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Variation
Ausführung; Variante; Modifikation; Version; Anpassung; Derivat; Spielart (umgangssprachlich); Abart; Abwandlung; Veränderung; Mutation

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Va|ri|a|ti|on [varia'ts̮i̯o:n], die; -, -en:
1. das Variieren, Abwandeln:
dieses Prinzip der Baukunst hat einige Variationen erfahren; die Variation eines Stils; Variationen über ein musikalisches Thema.
Syn.: Veränderung.
2. etwas Variiertes, Abgewandeltes:
Hüte, Jacken, Hemden in vielen, modischen Variationen; (Musik) Variationen über ein Thema von J. S. Bach, zu einem Volkslied.
Syn.: Variante.

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Va|ri|a|ti|on 〈[ va-] f. 20
1. Veränderung, Abwandlung
2. 〈Biol.〉 Abweichung von der Art
3. 〈Mus.〉 melodische, harmonische od. rhythmische Veränderung, Abwandlung eines Themas
[→ variieren]

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Va|ri|a|ti|on , die; -, -en [unter Einfluss von frz. variation < lat. variatio = Veränderung, zu: variare, variieren]:
1.
a) das Variieren; Veränderung, Abwandlung:
dieses Prinzip der Baukunst hat einige -en erfahren;
b) das Variierte, Abgewandelte:
Hüte, Jacken, Hemden in vielen, modischen -en.
2. (Musik) melodische, harmonische od. rhythmische Abwandlung eines Themas:
-en über ein Thema, zu einem Volkslied.

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I
Variation
 
[v- ; lateinisch »Veränderung«] die, -/-en,  
 1) allgemein: Abwechslung, Abänderung, Abwandlung.
 
 2) Astronomie: Störung des Mondumlaufs um die Erde durch die Sonnenanziehung, entdeckt um 1590 durch T. Brahe. Zwischen Neumond und erstem Viertel sowie zwischen Vollmond und letztem Viertel ist der wahre Mondort vor dem mittleren voraus (maximal 39,5'), zwischen erstem Viertel und Vollmond sowie zwischen letztem Viertel und Neumond ist er hinter ihm zurück. Bei Voll- und Neumond sowie auch beim ersten und letzten Viertel ist die Variation gleich null.
 
 3) Biologie: das Auftreten erblicher oder nichterblicher Unterschiede bei Individuen einer Art oder einer Population als Ergebnis der Variabilität der einzelnen Merkmale. Die Entstehung abweichender Merkmalsprägungen (Varianten) kann auf Umwelteinflüssen, auf Neukombination der elterlichen Erbanlagen oder auf Mutation beruhen. Die den Mittelwert einer Merkmalsprägung unterschreitenden Abweichungen heißen Minusvarianten, die ihn überschreitenden Plusvarianten, die Spanne zwischen geringster und stärkster Abweichung vom Mittelwert ist die Variationsbreite.
 
 4) Geophysik: Säkularvariationen.
 
 5) Mathematik:1) Schwankung, für eine im Intervall [a, b] endliche reelle Funktion f heißt die obere Grenze der Summen
 
 
bezüglich aller endlichen Zerlegungen
 
 
von [a, b] die obere Variation beziehungsweise untere Variation von f, und die obere Grenze aller Summen
 
 
heißt absolute (totale) Variation von f und ist die Summe aus oberer und unterer Variation von f. Ist die absolute Variation von f endlich, so heißt f von beschränkter (endlicher) Variation in [a, b]. Dieser Begriff ist in der Analysis von Interesse, z. B. beim Stieltjes-Integral und der Fourier-Transformation; 2) als Variation der Konstanten wird eine Methode zur Bestimmung einer speziellen Lösung einer gewöhnlichen linearen inhomogenen Differenzialgleichung
 
 
bezeichnet. Ausgehend von einer Linearkombination
 
 
der n Lösungen yi (x) der zugehörigen homogenen linearen Differenzialgleichung n-ter Ordnung
 
 
werden n Funktionen ci (x) durch Quadraturen so berechnet, dass
 
 
Lösung der inhomogenen Differenzialgleichung ist; 3) in der Kombinatorik ein k-Tupel aus einer n-elementigen Menge; 4) in der Variationsrechnung auch die Differenz δ f (x) = f [x + ε g (x)] — f (x) zwischen einer in [a, b] stetig differenzierbaren Funktion f (x) und der aus ihr durch die Substitution xx + ε g (x) entstehenden Funktion f [x + ε g (x)], wobei häufig g (a) = g (b) = 0 gewählt wird.
 
