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More
Mo|re 〈f. 19; alem.〉 Mutterschwein [→ Maure]

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Mo|re: 1Mora.

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I
More
 
[lateinisch mora »Dauer«] die, -/-n, Mora, antike Metrik: Einheit zur Bezeichnung der Aussprachedauer der Silbe; eine More entspricht einer kurzen Silbe.
 
II
More
 
[mɔː],
 
 1) Henry, englischer Philosoph, * Grantham 1614, ✝ Cambridge 1. 9. 1687; Professor in Cambridge; einer der führenden Vertreter der Cambridger Schule, an der Neubegründung und Fortentwicklung eines christlichen Platonismus beteiligt. Versuchte - ausgehend vom Cartesianismus, den er später aufgab, beeinflusst von der Kabbala, Plotin und J. Böhme und gegen die mechanistische Naturphilosophie von T. Hobbes gewendet - eine Synthese von Rationalismus und spiritualistischer Metaphysik. Erkenntnistheoretisch sah er die Vernunfteinsicht in der Teilhabe an den göttlichen Ideen begründet. Anders als R. Descartes unterschied er den »Raum« von der »Materie« und machte ihn in gewissem Sinne zu einem Attribut Gottes.
 
Werke: Enchiridion ethicum, praecipua moralis philosophiae rudimenta complectens,. .. (1668); Enchiridion metaphysicum (1671).
 
Ausgabe: Opera omnia, 3 Bände (1674-79, Nachdruck 1966).
 
Literatur:
 
A. Lichtenstein: H. M. (Cambridge, Mass., 1962);
 S. Hutin: H. M. Essai sur les doctrines théosophiques chez les platoniciens de Cambridge (Hildesheim 1966).
 
 2) Sir Thomas, latinisiert Morus, englischer Staatsmann und Humanist, * London 7. 2. 1477 oder 1478 (?), ✝ ebenda 6. 7. 1535; nach humanistischen, theologischen und juristischen Studien 1504-29 Mitglied des Unterhauses; More fiel bei Heinrich VII. in Ungnade, weil er dessen Steuergesetzgebung angriff. Heinrich VIII. dagegen ließ sich immer häufiger von More, der eine große Reputation als Jurist genoss, beraten. Die erfolgreiche Abwicklung diplomatischer Missionen im Ausland führte 1518 zu seiner Aufnahme in den Geheimen Rat. More, Mitverfasser der 1521/22 unter dem Namen Heinrichs VIII. erschienenen »Assertio septem sacramentorum« (»Verteidigung der sieben Sakramente«), verteidigte diese 1523 in einer pseudonym veröffentlichten Diatribe gegen Angriffe M. Luthers. Im gleichen Jahr wählte das Unterhaus ihn zu seinem Sprecher. 1529 trat More die Nachfolge von T. Wolsey als Lordkanzler an. Er unterstützte die Kirchenpolitik des Königs, soweit sie sich gegen den Protestantismus richtete (theologische Schriften u. a. gegen W. Tyndale); hingegen lehnte er, der sich zuerst als Diener Gottes und des Papstes verstand, die Errichtung einer Staatskirche ab und trat 1532, als Heinrich VIII. die Unterwerfung der englischen Priesterschaft forderte, von seinem Amt zurück. Seine Weigerung den Suprematseid zu leisten, bestimmte Heinrich VIII., ihn aufgrund eines Hochverratsprozesses zum Tode verurteilen und enthaupten zu lassen. Die katholische Kirche hat More 1886 selig und 1935 heilig gesprochen (Tag: 22. 6.). Papst Johannes Paul II. erklärte ihn am 1. 11. 2000 zum Patron der Regierenden und der Politiker.
 
