Valencia
[va'lɛntsia, va'lɛnsia, spanisch ba'lenθi̯a],
1) katalan.katalanisch València, Provinz- und Regionshauptstadt und drittgrößte Stadt Spaniens, 16 m über dem Meeresspiegel, 3 km von der Mittelmeerküste auf dem Schuttkegel des Turia, 739 400 Einwohner (Ballungsraum 1,4 Mio. Einwohner); Erzbischofssitz; Universität (gegründet 1502), TU, Museen, Internationale Mustermesse (jährlich), Garnison; Sitz des unabhängigen Wassergerichts »Tribunal de las aguas de la vega« (ältester ständiger Gerichtshof der Erde, 960 von den Arabern installiert). Landeinwärts ist Valencia umgeben von der Huerta de Valencia (von acht Kanälen und vielen Brunnen bewässertes, 28 000 ha großes Gartenland), bedeutender Agrarhandel (Apfelsinen, Mandarinen, Zitronen, Reis, Gemüse, Wein, Oliven, Speiseöl). Valencia ist viertgrößtes Industriezentrum des Landes mit Automobilbau, Maschinenbau, Metall-, chemischer, elektrotechnischer, Möbel-, Leder-, Nahrungsmittel-, Getränke-, Tabakindustrie, Schiffbau und hat einen Technologiepark mit Forschungs- und Prüfinstituten; Fremdenverkehr (Seebäder El Saler, La Devesa). Bedeutender Verkehrsknotenpunkt; U-Bahn (7,5 km). Vom Hafen El Grao Fährlinien nach Mallorca, Ibiza, den Kanarischen Inseln und nordafrikanischen Häfen; internationaler Flughafen Manises 9 km westlich.
Die Altstadt zeigt im Norden noch Reste des arabischen Stadtgrundrisses, südlich schließen sich schachbrettartige Erweiterungszonen (»Ensanches«; 1865-1900, 1927-40) an. Die meisten alten Kirchen entstanden aus ehemaligen Moscheen, u. a. die Kathedrale (La Seo), 1262-1482 erbaut und 1774 barockisiert, mit dem 68 m hohen Glockenturm »El Miguelete« (1381-1418; Wahrzeichen der Stadt), in der Capilla del Santo Cáliz (1369) der »Heilige Kelch«, der als Abendmahlskelch Christi gilt; bedeutende Gemälde im Kathedralmuseum. Zahlreiche Kirchen und Klöster bestimmen das Stadtbild. Die Lonja de la Seda (Seidenbörse) wurde von Pedro Compte (✝ 1506) 1482-98 aus einem arabischen Alcázar in spätgotischem Stil erbaut (UNESCO-Weltkulturerbe). Im Palacio del Marqués de Dos Aguas (18. Jahrhundert) das Nationale Keramikmuseum. Im Colegio del Patriarca (1568-1610; Patio mit Doppelarkaden) u. a. Wandteppiche (16. Jahrhundert) sowie spanische, italienische und flämische Gemälde. Im ehemaligen arabischen Kornspeicher Almudín das Paläonthologische Museum. Palacio Generalidad (1510-79) mit prunkvollen Räumen (Artesonado). Von der alten Befestigung sind die zur Stadt hin offene Puerta de Serranos (14. Jahrhundert), die zur Brücke über den Río Turia führt, und die Torres de Cuarte (15. Jahrhundert) erhalten.
Valencia, vielleicht eine griechische Gründung, wurde 138 v. Chr. römische Veteranenkolonie (Valẹntia); seit dem 4. Jahrhundert Bischofssitz. 413 wurde es von den Westgoten, 713 von den Arabern erobert. Diese legten ab 800 eine große Vega an und bauten die Stadt als Balansija zu einer der wirtschaftlich und kulturell bedeutendsten Metropolen des islamischen Spanien aus, die auch Emiratssitz wurde (Gründung der Residenzanlage Ar-Rusafa, heute gleichnamiges Stadtviertel) und über 150 Jahre lang ein Zentrum arabischer Poesie war. 1010-94 war Valencia Hauptstadt eines arabischen Teilreiches (Taifa), 1094 wurde es vom Cid erobert, 1102 von den Almoraviden übernommen und stark befestigte Hauptstadt eines maurischen Königreichs. 1238 von Jakob I. von Aragonien erobert, wurde Valencia Hauptstadt des Königreichs Valencia, das innerhalb der Krone von Aragonien eine gewisse Autonomie mit eigener Verwaltung, Gesetzgebung und eigenem Parlament innehatte (bis 1707). Im Spanischen Bürgerkrieg war Valencia von November 1936 bis Oktober 1937 Sitz der republikanischen Regierung und ergab sich erst am 30. 3. 1939 (zwei Tage nach Madrid).
V., hg. v. A. López Gómez u. a. (Madrid 1985).