 6) Musik: in einem allgemeinen Sinne jede abwandelnde Veränderung eines gegebenen musikalischen Gebildes in seiner melodischen, klanglichen oder rhythmischen Erscheinung. Insofern ist Variation ein Grundprinzip des Komponierens und Improvisierens überhaupt. - Als spezielle Technik hat das Variieren viele Satzweisen und Formtypen der abendländischen Musik beeinflusst und hervorgebracht. Bei der melodischen Variation wird eine Melodie durch Verzierungen, andere Rhythmisierung, Takt- oder Tonartwechsel, Motivveränderung bearbeitet oder umgewandelt. Sie findet sich im gregorianischen Choral, im geistlichen und weltlichen Lied des Mittelalters, in Conductus, Organum und Motette, in instrumentalen Liedsatzbearbeitungen und Messen des 15./16. Jahrhunderts, im Barock in der Da-capo-Arie, in Suite und Concerto, im 18. Jahrhundert in den Reprisen der Sonatensatzform und des Rondos. Sie liegt auch der thematischen Arbeit und der Leitmotivik zugrunde. - Bei der kontrapunktischen Variation werden zu einer mehrfach unverändert wiederholten Stimme (Cantus firmus) oder zu einem gleich bleibenden Thema (Subjekt) jeweils neue, kontrapunktierende Stimmen gesetzt. Sie begegnet in den Messen der frankoflämischen Schule, in Choralvorspielen und -bearbeitungen der Orgelmusik des 17. Jahrhunderts, ferner in imitatorischen Formen wie Kanon und Fuge. In der als Reihungsform gestalteten Variation wird ein meist kurzes, prägnantes Modell in immer neuer Gestalt wiederholt. Hierzu gehören im 16./17. Jahrhundert die Ostinatovariation über einer Bassmelodie (Romanesca, Passamezzo, Passacaglia, Chaconne). Stets gleiche Melodie, aber wechselnde Tanzrhythmen zeigt die Variationssuite (J. H. Schein). - Die Variationsreihe des 18. und 19. Jahrhunderts hat eine bekannte oder erfundene Melodie als Vorlage, die in jeder Variation stärker verändert wird (auch mit Wechsel des Tempos und Tongeschlechts). Sie kann als Satz einer Sonate, Sinfonie oder Kammermusik oder als selbstständiges Stück auftreten. In der freien Variation (Charaktervariation) gehen aus einem Thema immer neue, charakteristisch unterschiedene Gestalten hervor, teils bis zur völligen Umkehrung seines Grundcharakters und vielfach unter bloßer Beibehaltung der Harmoniefolgen (L. van Beethoven, J. Brahms, M. Reger). Die freieste hieraus entspringende Form ist die Fantasievariation, in der nur noch einzelne Thementeile aufgegriffen und in einer lockeren, poetisch begründeten Folge von Charakterstücken verarbeitet werden (R. Schumann). - Auch in der Musik des 20. Jahrhunderts wird die Variation als zyklische Reihungsform weiter gepflegt (A. Schönberg, A. Webern); sie bildet darüber hinaus als umfassendes Kompositionsprinzip die Grundlage der Reihenkomposition (Zwölftontechnik, serielle Musik).
 
Literatur:
 
Die V., hg. v. K. von Fischer (Neuausg. 1980).
 
