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Urteil
Entschluss; Beschluss; Ratschluss; Wille; Entscheid; Entscheidung; Ausspruch; Spruch; Urteilsspruch; Verdikt (veraltet); Einschätzung; Bewertung; Beurteilung; Gutachten; Begutachtung; Abschätzung; Aburteilung; Schuldigsprechung; Richterspruch; Verurteilung; Schuldspruch

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Ur|teil ['ʊrtai̮l], das; -s, -e:
1. richterliche Entscheidung, die den [vorläufigen] Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens bildet:
die Richterin fällte ein mildes Urteil; das Urteil gegen N. lautet auf Freispruch, auf sieben Jahre [Freiheitsstrafe]; ein Urteil aufheben, anfechten, anerkennen, vollstrecken.
Syn.: Entscheidung, Spruch.
Zus.: Gerichtsurteil, Todesurteil.
2. sorgfältig abgewogene Meinung:
ich kann mir kein Urteil darüber bilden; sein Urteil steht bereits fest; hier ist man auf das Urteil von Fachleuten angewiesen.
Syn.: Anschauung, Ansicht, Auffassung, Meinung, Standpunkt.
Zus.: Gesamturteil, Pauschalurteil, Vorurteil.

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Ụr|teil 〈n. 11
1. 〈Rechtsw.〉 Entscheidung des Richters im Prozess, Richterspruch (Todes\Urteil)
2. Gutachten (Sachverständigen\Urteil)
3. feste Meinung (Wert\Urteil)
4. Urteilskraft, Urteilsfähigkeit
● das \Urteil der Nachwelt, der öffentlichen Meinung ● ein \Urteil abgeben, fällen; das \Urteil anfechten, anerkennen, aufheben, bestätigen, sprechen, vollstrecken, vollziehen; sich über jmdn. od. etwas ein \Urteil bilden; ich habe darüber kein \Urteil ich kann es nicht beurteilen; er hat in diesen Dingen ein gutes \Urteil kann diese D. richtig beurteilen; ein \Urteil revidieren; jmdm. od. sich selbst sein \Urteil sprechen ● ein abfälliges, vernichtendes \Urteil; ein fachmännisches, nüchternes \Urteil; ein gerechtes, hartes, mildes, ungerechtes \Urteil ● etwas, nichts auf jmds. \Urteil geben; auf sein \Urteil kann man sich verlassen; gegen ein \Urteil Berufung einlegen 〈Rechtsw.〉; sie hielt mit ihrem \Urteil zurück; das \Urteil über diese Angelegenheit ist noch nicht gesprochen; ich bin schließlich zu dem \Urteil gekommen, dass ...; wir sind zu verschiedenen \Urteilen gekommen [<mhd., ahd. urteil „was man erteilt“; → Teil]

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Ụr|teil , das; -s, -e [mhd. urteil, ahd. urteil(i), zu erteilen u. urspr. = das, was man erteilt, dann: Wahrspruch, den der Richter erteilt]:
1. (Rechtsspr.) (im Zivil- od. Strafprozess) richterliche Entscheidung, die einen Rechtsstreit in einer Instanz ganz od. teilweise abschließt:
ein mildes, hartes, gerechtes U.;
das U. ergeht morgen, ist [noch nicht] rechtskräftig;
das U. lautet auf Freispruch, auf sieben Jahre [Freiheitsstrafe];
ein U. fällen, begründen, anerkennen, bestätigen, vollstrecken, anfechten, aufheben;
gegen das U. Berufung einlegen.
2. prüfende, kritische Beurteilung [durch einen Sachverständigen], abwägende Stellungnahme:
ein fachmännisches, objektives, parteiisches, vorschnelles U.;
ihr U. über den neuen Roman war vernichtend;
ein U. abgeben;
sich ein U. [über jmdn., etw.] bilden;
ich habe darüber kein U.;
sie ist sehr sicher in ihrem U.