Trotz seiner zahlreichen Ämter hielt More engen Kontakt u. a. zu den Humanisten J. Colet und - seit 1499 - zu Erasmus von Rotterdam. Lateinische Gedichte und Epigramme, eine Übertragung griechischer Dialoge Lukians ins Lateinische sowie sein Hauptwerk »De optimo reipublicae statu deque nova insula Utopia« (1516, englisch 1551, deutsch erstmals 1612, 1922 unter dem Titel »Utopia«) weisen ihn als einen der überragenden Latinisten seiner Zeit aus. In »Utopia« (griechisch »Nirgendsort«, zugleich ein Wortspiel: zu griechisch eu-topos »guter Ort«) benutzt More den dialogisch angelegten Reisebericht des Epikureers Raphael Hythlodaeus über die glückliche Insel zur Kritik an der sozialen Misere im christlichen Europa und beschreibt eine Gesellschaft, die sich entschlossen hat, in einem auf dem Gemeineigentum basierenden Gemeinwesen zu leben. Hohe Bedeutung erhalten Tugend und Wissen, ein maßvolles Leben im Einklang mit der Natur, wobei alle an der Erhaltung des Gemeinwesens beteiligt sind; es gibt Bildungsmöglichkeiten für Frauen und Religionsfreiheit. Philosophiehistorisch stellt das Werk einerseits einen Rehabilitationsversuch für den Epikureismus dar. More steht damit am Ende einer Rezeptionsphase, in der die Philosophie der Renaissance die vier für sie wichtigen griechischen Philosophenschulen des Aristotelismus, Platonismus, Stoizismus und Epikureismus mit christlichem Gedankengut verbunden hat. Andererseits führt More durch eine weite Definition des Lustbegriffs (Lustgewinn durch gutes Gewissen nach Pflichterfüllung) eine Pflichtenethik ein, die nicht dem Epikureismus, wohl aber der Suche nach der besten Staatsform entspricht. Die Wirkung des Werkes liegt weniger in dem darin entworfenen Modell als vielmehr darin, dass die politische Intention Mores eine neue Literaturgattung, die Utopie, entscheidend beeinflusst hat.
 
 
Ausgaben: Opera omnia Latina (1689, Nachdruck 1963); The correspondence, herausgegeben von E. F. Rogers (1947, Nachdruck 1970); The complete works. The Yale edition. .., herausgegeben von L. L. Martz, auf zahlreiche Bände berechnet (1963 folgende).
 
Utopia, übersetzt von G. Ritter (1922, Nachdruck 1990); Die Briefe, übersetzt von B. von Blarer (1949); Neue Briefe, herausgegeben von H. Schulte (1966).
 
Literatur:
 
H. Oncken: Die Utopie des Thomas Morus u. das Machtproblem in der Staatslehre (1922);
 E. L. Surtz: The praise of wisdom. A commentary on the religious and moral problems and backgrounds of St. T. M.'s Utopia (Chicago, Ill., 1957);
 G. Möbus: Politik u. Menschlichkeit im Leben des T. M. (21966);
 T. Nipperdey: T. M., in: Klassiker des polit. Denkens, hg. v. Hans Maier u. a., Bd. 1 (1968);
 E. E. Reynolds: The field is won. The life and death of Saint T. M. (London 1968);
 J. A. Guy: The public career of Sir T. M. (Brighton 1980);
 P. Berglar: Die Stunde des Thomas Morus (Neuausg. 1987);
 H. P. Heinrich: Thomas Morus (12.-14. Tsd. 1991);
 E. Baumann: T. M. u. der Konsens. Eine theologiegeschichtl. Analyse der »Responsio ad Lutherum« von 1523 (1993);
 
Die Wahrheit des Nirgendwo. Zur Gesch. u. Zukunft des utop. Denkens, hg. v. J. Calließ (1994);
 R. Zell: Dialog zum Frieden in der Utopie des T. M. (31995).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
 
Morus, Campanella und Bacon: Politische Gedankenexperimente und Utopien
 

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Mo|re: 1Mora.
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1Mo|ra, die; -, ...ren, More, die; -, -n [lat. mora = das Verweilen; Zeitraum]: 1. (Verslehre) kleinste metrische Zeiteinheit im Verstakt: eine metrische Länge besteht aus zwei Moren. 2. (veraltet) [Zahlungs-, Weisungs]verzug.

Universal-Lexikon. 2012.