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Wirbel
Rückenwirbel; Wirbelknochen; Strudel; Wasserstrudel; Abenteuer; Sensation; Geschehen; Eskapade; Unternehmung

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Wir|bel ['vɪrbl̩], der; -s, -:
1. schnelle, um einen Mittelpunkt kreisende Bewegung von Wasser, Luft o. Ä.:
in dem Strom sind starke Wirbel; es ist sehr gefährlich, in einen Wirbel zu geraten.
Syn.: Strudel.
Zus.: Luftwirbel, Sandwirbel, Wasserwirbel, Windwirbel.
2. Knochen der Wirbelsäule:
der fünfte Wirbel wurde verletzt.
Zus.: Knochenwirbel, Schwanzwirbel.
3. schnelle Aufeinanderfolge kurzer, harter Schläge auf einen Gegenstand, besonders eine Trommel:
die Trommler empfingen die Ministerin mit einem Wirbel.
Zus.: Trommelwirbel.
4. großes Aufsehen, große Aufregung, die um jmdn. oder um eine Sache entsteht:
viel Wirbel machen; mit ihrer Rede hat sie großen Wirbel verursacht; er hat sich ohne großen Wirbel aus seinem Amt verabschiedet.
Syn.: Betrieb, Getue (ugs. abwertend), Rummel (ugs.), Zirkus.

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Wịr|bel 〈m. 5
1. schnelle, drehende, kreisende Bewegung um eine bzw. die eigene Längsachse, drehende Bewegung in Flüssigkeiten od. Gasen
2. 〈Mus.〉
2.1 〈auf Schlaginstrumenten〉 sehr schnelle, gleichmäßige Schläge mit beiden Schlägeln (Pauken\Wirbel, Trommel\Wirbel)
2.2 〈an Saiteninstrumenten〉 mit drehbarem Griff versehener Zapfen, um den jeweils eine Saite oberhalb des Griffbretts befestigt ist
3. Stelle auf der Fingerkuppe, an der die Hautrillen spiralenförmig verlaufen
4. Stelle auf dem Kopf, an der die Haare strahlenförmig von einem Mittelpunkt ausgehen (Haar\Wirbel)
5. drehbarer Griff am Fenster zum Schließen u. Öffnen (Fenster\Wirbel)
6. 〈Anat.〉 Glied des Achsenskeletts der Wirbeltiere u. des Menschen; Sy Wirbelknochen
7. 〈fig.〉
7.1 rasches, heftiges Durcheinander, rasche Aufeinanderfolge
7.2 〈umg.〉 Aufregung, Aufsehen
7.3 〈umg.〉 Aufruhr
● sein Haar bildet auf dem Scheitel einen \Wirbel; sich einen \Wirbel brechen, verletzen 〈Anat.〉; es gab einen großen \Wirbel, als bekanntwurde, dass ... 〈fig.; umg.〉; einen \Wirbel schlagen (auf der Trommel) ● im \Wirbel der Ereignisse habe ich das vergessen; sich in den \Wirbel des Faschings stürzen; ich verlor ihn im \Wirbel des Festes, des Tanzes aus den Augen; ein \Wirbel im Fluss, im Wasser; einen \Wirbel über der Stirn, am Scheitel haben; einen \Wirbel um sich selbst vollführen [<mhd. wirbel „Kopfwirbel, Scheitel“ <ahd. wirbil, wirvil „Wirbelwind“ <germ. *hwerbila „Kreis, Ring, Scheitel, Bergspitze“]

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Wịr|bel, der; -s, - [mhd. wirbel, ahd. wirbil, zu werben in der alten Bed. »sich drehen«]:
1.
a) sehr schnell um einen Mittelpunkt kreisende Bewegung von Wasser, Luft o. Ä.:
der Strom hat starke W.;
der Rauch steigt in dichten -n auf;
Ü sie wollte sich nicht vom W. der Leidenschaften fortreißen lassen;
b) sehr schnell ausgeführte Bewegungen, bes. Drehungen:
ein schwindelnder W. beendete den Tanz der Eisläuferin;
alles drehte sich in einem W. um ihn.
2.
a) rasche, verwirrende Aufeinanderfolge; hektisches Durcheinander, Trubel:
der wilde W. von Ereignissen, Zwischenfällen verwirrte ihn völlig;
b) großes Aufsehen; Aufregung, die um jmdn., etw. entsteht:
[einen] W. um jmdn., etw. machen;
er hat sich ohne großen W. aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.
3. Kurzf. von Haarwirbel.
4. einzelner, mit mehreren Fortsätzen versehener, runder, das Rückenmark umschließender Knochen der Wirbelsäule:
sich einen W. verletzen, brechen.
5. kleiner, drehbar in einem entsprechenden Loch sitzender Pflock, Stift, um den bei Saiteninstrumenten das eine Ende einer Saite gewickelt ist u. mit dessen Hilfe die entsprechende Saite gespannt u. gestimmt wird:
die W. anziehen, lockern.
6. (bei Schlaginstrumenten) schnelle Aneinanderfolge kurzer gleichmäßiger Schläge mit beiden Schlägeln (3):
auf der Trommel, der Pauke einen W. schlagen.

