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Op|fer ['ɔpf̮ɐ], das; -s, -:1.
a) in einer kultischen Handlung vollzogene Hingabe von jmdm., etwas an eine Gottheit:
ein Opfer [am Altar] darbringen; die Götter durch Opfer versöhnen.
Zus.: Dankopfer.
b) zum Opfer (1 a) bestimmte, beim Opfer dargebrachte Gabe:
ein Tier als Opfer auswählen; auf den Altären brannten noch die Opfer.
2. durch persönlichen Verzicht mögliche Hingabe von etwas zugunsten eines anderen:
alle Opfer waren vergeblich; diese Arbeit verlangt persönliche Opfer; sie hat für die Erziehung ihrer Kinder große Opfer gebracht, keine Opfer gescheut.
3. Person, die durch Krieg oder Unfall ums Leben kommt oder Schaden erleidet:
Opfer eines Verkehrsunfalls; die Überschwemmung forderte viele Opfer.
Zus.: Kriegsopfer, Unfallopfer.
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Ọp|fer 〈n. 13〉
1. Gabe für eine Gottheit (Tier\Opfer, Trank\Opfer)
2. schmerzl. Verzicht zugunsten eines anderen Menschen
3. jmd., der eine Missetat od. ein Übel erdulden muss
● ein \Opfer der Flammen werden im Feuer ums Leben kommen od. zerstört werden; das \Opfer einer Intrige, eines Mordes, Unfalls, Verkehrsunglücks werden; er wurde ein \Opfer seines eigenen Leichtsinns ● jmds. \Opfer (dankbar) annehmen; ein \Opfer bringen; das Erdbeben forderte zahlreiche \Opfer (an Menschenleben); kein \Opfer scheuen, um jmdm. zu helfen; sein: es war ein großes \Opfer für mich, ihm das Geld zu geben ● und wer ist das arme \Opfer? 〈scherzh.〉; religiöses \Opfer ● ein \Opfer für jmdn. bringen; ein Tier od. einen Gegenstand zum \Opfer bringen opfern [<mhd. opfer, ahd. opfar; → opfern]
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1.
a) in einer kultischen Handlung vollzogene Hingabe von jmdm., etw. an eine Gottheit:
ein O. [am Altar] darbringen;
b) Opfergabe:
ein Tier als O. auswählen.
2. durch persönlichen Verzicht mögliche Hingabe von etw. zugunsten eines andern:
alle O. waren vergeblich;
unter persönlichen -n;
diese Arbeit verlangt persönliche O.;
die Eltern scheuen keine O. für ihre Kinder.
3. jmd., der durch jmdn., etw. umkommt, Schaden erleidet:
die O. einer Lawine, des Faschismus;
das Erdbeben forderte viele O.;
die Angehörigen der O.;
Sie sind also das arme O. (ugs. scherzh.; Sie hat man sich also für diese unangenehme Sache ausgesucht);
Ü der Bauernhof wurde ein O. der Flammen (brannte nieder);
☆ jmdm., einer Sache zum O. fallen (1. durch jmdn., etw. umkommen, vernichtet werden: einem Verbrechen, einer Kugel zum O. fallen; das alte Häuserviertel ist der Abrissbirne zum O. gefallen. 2. durch jmdn., etw. getäuscht, geschädigt werden: einer Einbildung, einem Irrtum, einer Täuschung zum O. fallen).
4. (Jugendspr. abwertend) Schwächling, Verlierer (bes. als Schimpfwort).
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Opfer
[althochdeutsch opfar, rückgebildet aus opfaron »etwas Gott als Opfergabe darbringen«, von (kirchen)lateinisch operari »einer Gottheit durch Opfer dienen«],
1) Recht: Person, der durch eine Straftat ein Schaden zugefügt wurde (Opferentschädigung, Verletzter, Viktimologie).