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I
Urteil
 
[althochdeutsch urteil(i), eigentlich »Wahrspruch, den der Richter erteilt«],
 
 1) Logik: die bejahende oder verneinende Zuordnung eines Subjekts zu einer allgemeinen Bestimmung (Prädikat) nach logischen Gesetzen. Das Urteil umfasst als konstitutive Elemente die sprachliche Form beziehungsweise logische Struktur in der Verbindung von Subjekt und Prädikat durch die Kopula »ist«, die Äußerung (Urteilsakt), den geäußerten Inhalt (Urteilssinn) und die darin enthaltene Stellungnahme, die auf die Entsprechung von Urteilssinn und Sachverhalt in der Wirklichkeit zielt. Das Urteil stellt somit den Ermöglichungsgrund und den zentralen Ort menschlicher Erkennens dar. Die Logik untersucht in der Urteilslehre oder Urteilstheorie die Struktur von Urteil und die Regeln ihres Aufbaus und ihrer Verknüpfung, nach denen ein Urteil als richtig oder falsch angesehen werden kann. In der traditionellen Logik werden Urteile eingeteilt nach der Qualität ihrer Aussage in affirmative (bejahende) und negative (verneinende) Urteile, nach ihrem Geltungsumfang (Quantität) in universale (allgemeine), partikuläre (besondere), singuläre (einzelne), indefinite (unendliche) Urteile, nach der Verbindung (Relation) zwischen Subjekt und Prädikat in kategorische (unbedingte), hypothetische (bedingte), disjunktive Urteile (Entweder-oder-Urteil), nach ihrem Gewissheitsgrad (Modalität) in problematische (mögliche), apodiktische (notwendige), assertorische (tatsächliche) Urteile, nach ihrem Aufbau in einfache und zusammengesetzte Urteile, nach ihrer Leistung in synthetische (Erweiterungsurteile) und analytische Urteile (Erläuterungsurteile), bei I. Kant auch in Urteile a priori (vor aller Erfahrung) und Urteile a posteriori (aufgrund von Erfahrung). - Die moderne formalisierte Logik behandelt das Urteil als Aussage in der Aussagen-, Prädikaten- und Klassenlogik.
 
 2) Prozessrecht: der den Prozess entscheidende Richterspruch (§§ 300 ff. ZPO, §§ 260 ff. StPO). Das Verfahren zur Fällung eines Urteils wird auch Erkenntnisverfahren genannt.
 
Im Strafprozess lautet das das Hauptverfahren abschließende schriftliche Urteil (Strafurteil) auf Freisprechung, Verurteilung, Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung oder Einstellung des Verfahrens (§ 260 StPO, Strafprozess). Verkündet wird das Urteil am Schluss der Hauptverhandlung oder spätestens am 11. Tag nach dem Schluss durch öffentliche Verlesung der Urteilsformel und Mitteilung der Urteilsgründe (§ 268 StPO). Die Urteilsgründe müssen die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung gefunden werden; sie sollen auch die Beweistatsachen enthalten und haben das angewendete Strafgesetz und die Gründe der Strafzumessung mitzuteilen (§ 267 StPO). Bei allseitigem Rechtsmittelverzicht oder bei freisprechendem Urteil können die Urteilsgründe vereinfacht werden. Der Urteilsspruch wird in jedem Fall öffentlich verkündet; nur bei Verkündung der Urteilsgründe kann unter bestimmten Voraussetzungen die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden (§ 173 Gerichtsverfassungsgesetz). Die öffentliche Bekanntmachung des Strafurteils ist für einzelne Fälle (besonders Beleidigungsklagen) vorgesehen. Über die Vollstreckung des Urteils Strafvollzug.
 
Ähnliches gilt in Österreich und auch in der Schweiz, wo die Einzelheiten v. a. in den verschiedenen kantonalen Prozessgesetzen geordnet sind.
 