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Wirbel,
 
1) Anatomie: Vẹrtebra, Spọndylus, die im Verlauf der Ontogenese und Phylogenese die Chorda dorsalis verdrängenden und ersetzenden knorpeligen oder knöchernen Einheiten, aus denen sich die Wirbelsäule der Wirbeltiere (einschließlich des Menschen) zusammensetzt. Wirbel sind ein wichtiges Klassifikationsmerkmal (v. a. bei Fischen, Lurchen, Reptilien); entsprechend der Vielzahl von Bildungsweisen gibt es viele unterschiedliche Wirbeltypen.
 
Die Entwicklung eines Wirbels nimmt ihren Ausgang von den Somiten, aus denen dann die Sklerotome hervorgehen. Letztere teilen sich in zwei Hälften und ergeben so zwei Wirbelkörper je Segment, das Hypocentrum vorn und das Pleurocentrum hinten (Diplospondylie; z. B. bei primitiven Labyrinthzähnern). Meist kommt es jedoch zur Ausbildung nur eines Wirbels (Monospondylie). Beim typischen Wirbel mit zentralem Wirbelkörper (Corpus vertebrae; ersetzt funktionell die Chorda dorsalis) bilden sich durch einheitliche Knorpel- oder Knochenbildung im Bereich der Chordascheiden und um diese herum zunächst hülsenförmige Wirbelkörper. Meist wird die Chorda jedoch eingeschnürt, sodass oft nur noch ein Rest von ihr übrig bleibt. Ist sie noch an den beiden Enden der Wirbelkörper umfangreich erhalten, so spricht man von amphizölen Wirbeln. Bei den azölen Wirbeln sind faserige, verknorpelte Zwischenwirbelscheiben (Bandscheibe) vorhanden. Zu gelenkartigen Bildungen kommt es bei prozölen Wirbeln (Vorderfläche konkav, Hinterfläche konvex; Lurche, Reptilien) und bei opisthozölen Wirbeln (Vorderfläche konvex, Hinterfläche konkav; v. a. Knochenhechte).
 
Die Wirbelkörper sind Ausgangsort verschiedener knöcherner Fortsätze (Apophysen), die sich zu Wirbelbögen vereinigen können. So entstehen aus paarigen dorsalen Fortsätzen die in einen gemeinsamen Dornfortsatz (längs der Wirbelsäule als Höckerreihe oder Rückgrat tastbar) auslaufenden Neuralbögen, die den Wirbelkanal bilden, in dem das Rückenmark verläuft; zwischen jeweils zwei benachbarten Neuralbögen treten die Spinalnerven aus. Untere Wirbelbögen sind bei Fischen, vielen Lurchen, Reptilien und einigen Säugetieren im Rumpf- (Fische) und im Schwanzbereich in Form der Hämalbögen ausgebildet. Sie schließen den Hämalkanal ein, in dem Schwanzarterie und Schwanzvene verlaufen, und entsprechen den ventralen Rippen (Hämalrippen, Pleuralrippen), die bei den Fischen noch längs der gesamten Wirbelsäule ausgebildet sind und in der Schwanzregion v-förmig zusammenlaufen. Hämalbögen beziehungsweise ventrale Rippen werden auch, obwohl sie keine echten Apophysen sind, als Hämapophysen bezeichnet. - Weitere Apophysen des Wirbelkörpers sind die seitlich abgehenden paarigen Querfortsätze (Diapophysen, Pleurapophysen), die zusammen mit den Parapophysen (Ansatzstellen für den unteren Gelenkkopf der Rippen) die (oberen) Rippen tragen. Zwei Paar Gelenkfortsätze (Zygapophysen) an den Neuralbögen bilden neben der Wirbelkörperverbindung eine weitere gelenkige Verbindung zwischen den Wirbeln; man spricht hier von der Gelenkreihe, die zusammen mit der Wirbelkörperreihe die Wirbelsäule ergibt.
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Hals: Aufbau, Krankheiten und Verletzungen
 
