- und Krautvegetation. Die Randzone bietet somit Schutz gegen Wind, übermäßige Sonneneinstrahlung und Bodenerosion. Sie ist aber auch wichtiger Lebens- und Rückzugsraum für zahlreiche Arten, insbesondere in einer sonst meist intensiv genutzten Agrarlandschaft. - Die Ausbreitung des natürlichen Waldes wird durch waldfeindliche klimatische Faktoren begrenzt (Waldgrenze). Die Wälder der Erde unterscheiden sich wesentlich in ihrem Baumbestand, der durch die jeweils unterschiedlichen ökologischen Faktoren bedingt ist. Der tropische Wald in den niederschlagsreichen Gebieten ist durch üppiges Wachstum und Artenreichtum charakterisiert. In den Subtropen erscheinen mit zunehmender Trockenheit Hartlaubgewächse. Die gemäßigte Region ist durch sommergrüne Laubwälder (ausgenommen die Gebirgsnadelwälder) charakterisiert, die auf der Nordhalbkugel in einen breiten Nadelholzgürtel übergehen. Im Einzelnen lassen sich folgende Waldformationsklassen unterscheiden: Regenwald (grundwasserbedingt sind der Gezeitenwald der Mangrove und der Galeriewald), regengrüner Wald (ein nur in den Regenzeiten voll belaubter Wald der wechselfeuchten Tropen und Randtropen, hierzu zählt auch der Monsunwald), regengrüner Trockenwald, Lorbeerwald (Formation zwischen Regen- und Hartlaubwald; vorherrschend 10-40 m hohe Bäume mit großen, glänzend dunkelgrünen Blättern), Hartlaubwald (Hartlaubvegetation), sommergrüner Laubwald und borealer Nadelwald (boreal).
 
Mehr als ein Viertel der Landfläche der Erde, rd. 4 Mrd. ha, sind mit Wäldern bedeckt, von dem etwa die Hälfte in tropischen Regionen liegt. In Europa befinden sich knapp 4 % der Waldbestände (davon etwa 1 % in Deutschland), die mit einem Bedeckungsanteil des Waldes von etwa 30 % der Gesamtfläche in Deutschland etwas über dem Weltdurchschnitt liegen. Der Waldanteil je Einwohner beträgt demnach circa 0,13 ha. Den naturnahen Waldflächen kommt neben Gewässern, Moor- und Heideflächen sowie verschiedenen anderen gefährdeten Offenlandbiotopen ein besonderer ökologischer Stellenwert zu. Für den Naturschutz, einschließlich des Artenschutzes, haben naturnahe Wälder eine herausragende Bedeutung. Sie bilden großräumig zusammenhängende Ökosysteme und dienen besonders in waldärmeren Gebieten in vielen Fällen den Arten der Agrarlandschaft als zeitweiliges Rückzugsgebiet. Positiv für den Natur- und Artenschutz wirkt sich auch die im Vergleich zur Landwirtschaft geringe Bewirtschaftungsintensität aus. Mit einem Anteil von rd. 90 % sind die Wälder der Erde der weitaus größte Produzent von Biomasse.
 
Von den weltweit vorhandenen Waldflächen werden etwa 60 % forstwirtschaftlich, doch nur 10 % forstlich nachhaltig genutzt. Letzteres bedeutet, dass auf einer bestimmten Fläche in einer bestimmten Zeit nicht mehr Holz genutzt wird, als im gleichen Zeitraum nachwachsen kann, wobei zugleich möglichst viel wertvolles Holz produziert werden soll. Ökologische Forstwirtschaft ist überall noch sehr selten anzutreffen. Bei dieser Bewirtschaftungsart orientieren sich die »Ernten« nicht nur am jährlichen Zuwachs, auch die biologische Artenvielfalt wird aufrechterhalten und die Bedeutung der Wälder für die Umweltqualität berücksichtigt. Angesichts der Erwärmung der Erde wird die Bedeutung der Wälder immer größer. Die Vegetation und die Böden speichern etwa die dreifache Menge des in der Atmosphäre befindlichen Kohlenstoffs. Wenn die Wälder abgeholzt oder abgebrannt werden, setzen sie einen großen Teil dieses Kohlenstoffs frei; der Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre steigt an und die Erwärmung beschleunigt sich. In den Industrieländern sind die Waldflächen heute einigermaßen stabil; die drohende Klimaveränderung verlangt aber auch in den gemäßigten Zonen vermehrte Anstrengungen, größere Mengen Kohlenoxid durch Aufforstungen zu binden. Dazu ist es allerdings erforderlich, den sauren Regen und die luftverunreinigenden Stoffe erheblich zu reduzieren. Die in den Waldökosystemen Deutschlands gebundene Kohlenstoffmenge wird auf etwa 1,4 Mrd. t geschätzt, rd. 700 Mio. t davon in Form von Holz, der Rest in Form von Humus, Nadeln, Blättern, Zweigen, Wurzeln.
 
