Mo|tẹt|te 〈f. 19; Mus.〉 mehrstimmiges, heute nur noch geistl. Chorstück, meist a capella gesungen, mit verschiedenen, durch die Form des Textes bestimmten Abschnitten [<ital. mot(t)etto „Kirchengesang, dem ein Bibelspruch zugrunde liegt“; zu frz. mot „Wort“]
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in mehrere Teile gegliederter, mehrstimmiger [geistlicher] Chorgesang [ohne Instrumentalbegleitung].
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Motẹtte
[italienisch motetto, zu spätlateinisch muttum »Wort«, eigentlich »Muckser«] die, -/-n, eine der wichtigsten Gattungen mehrstimmiger Vokalmusik der abendländischen Musikgeschichte von ihren Anfängen im 13. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Ihr Ursprung liegt in der nachträglichen (zuerst lateinisch, später auch französisch) Textierung von Discantuspartien (Klauseln) der Notre-Dame-Schule, wobei sowohl die unmittelbar über dem Tenor verlaufende Stimme als auch das ganze Stück als Motetus bezeichnet wurde. Bereits im 13. Jahrhundert verselbstständigte sich die Motette zur wichtigsten Gattung der Ars antiqua (bedeutendste Handschriften in Montpellier und Bamberg) sowohl im weltlichen als auch im geistlichen Bereich. Auffallend in diesem Stadium ist die verschiedene Textierung der Stimmen (innerhalb einer Motette zum Teil in verschiedenen Sprachen; Doppelmotette, Tripelmotette). Im 13. Jahrhundert war Frankreich das Zentrum der Motettenkomposition, doch war sie bald auch auf dem ganzen Kontinent verbreitet. Eine wesentliche kompositorische Erweiterung erfuhr die Motette durch die von P. de Vitry ausgebildete Isorhythmie (isorhythmisch), die bei G. de Machault ihren Höhepunkt erreichte. Entscheidenden Anteil an der für das 15. und 16. Jahrhundert gültigen technischen Ausformung gewann G. Dufay. Im ausgehenden 15. Jahrhundert vollzog sich die Bindung der Motette an die Kirchenmusik, die bis heute gültig geblieben ist. Maßgebende Motettenkomponisten des 16. Jahrhunderts waren Josquin Desprez, G. da Palestrina und O. di Lasso. Eigene Traditionen ergaben sich aus der deutschsprachigen protestantischen Kirchenliedmotette (H. Schütz, J. Walter) und dem englischsprachigen Anthem. Neben der Fortführung der traditionellen Formen brachte das 17. Jahrhundert die instrumentalbegleitete Solomotette (L. Viadana) sowie mehrchörige Motetten venezianischer Tradition hervor (beide oft auch als »Concerti« bezeichnet), die u. a. zur Ausbildung der Kantate beitrug. Nach den Motetten J. S. Bachs folgte die Gattung dem allgemeinen Niedergang der Kirchenmusik im ausgehenden 18. Jahrhundert, blieb aber im 19. Jahrhundert (R. Schumann, F. Mendelssohn Bartholdy, J. Brahms, A. Bruckner, M. Reger) noch lebendig und fand im 20. Jahrhundert neues Interesse im Anschluss an die Vorbilder der Renaissance und des Barock (u. a. H. Distler, E. Pepping, J. N. David, E. Krenek).
H. Leichtentritt: Gesch. der M. (1908, Nachdr. 1967);
W. Stephan: Die burgundisch-niederländ. M. zur Zeit Ockeghems (1937, Nachdr. 1973);
E. Apfel: Beitr. zur Gesch. der Satztechnik von der frühen M. bis Bach, 2 Bde. (1964-65);
W. Boetticher: Gesch. der M. (1989);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Messe, Motette und Chanson im 15. und 16. Jahrhundert
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Universal-Lexikon. 2012.