Wirbelsäule und Rückenmuskulatur
 
Wirbelsäulenabschnitte, Bandscheiben und offener Rücken
 
 2) Musik: 1) bei den Saiteninstrumenten Bezeichnung für die drehbaren Holzpflöcke, Metallstifte oder Schrauben, um die das Ende der Saiten gewickelt ist und mit deren Hilfe die Saiten gespannt beziehungsweise gestimmt werden. Die Wirbel können in einem oft mit Schnecke gekrönten Wirbelkasten (wie bei der Violine), in einer Wirbelplatte oder einem Wirbelbrett (Gitarre) oder in einem Stimmstock (Klavier) befestigt sein. Gedreht werden sie mit einem Stimmschlüssel oder am griffartig gestalteten Ende direkt mit der Hand. Bei Instrumenten mit Hals werden die Wirbel je nach Stellung zum Wirbelträger als vorderständig (Fidel), hinterständig (Gitarre) oder seitenständig (Violine) bezeichnet. 2) bei der Pauke und der Trommel der gleichmäßig wiederholte, schnelle Wechsel der Schlägel; notiert wird diese Schlagart als Tremolo oder Triller.
 
 3) Strömungslehre: allgemein, v. a. umgangssprachlich, Bezeichnung für einen mehr oder weniger kreisförmig oder spiralig rotierenden Stofftransport in Flüssigkeiten oder Gasen (Fluiden), v. a. in Gewässern und in der Atmosphäre; im engeren Sinn der Bewegungszustand in einer Strömung (Strömungslehre), der dadurch charakterisiert ist, dass die Zirkulation
 
der lokalen Strömungsgeschwindigkeit v im betrachteten Strömungsfeld nicht verschwindet. Das Integral wird über eine einfach berandete Fläche A erstreckt beziehungsweise, unter Anwendung des Stokes-Integralsatzes, über deren Rand C; dσ und d r sind die orientierten Flächen- beziehungsweise Randelemente. Γ ist das Doppelte der Wirbelstärke
 
wobei ω = ½ rot v die Wirbeldichte ist. Die Gesamtheit der Vektoren ω eines Strömungsfelds bildet dessen Wirbelfeld. Ein Strömungsfeld, in dem Γ überall verschwindet (gleichbedeutend mit rot v = 0), wird als wirbelfrei bezeichnet (Wirbelfreiheit; Potenzialströmung). Die Gesamtheit aller durch den Rand einer einfach zusammenhängenden Fläche verlaufenden Vektoren ω wird als Wirbelröhre bezeichnet, alle in deren Innerem liegenden ω als Wirbelfaden. Ein Wirbelfeld lässt sich mithilfe von Wirbellinien veranschaulichen, wobei die Wirbeldichte ω die gleiche Rolle spielt wie die Geschwindigkeit bei den Stromlinien.
 
Physikalisch bedeutet die Wirbeldichte ω = ω (r, t ) die Winkelgeschwindigkeit eines Teilchens am Ort r zur Zeit t. Während das Geschwindigkeitsfeld v in einem kompressiblen Medium wegen div v ≠ 0 Quellen und Senken haben kann (an denen Stromlinien beginnen oder enden), ist das Wirbelfeld in einem ausgedehnten Medium immer quellfrei (div ω = 0), d. h., die die Wirbeldichte beschreibenden Wirbellinien sind in einem ausgedehnten Medium in sich geschlossen, wie z. B. bei einem Rauchring; enden können sie nur an Oberflächen. In solchen Fällen werden die Wirbel an den Endstellen der Wirbellinien erzeugt. An solchen Stellen können sich trichterförmige Vertiefungen (z. B. auf Wasseroberflächen) oder Hohlwirbel bilden (z. B. bei Wasserhosen).
 
Nach den Helmholtz-Wirbelsätzen können innerhalb eines unendlich ausgedehnten idealen (d. h. reibungslosen) Fluids Wirbel nicht erzeugt werden und in einem solchen Fluid bereits vorhandene Wirbel nicht vergehen. Bei Fluiden mit geringer Reibung kann man einen Wirbel beschreiben durch einen Wirbelkern mit Teilchen, die wie ein starrer Körper um die Wirbelachse rotieren, und ein umgebendes Gebiet mit Teilchen, deren Drehgeschwindigkeit nach außen hin allmählich auf null abnimmt. Die Wirbelbildung in Fluiden mit Reibung beruht auf der Ablösung einer Grenzschicht von festen Wänden oder auf der Berührung von Strömungsgebieten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Die dabei von einem umströmten Körper sich ablösenden Wirbel können unter bestimmten Bedingungen regelmäßige Anordnungen besitzen (z. B. in der kármánschen Wirbelstraße und in der Wirbelschleppe eines Flugzeugs). Eine turbulente Strömung besteht aus vielen schnell und unregelmäßig sich bildenden und wieder auflösenden Wirbeln (Turbulenz). - In Analogie zu den Begriffen der Strömungslehre spricht man auch bei anderen Vektorfeldern, in denen die Rotation der Feldgröße nicht verschwindet, von einem Wirbelfeld.
 