Der Waldaufbau in Deutschland ist auf größeren Flächen noch geprägt von Folgen intensiver forstlicher Nutzung der vergangenen Jahrhunderte und durch die massiven Eingriffe in die Wälder während und nach den beiden Weltkriegen. Die Wiederaufforstung zerstörter Waldflächen führte häufig zu artenarmen Reinbeständen. So beträgt heute der Nadelholzanteil - natürliche Verhältnisse fast umgekehrt - zwei Drittel. Auch die um 1900 »blühende« Bodenreinertragslehre trug zu einer absichtlichen Forcierung des Nadelholzanbaus mit zum Teil großflächigen Monokulturen bei. Verstärkt wurde dies durch Aufforstungen landwirtschaftlicher Flächen mit Reinbeständen von Nadelbäumen. Ein großes ökologisches Problem sind außerdem Waldbestockungen mit fremdländischen Baumarten, die v. a. aus wirtschaftlichen Gründen (schnelles Wachstum, Resistenz gegen Schädlinge, Krankheiten und Immissionen) angebaut wurden. Sie können u. a. einheimische Arten verdrängen und in der Regel nicht oder kaum von waldbewohnenden, einheimischen Tieren genutzt werden. Besonders kritisch sind diese Baumarten dann zu sehen, wenn sie sich durch Naturverjüngungen weiter verbreiten. Beispiele sind Roteiche, Weymouthskiefer und Douglasie. Der ökonomische Wert des stehenden Holzes wird auf 175-200 Mrd. DM geschätzt. Völlig naturbelassene Waldökosysteme gibt es in Deutschland praktisch nicht mehr. Auch von der Vegetation her scheinbar natürliche Wälder sind externen Belastungen wie Nährstoff- und Schadstoffeinträgen ausgesetzt und werden dadurch beeinflusst.
 
In den intensiv genutzten Wirtschaftsräumen bietet die derzeitige Politik der Stilllegung landwirtschaftlicher Produktionsflächen gute Möglichkeiten, Aufforstungsprogramme zu realisieren und die Waldfläche zu vergrößern. In den Verdichtungsräumen, insbesondere in der Nähe der Großstädte, können dadurch neue Erholungswälder geschaffen werden. Das langfristige Flächenpotenzial für Aufforstungen wird auf 600 000-700 000 ha geschätzt. Man geht davon aus, dass bis 2005 aber nicht mehr als 150 000 ha aufgeforstet sein werden. Ökologisch durchaus problematisch ist dabei, dass vorzugsweise so genannte Grenzertragsstandorte, deren landwirtschaftliche Nutzung nicht mehr rentabel ist, zur Aufforstung zur Verfügung stehen. Dadurch werden unter Umständen ökologisch wertvolle Gebirgswiesen in ohnehin waldreichen Gebieten aufgeforstet, was zu einer Verringerung der biologischen Vielfalt führen kann, während in Gebieten mit ertragreichen Böden und damit einem erheblichen Walddefizit (z. B. Lössgebiete) kaum Aufforstungen durchzusetzen sind.
 
