Lindwurm
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Dra|che ['draxə], der; -n, -n:(in Sage und Märchen auftretendes) großes, furchterregendes, meist geflügeltes, Feuer speiendes Tier:
mit dem Drachen kämpfen.
Syn.: ↑ Ungeheuer.
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Drạ|che 〈m. 17〉 riesiges, echsenartiges Fabeltier, das Feuer speien kann [<ahd. trahho <lat. draco <grch. drakon, eigtl. „der scharf Blickende“]
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Drạ|che , der; -n, -n [mhd. trache, ahd. trahho < lat. draco < griech. drákōn]:
geflügeltes, Feuer speiendes, echsenartiges Fabeltier [mit mehreren Köpfen]:
Siegfrieds Kampf mit dem -n.
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Drache
[aus griechisch drákōn »Schlange«],
1) Astronomie: lateinisch Draco, zirkumpolares Sternbild am Nordhimmel im Bereich zwischen den beiden Sternbildern Großer Bär und Kleiner Bär; enthält den Nordpol der Ekliptik.
2) Heraldik: Wie der Greif ein Sinnbild des Windes, war der Drache ein redendes Bild für die Wenden und daher im Ostseeraum ein häufiges Wappenbild. Als Feldzeichen orientalischen Ursprungs in Westeuropa bis ins 11. Jahrhundert (ohne Flügel) üblich, in England seit angelsächsischer Zeit bis 1485 gebraucht (erhalten als Badge von Wales).
3) in der Mythologie vieler Völker ein schlangenartiges Mischwesen aus Vogel und Reptil, auch mit den Klauen eines Adlers oder Pranken eines Löwen, eine unterschiedlich geschilderte Fabelgestalt, mehrköpfig, Feuer speiend, mit vielen Zungen; möglicherweise auf vorzeitliche Saurierformen zurückweisend. Drachen werden als Flugdrachen, als auf der Erde oder in Höhlen lebende Kriechtiere oder als Wasserdrachen beschrieben.
In den Schöpfungsmythen verkörpert der Drache die gottfeindlichen Mächte: Er hält die fruchtbringenden Wasser zurück, will die Sonne und den Mond verschlingen, bedroht die Mutter des heilbringenden Helden oder Gottes und muss getötet werden, damit die Welt entstehen oder bestehen kann. Sein dabei verströmtes Blut gilt als fruchtbringend, wie auch der Genuss des Drachenherzens oder -Blutes (Blut als Sitz des Lebens) überirdische Kräfte vermitteln soll.
Der Sieger im Drachenkampf ist die heroische Gestalt des Mythos: Indra hat den Beinamen Vritrahan (»Drachentöter«); Marduk tötete Tiamat, Re die Apophisschlange, Zeus den Typhon, Apoll den Erddrachen Python. Drachenkämpfer der griechischen Sage sind Kadmos, Perseus und Iason.
Spuren solcher Drachenmythen finden sich auch im Alten Testament (1. Mose 1, 21; Jesaja 27, 1; Hiob 26, 12 f.; Psalter 74 [73], 13 f.); als Drachennamen begegnen (zum Teil auch aus Ugarit bekannt): Tannin, Leviathan, Rahab, Behemoth u. a. Es sind Verkörperungen riesiger Meeresungeheuer, v. a. in Schlangenform, die das vor der Weltwerdung vorhandene und die geordnete Welt ständig bedrohende Chaos darstellen. Darüber hinaus ist der Drache Symbolgestalt und Inhalt des Endzeitmythos: Der urzeitliche Chaosdrache bedroht als Gegenspieler Gottes in Gestalt heidnischer Weltreiche die Gemeinde Gottes auf Erden (Daniel 7). Sein Kampf und seine Überwindung durch den Anbruch des Gottesreiches bilden Thema und Inhalt der Weltgeschichte. »Drache zu Babel« ist zusammen mit »Bel zu Babel« eine apokryphe oder deuterokanonische Doppelerzählung in der griechischen Bibel als Ergänzung zum Buch Daniel. Daniel hat danach einen göttlich verehrten Drachen ohne Gewaltanwendung getötet; damit ist die Ohnmacht des Götzendrachens erwiesen. In die Löwengrube geworfen, wird Daniel durch Jahwe wunderbar errettet (Daniel 6). Die Apokalypse des Johannes nimmt den Drachenmythos im 12. Kapitel auf, um die Verfolgung der Kirche und ihre Hoffnung auf den Sieg ihrer Sache darzustellen: Der Drache verfolgt die Mutter des Erlöserkindes und dieses selbst, wird aber vom Erzengel Michael besiegt. Diese Bildsymbolik hat bis in die Gegenwart die Endzeitvorstellung in der kirchlichen Lehre und in der Kunst bestimmt.