Besondere Bedeutung haben Wirbel in Luft- und Wasserströmungen. Ihre räumliche Ausdehnung reicht von etwa einem Millimeter (z. B. in Grenzschichten umströmter Hindernisse) bis zu Hunderten und über tausend Kilometer bei großen Wirbelsystemen von Hoch- und Tiefdruckgebieten oder bei Meeresströmungen. Im Meer kommen kleinskalige Wirbel (Durchmesser vom Millimeter- bis in den Meterbereich) als dreidimensionale Turbulenzballen ohne Vorzugsrichtung vor. Mesoskalige Meereswirbel (über 10 km bis wenige 100 km) mit vertikaler Rotationsachse entsprechen atmosphärischen Hoch- und Tiefdruckgebieten. Großräumige Wirbel (1 000 km und mehr) treten in Systemen von Meeresströmungen auf, z. B. die subtropischen und die subpolaren Wirbel. Bekannte atmosphärische Erscheinungen von Wirbeln sind Tromben und tropische Wirbelstürme.
 

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Wịr|bel, der; -s, - [mhd. wirbel, ahd. wirbil, zu ↑werben in der alten Bed. »sich drehen«]: 1. a) sehr schnell um einen Mittelpunkt kreisende Bewegung von Wasser, Luft o. Ä.: der Strom hat starke W.; der Rauch steigt in dichten -n auf; Wolken aus feurigem Schaum stoben ... hinaus in den schwarzen, denkfreien Raum, wo sie sich, mit saugenden -n in der Mitte, zu Lichtnebeln wandelten (Stern, Mann 372); Ü sie wollte sich nicht vom W. der Leidenschaften fortreißen lassen; b) sehr schnell ausgeführte Bewegungen, bes. Drehungen: ein schwindelnder W. beendete den Tanz, den Vortrag der Eisläuferin; alles drehte sich in einem W. um ihn. 2. a) rasche, verwirrende Aufeinanderfolge; hektisches Durcheinander, Trubel: der wilde W. von Ereignissen, Zwischenfällen verwirrte ihn völlig; zwei Stunden, ehe Rita nach Hause kam und der ganze W. losbrach (Chr. Wolf, Himmel 29); Am Abend erleben wir auf festlicher Bühne einen W. von Tanz, Gesang und Theater (Berger, Augenblick 119); In einem Telefongespräch erzählte er uns, wie es zu dem ganzen W. kam: »Auf der Rückfahrt haben uns Terroristen eine Bombe ins Auto geworfen ...« (Hörzu 47, 1975, 22); b) großes Aufsehen; Aufregung, die um jmdn., etw. entsteht: W. um entwurzelte Platane (MM 8. 3. 79, 22); Der W. um die Idee des Kanzlers geht weiter (Hörzu 24, 1978, 12); [einen] W. um jmdn., etw. machen; sie verursachte mit ihrer Rede einen furchtbaren W.; er hat sich ohne großen W. aus der Öffentlichkeit zurückgezogen; Auch ohne großen W. haben wir in den letzten Jahren unsere Umsätze jährlich verdoppelt (FR 1. 3. 85, A 54); Also weiter wie bisher, damit möglichst wenig W. um das Reizthema Kirchensteuer entsteht? (SZ 17. 7. 99, 4). 3. kurz für ↑Haarwirbel: ∙ *vom W. bis zur Sohle/zur Zehe (↑Scheitel 1 b) : du, den Ungerechtigkeit selbst, vom W. bis zur Sohle erfüllt (Kleist, Kohlhaas 44); vom W. bis zur Zehe füllt mich an mit Tigers Grimm (Schiller, Macbeth I, 10). 4. einzelner, mit mehreren Fortsätzen versehener, runder, das Rückenmark umschließender Knochen der Wirbelsäule: sich einen W. verletzen, brechen. 5. kleiner, drehbar in einem entsprechenden Loch sitzender Pflock, Stift, um den bei Saiteninstrumenten das eine Ende einer Saite gewickelt ist u. mit dessen Hilfe die entsprechende Saite gespannt u. gestimmt wird: die W. anziehen, lockern. 6. (bei Schlaginstrumenten) schnelle Aneinanderfolge kurzer gleichmäßiger Schläge mit beiden Schlägeln (3): auf der Trommel, der Pauke einen W. schlagen; Der Primas nimmt die Melodie auf, die Klarinette variiert, und das Zymbal schlägt einen melodiösen W. (Frischmuth, Herrin 64).

Universal-Lexikon. 2012.