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Genua
1Ge|nua:
Stadt in Norditalien.
2Ge|nua, die; -, - [nach dem erstmaligen Auftauchen dieses Segels 1927 bei einer Regatta in 1Genua] (Seemannsspr.):
großes, den Mast u. das Großsegel stark überlappendes Vorsegel.

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I
Genua,
 
italienisch Genova ['dʒɛːnova],
 
 1) Hauptstadt der Region Ligurien und der Provinz Genua, Italien, 641 400 Einwohner, erstreckt sich am Golf von Genua auf 230 km2, eingeengt zwischen dem Meer und dem Apennin, über 35 km längs der Mittelmeerküste. Genua ist Erzbischofssitz, hat Universität (1471 gegründet), Musikhochschule, Kunstakademie, Museen (Nationalgalerie) und mehrere mit der Seeschifffahrt verbundene Einrichtungen. Genua wurde zusammen mit Lille für das Jahr 2004 zur »Kulturstadt Europas«auserwählt.
 
Die alte Handels- und Hafenstadt konnte trotz ihrer räumlichen Begrenzung Handel, Industrie und Verkehr ausweiten und gilt mit dem größten Seehafen Italiens als »Mole der Poebene«. Der Containerhafen Voltri, westlich von Genua, wird zum größten Italiens erweitert. Am Gesamtgüterumschlag von jährlich rd. 42 Mio. t haben Massengüter mit rd. 35 Mio. t den größten Anteil, besonders Erdöleinfuhren im Hafen Multedo. Genua ist Ausgangspunkt von Erdölleitungen in die Poebene, in die Schweiz und nach Ingolstadt; die hafenständige Industrie umfasst besonders Stahlwerke und Werften; Erdölraffinerien im Polceveratal; ferner Maschinenbau, Nahrungsmittel-, Textil-, Papier-, Kunststoff- und chemische Industrie. Tanklager und der Flughafen Cristoforo Colombo liegen 9 km von Genua entfernt auf einer künstlichen Halbinsel. Genua ist an die Industrieregion Turin-Mailand über Eisen- und Autobahnen angeschlossen und über eine Küstenautobahn mit den Rivieraorten und Frankreich verbunden.
 
Stadtbild:
 
Zwischen den alten Hafenbecken steht das Wahrzeichen der Stadt, ein 85 m hoher Leuchtturm (Torre della Lanterna) von 1544. Der mittelalterliche Kern Genuas erstreckt sich um die Kathedrale San Lorenzo (1118 geweiht, mehrmals verändert; schwarz-weiß inkrustierte Marmorfassade; reicher Domschatz), Palazzo Ducale (ehemaliger Dogenpalast, 1291 begonnen, im 16. Jahrhundert umgebaut und 1777 nach Brand erneuert; 1990/91 modernisiert als multikulturelle Einrichtung) und die Piazza San Matteo mit den Palästen der Familie Doria und der Kirche San Matteo (1125 gegründet, im 13. Jahrhundert umgebaut); am Alten Hafen der Palazzo San Giorgio (Gebäudeteile des 13. und 16. Jahrhunderts). Im 16. und 17. Jahrhundert, der künstlerischen Blütezeit der Stadt, entstanden zahlreiche Paläste, so u. a. an der seit 1550 von G. Alessi angelegten Prachtstraße (der heutigen Via Garibaldi) der Palazzo Municipale (auch Tursi genannt, heute Rathaus) und die Palazzi Bianco und Rosso (beide heute Gemäldegalerie), an der Via Balbi u. a. der Palazzo Reale (ehemaliger Königspalast, heute Museum mit Gemälde- und Skulpturensammlung), der Palazzo dell'Università (mit zweigeschossigem Hof), der Palazzo Durazzo-Pallavicini und der Palazzo Balbi-Senarega, am Hafen der Palazzo del Principe (auch Palazzo Doria-Pamphili; reiche Innenausstattung, Parkanlagen). An der Piazza De Ferrari befindet sich die Börse, ein neobarocker Prunkbau des 19. Jahrhunderts Unter den zahlreichen Kirchen sind erwähnenswert: Santa Maria di Carignano (1552, Grundriss eines griechischen Kreuzes nach Entwurf von Alessi), Sant' Annunziata (kreuzförmige Säulenbasilika des 16. Jahrhunderts mit prächtiger Barockausstattung), Sant' Ambrogio (barocker Bau von 1589-1637, mit Altarbildern von P. P. Rubens und G. Reni), San Giovanni di Prè (Ende 12. Jahrhundert, mit dreischiffiger Hallenkrypta), San Donato (12./13. Jahrhundert, romanische Hallenkirche mit achteckigem Campanile). Im Norden von Genua der Camposanto di Staglieno (mit Mausoleen genuesischer Familien).
 