Die Waldverluste durch die Anlage neuer Straßen, neuer Industriebetriebe und Siedlungen betragen jährlich etwa 7 000 ha. Zwar hat bei einer oberflächlichen Betrachtung die Waldfläche in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1976 und 1986 dennoch um 1,13 % zugenommen (das sind in einem Jahrzehnt 59 000 ha neuer Wald), die Problematik besteht jedoch darin, dass die Waldverluste gerade diejenigen Gebiete betreffen, in denen der Wald zur Steuerung des ökologischen Gleichgewichts und als Naherholungsraum am dringendsten gebraucht wird. In den letzten Jahren wurden neben den Nutzwirkungen des Waldes die Schutzfunktionen zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen immer wichtiger. Wälder vergrößern und regenerieren den Wasserkreislauf und erhalten die Wasserqualität, sie verhindern Versteppungserscheinungen, mildern Klimaextreme, schwächen schädlichen Wind- und Sturmwirkungen ab und schützen gegen Erosion. In den heimischen Laubwäldern werden etwa 16 t Sauerstoff pro Hektar und Jahr gebildet. In dicht besiedelten Gebieten wie in Mitteleuropa wird mehr Sauerstoff verbraucht (drei Menschen benötigen etwa eine Tonne im Jahr), als auf den entsprechenden Landflächen produziert wird. Eine weitere wichtige Bedeutung liegt in landeskulturellen und sozialen Funktionen, z. B. als Schutzwald und, heute mehr denn je, als Ort der Erholung für den Menschen.
 
 Waldkrankheiten
 
Innerhalb der Wälder können Einzelbäume oder ganze Baumbestände von Krankheiten befallen werden; epidemischer Befall führt in der Regel zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden. Abiotische Ursachen vielfältiger Art wirken sich unmittelbar oder mittelbar schädigend aus. Abnorme Bodenbedingungen, besonders Nährstoffmangel, Versauerung und Bodenverdichtung, beeinträchtigen den Wuchs und erhöhen die Anfälligkeit gegenüber Forstschädlingen (v. a. Arten der Borkenkäfer, z. B. Buchdrucker, der Rüsselkäfer, u. a. Kiefernrüssler, und Raupen verschiedener Schmetterlingsarten, u. a. Kiefernspinner) und mikrobiellen Erregern. Ungünstige Witterungsbedingungen verursachen entsprechende Schäden; anhaltende Trockenheit erhöht die Brandgefahr, was besonders für Nadelwälder in den Niederungen zutrifft; strenge Winterfröste führen zu Rissen im Holzkörper (Frostschäden), Hagelschlag zu Verwundungen, Schneebelastungen zu Schneebruch, schwere Schäden verursachen die Winterstürme durch Wurf und Bruch, 1990 die größten seit Menschengedenken. Schadstoffimmissionsschäden sind in den Wäldern oft so groß, dass es regional zum Waldsterben kommt. Infektionskrankheiten werden von Viren, Bakterien und Pilzen verursacht; bedeutende Mykosen sind u. a. Buchen-, Tannenkrebs, Eichenmehltau, Hallimasch, Wurzelschwamm. Über waldbauliche Maßnahmen, biologischen und chemischen Pflanzenschutz werden Waldkrankheiten bekämpft oder verhütet; standortgerechter Anbau der Baumarten in naturnahen Mischbeständen kann die Risiken erheblich mindern.
 
