Einheiten,
1) Literatur: drei Einheiten, in der französischen klassizistischen Dramentheorie die Einheit der Zeit (Zusammendrängung des Geschehens auf etwa 24 Stunden), des Orts (Konzentration auf einen gleich bleibenden Schauplatz) und der Handlung (Beschränkung der Personen und Ereignisse auf das für den dramatischen Grundvorgang Unerlässliche); die strenge Einhaltung dieser Einheiten wurde vom Dramendichter gefordert. Die Lehre von den Einheiten berief sich auf Aristoteles, doch dieser forderte nur die Einheit der Handlung; die Einheit der Zeit ergab sich für ihn aus der äußeren Begrenztheit der dramatischen Handlung, die Einheit des Ortes aus der ständigen Anwesenheit des Chores.
In der Renaissancedramatik wurden die drei Einheiten zuerst praktisch nach dem Vorbild des antiken Dramas übernommen (G. Trissino, »Sophonisbe«, 1524). Die theoretische Auseinandersetzung mit den drei Einheiten begann mit L. Castelvetros Übersetzung der »Poetik« des Aristoteles (1576); in Frankreich traten J. Mairet (Vorwort zu seiner 1629 erstaufgeführten Tragikomödie »Silvanire«), F. Hédelin d'Aubignac (»La pratique du théâtre«, 1657) und Georges de Scudéry für sie ein. Strenge Regel wurden die drei Einheiten im klassischen französischen Drama, nachdem auf Anregung Richelieus die Académie française ein Gutachten zu Corneilles Tragikomödie »Le Cid« verfasst hatte (»Les sentiments de l'Académie française«, 1638), in dem u. a. die Verletzung der dramatischen Formstrenge gerügt worden war. Corneille unterwarf sich in diesem Cidstreit dem Urteil der Akademie. Er wurde in seinen späteren Werken der erste Vollender des auf den Einheiten beruhenden französischen klassischen Dramas (»Discours des trois unités«, 1660). Formuliert wurde das Postulat dann besonders von N. Boileau-Despréaux in seiner Versepistel »L'art poétique« (1674; III, 39).
In Deutschland suchte J. C. Gottsched das deutsche Drama den Regeln des französischen Klassizismus zu unterwerfen. J. J. Bodmer und J. J. Breitinger setzten sich für eine freiere Handhabung ein, G. E. Lessing stellte dem regelhaften französischen Drama unter Berufung auf Shakespeare und dessen Drama der offenen Form die Freiheit des dramatischen Genies gegenüber, das die Gesetze der Kunst mit instinktiver Sicherheit erfülle. Ähnlich wie Lessing hierbei die antiken Bühnenverhältnisse zum Verständnis der Dramentheorie des Aristoteles heranzog, wies J. G. Herder (»Shakespeare«, 1773) auf die besonderen historischen und nationalen Umstände hin, aus denen jeweils eigene dramatische Formen erwachsen. Mit dem Sturm und Drang verschwindet, gestützt auch durch den französischen Theoretiker L.-S. Mercier, die Forderung nach der Einheit von Ort und Zeit. Goethe hat jedoch in »Iphigenie auf Tauris« und »Torquato Tasso« die drei Einheiten wieder eingehalten, und im realistischen Drama des 19. Jahrhunderts (besonders bei H. Ibsen) sind sie im Streben nach Wahrscheinlichkeit häufig beachtet worden, auch noch in manchen Dramen des 20. Jahrhunderts; sie haben aber keine grundsätzliche Bedeutung mehr.
H. Breitinger: Les unités d'Aristote avant le Cid de Corneille (Genf 1879);
M. Kommerell: Lessing u. Aristoteles (51984);
Weitere Literatur: Drama.