2) Religionsgeschichte: die rituelle Darbringung einer Gabe an eine Gottheit oder numinose Macht, häufig mit der Erwartung einer Gegenleistung verbunden; auch Bezeichnung der Opfergabe selbst. Das Opfer ist eine Grundform religiösen Handelns und bildete v. a. in frühen Religionen eine der wichtigsten Formen des Kultes. In seinen Formen äußerst vielgestaltig, umfassen diese besonders Trank-, Pflanzen- und Tieropfer (Schlachtopfer), aber auch das Opfern von menschlichem Blut bis hin zum Menschenopfer selbst. Vollzogen werden kann das Opfer als ganzheitliches Brandopfer oder als Teilopfer, oft auch als heiliges Mahl (Opfermahl). Die schon früh belegten Menschenopfer (im Alten Testament noch die beinahe erfolgte Opferung Isaaks, 1. Mose 22) werden später durch Ersatzopfer (z. B. Haare oder Finger als Pars pro toto; menschliche Darstellungen) abgelöst oder »spiritualisiert« (Keuschheit, Abstinenz, Kastration). Seit der mittleren Altsteinzeit werden Tiere - vielleicht anstelle des Menschen - geopfert, ebenso Pflanzen, Speisen und Getränke, aromatische Stoffe, Schmuck, Waffen, kostbares Gerät und Weihgaben. In den vorgeschichtlichen Religionen wie auch in prädeistischen Stammesreligionen, in denen die Erfahrung numinoser, unpersönlicher Kräfte im Mittelpunkt steht, kann das Opfer ein notwendiger Beitrag sein, durch den das Wirken dieser Kräfte erst ermöglicht wird. Das Opfer gewährleistet so die Fruchtbarkeit der Natur oder die Ordnung des Kosmos (z. B. den Lauf der Sonne, das Leben der Ahnen). Damit verbunden ist - meist dominierend - der Versuch des Menschen, sich die göttlichen Kräfte verfügbar zu machen. Dem Opfer wird eine ihm innewohnende Kraft zugeschrieben, die das Leben der Opfernden verstärkt, ihnen Macht verleiht und sie vor Schaden bewahrt. Opfer haben dann die Aufgabe, z. B. Jagd- oder Sammelerfolg, reiche Ernten, günstiges Wetter oder Kriegserfolg auf magische Weise herbeizuführen. Häufig wird damit eine mantische Deutung verbunden (z. B. Verhalten des Opfertieres, Zustand der Leber, Aufsteigen des Rauchs beim Brandopfer). In den theistischen Religionen sind Opfer - je nach Anlass - an die Götter gerichtete Bitt-, Lob- oder Dankopfer. Zu Letzteren zählen die schon früh bezeugten Erstlingsopfer (Primatialopfer), die Darbringung der ersten Früchte der Ernte oder der Erstgeburt. Daneben finden sich Bauopfer als Sühne für Eingriffe des Menschen in den göttlichen Zuständigkeitsbereich und Sühneopfer für ethische Verfehlungen. In einigen Religionen gewinnen Elemente des Opfers selbst göttliche Eigenschaften, z. B. das Trinken des Soma in der vedischen Religion oder das Opferfeuer. An der Kraft des Opfers hat v. a. der Ausführende der Opferhandlung Anteil. In traditionellen Gesellschaften ist dies der Leiter einer Hausgemeinschaft, das Sippen- oder Stammesoberhaupt, später auch der König. Wahrscheinlich schon seit der Jungsteinzeit bildeten sich Formen des Priestertums aus, die aufgrund der Bedeutung des Opferkultes hohes, oft mit Königtum und Adel konkurrierendes Ansehen genossen.
Je stärker der Gedanke der Personalität der Götter ausgeprägt ist, umso mehr erhält die Wirkung des Opfers einen Aspekt der Unverfügbarkeit und wird abhängig vom Wohlwollen des göttlichen Adressaten. Diese wachsende ethische Sensibilisierung führt zum Teil - deutlich etwa im vorexilischen Judentum - zu einer weiteren Problematisierung der Opferpraxis: Das Opfer ist Gott nur dann wohlgefällig, wenn ihm auch das sittliche Verhalten des Opfernden oder der Gruppe entspricht. In diesem Sinn wird von einigen alttestamentlichen Propheten der traditionelle Opferkult kritisiert und die grundlegende Bedeutung der Buße hervorgehoben. Bei einer nur oberflächlichen Personalisierung der Gottesvorstellung kann aber - wie in der vedischen Religion - das Opfer zu einer Kraft werden, die die Götter zu beeinflussen und die Welt zu bewegen vermag.
In den Universalreligionen verliert das Opfer an Bedeutung. Die Opferpraxis lebt zwar in volksreligiösen Strömungen oft noch fort, erfährt jedoch theologisch eine Umdeutung oder wird - wie im Buddhismus und Jainismus - ganz abgelehnt. Für das Christentum zentral ist die Vorstellung vom Tod Jesu als »Kreuzes-Opfer« (auch in Analogie zum Opfer des Passahlammes) und das Gedächtnis dieses »Opfers« im Abendmahl, wobei der Opferbegriff jedoch lediglich symbolische Benennung der Selbsthingabe Jesu ist.