 Geschichte
 
Die Geschichte der heutigen Wälder in Mitteleuropa ist relativ jung. Zwar war auch Europa in verschiedenen erdgeschichtlichen Epochen bereits von Wäldern bedeckt, während der Eiszeiten jedoch praktisch waldfrei. Erst Ende der letzten Eiszeit, also vor circa 12 000-10 000 Jahren, konnten Bäume allmählich wieder nach Mitteleuropa vordringen und eine Bewaldung einleiten. Dem stand zunächst nicht nur das Klima entgegen, sondern wohl auch eine Vielzahl von großen, Pflanzen fressenden Säugetieren. Erst deren Aussterben beziehungsweise Ausrottung durch den Menschen ermöglichte eine dichtere Bewaldung, die aber wohl von Beginn an bereits vom Menschen beeinflusst war. Manche der heute hier häufigen und charakteristischen Baumarten erreichten Mitteleuropa erst vor ganz wenigen Jahrtausenden wieder (z. B. Rotbuche vor 2 000-3 000 Jahren). - Die ausgedehnten mitteleuropäischen Wälder wurden etwa seit der Völkerwanderung (4. Jahrhundert n. Chr.) durch Rodungen auf rd. ein Drittel der Bestände reduziert. Die Rodung betraf besonders die Laubwälder der fruchtbaren Böden in den Ebenen und Flusstälern, nicht so sehr dagegen die weniger fruchtbaren Gebiete der norddeutschen und fränkischen Kiefernwälder oder die Tannen- und Fichtengürtel der Mittelgebirge und der steileren alpinen Hanglagen. Mit den Rodungen wurden die vielfältigen ursprünglichen Versorgungsfunktionen des Waldes für den Menschen (z. B. Lieferung von Brenn- und Bauholz, Schutz vor Feinden und Naturgewalten, Viehmast, besonders in Laubwäldern mit Bucheckern und Eicheln, Energieversorgung durch Holzkohle, Lieferung chemisch-technischer Ausgangsstoffe wie Pottasche zur Seifen- und Glasherstellung, Rinden für die Gerberei, Früchte und Blätter zur Nahrungs- und Arzneimittelgewinnung, Imkerei) zunehmend beeinträchtigt. Seit dem 15. Jahrhundert gibt es in Mitteleuropa keinen besitzlosen Wald mehr. Auch die dann immer häufiger erlassenen Rodungsverbote konnten den andauernden Raubbau, der Ende des 18. Jahrhunderts schließlich katastrophale Ausmaße annahm, nicht verhindern. Zur Versorgung Europas mit Holzkohle und Pottasche mussten damals russische und amerikanische Wälder zerstört werden. Im 19. Jahrhundert schritt die Vernichtung des Waldes durch den hohen Holzbedarf für die Herstellung von Masten (für elektrische Leitungen), Eisenbahnschwellen, Bergwerksstollen und für die Papierherstellung weiter fort. Erste Vorschläge zur Einschränkung des Raubbaus wurden im Geist der Aufklärung u. a. von dem Forstwissenschaftler Johann Gottlieb Beckmann (* um 1700, ✝ 1777) gemacht. Mit den Argumenten des Rationalismus forderte Alexandre Moreau de Jonnès (* 1778, ✝ 1870) 1825 in einer Preisschrift der belgischen Akademie der Wissenschaften die Pflege und Erhaltung des Waldes. Eine »rationelle Forstwirtschaft« setzte sich erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch; abgeholzter Laubwald wurde jetzt zunehmend durch Nadelwald ersetzt. Die Schutzfunktion des Waldes für die Natur betonte 1863 der Naturforscher und Schriftsteller Emil Adolf Rossmässler (* 1806, ✝ 1867). Der Zusammenhang zwischen politisch-ökonomischen Veränderungen und dem Waldbau wurde von W. H. Riehl (1852) beschrieben. Eine Einbeziehung des Waldes in den Naturschutz forderte H. Conwentz in seinem »Forstbotanischen Merkbuch«, das ab 1900 erschien. Die Notwendigkeit eines »naturgemäßen Waldbaus« wurde allmählich im 20. Jahrhundert deutlich, insbesondere infolge vertiefter ökologischer Erkenntnisse. Trotzdem bestehen auch in Mitteleuropa bis heute Defizite, und eine flächendeckende Umsetzung naturgemäßer Waldbaukonzepte wird noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Die Situation der Wälder in anderen Gebieten der Erde ist weitaus dramatischer (z. B. Regenwald).
 
Die seit jeher bedeutende Rolle des Waldes im Kulturleben kommt auch in der Literatur zum Ausdruck. Schon das Volksmärchen spiegelt den Wald mehr als Urwald, die Kunstdichtung, besonders die Romantik, zeigt ihn dann als gelichteten Wald, Hain oder Park und damit als eine Art Ausgleichswelt gegenüber dem Alltag. Bei A. Stifter wird die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Wald als geistig anregend empfunden. In der Lokal- und Heimatdichtung des 19. Jahrhunderts hat man oft versucht, ein lebendiges »Waldgefühl« zu vermitteln.
 
Literatur:
 
Forest resources 1980, hg. v. Food and Agriculture Organization (Genf 1985);
 R. Schute: Der W. Funktionen - Pflege - Gefährdung (1988);
 H. Leibundgut: Der W. als Erbe u. Verpflichtung (Bern 1990);
 G. Pfister: Ein method. Konzept zur monetären Bewertung der Sozialfunktionen des W. (1991);
 
Unser W. Die Forst- u. Holzwirtschaft in Dtl., hg. vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft u. Forsten (1991);
 E. Röhrig u. N. Bartsch: Der W. als Vegetationsform u. seine Bedeutung für den Menschen (61992);
 H. Hofmeister: Lebensraum W. Pflanzengesellschaften u. ihre Ökologie (41997).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Wald: Der Laubmischwald als Beispiel für ein Ökosystem
 
Wald: Der Niedergang der mitteleuropäischen Wälder
 
II
Wạld,
 
Gemeinde im Landkreis Sigmaringen, Baden-Württemberg, 660 m über dem Meeresspiegel, 2 800 Einwohner
 
Stadtbild:
 
Ehemaliger Zisterzienserinnenkloster (1212-1806); barocke Kirche Sankt Bernhard (1696-98; heute katholische Pfarrkirche) nach Entwurf von Jodok Beer (* 1650, ✝ 1688) ausgeführt, mit vorzüglicher Stuckdekoration und Fresken.
 
