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Adaption
Anpassung an die Umwelt; Regulation; Angleichung; Adaptierung; Einstellung; Anpassung; Kalibrierung; Konfiguration; Umstellung; Einstellen; Ausrichtung; Regulierung; Justierung

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Ad|ap|ti|on 〈f. 20〉 = Adaptation

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Ad|ap|ti|on, die; -, -en [zu: adaptieren]:
1. (Biol.) Adaptation (1).
2. (Soziol.) Adaptation (2).
3. (Literaturwiss.) Umarbeitung eines literarischen Werkes mit der Absicht, es den Erfordernissen einer anderen literarischen Gattung od. eines anderen Kommunikationsmediums (z. B. Film, Fernsehen) anzupassen.

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I
Adaption
 
die, -/-en,  
 1) Literatur: Adaptation, formale, gattungsverändernde Umarbeitung eines Werks, besonders die Umarbeitung eines Erzählwerks zum Drama oder zur Oper. Häufig ist heute auch die Bearbeitung für ein anderes Medium wie Film, Hörfunk, Fernsehen (Medientransfer).
 
 2) Physiologie: Adaptation.
II
Adaption
 
[lateinisch adaptare = »anpassen«], auch Adaptation, Umarbeitung einer vorhandenen Komposition meist aus zurückliegenden Epochen der Musikgeschichte mit dem Ziel, sie einer aktuellen Stilistik (Stil) anzupassen. Dabei werden die Originale in ihrer Ganzheit oder längere charakteristische und prägnante Teile daraus so bearbeitet, dass mit diesem »Musizieren über Musik« die Spannung zwischen historischem Abstand und aktueller Aneignung zum ästhetischen Reiz eigener Art wird. Die dafür zur Anwendung kommenden Bearbeitungstechniken sind abhängig von der Vorlage und den Eigenheiten der Stilistik, in die sie hineinversetzt werden soll. Sie reichen von der Neuinstrumentierung bis zur völligen musikalischen Umarbeitung, bei der dann nur noch die Umrisse des Originals erhalten bleiben. Adaptionen gibt es in der Musikgeschichte schon seit dem 18. Jahrhundert (u. a. bei Joh. Seb. Bach, R. Schumann, F. Liszt, M. Reger). Weit verbreitet war dieses Prinzip in der unterhaltenden Musik des 19. Jahrhunderts, besonders in der Haus- und Salonmusik und in der Blasmusik. Auch im Bereich des Jazz finden sich dafür zahlreiche Beispiele, vor allem mit der Herausbildung und Profilierung der Bigband-Arrangements seit den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts. Einige Beispiele dafür sind Duke Ellingtons (1899-1974) Fassungen von Griegs »Peer-Gynt-Suite« (1960) und Tschaikowkis »Nußknacker-Suite« (»The Nutcracker Suite«, 1960), Barney Kessel (* 1923) mit »Modern Jazz Performances from Bizet's Carmen« (1956), Stan Kenton (1912-1979) mit der LP »Kenton/Wagner« (1964) und das Modern Jazz Quartet mit »Blues on Bach« (1974). Schon zuvor allerdings hatten Jacques Loussier (* 1934) mit seinem 1959 gegründeten Trio (»Play Bach«) und Ward L. Swingle (* 1927) mit seinen Swingle Singers ausgesprochen erfolgreich eine Jazz-Adaption bachscher Werke versucht (»Bach's Greatest Hits«, 1962). Ihre Adaptionstechnik wurde von zahlreichen Gruppen aufgegriffen und wird bis in die Gegenwart hinein mit hoher künstlerischer Meisterschaft gepflegt.
 
In der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre wurden Klassik-Adaptionen zeitweilig auch zu einem eigenen Genre der populären Musik, wo sie besonders in der Rockmusik im Rahmen des Classic Rock bis in die Siebzigerjahre hinein recht beliebt waren. Die ersten Adaptionen klassischer Werkvorlagen im Rock-Idiom hat 1968 die amerikanische Gruppe Vanilla Fudge mit dem 1. Satz der cis-Moll-Klaviersonate, op. 27/2 (»Mondscheinsonate«), sowie dem Klavierstück »Albumblatt für Elise« von Beethoven durch Uminstrumentierung und Unterlegung eines durchlaufenden Beat vorgelegt. Im gleichen Jahr veröffentlichten Blood, Sweat & Tears auf »Child Is Father to the Man« (1968) eine Version von Saties »Trois Gymnopédies«. Eine ausgesprochene Welle solcher Bearbeitungen löste jedoch die englische Formation The Nice mit ihrem Titel »Brandenburger« (1969) nach Teilen des 1. Satzes aus dem 3. Brandenburgischen Konzert von Bach aus. Gruppen wie Ekseption und Emerson, Lake & Palmer spezialisierten sich in der Folgezeit mit ihrem Repertoire sogar weitgehend auf das Genre der Klassik-Adaption.
 
