Akademik

Walter
Wạlter,
 
1) Bernhard Ludwig Johann Heinrich, Physiker, * Malchin 7. 12. 1861, ✝ Hamburg 28. 5. 1950; ab 1907 Professor in Hamburg. Walter leistete wichtige Beiträge zur Interferenz von Licht und Röntgenstrahlen und untersuchte 1898-99 mit bewegten Kameras den Verlauf von Funken- und Blitzentladungen.
 
 2) Bruno, eigentlich B. Walter Schlesinger, amerikanischer Dirigent deutscher Herkunft, * Berlin 15. 9. 1876, ✝ Beverly Hills (Calif.) 17. 2. 1962; war nach Stationen u. a. in Hamburg, Breslau und Berlin 1901-13 Opernkapellmeister in Wien, 1913-22 Generalmusikdirektor der Münchner Hof- beziehungsweise Staatsoper, 1925-29 Direktor der Städtischen Oper Berlin, 1924-31 auch Dirigent der deutschen Aufführungen an der Covent Garden Opera in London, 1929-33 Dirigent der Leipziger Gewandhauskonzerte und 1936-38 an der Wiener Staatsoper. Walter übersiedelte 1938 nach Frankreich, 1940 in die USA, wo er als Gastdirigent großer Orchester wirkte; ab 1948 dirigierte er auch wieder in Europa. Er war besonders als Mozart-, Bruckner- und Mahler-Interpret berühmt.
 
Schriften: Gustav Mahler (1936); Theme and variations (1946; deutsch Thema und Variationen. Erinnerungen und Gedanken); Von der Musik und vom Musizieren (1957).
 
Ausgabe: Briefe 1894-1962, herausgegeben von L. Walter-Lindt (1969).
 
 3) Erich, Choreograph und Ballettdirektor, * Fürth 30. 12. 1927, ✝ Herdecke 23. 11. 1983; war 1953-64 Ballettdirektor in Wuppertal, ab 1964 an der Deutschen Oper am Rhein (Düsseldorf/Duisburg); Vertreter eines gemäßigten Neoklassizismus. Musikalische Grundlage seiner Choreographien waren v. a. Werke von I. Strawinsky, H. W. Henze, C. Monteverdi und B. Bartók.
 
 4) Fritz, Fußballspieler, * Kaiserslautern 31. 10. 1920, ✝ Enkenbach-Alsenborn (Landkreis Kaiserslautern) 17. 6. 2002; spielte stets (1930-59) beim 1. FC Kaiserslautern (1951 und 1953 deutscher Meister); 61 Länderspiele, 33 Tore (1940-58); Weltmeister 1954; Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft.
 
 5) Hellmuth, Ingenieur, * Wedel (Holstein) 26. 8. 1900, ✝ Upper Montclair (N. J.) 16. 12. 1980; gründete 1935 in Kiel ein Ingenieurbüro, aus dem die H. Walter GmbH, Apparatebau-Versuchsstätten, hervorging. Ab 1933 entwickelte Walter den nach ihm benannten Walter-Antrieb. 1949-65 war Walter auch in den USA tätig, wo er u. a. ein Verfahren zur Gewinnung von Erdöl aus sonst nicht abbauwürdigen Ölfeldern entwickelte.
 
 6) Johann (Johannes), eigentlich J. Blạnkenmüller, Kantor und Komponist, * Kahla oder Großpürschitz (bei Kahla) 1496, ✝ Torgau 25. 3. 1570; war ab 1517 Bassist in der kursächsischen Hofkapelle Friedrichs III., des Weisen, in Altenburg, ab 1520 Hofkomponist, begann 1526 mit dem Aufbau der Torgauer Stadtkantorei, einer geistlichen Bruderschaft der Bürger, die zum Modell evangelischer Kantoreien wurde. Bis 1548 war Walter Kantor der Lateinschule in Torgau, 1548-54 Leiter der Hofkapelle Kurfürst Moritz' von Sachsen in Dresden, danach lebte er wieder in Torgau. Walters Werk steht im Dienst des reformatorischen Gemeinde- und Schulgesangs. Mittelpunkt seiner mehrstimmigen, dem zeitgenössischen Tenorliedsatz verpflichteten Kompositionen ist das lutherische Kirchenlied. Er gilt auch als Schöpfer der protestantischen responsorialen Passion mit vierstimmigen Turbaesätzen. Mit M. Luther war er zeitlebens eng befreundet. 1524 gab er das »Geystlich gesangk Buchleyn« (mit einer Vorrede Luthers) heraus, das erste mehrstimmige Gesangbuch der Reformation, und beriet seitdem Luther bei der Reform des Gottesdienstes, der »Deutschen Messe« und der Kirchenliedkomposition.
 
