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Fasten
Fastenzeit

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fas|ten ['fastn̩], fastete, gefastet <itr.; hat:
(für eine bestimmte Zeit) wenig oder nichts essen:
weil sie zu dick ist, will sie eine Woche fasten.

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fạs|ten 〈V. intr.; hatsich aller od. bestimmter Speisen enthalten (in der kath. Kirche als Mittel zur Buße u. inneren Einkehr) [<ahd. fasten, engl. fast, got. (ga)fastan;fest]

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fạs|ten <sw. V.; hat [mhd. vasten, ahd. fastēn, zu fest, wahrsch. urspr. = an den (Fasten)geboten festhalten]:
sich für eine bestimmte Zeit ganz od. teilweise der Nahrung enthalten od. auf den Genuss bestimmter Speisen verzichten:
der Kranke musste zwei Tage f.;
<subst.:> durch langes Fasten war sein Körper geschwächt.

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Fasten,
 
1) Medizin: Fastenkuren.
 
 2) Religionsgeschichte: ein alter, vorzugsweise religiöser Brauch, eine Form der Askese, wobei zwischen dem eigentlichen Fasten als einer zeitweiligen, völlig oder teilweise durchgeführten Enthaltung von Nahrung und dem vorübergehenden oder ständigen Verzicht auf bestimmte Speisen, v. a. Fleisch, Fisch, Wein, aufgrund von Speiseverboten unterschieden werden muss. Motive für das Fasten können sein: Schutz vor der Aufnahme schädlicher Kraftausstrahlungen mit der Nahrung (d. h. vor Tabukräften, Mana); Reinigung des Körpers; Sammlung von Willenskräften (durch Fasten in kritischen Zeiten, z. B. bei Krieg oder Jagd, um Glück und Beute zu gewinnen); auch Reinigung vor (oder nach) bestimmten Handlungen, z. B. bei Wallfahrten (im Hinduismus und Jainismus) sowie bei Initiationsriten, anderen religiösen Zeremonien und Festen (so fasteten die Knaben bei einigen Indianerstämmen vor ihrer Aufnahme in die Stammesordnung); persönliches Opfer oder eine Sühne (z. B. Reue für falsches Handeln), die den Göttern dargebracht wird (Alt-Ägypten, Babylon sowie im Islam). Fasten ist Mittel, um Zustände der Ekstase, Visionen und besondere Träume herbeizuführen, die einen direkten Kontakt mit dem Göttlichen herstellen und zu außergewöhnlichen Leistungen befähigen sollen. So sucht etwa der Medizinmann durch Fasten besondere Kraft zu erwerben, ebenso der Schamane. Fasten findet sich in der Yogapraxis in Verbindung mit anderen Formen der Askese mit dem Ziel der Reinigung, der Weltentsagung und der Befreiung vom Karma. Auch gibt es seit ältesten Zeiten ein Fasten zur Selbstverleugnung (Indien, Alt-Ägypten), als Kennzeichen der Trauer oder zur Schulung geistiger Aktivität (Pythagoreer, jüdische kontemplative Gemeinschaft der Therapeuten). Gefastet wurde auch, um Naturkatastrophen abzuwehren (Sonnenfinsternisse, Dürreperioden u. a.).
 
Bei den großen Weltreligionen ist das Fasten meist an bestimmte Tage oder Perioden gebunden: Der Islam schreibt das Fasten im 9. Monat Ramadan jeweils von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang vor. Im Buddhismus lehrte Buddha selbst weitgehend Mäßigung im Fasten, doch entwickelte sich dort die Fastenaskese besonders streng. Die meisten buddhistischen Mönche und Nonnen nehmen nur eine tägliche Mahlzeit am späten Vormittag ein; daneben gibt es monatlich Fastentage (früher: Fasten bei Vollmond und Neumond). Andere buddhistische Gemeinschaften verbinden Erleuchtung jedoch weniger mit leiblichem Fasten als mit der Enthaltung von falschem Denken und Handeln.
 
Im Alten Testament galt das Fasten als Akt der Demut und Buße, nicht um durch Askese Vollkommenheit zu erlangen, sondern um den zornigen Gott zum Mitleid zu stimmen (1. Könige 21, 27) und die Folgen seines Zornes abzuwenden. Man fastete deshalb besonders bei schweren Heimsuchungen. In nachexilischer Zeit gab es Pflichtfasten am großen Versöhnungstag und an vier Fastentagen zur Erinnerung an nationale Katastrophen. Die Veräußerlichung der Fastenpraxis, schon von den Propheten getadelt (Jeremia 14, 12), erreichte ihren Höhepunkt bei den von Jesus scharf angegriffenen Pharisäern (Matth. 6, 16-18).
 