III
Wạld
 
[wɔːld],
 
 1) Abraham, amerikanischer Mathematiker österreichischer Herkunft, * Klausenburg 31. 10. 1902, ✝ (Flugzeugabsturz) Nilgiriberge (Indien) 13. 12. 1950; emigrierte 1938 in die USA, war ab 1941 Professor an der Columbia University New York. Wald lieferte grundlegende geometrische Arbeiten und entwickelte beim Studium ökonomischer Probleme die Sequenzialanalyse und die Theorie der Entscheidungsfunktionen.
 
Werke: Sequential analysis (1947); Statistical decision functions (1950).
 
 2) George, amerikanischer Biochemiker, * New York 18. 11. 1906, ✝ Cambridge (Massachusetts) 12. 4. 1997; ab 1935 Professor an der Harvard University in Cambridge (Massachusetts); entdeckte die Vitamine A1 und A2 in der Netzhaut des Auges und arbeitete über den Mechanismus des Farbensehens. Für seine Untersuchungen über die Primärprozesse im Auge erhielt er (mit R. A. Granit und H. K. Hartline) 1967 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin.

* * *

Wạld, der; -[e]s, Wälder [1: mhd., ahd. walt, urspr. = nicht bebautes Land, viell. verw. mit lat. vellere = rupfen, zupfen, raufen, also eigtl. = gerupftes Laub; 2: LÜ von lat. silvae (Pl.)]: 1. größere, dicht mit Bäumen bestandene Fläche: ein lichter, tiefer, dunkler, verschneiter, winterlicher W.; ein naturnaher W.; endlose, undurchdringliche Wälder; für den Bau der Straße müssen 30 Hektar W. abgeholzt werden; Je mehr im Ruhrgebiet die Schlote rauchen, desto schneller stirbt im Sauerland der W. (FAZ 23. 4. 83, 13); einen W. roden, anpflanzen, forstlich nutzen; die Wälder durchstreifen; dort gibt es viel, kaum noch W.; durch W. und Feld, W. und Flur streifen; die Tiere des -es; in der Kühle des -es; sich im W. verirren; Aber die berühmte Liebe zum deutschen W. hat keineswegs dazu geführt, dass auch nur einer jener »Betreiber« ..., die ihn auf dem Gewissen haben, im Knast gelandet wäre (Enzensberger, Mittelmaß 194); R wie man in den W. hineinruft, so schallt es heraus (wie man andere behandelt o. Ä., so werden sie einen selbst auch behandeln o. Ä.); ich denk, ich steh im W. (ugs.; Ausdruck der Verwunderung, Entrüstung); *ein W. von .../(seltener:) aus ... (im Allg. bezogen auf eine größere Menge dicht nebeneinander stehender emporragender Dinge: eine große Menge von ...): Auf den Dächern ein W. von Fernsehantennen (Berger, Augenblick 72); ... während die Brigantine durch einen dichten, seufzenden W. aus Masten und Rahen dem offenen Meer entgegen- und aus der Sichtweite glitt (Ransmayr, Welt 33); den W. vor [lauter] Bäumen nicht sehen (scherzh.; über zu vielen Einzelheiten das größere Ganze nicht erfassen; nach Chr. M. Wieland [1733-1813], Musarion, Buch 2): Die Teleologen werfen uns vor, wir sähen vor lauter Bäumen den W. nicht (Lorenz, Verhalten I, 385); einen ganzen W. absägen (ugs. scherzh.; sehr laut schnarchen); nicht für einen W. voll Affen (ugs.; unter keinen Umständen, auf keinen Fall; nach W. Shakespeare, Der Kaufmann von Venedig III, 1); einen vom W. erzählen (ugs.; etw. Unwahres erzählen). 2. <Pl.> (Literaturw. veraltet) Sammlung von Schriften, Dichtungen o. Ä.: Poetische, Kritische Wälder.

Universal-Lexikon. 2012.