Wie Darstellungen von Opferszenen in der Kunst und die Rentieropfer der Hamburger und der Ahrensburger Kultur belegen, sind Tieropfer in der jüngeren Altsteinzeit und der Mittelsteinzeit üblich gewesen. Für die Jungsteinzeit und die folgenden vorgeschichtlichen Perioden werden differenzierte Opferbräuche vermutet, die sich wegen der unterschiedlichen Funderhaltung aber nur zum Teil archäologisch nachweisen lassen. Man kann mit Tier- und Menschenopfern, wohl auch mit symbolischen Opfern und Weihegaben rechnen. Bau-, Herd- und Totenopfer lassen sich häufig belegen. Geopfert wurde ferner an Quellen, Gewässern und Mooren. In der La-Tène-Zeit wie später noch in der römischen Kaiserzeit wurden oft erbeutete Waffen und anderes wertvolles Beutegut geopfert (Nydam, Thorsberg).
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Ọp|fer, das; -s, - [mhd. opfer, ahd. opfar, rückgeb. aus ↑opfern]: 1. a) in einer kultischen Handlung vollzogene Hingabe von jmdm., etw. an eine Gottheit: ein O. [am Altar] darbringen; den Göttern O. bringen (opfern); die Götter durch O. versöhnen; die Priester, welche ursprünglich mit dem Gesicht zur Gemeinde das O. vollziehen (den Kreuzestod Christi in der Eucharistie vergegenwärtigen; Bild. Kunst III, 17); Ü die Bestie Publikum ... will ihr O. haben (Thieß, Legende 196); *jmdm. etw. zum O. bringen (jmdm. etw. opfern 2): sie brachte der Partei ihre Überzeugung zum O.; b) Opfergabe: ein Tier als O. auswählen; auf den Altären brannten noch die O. 2. durch persönlichen Verzicht mögliche Hingabe von etw. zugunsten eines andern: alle O. waren vergeblich; für etw. O. an Geld und Zeit bringen, auf sich nehmen; jmdm., sich große O. auferlegen; diese Arbeit verlangt persönliche O.; er hätte ihnen nicht das kleinste O. gebracht; der kleine Sohn, fast drei Jahre alt, war gut genährt und wohlauf, dafür hatten die Frauen jedes O. gebracht (Danella, Hotel 21); die Eltern scheuen keine O. für ihre Kinder; unter persönlichen -n; für sie war diese kleine Spende bereits ein O. (ihnen fiel sie angesichts ihrer finanziellen Lage bereits sehr schwer). 3. jmd., der durch jmdn., etw. umkommt, Schaden erleidet: die O. eines Verkehrsunfalls, einer Lawine, eines Regimes, des Faschismus; so begreiflich der Wunsch des Vaters, den Sohn als O. der Zeit auszugeben, auch sein mag, so kann man doch diese ... Behauptung schwerlich aufrechterhalten (Reich-Ranicki, Th. Mann 201); das Erdbeben, die Überschwemmung forderte viele O.; die Angehörigen der O.; In einem Brief, der ... kurz nach der Entführung im Wagen des -s gefunden wurde (Saarbr. Zeitung 7. 7. 80, 21); Aber die Spinne stürzt sich nicht gleich auf das O. (Radecki, Tag 35); Sie sind also das arme O. (ugs. scherzh.; Sie hat man sich also für diese unangenehme Sache ausgesucht); Ü der Bauernhof wurde ein O. der Flammen (brannte nieder); sie wurde das O. der Verhältnisse, einer Täuschung; er ist ein O. seines Berufes; *jmdm., einer Sache zum O. fallen (durch jmdn., etw. umkommen, vernichtet werden; das Opfer einer Person od. Sache werden): einem Verbrechen, einer Kugel, einer Säuberung zum O. fallen; Eine Selbstmordwelle, der die hervorragendsten, gefeiertsten Geister zum O. fielen, würde die Völker aufschrecken (Reich-Ranicki, Th. Mann 200). Ich weiß nicht, was schlimmer für die Tiere ist, dem Spieltrieb der Menschen oder seiner Wissenschaft zum O. zu fallen (Frischmuth, Herrin 37); einer Einbildung, einem Irrtum, einer Täuschung, der Vergessenheit zum O. fallen; das alte Häuserviertel ist der Spitzhacke zum O. gefallen.
Universal-Lexikon. 2012.