Im Zivilprozess ergehen Urteile in der Regel aufgrund notwendiger mündlicher Verhandlung in besonderer Form (§ 313 ZPO) und können unterschiedlich ausgestaltet sein. Endurteile erledigen für die Instanz entweder den Prozess im Ganzen oder einen entscheidungsfähigen Teil (Teilurteil). Nach Art der Erledigung enthalten sie als Sachurteil eine Entscheidung in der Sache selbst, die auf Verurteilung (Feststellung, Gestaltung, Leistung) oder Klageabweisung ergehen kann, als Prozessurteil weisen sie die Klage wegen Fehlens einer prozessualen Sachurteilsvoraussetzung als unzulässig ab, ohne über den Klageanspruch selbst zu befinden. Zwischenurteile im engeren Sinn betreffen nur prozessuale Vorfragen des Endurteils, ohne die Instanz zu beenden; im weiteren Sinn zählt dazu auch das Grundurteil, das allerdings instanzbeendend über den Grund des Klageanspruchs entscheidet. Je nach Klageart und Inhalt der Entscheidung ist zwischen Leistungs-, Feststellungs- und Gestaltungsurteil zu unterscheiden. In der Regel ergehen Urteile unbedingt, anders aber die Vorbehaltsurteile. Je nach Ablauf der mündlichen Verhandlung - unter Umständen auch im schriftlichen Verfahren - ergehen kontradiktorische (streitige) Urteile oder Versäumnisurteile, nach Anerkenntnis des Beklagten Anerkenntnisurteile, nach Verzicht des Klägers Verzichtsurteile. Das Urteil darf nur von den Richtern gefällt werden, die der ihm zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben (Ausnahme bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder nach Lage der Akten). Es ist schriftlich abzufassen und am Schluss der Verhandlung oder in einem besonderen Termin bekannt zu machen. Diese Verkündung kann auch durch den Vorsitzenden in Abwesenheit der Mitglieder des Prozessgerichts erfolgen. Das Urteil enthält im Urteilsrubrum (erstellt auf der Grundlage der Klage) die Bezeichnung der Parteien, ihrer Vertreter, des Gerichts und der mitwirkenden Richter und die die eigentliche Entscheidung darstellende Urteilsformel (Urteilstenor), in der Regel mit Ausspruch über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit. Es folgen der Tatbestand als knappe Darstellung der erhobenen Ansprüche mit Angriffs- und Verteidigungsmitteln sowie den Anträgen und die Entscheidungsgründe als kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Tatbestand und Entscheidungsgründe können nach §§ 313 a, b, 495 a ZPO ausnahmsweise fortgelassen werden. Das Urteil ist von den Richtern, die es gefällt haben, zu unterschreiben. Das Urteil wird von Amts wegen zugestellt. Zwischen der mündlichen Verkündung eines Urteils und seiner schriftlichen Begründung dürfen nicht mehr als fünf Monate vergehen, andernfalls ist es rügeweise aufzuheben. Schreib- und Rechenfehler sowie offenbare Unrichtigkeiten können jederzeit richtig gestellt werden (§ 319 ZPO, Urteilsberichtigung). Unter gewissen Voraussetzungen ist auch eine Berichtigung des Tatbestandes (§ 320 ZPO) oder Ergänzung des Urteils möglich (§ 321 ZPO), während sonst das Gericht an die einmal erlassene Entscheidung gebunden ist. Ein mit Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbares Urteil erwächst in Rechtskraft. Aus rechtskräftigen oder für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil findet die Zwangsvollstreckung statt. Besonderheiten gelten bei ausländischen Urteilen. - Weitgehend parallele Bestimmungen gelten auch in den Ordnungen der Arbeits-, Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit.
 
Ähnliche Regelungen kennen Österreich und die Schweiz.
 
II
Ụrteil,
 
Andreas, österreichischer Bildhauer und Zeichner, * Gakovo (bei Sombor) 19. 1. 1933, ✝ Wien 13. 6. 1963; Schüler von F. Wotruba. Knorpelartige und züngelnde Formelemente kennzeichnen seine Plastiken aus Stein, Holz und Bronze sowie seine Zeichnungen.

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Ụr|teil, das; -s, -e [mhd. urteil, ahd. urteil(i), zuerteilen u. urspr. = das, was man erteilt, dann: Wahrspruch, den der Richter erteilt]: 1. (Rechtsspr.) (im Zivil- od. Strafprozess) richterliche Entscheidung, die einen Rechtsstreit in einer Instanz ganz od. teilweise abschließt: ein mildes, hartes, gerechtes U.; das U. ergeht morgen, ist [noch nicht] rechtskräftig; das U. lautet auf Freispruch, auf sieben Jahre [Freiheitsstrafe]; ein U. fällen, begründen, anerkennen, bestätigen, vollstrecken, anfechten, aufheben; über jmdn. das U. sprechen; Zwei Tage hocke ich auf der Pritsche, dann nehme ich das U. an (Sobota, Minus-Mann 73); Das LG hat durch U. seine einstweilige Verfügung bestätigt (NJW 19, 1984, 1123); es ergeht die Verkündigung des -s; gegen das U. Berufung einlegen. 2. prüfende, kritische Beurteilung [durch einen Sachverständigen], abwägende Stellungnahme: ein fachmännisches, objektives, parteiisches, vorschnelles U.; ihr U. über den neuen Roman war vernichtend; Je mehr er zu Papier gebracht hat, desto härter wird sein U. (Reich-Ranicki, Th. Mann 86); sein U. steht bereits fest; das U. eines Fachmannes einholen; ein U. abgeben; sich ein U. [über jmdn., etw.] bilden; ich habe darüber kein U.; Sie müssen sich notgedrungen in jedem Einzelfall auf das U. von Fachleuten verlassen (Gruhl, Planet 252); sie ist sehr sicher in ihrem U.; sein U. (seine Meinung) änderte sich beständig. 3. (Philos.) in einen Satz gefasste Erkenntnis.

Universal-Lexikon. 2012.