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Babylon
Ba|by|lon:
Ruinenstadt am Euphrat.

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Babylon,
 
babylonisch Babilu, hebräisch Babel, Ruinenstadt im zentralen Mesopotamien beiderseits eines alten Euphratlaufes (östlich die Alt-, westlich die Neustadt) nördlich von Hilla (Irak); erstmals gegen Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. erwähnt. Zu dieser Zeit war Babylon eine unbedeutende Kleinstadt.
 
Vom Anfang des 2. Jahrtausends bis zu Alexander dem Großen wurde Babylon zum kulturellen Zentrum der gesamten vorderasiatischen Welt. Seine Vormachtstellung wurde um 1700 v. Chr. von Hammurapi begründet; der Stadtgott Marduk wurde zum Götterkönig erhoben und nicht nur in Babylonien, sondern auch in Assyrien verehrt. Auf der babylonischen Weltkarte lag die Stadt im Zentrum der Erdscheibe. Von ihrer Pracht zeugen neben den Inschriften des neubabylonischen Königs Nebukadnezar II. und Angaben verschiedener antiker Schriftsteller (v. a. Herodot) die Grabungsfunde der Deutschen Orient-Gesellschaft in den Jahren 1899-1917 unter Leitung von R. Koldewey. Das freigelegte Babylon ist in der Hauptsache die Stadt Nebukadnezars II. Die »Hammurapi-Schicht« konnte nicht ausgegraben werden, da sie heute unter dem Grundwasserspiegel liegt.
 
Hammurapi machte Babylon zur Hauptstadt Babyloniens. Nach Einnahme der Stadt durch den hethitischen König Mursili I. (1531 v. Chr.) wurde Babylon Hauptstadt der kassitischen Herrscher. Nach 1250 fiel Babylon mehrfach in assyrischer Hand. Besonders schwer war die Zerstörung durch Sanherib (689), der die Erneuerung unter Asarhaddon (von 680 an) folgte. Die größte Blüte während des neubabylonischen Reiches erlebte Babylon unter Nabopolassar (626-605) und Nebukadnezar II. (605-562). Unter den Achaimeniden war Babylon eine der drei Hauptstädte des Perserreiches. 480 zerstörte Xerxes I. den Marduktempel Esangila. Alexander der Große, der Babylon 331 erobert hatte, beabsichtigte, die Stadt wieder vollständig herzustellen. In seleukidischer Zeit ging die Bedeutung Babylons weiter zurück, da die Residenz nach Seleukia am Tigris verlegt worden war. Erst in parthischer Zeit gelangte es wieder zu einem gewissen Wohlstand.
 
Die neubabylonische Stadt am Euphrat, durchzogen von zwei Kanälen, war ein unregelmäßiges Rechteck (2 600 m × 1 500 m), eingefasst von einer doppelten Lehmziegelmauer und einem Wassergraben. Neun Tore führten in das Innere. Das berühmteste ist das Tor der Ischtar, eine monumentale doppeltorige Anlage, deren Wände mit buntglasierten Ziegelreliefs (Stier, Drache) geschmückt und mit Zinnen bekrönt waren. Durch dieses Tor führte eine breite, gepflasterte Prozessionsstraße nach Süden zum Mardukheiligtum Esangila mit dem Tempelturm Etemenanki (Babylonischer Turm), dann nach Westen zur Euphratbrücke. Nördlich vom Ischtartor verlief die Prozessionsstraße zwischen der großen Hauptburg und einer gewaltigen Befestigungsanlage. In diesem Abschnitt waren die Wände, die sie einfassten, ebenfalls mit farbigglasierten Ziegelreliefs (schreitender Löwe zwischen Rosettenbändern) verziert. Südlich der Hauptburg lag der große Palast Nebukadnezars II., die Südburg, mit fünf Höfen, Thronsaal und »Hängenden Gärten«; auch er besaß Wandschmuck aus glasierten Ziegeln. Das in der Nordburg eingerichtete Kunstmuseum war öffentlich zugänglich. Die Stadt besaß weitere Tempel für die Großgötter, deren Zahl auf 53 beziffert wird. Im Norden, etwa 3 km von der Innenstadt entfernt, lag der Sommerpalast Nebukadnezars II., jetzt die Ruine Babil. Das gesamte Umfeld der östlichen Stadt war von einem weiteren Befestigungswall umgeben.
 
Literatur:
 
E. Unger: B. Die hl. Stadt nach der Beschreibung der Babylonier (1931, Nachdr. 1970);
 W. Andrae: B. Die versunkene Weltstadt u. ihr Ausgräber Robert Koldewey (1952);
 E. Klengel-Brandt: Reise in das alte B. (31977);
 S. Lloyd: Die Archäologie Mesopotamiens (a. d. Engl., 1981);
 
B., hg. v. R. Fischer (1985);
 R. Koldewey: Das wieder erstehende B. (51990).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Mesopotamien und Kleinasien: Städte, Staaten, Großreiche
 
Ägypten und Babylon: Den Göttern untertan
 
Babylon: Das Ischtartor
 
babylonische Musik: Die Laute und Trommel
 
Hammurapi: Die Kodifizierung des Rechts
 
Zikkurat: Von der Tempelterrasse zum Stufenturm
 

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Ba|by|lon: Ruinenstadt am Euphrat.

Universal-Lexikon. 2012.