Kạb|ba|la 〈f.; -; unz.〉 aus den verschiedensten Elementen bestehende, stark mit Buchstaben- u. Zahlensymbolik arbeitende, sich an die Bibel anlehnende, myst. jüd. Geheimlehre u. ihre Schriften [<neuhebr. qabbala „Überlieferung, Geheimlehre“]
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Kạb|ba|la [auch: …'la ], die; - [hebr. qabbạlạ̈ = Überlieferung]:
a) stark mit Buchstaben- u. Zahlendeutung arbeitende jüdische Geheimlehre u. Mystik (vor allem im MA.);
b) auf der Kabbala (a) aufbauende esoterische u. theosophische Bewegung im Judentum.
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Kạbbala
[hebräisch qabbạlạh »Überlieferung«] die, -, esoterisch-spekulative Richtung mit mystischer Frömmigkeit im Judentum. Die Kabbala knüpft an die traditionelle jüdische Exegese an und verbindet diese mit religionsphilosophischen Spekulationen (z. B. den Gottesnamen und die Thora) und mystische Vorstellungen. Für die Kabbalisten ist das kabbalistische Lehrsystem eine Lehre göttlichen Ursprungs und stellt innerhalb der jüdischen Tradition die tiefste Auslegung der Bibel dar. Als erste kabbalistische Schrift gilt das Buch Bahir, entstanden im 12. Jahrhundert in Südfrankreich. Hier und später v. a. in Spanien wurde das Grundsystem der Kabbala als exklusive Geheimlehre weiterentwickelt. Im Spätmittelalter gewann sie v. a. durch das »Buch Sohar« (»Lichtglanz«, entstanden Ende des 13. Jahrhunderts) weitere Verbreitung; in der folgenden Zeit verbanden sich popularisierte Kabbala, messianische Hoffnungen, Volksglaube und Magie (Zahlenmystik). Diese Spätkabbala (»lurianische Kabbala«, nach der Schule I. Lurias und C. Vitals) verbreitete sich von Safad (Galiläa) aus in der ganzen Diaspora. Sie geriet nach 1666 infolge der Bewegung des Pseudomessias Sabbatai Zwi (Sabbatianismus) und später durch die Aufklärung in Misskredit, lebt aber, zum Teil sogar mit dem modernen Weltbild verbunden, in orthodoxen Zirkeln und im Chassidismus weiter. Darüber hinaus faszinierte die Kabbala in Spätmittelalter und Neuzeit auch christliche Denker, die kabbalistischen Grundgedanken und Motive mit christlichen Trinitätsspekulationen verknüpften. Einflussreiche christliche Kabbalisten waren G. Pico della Mirandola, J. Reuchlin (»De arte cabalistica«, 1517) und Johann Christian Knorr von Rosenroth (»Cabbala denudata«, 1677-84, 2 Teile).
Die Kabbala fußt v. a. auf einem neuplatonischen Weltbild mit teilweise gnostisch-dualistischen Zügen, das mit Vorstellungen der jüdischen Tradition (Bibel und rabbinische Literatur) verbunden wird. Originell ist die Annahme von zusammenwirkenden göttlichen Kräften (Sefirot), die aus der jenseitigen Gottheit (»'En Sof«) hervorgehen und alles Geschehen »unten« (in den geistigen Zwischenstufen und in der materiellen Welt) bestimmen. Der Kabbalist erkennt hinter dem Sichtbaren das Geschehen in den »Sefirot« und beeinflusst es durch seine Frömmigkeit positiv, während Israels Sünden neben anderen bösen Mächten Unheil verursachen. Durch die Forschung G. Scholems sowie allgemeine mystisch-religiöse Strömungen erwachte im 20. Jahrhundert erneut ein breiteres Interesse an der Kabbala.
Ausgaben: C. Knorr von Rosenroth: Kabbala denudata, 2 Bände (1677-84, Nachdruck 1974); Das Buch Bahir, übersetzt und herausgegeben von G. Scholem (1923, Nachdruck 41989); Der Sohar. Das heilige Buch der Kabbala, herausgegeben von Ernst Müller (71995).
G. Scholem: Ursprung u. Anfänge der K. (1962);
G. Scholem: Sabbatai Sevi (a. d. Hebr., Neuausg. London 1973);
G. Scholem: Die jüd. Mystik in ihren Hauptströmungen (Neuausg. 31988);
L. A. Gorny: La Kabbale (Paris 1977);
Understanding Jewish mysticism, hg. v. D. R. Blumenthal (ebd. 1978);
An anthology of Jewish mysticism, übers. v. R. Ben Zion (ebd. 1981);
B. Z. Bokser: The Jewish mystical tradition (ebd. 1981);
D. S. Ariel: Die Mystik des Judentums. Eine Einf. (a. d. Amerikan., 1993);
Die K. Einf. - klassische Texte - Erll., hg. v. Johann Maier (1995).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Kabbala und die jüdische Mystik
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Universal-Lexikon. 2012.