Saint Vincent and the Grenadines
Fläche: 389 km2
Einwohner: (2000) 115 000
Hauptstadt: Kingstown
Amtssprache: Englisch
Nationalfeiertag: 27. 10.
Zeitzone: 700 Kingstown = 1200 MEZ
[snt'vɪnsənt ənd ȓə grenə'diːnz], ostkarib. Inselstaat der Windward Islands (Kleine Antillen), umfasst die Insel Saint Vincent und die nördlichen Grenadinen, 389 km2, (2000) 115 000 Einwohner; Hauptstadt ist Kingstown, Amtssprache: Englisch; Währung: 1 Ostkaribischer Dollar (EC$) = 100 Cents (c). Zeitzone: Atlantic Standard Time (700 Kingstown = 1200 MEZ).
Staat und Recht:
Nach der Unabhängigkeitsverfassung von 1979 ist Saint Vincent and the Grenadines eine konstitutionelle Monarchie im Commonwealth. Als Staatsoberhaupt fungiert der britische Monarch, vertreten durch einen einheimischen Generalgouverneur. Die Legislative liegt beim Einkammerparlament (15 auf fünf Jahre gewählte Abgeordnete, 6 vom Generalgouverneur ernannte Senatoren), die Exekutive bei der Regierung unter Vorsitz des Premierministers.
Parteien:
Die Parteienlandschaft wird geprägt durch die New Democratic Party (NDP, gegründet 1975), die einen wirtschaftsliberalen Kurs verfolgt, die sozialdemokratische United Labour Party (ULP; entstanden 1994 durch Zusammenschluss von Saint Vincent Labour Party [SVLP, gegründet 1955] und Movement for National Unity [MNU]) und den United People's Movement (UPM, gegründet 1979/80).
Das Wappen zeigt im Weiß über Grün geteilten Schild einen antiken Altar, auf dem ein Opferfeuer brennt; er wird von zwei Frauen flankiert, von denen eine einen Olivenzweig über den Altar hält, die andere kniend Opfergaben darbringt. Über dem Schild als Oberwappen ein Wulst in den Nationalfarben, aus dem ein Baumwollzweig hervorwächst. Unter dem Schild befindet sich ein Band mit der Aufschrift »Pax et Justitia« (»Frieden und Gerechtigkeit«).
Nationalfeiertage:
27. 10., zur Erinnerung an die Erlangung der Unabhängigkeit 1979.
Die Rechtsprechung folgt dem englischen Common Law. Der Gerichtsaufbau besteht aus Magistratsgerichten; der Oberste Gerichtshof (mit Berufungsgericht) in Saint Lucia ist auch für Saint Vincent and the Grenadines zuständig. Letzte Berufungsinstanz ist der Privy Council in London.
Es besteht eine rd. 600 Mann starke Polizeitruppe, in die eine paramilitärische Einheit (etwa 100 Mann) integriert ist.
Landesnatur und Bevölkerung:
Saint Vincent und die nördlichen Grenadinen gehören zum inneren vulkanischen Inselbogen der Ostkaribik (Kleine Antillen). Die Hauptinsel Saint Vincent steigt im Norden bis auf 1 234 m über dem Meeresspiegel an (Vulkan Soufrière mit Kratersee) und wird von einer unterschiedlich breiten Küstenebene umgeben. Sie entstand durch miozänen Vulkanismus, der bis heute anhält (letzter Ausbruch des Soufrière 1979; 1902 Eruption mit 2 000 Toten). Zu den geologisch älteren Grenadinen, aufgebaut aus Vulkan- und Sedimentgesteinen, gehören Bequia Island (18 km2), Mustique Island (5 km2), Canouan Island (7 km2), Union Island (8 km2), Mayreau Island (3 km2), Baliceaux Island (2 km2) und Île de Quatre (1 km2). Das tropische Klima steht unter dem Einfluss des Passats. Die Hauptinsel hat Jahresniederschläge von 1 500 mm (an der Küste) bis 3 800 mm (im Innern), mit einer Trockenzeit von Dezember bis Mai. Die Grenadinen sind trockener (häufige Dürren). In der Regenzeit treten zwischen Juni und November Wirbelstürme auf. Die mittleren Temperaturen liegen ganzjährig zwischen 25 und 30 ºC. Das Bergland der Hauptinsel trägt tropischen Regenwald, die Küstenebene wird landwirtschaftlich genutzt.
Schwarze (66 %) und Mulatten (19 %) sind die Nachkommen afrikanischer Sklaven. Nach Aufhebung der Sklaverei (1834) wurden ab 1846 portugiesische, ab 1861 indische Landarbeiter angeworben; rd. 5,5 % Inder, wenige Europäer und Indianer (Kariben). Die Geburtenrate beträgt (1994) 24,7 ‰, die Sterberate 6,6 ‰. Auf einigen Grenadinen wird noch ein Kreolisch auf französischer Grundlage gesprochen. Kingstown hat (1993) 15 800 Einwohner.