Beiträge zur Architektur des 20. Jahrhunderts sind u. a. Luigi Carlo Daneris (* 1900, ✝ 1972) Wohnbauten an der Piazza Resetti (1934) und die Siedlung Villa Bernabò Brea (1951-54, Daneri u. a.). F. Albini gestaltete die Räume des Domschatzes von San Lorenzo (1952), die der Gemäldesammlungen im Palazzo Rosso (1952-61) und den Palazzo degli Uffici Comunali (1952-61). A. de Carlo u. a. errichteten die Kirche Sacra Famiglia (1956), Angelo Mangiarotti (* 1921) baute einen Ausstellungspavillon (1962) für die »Fiera del Mare«, Melchiorre Bega (* 1898, ✝ 1983) u. a. errichteten das Hochhaus für die Gesellschaft SIP (1969). R. Morandi konstruierte den Autobahnviadukt (1 203 m lang) über das Polceveratal (1960-67). Das Opernhaus »Carlo Felice« (ursprünglich 1828 erbaut, 1943 zerstört) wurde 1983-90 von A. Rossi und Ignazio Gardella in Anlehnung an historische und moderne Architekturzitate wieder aufgebaut (1991 eröffnet). Gardella baute auch die neue Architekturfakultät (1990). R. Piano, der mit Projekten behutsamer Altstadtsanierung hervorgetreten ist, übernahm die Um- und Neugestaltung des alten Hafens in einen modernen Ausstellungs- und Kongressstadtteil (1990-92).
 
Geschichte:
 
Die Herkunft des Namens Genua ist unsicher (vielleicht von lateinisch genu »Knie«, nach der Form des Golfs von Genua); der Mythos von der Stadtgründung durch einen trojanischen Fürsten Janus (danach Janua genannt) ist mittelalterlichen Ursprungs. Genua steht auf dem Boden einer alten Stadt der Ligurer, die 205 v. Chr. von den Karthagern zerstört, aber schon kurz darauf mit römischer Hilfe neu erbaut wurde, sich zur wichtigen Handelsstadt entwickelte und noch in der Völkerwanderungszeit die römische Munizipialverfassung beibehielt. Schon den Römern diente Genua als Flottenstützpunkt, im frühen Mittelalter (6./7. Jahrhundert) auch den Byzantinern. 641 von den Langobarden eingenommen, wurde Genua nach der Eroberung des Langobardenreichs durch Karl den Großen Teil einer fränkischen Mark. Im 10. Jahrhundert hatte Genua mehrfach unter den Raubzügen der Sarazenen zu leiden (Plünderung 936). Allmählich entwickelte sich in Konkurrenz zum Stadtregiment des Bischofs eine städtische Selbstverwaltung, die von den seit dem späten 11. Jahrhundert zu »Compagne« (Wehr- und Wirtschaftsbünden) zusammengeschlossenen Kaufleuten und Handwerkern ausgeübt wurde und auch während der Stauferzeit bewahrt werden konnte.
 
Durch Handel und Schifffahrt wurde Genua reich und geriet mit Pisa in einen erbitterten Machtkampf um die Vorherrschaft über die Inseln Sardinien und Korsika, die beide Städte zusammen mit dem Papst 1016 den Sarazenen abgenommen hatten. Erst 1284 setzte sich Genua durch (endgültiger Verzicht Pisas auf Korsika; in Sardinien Machtteilung zwischen beiden Städten). Durch die Kreuzzüge hatte Genua seine Handelsbeziehungen ausbauen können. Genuesische Niederlassungen gab es nun in Syrien und Palästina, in Kleinarmenien, in Ägypten, Nordafrika (Tripolis, Tunis, Ceuta), Konstantinopel und am Schwarzen Meer. Dadurch geriet Genua mit Venedig in Konflikt, der nach wechselvollen Kämpfen mit der Niederlage der Genuesen 1380 im Chioggiakrieg (Chioggia) endete.
 