Insgesamt ist diese Entwicklung aber nicht unumstritten geblieben, rief vor allem die Respektlosigkeit des Umgangs mit den Werken der Klassiker bei deren Liebhabern wahre Stürme der Entrüstung hervor. Und zweifellos war eines der Motive für solche Bearbeitungen auch die bewusste Konfrontation mit dem traditionellen bürgerlichen Musikbetrieb, dem die Rockmusiker ihren nicht minder ernsthaften eigenen künstlerischen Anspruch auf diese Weise entgegensetzen wollten. Auch dieser Anspruch selbst mag für die Welle der Adaptionen um die Wende zu den Siebzigerjahren eine Rolle gespielt haben, galt es doch die eigene Seriosität unter Beweis zu stellen, indem vorgeführt wurde, dass Rockmusiker allein schon den spieltechnischen Anforderungen der Vorlagen gewachsen waren. Trotzdem ist keine der vorliegenden Klassik-Adaptionen in sich wirklich überzeugend, stellen sie doch stets einen musikalischen Kompromiss zwischen sozial völlig verschiedenen Musiziersphären dar, deren bloße musikalische Synthese vergeblich bleiben muss. Darüber hinaus scheint in nicht wenigen Fällen auch der Verdacht durchaus nicht unbegründet, dass mit den Adaptionen nur das kommerzielle Potenzial der urheberrechtlich nicht mehr geschützten Vorlagen (Urheberrecht) auf ebenso schnelle wie billige Weise abgeschöpft werden sollte, was ja tatsächlich auch gelungen ist. All das hat die Klassik-Adaptionen trotz ihres damaligen quantitativen Gewichts unter den Rockproduktionen zu einer relativ kurzlebigen Zeiterscheinung werden lassen, auch wenn immer wieder einmal derartige Versuche unternommen wurden.
 
Obwohl eine Konzentration auf bestimmte Komponisten bei der Auswahl der Vorlagen nicht zu übersehen ist (Bach, Mozart, Beethoven), sind doch alle musikgeschichtlichen Epochen und eine Vielzahl von Werken und Komponisten bis in die Gegenwart hinein in den Zusammenhang solcher Adaptionen geraten. Der Begriff »Klassik« ist dafür zwar höchst ungenau und meint eigentlich auch nur, dass die Vorlagen nicht aus dem Bereich der populären Musik entnommen sind. Das Spektrum adaptierter Werke reicht dann auch von Pachelbel, der die Vorlage für Brian Enos (* 1948) »Discreet Music« (1975) wie für Van Dyke Parks' (* 1941) »Clang of the Jankee Reaper« (1975) geliefert hat, über eine ganze Reihe Bachscher Kompositionen (u. a. Präludium Nr. VI aus dem »Wohltemperierten Klavier I« sowie Toccata F-Dur auf der LP »Tarkus«, 1971, von Emerson, Lake & Palmer; die Aria der »Goldberg«-Variationen in Mike Kamens [geboren 1948] »Winter Child«, 1979; die Ouvertüre zur Partita Nr. 2 c-Moll auf »Ekseption III«, 1970), der Werke Mozarts und Beethovens (u. a. letzter Satz aus Mozarts Klaviersonate A-Dur, KV 331, als »Alla Turca« auf »Ekseption V«, 1972; 1. Satz aus Beethovens 5. Sinfonie auf »Ekseption«, 1968), Brahms' (u. a. Teile des 3. Satzes der 4. Sinfonie auf »Yes«, 1969, von der gleichnamigen englischen Gruppe), Tschaikowskys (u. a. 3. Satz aus der 6. Sinfonie auf »Nice«, 1969), Mussorgskijs (u. a. Klavierzyklus »Bilder einer Ausstellung« in Teilen als »Pictures at an Exhibition«, 1971, von Emerson, Lake & Palmer, Orchesterstück »Die Nacht auf dem kahlen Berge« als »Night on the Bare Mountain«, 1971, der italienischen Gruppe New Trolls) bis hin zu Bearbeitungen der Werke von Debussy und Strawinsky (auf »Floating World«, 1974, von Jade Warrior). Durch den spektakulären Erfolg von Enigmas »Sadeness« (1990) ist Anfang der Neunzigerjahre eine regelrechte Welle mit Adaptationen gregorianischer Choräle ausgelöst worden.
 
Auch im Schlager wurden und werden klassische Werkvorlagen verwendet, wobei hier die offenkundig kommerzielle Absicht gar nicht erst zu kaschieren versucht wurde. Die Originale sind zumeist nur auf einfachste Weise umarrangiert und gekürzt (»verschlagert«) worden, sodass sie sich als unaufdringliche Hintergrundmusik oder als neuer Trend verkaufen ließen — so war der »Liebestraum« von Liszt einmal als Swing und Slow Rock, ein andermal als Twist und Cha-Cha-Cha zu hören. Zu nennen sind hier auch die Klassikbearbeitungen von James Last (* 1929) und Richard Clayderman (* 1953) sowie, als das wohl berühmteste Beispiel, Miguel Rios' (* 1944) »Song of Joy« (1970) nach dem Schlusssatz von Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie.
 
Einen Sonderfall der Adaptionen (eigentlich Transkriptionen) stellen die Versuche dar, Originalkompositionen der Vergangenheit weitgehend notengetreu auf einem Synthesizer zu imitieren. Einen Namen gemacht haben sich damit vor allem die Amerikanerin Wendy (Walter) Carlos (* 1939) mit dem Album »Switched-on Bach« (1968) und der Japaner Isao Tomita (* 1932) mit seiner klanglich eigenwilligen Version von Mussorgskijs »Bilder einer Ausstellung« (1975) sowie Adaptionen nach Ravel und Debussy.

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Adap|ti|on, die; -, -en (Fachspr.): Adaptation.

Universal-Lexikon. 2012.