Es besteht Religionsfreiheit. Über 90 % der Bevölkerung sind Christen: Rd. 41 % gehören der anglikanischen Kirche (Provinz Westindien) an, über 38 % protestantischen Kirchen (Methodisten, Adventisten, Church of God u. a.), rd. 11 % der katholischen Kirche (Bistum Kingstown, Suffraganbistum von Castries). Es gibt religiöse Minderheiten der Bahais und Hindus sowie Anhänger des europäischen Spiritismus (Kardecismus).
Schulpflicht besteht nicht. Kostenlos sind die siebenjährigen Primarschulen, auf die die drei- oder fünfjährigen Sekundarschulen aufbauen. Außerdem werden nach dem Besuch der Primarschule im Rahmen der Erwachsenenbildung berufsvorbereitende Kurse angeboten. Es bestehen eine handwerkliche Berufsschule und ein technisches College. Die Analphabetenquote beträgt 18 %.
Es erscheinen zwei unabhängige Wochenzeitungen (»The Vincentian«, gegründet 1919, und »The Independent Weekly«), zwei Regierungsorgane (»The News« und »Searchlight«) und drei Parteizeitungen (»Justice«, Organ der UPM; »The New Times«, Organ der NDP; »Unity«, Organ der ULP). Der staatlichen National Broadcasting Corporation unterstehen die privaten Rundfunkstationen »Radio 705« (sendet den britischen »BBC World Service« und regionale Programme) und das Kabelfernsehnetz »SVG Television« (sendet amerikanische und regionale Programme).
Wirtschaft und Verkehr:
Saint Vincent and the Grenadines ist Mitglied der Karibischen Gemeinschaft und der Organisation Ostkarib. Staaten (OECS). Landwirtschaft, Handel und Dienstleistungen sind die wichtigsten Wirtschaftszweige. Mit einem Bruttosozialprodukt (BSP) von (1995) 2 280 US-$ je Einwohner gehört das Land zu den ärmeren Karibikstaaten. Die Landwirtschaft erbringt einen Großteil der Exporterlöse und trägt (1995) 13 % zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Wichtigste Exportprodukte sind Bananen (rd. 60 %) und das Stärkemehl der Pfeilwurz (rd. 10 %). Für den lokalen Bedarf werden Gemüse, Kochbananen, Knollenfrüchte, Kokosnüsse, Tabak und Gewürze angebaut. Die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte ist neben der Textil- und Elektronikindustrie der wichtigste Industriezweig (Anteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP [1995] 8 %). Der Fremdenverkehr gewinnt zunehmend an Bedeutung. 1994 kamen 164 600 Gäste (davon 70 500 mit Kreuzfahrtschiffen), die Deviseneinnahmen daraus betrugen 30 Mio. US-$. Das Handelsbilanzdefizit steigt seit den 80er-Jahren konstant (Einfuhr 1994: 119,4 Mio. US-$, Ausfuhr 45,7 Mio. US-$). Haupthandelspartner sind die USA, Großbritannien sowie Trinidad und Tobago.
Verkehr:
Das auf der Hauptinsel Saint Vincent über 1 100 km lange Straßennetz ist nur unvollkommen ausgebaut (16 % asphaltiert). Der Hafen von Kingstown ist bedeutendster Warenumschlagplatz und gleichzeitig Verbindungshafen zu den Grenadinen. Der Jachthafen Ottley Hall bei Kingstown wurde 1995 eingeweiht. Der nationale Flughafen E. T. Joshua bei Arnos Vale hat nur innerkarib. Bedeutung, ebenso die Flugplätze von Bequia und Union Island.
Saint Vincent wurde 1493 von C. Kolumbus entdeckt; bis 1763 konnten die Kariben eine feste europäische Besiedlung verhindern. Durch den Frieden von Paris (1763) kam das Gebiet in britisches Besitz. 1795 erhoben sich die Kariben mit französischer Unterstützung; die meisten von ihnen wurden nach Niederschlagung des Aufstandes (1796) auf Inseln im Golf von Honduras (z. B. Roatán) deportiert; ein Großteil der verbliebenen Kariben kam bei Ausbrüchen des Soufrière 1812 und 1902 ums Leben. 1871 kam Saint Vincent als Kronkolonie zum Verband der Windward Islands. 1958-62 gehörte es der Westindischen Föderation, ab 1969 den Westindischen Assoziierten Staaten an. Am 27. 10. 1979 wurde Saint Vincent and the Grenadines im Rahmen des Commonwealth unabhängig. 1984 löste die NDP die SVLP als Regierungspartei ab, die Saint Vincent and the Grenadines in die Unabhängigkeit geführt hatte. Premierminister ist seit 1984 (wie bereits 1972-74) James Fitzallen Mitchell (* 1931), seine Regierung wurde 1998 erneut bestätigt.
R. B. Potter: S. V. (Oxford 1992);
L. Sutty: St. Vincent (London 21997).
Universal-Lexikon. 2012.