 7) Sprachwissenschaft: Wiederholung eines Begriffs oder Gedankens in anderer sprachlicher oder grammatischer Form, meist durch bestimmte rethorische Figuren (Parallelismus, Permutation, Akkumulation). Die Variation ist ein charakteristisches Stilmittel der altgermanischen epischen Stabreimdichtung; verbreitet ist sie auch in der angelsächsischen, altsächsischen und in der altnordischen eddischen Dichtung (Kenning, Heiti).
 
II
Variation
 
[lateinisch, variatio = »Veränderung«], die Abwandlung einer vorgegebenen musikalischen Gestalt nach melodischen, harmonischen, rhythmischen, satztechnischen, instrumentatorischen u. a. Gesichtspunkten. Während bei der Improvisation dem Thema eigenständige, individuelle Erfindungen gegenübergestellt werden, entsteht die Variation (oft unter Einhaltung fester Regeln) in enger Beziehung zur Vorlage. Zahlreiche Improvisationen, z. B. im Old-Time-Jazz, sind lediglich Variationen, da die Melodie nur umspielt bzw. abgewandelt wird.
 
Variation setzt Wiederholung voraus. Wiederholung im Kleinen (Motivreihung, Sequenz, Riff, Ostinato usw.) und Wiederholung im Großen (AABA-Form, Reprise, gesamtes Thema) sind die wichtigsten Gestaltungsprinzipien im Formaufbau der populären Musik, da das Wiederhören bzw. -erkennen von Bekanntem ein leichteres Rezipieren ermöglicht. Selten treten diese Wiederholungen jedoch notengetreu auf, meist erfolgt eine mehr oder weniger große Veränderung, sei es in einem anderen Rhythmus, in abgewandelter Intervallstruktur, sei es im Arrangement oder im Sound. Dieses Variieren bewirkt einen neuen Hörreiz, es bringt das Alte in veränderter Gestalt. Möglichkeiten dafür sind z. B.
 
∙ in der Melodie das Verändern von Sequenzen, das Figurieren, Diminuieren und Verzieren, unterschiedliche Offbeat-Phrasierung,
 
∙ im Rhythmus Austausch von Notenwerten, zusätzliche Akzentuierungen, Takt- und Tempowechsel, Änderung des Begleitrhythmus,
 
∙ im Harmonischen das Hinzufügen von Zwischenklängen und Zusatztönen, Alterationen, neue Kadenzierung,
 
∙ in der Form Dehnung oder Straffung der Formteile, Einschiebungen von Phrasen,
 
∙ in der Dynamik gegensätzliche Lautstärkegrade,
 
∙ im Arrangement Lagen- und Registerwechsel, Austausch von Solo und Tuttistellen, Hinzufügen oder Weglassen von (Gegen-)Stimmen, Tonartwechsel, andere Bassführung, neue Instrumentenkombination,
 
∙ im Sound andere Registrierung bzw. Klangfarbeneinstellung, Zuschaltung von Effektgeräten.
 
Variationsfolgen (Zyklen) nach Vorbildern aus den artifiziellen Bereichen waren besonders für Soloinstrumente mit Orchesterbegleitung als virtuose Bravourstücke in der Unterhaltungs-, Blas- und Salonmusik des 19. Jahrhunderts beliebt, z. B. die unzähligen Variationen über das Thema »Karneval in Venedig«.
 

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Va|ri|a|ti|on, die; -, -en [unter Einfluss von frz. variation < lat. variatio = Veränderung, zu: variare, ↑variieren]: 1. a) das Variieren; Veränderung, Abwandlung: dieses Prinzip der Baukunst hat einige -en erfahren; b) das Variierte, Abgewandelte: Die aktuellen -en zum Thema Folklore sind bestickte Blusen (Freizeitmagazin 12, 1978, 31); Hüte, Jacken, Hemden in vielen, modischen -en. 2. (Musik) melodische, harmonische od. rhythmische Abwandlung eines Themas: -en über ein Thema; -en zu einem Volkslied. 3. (Biol.) bei Individuen einer Art auftretende Abweichung von der Norm im Erscheinungsbild. 4. (Math.) (in der Kombinatorik) geordnete Auswahl, Anordnung von Elementen unter Beachtung der Reihenfolge.

Universal-Lexikon. 2012.