Christliche Kirchen:
 
Das junge Christentum behielt das Fasten bei, musste es aber immer wieder gegen dualistisch begründete Askese abgrenzen. Fasten gewann Bedeutung für die Vorbereitung auf die Taufe und im Bußwesen. Früh kam im Anschluss an die jüdische Sitte das Wochenfasten auf (Stationsfasten, Station, später beschränkt auf die Quatembertage), das die Christen auf den Mittwoch und den Freitag (Todestag Jesu) legten; dazu kam in Rom der Samstag, der später den Mittwoch ersetzte.
 
Das Fasten- und Abstinenzgebot in der katholischen Kirche wurde 1966 neu geregelt und stellt jetzt in cc. 1249-1253 CIC nur noch eine Rahmenordnung dar. Bußzeit ist die Fastenzeit vor Ostern (Quadragesimalzeit, dauert von Aschermittwoch bis zur Osternacht), Bußtage für die ganze Kirche sind der Aschermittwoch und alle Freitage des Jahres, die keine Feiertage sind. An den gebotenen Bußtagen darf der Katholik kein Fleisch warmblütiger Tiere essen (Abstinenzgebot). Am Aschermittwoch und Karfreitag darf er nur eine Hauptmahlzeit zu sich nehmen (morgens und abends ist eine kleine Stärkung erlaubt). Das Abstinenzgebot verpflichtet vom 14. Lebensjahr an, das Fastengebot vom vollendeten 18. bis zum Beginn des 60. Lebensjahres. - Die jeweiligen Bischofskonferenzen haben für Deutschland, Österreich und die Schweiz das Abstinenzgebot in ein allgemeines »Freitagsopfer« umgewandelt, das nach Wahl des Einzelnen oder der Gemeinschaft in einem Werk der Nächstenliebe, einer Tat der Frömmigkeit (z. B. Mitfeier eines Gottesdienstes, Lesung der Heiligen Schrift) oder einem spürbaren Verzicht, z. B. auf Alkohol, Tabak oder Fleischspeisen, besteht.
 
Die Fastengebote in den Ostkirchen sind streng. Das Fasten besteht in der Abstinenz von Fleisch, Eiern, Milchprodukten, Fisch, Öl und Wein. Eine Beschränkung in der Qualität der erlaubten Speisen gibt es nicht. Aber auch in den orthodoxen Kirchen wird das Halten des Fastens je nach ihrer Lebenswelt nicht mehr so rigoros gehandhabt wie früher.
 
 3) Volkskunde: Der Aschermittwoch setzte sich als Fastenbeginn nur sehr langsam, endgültig erst Ende des 16. Jahrhunderts durch. Der Streit zwischen Fastnacht und Fasten, wie ihn ein Gemälde von P. Bruegel der Ältere (1559) zeigt, wurde auch in Spielen dargestellt (u. a. Personifizierung von Bratwurst und Hering). Texte des 15. Jahrhunderts sind aus Italien, Spanien, Frankreich und dem oberdeutschen Raum (»Von der vasnacht und vasten Recht«) bekannt, Spielberichte aus Tours (1485) und Zittau (1505). Der erste Fastensonntag Invokavit war ebenso noch bis ins 16. Jahrhundert die »Allermannsfastnacht«, und die an diesem Tag besonders im südwestdeutschen Raum üblichen Fastenfeuer waren zugleich Fastnachtsfeuer. Danach war der Sonntag Lätare (Mittfasten) ein wichtiger Brauchtag. Das typische Fastengebäck war die Brezel. Kinder sammelten sie und sangen dabei Heischelieder.
 
In den Kirchen sind während der Fastenzeit die Altarbilder mit dem Fasten- oder Hungertuch bedeckt. Im Barock entwickelten sich die Fastenkrippe mit Passionsdarstellungen sowie kirchliche Dialogspiele vom Leiden Christi. Vielfältiges volksfrommes Brauchtum brachte die letzte Fastenwoche (Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Verdauung: Aufschließen und Bereitstellen
 

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Fạs|ten <Pl.> [Pl. von gleichbed. veraltet Faste, mhd. vaste, ahd. fasta] (kath. Kirche): a) Fastenzeit vor Ostern; b) während der ↑Fasten (a) auferlegte Einschränkungen u. Bußübungen.

Universal-Lexikon. 2012.