In der germanisch-nordischen Mythologie, der mittelalterlichen Dichtung und der europäischen Volksüberlieferung tritt der Drache (Wurm, Lindwurm, von lint »Schlange, Drache«, oder bayerisch-österreichisch: Tatzelwurm) als Ungeheuer von schlangen- oder echsenhafter Gestalt häufig auf. So bekämpft der Gott Thor die Midgardschlange und besiegt sie. Das Weltuntergangsbild der Edda zeigt zum Schluss den Drachen Nidhögg, der am Fuß der Weltesche haust und an ihren Wurzeln nagt. In der germanischen Heldensage gilt die Erlegung des Drachens als Erweis von Heldenmut. Siegfried tötet den Drachen Fafnir, der als Schätze hütendes Kriechtier geschildert wird, und wird durch das Bad im Drachenblut unverwundbar. Ruhm als Drachenbezwinger gewinnen auch Beowulf und Dietrich von Bern. In der Heldendichtung und in deutschen Lokalsagen erscheint der Drache auch als Schätzehüter, der in Höhlen wohnt, was in Ortsnamen zum Ausdruck kommt (Drachenfels, Drachenwand, Drachenloch u. a.). Im frühen Mittelalter war der Drache nach orientalisch-antikem Vorbild kriegerischer Feldzeichen, das an hoher Stange dem Heer vorangetragen wurde.
Auch im Märchen ist der Drachenkampf ein häufiges Motiv. Es haben sich aber auch selbstständige Typen von hohem Alter und großer Verbreitung bewahrt: 1) Der Held besiegt einen Drachen und errettet eine Königstochter. Ein Betrüger zwingt diese, ihn als ihren Befreier auszugeben, wird aber von dem Helden durch die abgeschnittenen Drachenzungen überführt. Dieses Märchen hat sich überall verbreitet. 2) Nur in Osteuropa bekannt ist folgender Typ: Von drei Brüdern besiegt der jüngste drei Drachen an einer Brücke, ebenso deren Frauen, die sich in einen Garten, eine Quelle und in ein Wirtshaus verwandelt haben, und schließlich die Mutter der Drachen.
In Ostasien gilt der Drache meist als wohltätiges und Glück bringendes Wesen, besonders verbunden mit allem Wasser (in Wolken, Brunnen, Quellen), in China meist als Regenbringer und damit Symbol der Fruchtbarkeit, auch Sinnbild des männlichen Prinzips; als Gegenstück erscheint der in Dickichten und Niederungen lebende Tiger.
In der Kunst des Alten Orients erscheint der Schlangendrache Muschchusch mit geschupptem Leib eines Reptils, Adlerklauen als Vorder- und Löwentatzen als Hinterfüßen und einem Skorpionstachel; er ist das Symboltier des Gottes Marduk, u. a. am Ischtartor aus Babylon dargestellt. Bei den Achaimeniden gibt es den Löwendrachen, bei den Sassaniden den Pfauendrachen. Der indische Makara hat die Form eines Reptils mit einer Art Rüssel, er ist Symboltier der Flussgöttin Ganga. Der ägyptische Apophis ist eine Riesenschlange. In der chinesischen Kunst wird der Drache seit der späten Shangzeit (16.-11. Jahrhundert v. Chr.) dargestellt, z. B. als Wächterfigur, und ist später ein beliebtes Motiv auch im Kunstgewerbe. Seit der Songzeit (960-1278) wird er auch zum kaiserlichen Symbol (fünfklauiger Drache; für Prinzen und Beamte vier- und dreiklauig). Das Drachenpaar, das um die »Wunschperle« spielt, ebenfalls ein geläufiges Dekorationsmotiv, nimmt buddhistische Vorstellungen auf. Die christliche Kunst zeigt den Drachen in der Gestalt eines geflügelten, echsenartigen Mischwesens als Verkörperung des Bösen. Er erscheint an romanischen Portalen und Kapitellen, in der Buchmalerei im Zusammenhang mit Initialen. Zu Füßen Marias liegend, deutet er auf die Überwindung der Erbsünde hin. Als Symbol des Teufels wird er in Szenen aus der Apokalypse des Johannes und im Kampf mit dem Erzengel Michael und dem heiligen Georg dargestellt.
O. Abel: Die vorweltl. Tiere in Märchen, Sage u. Aberglaube (1923);
B. Renz: Der oriental. Schlangendrache (1930);
P. E. Schramm: Herrschaftszeichen u. Staatssymbolik (1956);
E. Ploss: Siegfried-Sigurd, der D.-Kämpfer (1966);
D. Burkhart: Zum Drachenkampfthema, in: Ztschr. für Balkanologie, 146 ff.; Jg. 5 (1967);
Drachen. Ausst.-Kat. Karlsruhe, hg. v. Bad. Landesbibliothek, Landessammlungen für Naturkunde u. Staatl. Kunsthalle (1980);
H. Burkolter-Traxel: Der D. Das Symbol u. der Mensch (1981).
4) ungedecktes Schiff der normannischen Wikinger des 9.-11. Jahrhunderts, das in seiner Bug- und Heckform die Gestalt von Drachenköpfen hat; es wurde durch Rahsegel und Ruder fortbewegt (Wikingerschiff).
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Drạ|che, der; -n, -n [mhd. trache, ahd. trahho < lat. draco < griech. drákōn]: geflügeltes, Feuer speiendes, echsenartiges Fabeltier [mit mehreren Köpfen]; Lindwurm: Siegfrieds Kampf mit dem -n; eine Darstellung des heiligen Georg, des Erzengels Michael mit dem -n; Er träumte von feurigen -n, die in den Herbstnächten über den Kiefernwald ins Dorf flogen (Strittmatter, Wundertäter 314); Ü China - In den Zähnen des -n (a & r 2, 1997, 107).
Universal-Lexikon. 2012.