2) [ba'lɛnsi̯a], Hauptstadt des Bundesstaates Carabobo, Venezuela, 490 m über dem Meeresspiegel in der Küstenkordillere, 1,339 Mio.; Erzbischofssitz; Universität; drittgrößte Stadt und eines der wichtigsten Industriezentren Venezuelas (Metallverarbeitung, Kraftfahrzeug-, keramische, Nahrungsmittelindustrie, Herstellung von Düngemitteln, Chemikalien u. a.); Autobahn zum Hafen Puerto Cabello und nach Caracas; 15 km östlich der Stadt der Valenciasee.
Gegründet 1555.
3) Provinz in Südspanien, 10 763 km2, 2,17 Mio. Einwohner; gehört zur Region Communidad Valenciana und bildet das Zentrum der Küstenlandschaft Valencia.
4) spanisch amtlich Comunidad Valenciạna [-'ȓaȓ βalɛnθi̯-], autonome Region in Ostspanien, umfasst die Provinzen Castellón, Valencia und Alicante, 23 305 km2, 4,02 Mio. Einwohner Hauptstadt ist Valencia. Sprachlich ist die Region geteilt in den östlichen Küstenraum mit dem katalanischen Regionaldialekt Valenciano und in den (kleineren) westlichen Gebirgsraum, in dem Spanisch (Kastilisch) gesprochen wird. - Der heutigen Region liegt das Territorium des ehemaligen mittelalterlichen Königreichs Valencia zugrunde; zu ihm kamen durch spätere Verwaltungsreformen 1836 die Gebiete um Villena und Sax sowie 1851 die um Requena und Utiel hinzu.
5) Küstenlandschaft in Spanien, erstreckt sich über 270 km entlang der Mittelmeerküste am Golf von Valencia, beginnt südlich des Ebrodeltas mit 30-40 km Breite, reicht bis in den Norden der Provinz Alicante und ist hier im Bergland von Alcoy über 100 km breit; sie umfasst einen Großteil der autonomen Region Valencia. Im Norden küstenparallele Staffelbrüche des Iberischen Randgebirges in Form asymmetrischer Horste (bis 1 450 m über dem Meeresspiegel), zwischen denen mit Quartärablagerungen gefüllte Senken liegen. Vom Kap Oropesa bis Denia erstreckt sich eine 6-30 km breite, sichelförmige Küstenebene, die einen typischen mediterranen Küstenhof mit Ausgleichsküste (seit dem 1. Jahrhundert Landzuwachs bis zu 4 km Breite) bildet; zwischen den flachen Schuttkegeln des Turia und Júcar wurde der Strandsee Albufera de Valencia abgeschnürt; vereinzelt ragen Höhenrücken (200-300 m) aus der Küstenebene heraus. Das warmmediterrane Klima bringt im Küstensaum 400-500 mm, im Bergland 650-950 mm Jahresniederschläge (Frühjahrs- und Herbstmaxima); nebelfreie Küste, im Bergland bis zu 50 Nebeltage. Die kurzen Küstenflüsse schwanken zwischen absoluter Trockenheit und gewaltigen Hochwässern, die in den letzten Jahrzehnten durch den Bau vieler Staubecken sowie durch umfangreiche Aufforstungen abgemildert wurden. Zwischen Castellón de la Plana und Denia dehnt sich, mit der Huerta de Valencia im Zentrum, die größte zusammenhängende Bewässerungslandschaft (über 160 000 ha; intensiver, kleinparzellierter Gartenbau, 2-3 Ernten/Jahr) der Iberischen Halbinsel aus; sie ist maurischen Ursprungs. Angebaut werden v. a. Apfelsinen, Mandarinen, Zitronen, Reis u. a. Getreide, Gemüse, Baumwolle, Erdnüsse, Erdmandeln, Tabak, Blumen, Luzerne, Dattelpalmen; die landeinwärts anschließenden, meist terrassierten Hänge tragen Wein-, Mandelbaum-, Ölbaum- und Johannisbrotbaumkulturen; im macchie- und gariguebestandenen Bergland Schaf- und Ziegenhaltung. Hauptausfuhrhäfen für landwirtschaftliche Produkte sind El Grao und Denia. Die Bevölkerungsdichte, im Bewässerungsland 250 bis 370 Einwohner/km2, erreicht in der Huerta de Valencia 1 000 Einwohner/km2, sinkt aber im Bergland auf unter 25 Einwohner/km2 ab. Die vielfältige Industrie umfasst sowohl traditionelle, zum Teil auf maurischen Ursprung zurückgehende Branchen (u. a. Seidenweberei, Keramik, Süßwarenherstellung, Metall-, Holzverarbeitung) als auch moderne (Elektrotechnik, Maschinen-, Schiff-, Automobilbau, Chemie, Eisenhütten, Konservenindustrie); Zentren sind die Provinz-Hauptstädte sowie Sagunto und Alcoy. Der Fischfang konzentriert sich auf Sardinen, Langusten, Anchovis und Thunfische. Zahlreiche ehemalige Fischerdörfer haben sich zu Badetouristikzentren an der Costa del Azahar entwickelt.
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Va|lẹn|cia: spanische Hafenstadt.
Universal-Lexikon. 2012.