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Apokalypse des Johannes
Apokalỵpse des Johạnnes,
 
Offenbarung des Johạnnes, Geheime Offenbarung, Abkürzung Apk., das letzte Buch des Kanons des Neuen Testaments In ihm gibt der erhöhte Christus dem Seher von Patmos eine Anweisung an sieben kleinasiatischen Gemeinden, die »Sendschreiben« (Kapitel 2-3), und ein Bild der kommenden Schreckenszeit, der Herrschaft des Antichrists und seiner Anhänger sowie seiner Überwindung durch die Herrschaft Gottes. In ihren sprachlichen Bildern steht die Apokalypse des Johannes in der Tradition der Apokalyptik: Drei Visionsgruppen zu je sieben Akten (Siegel-, Posaunen- und Schalenvision) sind kunstvoll miteinander verwoben. Ihnen folgen Bilder der Hure Babylon (gemeint ist Rom), der Braut und der Messiasschlacht gegen den Drachen. Sie umreißen das Drama von Vernichtung und Neuwerdung der Welt; Tausendjähriges Reich, Totenauferstehung und Gericht sind seine Zielpunkte.
 
Sprache und Gedankenwelt der Apokalypse des Johannes sind dem Alten Testament verpflichtet, übernehmen aber auch Denkvoraussetzungen und Darstellungsmittel der jüdischen Apokalyptik; iranische Einflüsse sind umstritten. Entstanden ist die Apokalypse des Johannes um 96 n. Chr. zur Zeit der Verfolgung unter Domitian. Auf ihn und besonders den Kaiserkult, der in Ephesos ausgeübt wurde, beziehen sich viele Anspielungen der Schrift (v. a. in Kapitel 13). Der Verfasser nennt sich Johannes. Schon im 2. Jahrhundert wurde er mit Johannes, dem Jünger Jesu, identifiziert. Mit dem Verfasser des Johannesevangeliums ist er nicht identisch, besonders wegen starker Abweichungen in Sprache und Anschauungen. Die Apokalypse des Johannes hat sich zunächst nur in der Kirche des Westens behaupten können; in der Kirche des Ostens wurde sie bis zum 4. Jahrhundert abgelehnt. Von der Lebendigkeit der Enderwartung hängt das Ansehen der Apokalypse des Johannes ab: Zu Zeiten angespannter Enderwartung (um das Jahr 1000, 1033 usw.) und in den davon bestimmten Kreisen (z. B. Joachim von Floris, den Franziskanerspiritualen, Täufern, »radikalen« Gruppen innerhalb des Pietismus) wurde und wird sie als eine Darstellung der Weltgeschichte angesehen, aus der sich Zeitpunkt und Art des Weltendes errechnen lassen. - Kunst: Schon in frühchristlicher Zeit finden sich Bilder von Einzelmotiven: Christus mit den vier Lebenden (Evangelistensymbole, Maiestas Domini), mit dem A und O (Alpha und Omega) oder mit den 24 Ältesten; das Lamm auf dem Berge, dem die vier Paradiesflüsse entströmen. Auch zyklische Darstellungen sind anzunehmen; erhalten sind jedoch erst mittelalterliche Handschriften, darunter die Bamberger Apokalypse (um 1000) der Reichenauer Schule. Aus gotischer Zeit stammt die Apokalypse von Angers. Zu einem neuen Höhepunkt führte A. Dürer die Darstellung der Apokalypse des Johannes in seiner Holzschnittfolge (darin »Die vier apokalyptischen Reiter«) von 1498, zugleich ein lange Zeit nachwirkendes Vorbild. Noch in der Decken- und Apsismalerei des Barock spielten die apokalyptischen Visionen eine große Rolle. Darstellungen der Apokalypse des Johannes oder von als apokalyptisch empfundenen Ereignissen finden sich wieder im 19. und 20. Jahrhundert.
 
Literatur:
 
H. Kraft: Die Offenbarung des Johannes (1974);
 F. G. L. van der Meer: Apokalypse. Die Visionen des Johannes in der europ. Kunst (a. d. Niederländ., 1978);
 A. Strobel: A. d. J. in: TRE, Bd. 3 (1978; mit Bibliogr.);
 O. Böcher: Die Johannesapokalypse (21980);
 P. Prigent: L'Apocalypse de Saint Jean (Genf 1981);
 Ulrich B. Müller: Die Offenbarung des Johannes (1984);
 
Apokalypse, ein Prinzip Hoffnung?, hg. v. R. W. Gassen u. B. Holoczek (1985);
 J. Roloff: Die Offenbarung des Johannes (Zürich 21987);
 J.-W. Taeger: Johannesapokalypse u. johanneischer Kreis (1989);
 H. Giesen: Johannes-Apokalypse (31992);
 E. Lohse: Die Offenbarung des Johannes (151993).

Universal-Lexikon. 2012.