In den Jahrhunderten des Aufstiegs wurde Genua im Innern von Rivalitätskämpfen der führenden Familien - den guelfischen Fieschi und Grimaldi, den ghibellinischen Doria und Spinola - erschüttert. Um den streitenden Stadtadel von der Regierung fern zu halten, setzte das Volk 1339 die Einrichtung des Dogenamtes durch (als erster Doge wurde Simone Boccanegra [✝ 1363] gewählt), das später aber meist von Angehörigen der Adelsfamilien Adorno und Fregoso bekleidet wurde. Infolge der inneren Unruhen und der Schwächung der äußeren Macht durch den Krieg gegen Venedig wurde 1396 König Karl VI. von Frankreich die Herrschaft über Genua übertragen (bis 1409). Nach weiteren Machtkämpfen war Genua 1421-36 in mailändischer, 1458-61 in französischer Hand. Damals erlitt Genuas Handelsmacht den größten Rückschlag: Nach dem Fall Konstantinopels 1453 gingen die östlichen Besitzungen verloren (1566 fiel als letzte Chios an die Türken). In der Folge lag die Bedeutung Genuas v. a. in der von seinen Banken ausgeübten Geldmacht, die zu einer Hauptstütze der spanischen Monarchie wurde, und - da Genua der für die Verbindung Spaniens mit der Lombardei unersetzbare Hafen war - in der Schifffahrt.
 
1466 wurde Francesco Sforza, Herzog von Mailand, die Regierung übertragen. Nach der Ermordung von dessen Sohn Galeazzo Maria (1476) gewann die Stadt zwar ihre Freiheit wieder, doch mit Ludovico il Moro kehrten die Mailänder zurück. 1499 fiel Genua mit Mailand an Frankreich und wurde zum Stützpunkt für die französischen Züge nach Neapel. 1512 konnte sich Genua von Frankreich lösen, unterwarf sich ihm jedoch 1515 erneut, um nicht wieder unter mailändische Gewalt zu fallen. 1522 wurde Genua von den Kaiserlichen erobert und geplündert, 1527 von den Franzosen zurückgewonnen, doch konnte der genuesische Admiral Andrea Doria mithilfe Kaiser Karls V. die Unabhängigkeit Genuas wiederherstellen. Doria gab Genua eine oligarch. Verfassung: Zur Regierung zugelassen waren alle im »Liber civitatis« erfassten Adelsfamilien und reichen Bürger. Da Genua zur Zeit Ludwigs XIV. Spanien zuneigte, unternahm die französische Flotte 1684 einen Artillerieangriff auf die Stadt. Als Genua im Österreichen Erbfolgekrieg 1745 Frankreich und Spanien begünstigte, besetzten die Österreicher im September 1746 die Stadt; sie wurden jedoch im Dezember durch einen Aufstand vertrieben. 1768 trat Genua Korsika an Frankreich ab. Durch Napoleon wurde Genua (mit vergrößertem Gebiet) 1797 zur »Ligurischen Republik«; diese wurde im Jahr 1800 von Österreich besetzt und 1805 Frankreich einverleibt. Durch den Wiener Kongress kam es 1815 zur Vereinigung mit dem Königreich Sardinien, mit dem die Stadt 1860 im Königreich Italien aufging.
 
 
Literatur:
 
P. P. Rubens: Palazzi di Genova (Antwerpen 1622, Nachdr. Unterschneidheim 1969);
 G. Caro: G. u. die Mächte am Mittelmeer 1257-1311, 2 Bde. (1895-99, Nachdr. 1967);
 H. T. Niephaus: G.s Seehandel von 1746-1848 (1975);
 C. Constantini: La Repubblica di Genova nell'età moderna (Turin 1978);
 H. Schomann: Piemont, Ligurien, Aosta-Tal. Kunstdenkmäler u. Museen (1982).
 
 2) Provinz in der Region Ligurien, Italien, 1 838 km2, 913 200 Einwohner, Hauptstadt ist 1).
 
II
Genua,
 
Konferẹnz von, Zusammenkunft von Vertretern europäischer Staaten (u. a. Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Deutschlands und Sowjetrusslands), der britischen Dominions und Japans, die vom 10. 4. bis zum 19. 5. 1922 stattfand. Zum ersten Mal nach dem Ersten Weltkrieg beteiligte sich eine deutsche Delegation (unter Führung von Reichskanzler J. Wirth und Reichsaußenminister W. Rathenau) an einer internationalen Konferenz. Nachdem auf Einspruch des französischen Ministerpräsidenten R. Poincaré die Reparations- und Abrüstungsfrage von der Tagesordnung ausgeschlossen worden war, konzentrierten sich die Verhandlungen auf das Verhältnis der europäischen Mächte zu Sowjetrussland. Da dieses die französische und britische Forderung nach Anerkennung der Schulden Russlands aus der zaristischen Zeit ablehnte, blieb die Konferenz ohne direktes Ergebnis, trug aber indirekt zum Abschluss des Rapallovertrags zwischen Deutschland und Sowjetrussland bei.

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1Ge|nua: Stadt in Norditalien.
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2Ge|nua, die; -, - [nach dem erstmaligen Auftauchen dieses Segels 1927 bei einer Regatta in 1Genua] (Seemannsspr.): großes, den Mast u. das Großsegel stark überlappendes Vorsegel.

Universal-Lexikon. 2012.