Ausgabe: Sämtliche Werke, herausgegeben von O. Schröder u. a., 6 Bände (1953-73).
 
Literatur:
 
M. Bender: Allein auf Gottes Wort. J. W., Kantor der Reformation (1971);
 U. Asper: Aspekte zum Werden der dt. Liedsätze in J. W.s »Geistl. Gesangbuchlein«. 1524-1551 (1985);
 W. Blankenburg: J. W. Leben u. Werk, hg. v. F. Brusniak (1991).
 
 7) Otto Friedrich, schweizerischer Schriftsteller, * Aarau 5. 6. 1928, ✝ Solothurn 24. 9. 1994, Bruder von 8); war 1956-67 Lektor im väterlichen Verlag in Olten, danach Verlagsleiter in Darmstadt; engagierter Förderer der konkreten Poesie und der neueren schweizerischen Literatur. Aufsehen erregte sein aus heutiger Sicht wegen der Vielschichtigkeit der Erzählperspektive als ein wichtiger Markstein der zeitgenössischen Literatur geltendes Romandebüt »Der Stumme« (1959), wo er einen Vater-Sohn-Konflikt thematisierte. Unter dem Eindruck der Studentenbewegung 1968 wandte sich Walter politischen Themen zu (»Die ersten Unruhen«, 1972; »Die Verwilderung«, 1977), für die er sich erweiterter schriftstellerischer Ausdrucksmittel wie der Montagetechnik bediente. Mit »Zeit des Fasans« (1988) schuf er einen großen Familienroman, auch hier durch ein kunstvolles Geflecht aus historischem Material, Innenleben der Figuren und distanziert erzählter äußerer Handlung. Walters letztes Werk, die Erzählung »Die verlorene Geschichte« (1993) lässt durch die unmittelbare Spiegelung von Aggressivität durch Sprache einen stilistischen Neuansatz erkennen.
 
Weitere Werke: Romane und Erzählungen: Herr Tourel (1962); Wie wird Beton zu Gras. Fast eine Liebesgeschichte (1979); Das Staunen der Schlafwandler am Ende der Nacht (1983).
 
Dramen: Elio oder eine fröhliche Gesellschaft (1965); Die Katze, in: Theater heute, Jahrgang 8 (1967), H. 10; Die Wiederverhaftung des Wilhelm Tell, in: Basler Zeitung vom 28. 5. 1977.
 
Literatur:
 
Der Ort einer verlorenen Utopie. Essays zum Werk O. F. W.s, hg. v. M. Lüdke (1993).
 
 8) Silja, schweizerische Schriftstellerin, * Rickenbach (bei Olten) 23. 4. 1919, Schwester von 7); Benediktinerin im Kloster Fahr; schreibt eigenwillige, liedhaft-musikalische Lyrik (»Die ersten Gedichte«, 1944; erweiterte Neuauflagen unter dem Titel »Gedichte«, 1950, und »Gesammelte Gedichte«, 1972). Walter versucht in ihren Schauspielen, Romanen und lyrischen Meditationen religiöse Themen zeitgemäß zu behandeln.
 
Weitere Werke: Dramen: Wettinger Sternsingerspiel (1955); Der Turm der Salome (1976); Der achte Tag (1984); Feuerturm (1987).
 
Erzählungen und Romane: Die hereinbrechende Auferstehung (1960); Sie warten auf die Stadt (1963); Der Fisch und Bar Abbas (1967); Das Kloster am Rande der Stadt (1971); Die Schleuse oder Abteien aus Glas (1972); Stern in der Kugel (1984).
 
Lyrik und geistliche Meditationen: Tanz des Gehorsams oder Die Strohmatte (1970); Dein Geheimnis will ich von den Dächern singen (1985); Die Feuertaube (1985); Komm, meine Taube (1986); Die Patriarchenfrau (1987); Das Wort ist Brot geworden. Kommunionspsalter (1992).
 
Autobiographisches: Eine Insel finden. Gespräch zwischen Otto Friedrich Walter und S. Walter (1983); Der Wolkenbaum (1991).

* * *

Wạl|ter, der; -s, - (veraltend): jmd., der waltet (1).

Universal-Lexikon. 2012.