2) Messwesen: früher Maßeinheiten, aus der Menge gleichartiger Größen ausgewählte und (heute stets international) vereinbarte Vergleichsgrößen, die einen festen, jeweils durch ein genau vorgeschriebenes Mess- oder Eichverfahren jederzeit reproduzierbaren Betrag haben. Das Verhältnis der zu messenden physikalischen Größe zur Einheit ergibt einen Zahlenwert, der nur für die betreffende Einheit gilt. Da die zu messende Größe durch die Messung nicht beeinflusst werden soll, gilt: Größe ist Zahlenwert mal Einheit. Das bedeutet: Für eine bestimmte Größe ist bei einer kleinen Einheit der Zahlenwert entsprechend groß, bei einer großen Einheit entsprechend klein. Im Prinzip ist der Betrag jeder Einheit frei wählbar. Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden nur die Grund- oder Basiseinheiten eines Maßsystems (als Einheit der zugehörigen Grund- oder Basisgrößen) festgelegt. Mit diesen lassen sich dann Einheiten für die übrigen Größen oder Größenarten über deren Definitionsgleichungen festlegen (abgeleitete Einheiten). Die Gesamtheit aller Einheiten für die Größenarten eines oder mehrerer Gebiete der Physik bildet ein Einheitensystem.
Um die Einheiten der zu messenden Größe anzupassen, gab es früher eine Vielzahl von Einheiten, die zudem regional Unterschiede zeigten. In einzelnen Fällen wurde die Unterteilung durch wiederholte Halbierung erreicht, z. B. beim Inch und Zoll. Die Einführung der metrischen Einheiten brachte eine erhebliche Verbesserung und Vereinfachung, da diese eine dezimale Vervielfachung und dezimale Unterteilung der Einheiten und deren Kennzeichnung durch Vorsätze und Vorsatzzeichen ermöglichen, z. B. Kilo (k) für tausend (1 km = 1 000 m) und Milli (m) für tausendstel (1 mm = 0,001 m). Auch zwischen den Längen-, Flächen- und Volumeneinheiten bestehen nun klare mathematische Beziehungen.
Die weitere Entwicklung der metrischen Einheiten führte zum Internationalen Einheitensystem (kurz SI, als Abkürzung für französisch Système International d'Unités). Von seinen sieben Basiseinheiten (Meter, Kilogramm und Sekunde, Ampere, Kelvin, Mol und Candela) sind alle anderen SI-Einheiten kohärent abgeleitet. In Deutschland sind durch das Einheitengesetz diese Basiseinheiten, bestimmte atomphysikalische Einheiten (atomare Masseneinheit, Elektronvolt) sowie daraus abgeleitete Einheiten und deren dezimale Vielfache und Teile als gesetzliche Einheiten im geschäftlichen und amtlichen Verkehr für verbindlich erklärt worden (einschließlich der für sie im Internationalen Einheitensystem festgelegten Einheitenzeichen). Außer den Namen und Einheitenzeichen der verschiedenen Einheiten (Übersichten Seite 165—169) gibt es noch Hinweisworte mit Hinweiszeichen für Größen der ersten Dimension, d. h. für Verhältnisse von Größen gleicher Dimension, die wie Einheiten verwendet werden. Eine besondere Gruppe sind dabei Hinweise für logarithmierte Größenverhältnisse: das Bel (Hinweiszeichen B) und das Dezibel (Hinweiszeichen dB), die auf dekadentischen Logarithmen beruhen, sowie das Neper (Hinweiszeichen Np), das auf einen natürlichen Logarithmus hinweist. Diese werden besonders in der Nachrichtentechnik verwendet sowie zur Kennzeichnung der Lautstärke in der Akustik.
Im Zuge der Harmonisierung der Maße und Gewichte in der EU wurde am 1. 10. 1995 (M-Day, Metrication Day) in Großbritannien ein Beschluss der EU-Kommission von 1989 umgesetzt, nach dem für verpackte Waren im Einzelhandel, für Stofflängenangaben und für Benzin nur noch die metrischen Einheiten des Internationalen Einheitensystems SI verwendet werden dürfen. Für unverpackte Waren, z. B. Obst und Gemüse, gilt diese Bestimmung bis zum Jahr 2000 noch nicht. Auch der Ausschank von Getränken kann nach altem Maß (pint) vorgenommen werden.
Universal-Lexikon. 2012.